Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jaargang 14
(1895)– [tijdschrift] Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Das E in heeten.A. Opprel zeigt oben s. 154 ff., dass sich bei Cats die bekannte klangverschiedenheit zwischen den ursprünglich langen und den später gedehnten e und o (ê, ô: ē, ō) für die seel. mda. des 17 jhs. feststellen lasse. Dieser in Cats reimen, wenn auch nicht mit voller consequenz, beobachtete unterschied, liefert, wie überall, wo er inne gehalten ist, zugleich wertvolle ergebnisse für die geschichte der nl. sprache. O. bemerkt dabei, dass das vb. heeten (immer in dieser schreibung?) mit ē reime. Seine belege scheinen 4 mal das part. praet. geheeten und einmal eine praesensform heeten zu enthalten. Er weist dann darauf hin, dass aus meinen untersuchungen über Maerlant, aus denen Mullers über Reinaert I und den zusammenstellungen van Heltens, Mnl. Spraakk. s. 38 ff. sich auch fürs Mnl. eine häufigere verbinding von heten mit ē ergebe. Ich hatte aus Maerl. 3 bindungen des ptcps. geheten, 2 mit weten Rb. 7085; Sp. 31, 18, 71, 1 mit vermeten Alex. 3, 117, 4 von praesensformen, 2 mit weten Sp. 36, 52, 55; 41, 30, 66 und 2 mit eten Alex. 10, 413, Sp. 11, 34, 15 beigebracht. Davon fällt aber die Alex. 10, 413, die O. noch mit rechnet, höchst wahrscheinlich weg; s. meine ausgabe u. Inleid. LXXVI anm. Ich bemerke ferner, dass die von van H. verzeichneten reime - überwiegend ptcp. geheten - an sich hier nichts beweisen. Es ist ganz richtig und bestätigt sich auch in meinen umfassenderen aufzeichnungen, dass die bindung von heten mit wörtern mit ē, besonders weten, einen hohen prozentsatz der vorkommenden reime ê: ē bildet. Das kann sich aber aus der häufigkeit der wörter und der bequemlichkeit ihrer bindung erklären. Beweisend würden die reime nur sein, wenn in einem texte diese wörter allein, oder doch in einem weit über das natürliche verhältnis hinausgehnden masse vorkämen. Zu einer dafür nötigen untersuchung fehlt | |
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es mir jetzt an zeit. Man kann aus der über Maerl., bei dem wir doch ein unvergleichlich gutes material haben, wie auch aus der Mullers ersehen, wie schwierig es ist, das überlieferte material zu sichten. Zugleich zeigt uns auch Opprels eigene untersuchung wieder dass die nicht ganz vollkommenen reime zwischen ê und ē doch nicht mit voller strenge gemieden werden, so dass es um so mislicher wird, zwischen ê und ē zu scheiden. Ich muss aber zugeben, dass mir selbst schon früher der gedanke gekommen ist, den O. jetzt ausspricht, ob nicht hinter heten was besonderes zu suchen sei. Bei Heelu reimt 1021 ontheten (part.): weten, 6135 heten (inf.): gheweten, 8468 geheeten (part.): vergheten, während sonst die bindung ê: ē mindestens zweifelhaft ist; ähnlich in Yst. bl. 5 heten (inf.): vermeten, 890 geheten: propheten, welches letztere 742 mit vermeten gebunden ist, 2235, 3595, 4242, 4271 geheten: weten, wo ich sonst nur die ghene: allene 1357 notiert habe (sede (: dede 4167), praet. von segghen muss den laut ē gehabt haben). Es wäre also möglich, dass im Mnl. formen von hêten mit ē anzuerkennen sind, und für Cats ist die annahme wohl kaum von der hand zu weisen. Leider hat O. es unterlassen anzumerken, ob die heutige mda. von Oud-Beiërland oder Seeland entsprechende formen an die hand geben. Wie könnte sich nun ē in dem vb. hêten, das - mit ausnahme eines mir sehr zweifelhaften î in an. hít ‘hiess’ - in allen germ. sprachen nur ai als vocal afweist, erklären? Manche grammatiker würden schnell damit fertig sein; die nl. formen wären ihnen ein willkommener anhalt, um neben germ. gahaitan- ein part. mit schwacher vocalstufe *gahitan- zu construieren; vielleicht würden sie auch ein entsprechendes praesens, inf. *hitan neben haitan annehmen. Für das partic. steht eine willkommene parallele zu gebot in dem im Mhd. und in jetzigen mundarten geläufigen part. geloffen (auch praet. loff, loffen) Deutsches Wb. 6, 315, welches mit (luff, oder loff masc. - dies wort finde ich nirgends verzeichnet, ich glaube aber dass es mundartlich besteht - und) lüffer ‘läufer’ (Weinh. Mhd. | |
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Gr.2, § 114 und Anz. d. Zs. f. deutsches Altert. 11, 106), sowie dem an. plur. praet. lupu für einen germ. ablaut. u in anspruch genommen wird (Kluge in Pauls Grundr. I 374, Noreen ebenda 511 und Urgerm. Lautlehre 92). Weiter könnte man sich auf nhd. geschieden von scheiden berufen. Dies schriftsprachliche part. statt gescheiden (nebst unterschied statt unterscheid) steht zwar zweifellos unter dem einfluss der klasse meiden, gemieden, treiben, getrieben, der trieb, aber es hat doch zugleich einen anhalt in der volkssprache, die schon mhd. geschiden (nebst praet. scheid) gewährt.Ga naar voetnoot1) Ein part. *gahitan von haitan würde allerdings einem part. *gaskidan, *gaskipan von skaipan, *gahlupan von hlaupan ganz parallel stehn. Auch für ein praes. *hitan würde man nicht in verlegenheit sein, man würde *hitan: haitan vergleichen mit an. taka: got. têkan (Kluge, Grndr. I, 369) und sich ferner, von noch anderen schwachstufigen praesentia abgesehen, darauf berufen, dass eine ganze anzahl praesentia reduplicierender verba wie bannan, fallan, falþan als ‘schwachstufige’ erklärt werden (Burghauser, Idg. praesensbildung im Germ., Brugmann Grundr. II 927. 980. 1017). Aber gegenüber der neigung vieler heutiger linguisten, junge sprachliche erscheinungen ohne weiteres auf idg verhältuisse zurückzuführen ist vorsicht geboten; ich betrachte es als unumgänglich notwendig, immer auch die möglichkeit einer jüngeren entwickelung ins auge zu fassen und die möglichkeiten ohne voreingenommenheit gegen einander abzuwägen. Natürlich könnte bei jüngerem eintritt von ē für ê oder umgekehrt nur analogiebildung in betracht kommen. Wo wir es mit reimen von weten: heeten zu thun haben, könnte die umbildung ebenso gut auf seiten des ersteren, wie des zweiten | |
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liegen. Die möglichkeit, dass weten das ê seiner 1 und 3. pers. verallgemeinert habe, nach analogie von moet, moeten und dem gewöhnlichen verbum, hat Muller Tijdschr. 7, 11 erwogen. O. hat bedenken, die reime zwischen heeten und weten aus diesem gesichtspunkt zu erklären; aber die thatsache, dass in heutigen mundarten diese verallgemeinerung des ê durchgedrungen ist, geht aus seinen eigenen anführungen (s. 160 anm. 1) hervor. Natürlich können zeitweise oder individuell die organischen formen wēten und die ausgleichsformen wêten neben einander bestanden haben, und die letzteren formen können auch da versucht worden sein, wo sie nicht durchgedrungen sind. Auf der anderen seite konnte aber auch hêten in gewissen formen ein ē erhalten; die möglichkeit ist gegeben durch den lautlichen einklang der 3 person hi heet mit hi weet, dessen analogie einen infin. hēten usw., sowie auch ein part. gehēten herbeiführen konnte. Wenn wir nun wirklich gezwungen sind, reime von weten, oder anderen wörtern mit organischem ē: heten als rein anzusehen, so gebe ich der annahme junger umformung, sei es von hêten nach wēten, sei es umgekehrt von wēten nach hêten vor der eines alten endbetonten praes. *hitan den vorzug. Bei dem part. geheten liegt die annahme einer alten ablautsform um einen grad wahrscheinlicher. In der sippe von scheiden ist der alte ablaut ῐ nicht zu bestreiten, s.u.a. mein Etym. Wb. und Lichtenberger De verbis redupl. 38 f.Ga naar voetnoot1). Weniger sicher bin ich über den ablaut bei laufen. Trotz den nicht wenigen belegen für denselben, die sogar über das verbalsystem hinausreichen, halte ich es geboten, die möglichkeit jüngerer umbildung in betracht zu ziehen. Behaghel in Pauls Grundr. I 596 scheint sich mehr zur letzteren annahme zu neigen, als zum glauben an alten ablaut. Das vorbild wäre | |
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saufen, gesoffen, der suff, süffer. Freilich stimmen die praesentia saufen und laufen nur im Schriftdeutschen, welches die fraglichen formen nicht hat, vollkommen überein; sonst stehn sie als sûfen, loufen, oder saufe, lâfe, oder in geringerer verschiedenheit von einander ab, und eine völlige übereinstimmung findet, soweit ich sehe, an keinem punkte ihres formensystems statt. Immerhin ist die frage im auge zu behalten, ob nicht auch die ähnlichkeit, wie sie zwischen den beiden verben obwaltet, genüge, die association zu begründen. An die möglichkeit, dass der ablaut ie, o in fällen wie giessen, gegossen den im system eine andere stellung einnehmenden ablaut lief, geloffen (das praet. loff wird erst vom part. aus nachgebildet sein) befördert habe, ist schwerlich zu denken. Ob sich auch die an. form lupu als analogiebildung rechtfertigen liesse, bleibe hier dahin gestellt. Jedesfalls sehen wir, dass die im Nl. gemachten beobachtungen ein germ. part. *gahitan nicht vollständig zu sichern vermögen, noch weniger ein germ. praes. *hitan. Nicht einmal die grundlage unserer erwägungen, dass die fraglichen reime als ganz reine anzusehen seien, ist über allen zweifel erhaben. Ich benutze die gelegenheit, um aus anlass von Opprel s. 165 hier anzumerken, dass ich die in meinem Wdb. vorgetragene ansicht über droog bereits Anz. 13, 215 zurück genommen habe. In übereinstimmung mit O.s. beobachtung nehme ich dort fürs Nl. wie fürs Nd. eine grundform mit au an, die einen ablaut û und vielleicht auch ŭ (nl. ō) neben sich hatte; jedesfalls tritt aber auch im Nl. der ablaut ŭ gegen au sehr zurück. Desgleichen wird Opprels annahme von ô in pogen berechtigt sein; der ablaut au neben u ist in schallwörtem und anderen stämmen geläufig; vgl. z.b. die sippen von kreunen (dazu Notgedr. Beitr. 14), smoren, sleuren, poot: peuteren. Meine etymologie (dazu Notgedr. Beitr. 23 anm.) wird durch dies lautverhältnis weiter nicht berührt.
Bonn, Mai 1895. franck. |
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