Album Willem Pée
(1973)–Willem Pée– Auteursrechtelijk beschermdDe jubilaris aangeboden bij zijn zeventigste verjaardag
[pagina 321]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Der Parallelismus und seine Funktion in Multatulis Geschichte von Saidjah und Adinda
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 322]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ik weet niet waar ik sterven zal.
Ik heb velen gezien te Badoer die gestorven waren. Men
kleedde hen in een wit kleed, en begroef hen in den grond;
Als ik sterf te Badoer, en men begraaft mij buiten de dessah,
oostwaarts tegen den heuvel, waar het gras hoog is;
Dan zal Adinda daar voorbijgaan, en de rand van haar' sarong
zal zachtkens voortschuiven langs het gras,...
Ik zal het hooren.
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
I. Einleitung.Selbst einem flüchtigen Leser fällt im Kommentar des Erzählers Stern zur Geschichte von Saidjah und Adinda die stereotype Wiederholung eines Satzes auf, die - scheinbare - Warnung vor der folgenden, eintönigen Erzählung: ‘Ja, eentonig zal ze wezen’Ga naar eind1. Was bezweckt er damit? Es ist offensichtlich, daß sie nicht im Gegensatz steht zu der sonstigen Buntheit des RomansGa naar eind2, daý sie durchaus nicht langweilig ist. Wir wollen in diesem Artikel diese Frage beantworten, indem wir von allem Literarischen absehen und uns vorerst nur darauf beschränken, Sprachmittel zu untersuchen. Auch hier beschränken wir uns auf einen Aspekt: den Parallelismus bzw. die reine Wiederholung. Wir kommen dabei zu gewissen Charakterisierungen des Stils und versuchen dann, die poetische Funktion in dieser Geschichte zu bestimmen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Der Parallelismus.In dem bereits klassischen Aufsatz ‘Poesie der Grammatik und Grammatik der Poesie’ wies Roman JakobsonGa naar eind3 nachdrücklich auf die poëtische Wirkung des grammatischen Parallelismus hin, der regelmäßigen Besetzung bestimmter grammatischer bzw. lexikalischer Elemente in analogen Positionen. Immer wieder reizte dieses Phänomen vor allem Folkloristen und Linguisten, z.B. Fr. BoasGa naar eind4, W. SteinitzGa naar eind5, N. PoppeGa naar eind6, R. AusterlitzGa naar eind7, zu intensiven Einzeldarstellungen. Dabei ist deutlich geworden, daß sich die Literaturwissenschaftler merklich zurückhielten und daß die Interpretation von Metapher und Symbol allzu oft ausschließlich ihnen als Grundlage für Untersuchungen diente. Zweifellos trug die Spezialisierung und Trennung von Literatur- und Sprachwissenschaft dazu bei, und die methodologische Stellung der Stilistik hat diese Situation nicht verbessert. Im Folgenden sehen wir von einer Diskussion der Sekundärliteratur zu unserem Thema ab; außer einer Erwähnung - auf die wir noch zurückkommen werden - bei De LeeuweGa naar eind8 - ist meines Wissens | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 323]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
keine Arbeit erschienen, die sich mit dem Parallelismus in der Saidjah-Geschichte auseinandersetzt. Aus methodischen Gründen beschränken wir uns vor allem auf das Gedicht ‘Ik weet niet waar ik sterven zal’. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1.1 Parallelität der VerseGa naar eind9.Auffällig ist die Klammerung der einzelnen Strophen durch die Identität des 1. bzw. 5. Verses jeder Strophe (mit Ausnahme der letzten): reine Wiederholungen, von denen Austerlitz sagt, sie seien ‘per definitionem banal und trivial’ und sie könnten nur in Ausnahmefällen dichterisch verwertet werdenGa naar eind10. Weitaus schwieriger sind die weiteren parallelen Verse zu bestimmen, da sie ‘zonder maat en rijm’Ga naar eind11 seien, wie der fiktive Erzähler Stern ironisierend hinzufügt. Wir folgen nun im großen und ganzen den Symbolisierungen, die AusterlitzGa naar eind12 vorschlägt, ohne seine Interpretationen im einzelnen zu übernehmen. Er sieht als variable Glieder - im Zusammenhang mit seinem Gegenstand - nur Wörter an, keine größeren grammatischen Einheiten wie z.B. Satzglieder oder Gliedsätze. Er stellt dabei folgende Haupttypen auf, wobei die kleinen Buchstaben die Variablen und die großen die Konstanten andeuten.
Einer so aufgefaßten und so bestimmten Parallelität scheint sich das Gedicht zu entziehen. Die Verse sind - von den reinen Wiederholungen abgesehen - so unregelmäßig, daß kein Vers einer Strophe zu einem zweiten zu passen scheint. Deutlich zerfallen aber die einzelnen Verse in zwei ungleichgroße Teile: Ein irgendwie gegliederter Anfang steht einem - wie man glauben könnte - ungegliedertem Ende gegenüber. Wir nehmen diesen Eindruck als Grundlage und trennen beide Teile. Dabei fällt sofort auf, daß neben den reinen Wiederholungen von Wörtern im ersten Teil gleichzeitig auf der syntaktische in Ebene parallele Satzglieder auftauchen. Gerade diese Satzglieder aber scheinen regelmäßiger gebaut, als man im ersten Augenblick vermutet. Wir versuchen deshalb einmal trotz strittiger Punkte - die z.T. auf beeindruckende Weise durch diese Gegenöberstellung beleuchtet werden - den ersten Teil der Verse nach Satzgliedern zu ordnen, unabhängig davon, ob es sich um einen Haupt- oder Gliedsatz handelt. Die Symbole sollen dabei folgende Bedeutung haben: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 324]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Einzelne Satzglieder sind schwierig zu bestimmen: ‘aan de zuidkust’ ist im Zusammenhang des Verses sicher eine adverbielle Bestimmung des Ortes; ähnlich wäre die entsprechende Konstruktion in der 4. Strophe ‘te Badoer’. Aber die parallelen Verse ‘het huis ... van Pa-ansoe’, ‘het lijk ... van Palisoe’? Diese Formen sind trotz ihrer Stellung eindeutig und rücken im Zusammenhang der Strophen zumindest den ersten Fall als attributive Bestimmung näher an das Objekt ‘de groote zee’ als an das Verbum. Die im gesamten aufgebaute Struktur würde bei paralleler Betrachtung diese Abweichung rechtfertigen. Wir haben versucht, die Ergebnisse in der folgenden Tabelle 1 zusammenzufassen. Ohne das Prinzip überspannen zu wollen, glauben wir doch, daß die parallelen Verse trotz Einschränkungen sichtbar werden. Für die Glieder A, B, C ist es einleuchtend. Mit Ausnahme der ersten Verse (Leerstelle) wechseln die Satzglieder aller Strophen für x. D ist wieder - relativ - regelmässig besetzt. Die zweiten Teile der zusammengesetzten Prädikate folgen mit Ausnahme der dritten Verse jeder Strophe einheitlich; P bzw. nP der vierten Verse jeder Strophe wird bei den paralle- | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 325]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
len Würtern behandelt. Am ungleichmäßigsten besetzt ist in allen Strophen y; lediglich die zweiten Verse sind - unterschiedlich - besetzt, die anderen Belegungen sind jedoch ungleichmäßig. Gibt es auch eine ähnliche Interpretation für den zweiten Teil der Verse? Was die Parallelität der Satzglieder betrifft, sicher nicht. Aber wir haben einmal versucht, die Teilsätze der einzelnen Verse miteinander in Verbinding zu bringen. Die Symbole sollen dabei folgende Bedeutung haben.
Außerdem wurde die Stellung von F4 angedeutet, um die Struktur der dritten und vierten Verse hervorzuheben. Die keineswegs eindeutigen Ergebnisse haben wir in Tabelle 2 zusammengefaßt.
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 326]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zweifellos ist eine gewisse Parallelität in der Struktur der Teilsätze vorhanden. Die Interpretation ist nicht eindeutig für (z); es kann als selbständige Einheit oder als Teil einer anderen aufgefaßt werden. Mit Ausnahme der dritten Verse der zweiten, dritten und vierten Strophe kann von einer Dreiteilung gesprochen werden. Die dritten und vierten Verse werden bestimmt durch die Aufnahme von P4; sie | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 327]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
verbinden gleichzeitig entweder einen vorausgehenden Teilsatz mit einem folgenden (xP4y) bzw. greifen regelmäßig im dritten Vers der 2., 3., 4. Strophe in den ersten Teil der Verse über. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1.2 Parallelität der Wörter.Bei der Untersuchung dieser Erscheinung übernehmen wir die von SteinitzGa naar eind13 vorgeschlagene Trennung des synonymen Parallelismus, die Wiederholung des Inhalts einer Phrase, vom analogen Parallelismus, die Nebeneinanderstellung inhaltlich ähnlicher Phrasen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1.2.1 Synonymer Parallelismus.Am auffälligsten ist die Aufzählung der Ausdrücke des Sagens in den vierten Versen aller Strophen: ‘vragen; een groet geroep; niet schreijen (maar anderen zullen roepen); misbaar maken’. Dazu korrespondiert die reine - ‘eintönige’ - Wiederholung des letzten Verses jeder Strophe: ‘Ik zal het niet hooren’. Die letzte Strophe macht hier selbstverständlich eine Ausnahme: Adinda ‘sarong zal zachtkens voortschuiven ...’ und das stimmt natürlich überein mit ‘Ik zal het hooren’. Eine Aufzählung aller Wiederholungen würde zu weit führen. Ein seltener Fall liegt - wahrscheinlich - im dritten Vers der zweiten und dritten Strophe vor: ‘nêer-vallen’ gegenüber ‘nederliggen’Ga naar eind14. Auf die scheinbare Ausnahme von ‘vallen’ gegenüber ‘sterven’ in den anderen Strophen wurde bereits aufmerksam gemacht. Tatsächlich meint es hier im folgenden Zusammenhang ‘so fallen, daß man tot am Boden liegt’. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1.2.2 Analoger Parallelismus.Auffällig ist die Stellung der Eigennamen, die alle im ersten Teil der zweiten Verse erscheinen; aber nur die 2., 4., 5. Strophe ist direkt parallel: ‘het huis ... van Pa-ansoe, het lijk ... van Pa-lisoe, velen ... te Badoer (s.o.)’. Zweifellos gehören mit einer kleinen Abweichung der kleine Si-oenah dazu und der Vater, der als einziger nicht im Vorfeld der Verse erscheint. Sie alle bilden zusammen die Gemeinschaft, in der Saidjah lebt. Die Realisationen könnte man als analogparallele Reihe bezeichnen, deren Stellenwert in einer poetischen Interpretation deutlicher wird. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
[pagina 328]
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2. Die Funktion des Parallelismus in der Geschichte.Wir kommen wieder zurück zur ‘eintönigen Geschichte’. Dabei wollen wir auch die Erwähnung Sterns über due Eintönigkeit mit in Betracht ziehen. Nach der zweimaligen ‘Warnung’ folgt das Gleichnis von der Emsigkeit der Ameise, die immer wieder versucht, ihren Wintervorrat einen Berg hinaufzuschleppen und immer wieder von neuem beginnt, wenn sie bei ihrer schweren Arbeit in einen Abgrund fällt ‘Zoo ééntonig is mijn verhaal.’ Die folgende Wiederholung wird direkt in Zusammenhang gebracht mit den Büffeln, die den Javanen immer wieder von den Häuptlingen weggenommen werden. Hier folgt: ‘Ik weet het wel, ik weet het wel (!) dat mijn verhaal eentonig is.’ Wir meinen - in diesem Fall im Gegensatz zu Sötemann - daß das Prinzip der Wiederholung an deiser Stelle nichts mit der Koketterie Multatulis und auch nichts mit der sonstigen ‘Buntheit’ des Romans zu tun hat; es taucht nicht zufällig im Gedicht als Parallelismus wieder auf, sondern ist bedingt durch dessen Struktur. Was im direkten Kommentar noch auf die Eitelkeit des Schriftstellers bezogen werden könnte - am Rande mag das eine Rolle spielen - ist im Gedicht unmöglich. Was Austerlitz nur im Ausnahmefall gelten lassen möchte, was bei Boas als typisches Erzählelement bei vielen primitiven VölkernGa naar eind15 gilt, ist in der Geschichte von Saidjah und Adinda ein durchgängiges strukrurelles Prinzip, das eine intensive poetische Wirkung konstituiert: Der Parallelismus drückt die Eintönigkeit des trostlosen Lebens der Javaner aus. |
|