(2) Weilen die Nider-teutschen, keine so lang- und weit ausschweiffende Periodos (Red-schlüsse haben, da das Haupt-Verbum nach vielen, und vielfältigen Interpositionen (Zwischen einschaltungen anderer Phrasium, und Sentenzen, ja Parenthesium &c.) erst vernommen, und also des Lesers und des Zuhörers Gedächtnis gewaltig geschwächt, die Attention bemühet, und der gantze Verstand auf-, und in suspenso gehalten wird.
Nun ist es zwar nicht ohne, daß sothane abgeschmackt, und verdrießlich lange, drey-, vier- fünf- und mehr-gliederichte Periodi von den best-, und der Sachen verständigsten Professoren und Reformatoren unserer Hoch-teutschen Sprach durch die Banck verworffen, ja verlachet; und coeteris paribus mehr auf einen Laconisten der allzu concis ist, gehalten wird; allein, wer, unter den meisten heutigen hoch-teutschen Concipisten, Secretarien, Advocaten, Procuratoren, Notarien, und andern Schreiberey-verwandten kehret sich hieran? in dem mancher, sonsten wol-, ja hoch-gelehrter Mann seine beste Concipir- und Schreib-kunst darinnen zu bestehen vermeinet, wann er in seinen Periodis weitschichtige Um-schweiffe suchet, und das Haupt-Verbum erst nach der sechs-, sieben-, oder achten Linie hervor-kommen machet; wodurch dann geschehen daß aus diesem, beyde, schäd- und schändlichen Mißbrauch, endlich nicht allein ein Gebrauch worden; sondern auch daraus kommen ist, daß unsere vortreffliche Helden-Sprach bey allen ausländischen Nationen (als welche dieses Gewirre, und anderes Galimathias für dero natürliche Eigenschaften ansehen) für barbarisch, und für unlernbar gehalten wird, wie sie ihnen dann auch, auf diesen Fuß, würcklich unerlernbar ist.
Sonsten, und in allem übrigen, kan ein Hoch-teutscher (für welchen, und für keine andere Nationen, ich diese Grammaticam zum Stande gebracht hab) sich drauf verlassen, daß, die Construction, und den Stylum betreffende, beyde Sprachen fast allerdings übereinstimmen.