Het begrip metaphoor: een taalkundig en wijsgerig onderzoek
(1941)–C.F.P. Stutterheim– Auteursrecht onbekend
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ZusammenfassungDer Verfasser dieses Werkes hat eine Beschreibung des Begriffs ‘Metapher’ geben wollen. Ausdrücklich sei wiederholt: es handelt sich hier um den Begriff, nicht also um das Phänomen der Metapher. Unter ‘Begriff’ verstehen wir an diesem Ort die Gesamtheit aller Urteile, die von voraristotelischer Zeit an bis heute über das betreffende Phänomen ausgesagt worden sind, also von allen AnschauungenGa naar voetnoot1), die man sich davon gebildet hat. Es ergab sich - wollte diese Begriffsmonographie geschrieben werden können - die Notwendigkeit, eine Wissenschaft herauszuarbeiten, welche die bei einer solchen Beschreibung sich einstellenden Probleme systematisch aufzurollen und womöglich zu lösen versucht. An erster Stelle wird der Begriff ‘Terminus’ einer näheren Prüfung unterzogen und zwar im Zusammenhang mit ‘Wort’, ‘Name’, ‘Begriff’ und ‘Gegenstand’. Ein Terminus ist eine wissenschaftliche Bezeichnung, d.h. ein Wort, das einen erst von der Wissenschaft wahrgenommenen und benannten Gegenstand meint. Als Wort ist der Terminus eine Zweieinheit aus (sprachlichem) Laut und Begriff, also aus einem einzigen Laut und einem einzigen Begriff. Damit stehen wir unvermittelt vor einem bestimmten worttheoretischen Problem. Es erhebt sich nämlich hier eine worttheoretische Frage, deren allgemeinere Form nichts Geringeres als das Problem der Identität selbst ist. Was nun Terminographie als Wissenschaft erst ermöglicht, ist die Annahme von der Möglichkeit einer Wandlung als nicht unvereinbar mit Erhaltung der Identität. Jedoch wird der Terminograph nicht bei jedem Anderssein ohne weiteres auf ein ‘trotzdem Dasselbe’ schlieszen. Irgendwo zieht er eine Grenze zwischen diesem ‘trotzdem Dasselbe’ und dem ‘wesentlich anders’. Ist diese Grenze willkürlich? Diese Frage leitet zu einer näheren Betrachtung des analytischen und synthetischen Moments im Denken über, der sich dann eine Untersuchung analytischer und synthetischer Denktypen anschlieszt. Der Verfasser ist der Ansicht, dasz es eine objektive Norm hier nicht gibt und somit die subjektive Anschauung notwendigerweise in ihr Recht tritt. Unvermeidlich ist hier aber noch ein anderer Subjektivismus, nämlich die persönliche Schau auf den in dem Terminus gemeinten Inhalt. Die Methode der historischen Terminographie ist keine andere als die der Historiographie überhaupt. Die Heuristik sammelt und sichtet die Quellen. Quellen sind alle Aussagen über den Gegenstand, Definitionen, Beispiele, Einteilungen usw. Die Aussagen sollen noch bearbeitet, d.h. gedeutet, zergliedert und kritisiert werden. Die Deutung ist nur möglich kraft einer immanenten Kritik, mit welcher sie auch | |||||||||||||||||||||
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teilweise zusammenfällt. Wird eine transzendente Kritik den Begriff immer mit seinem Gegenstand vergleichen (bezw. mit der eigenen Schau des Gegenstands), so vergleicht die immanente Kritik die verschiedenen Momente dieser Schau unter und miteinander. Oft ergeben sich dabei Illogizitäten, ein Beispiel ist unfähig, die Definition des betreffenden Begriffs zu illustrieren usw. Eine immanente Kritik zwingt zu implizitem Lesen: was sind die Konsequenzen einer bestimmten Definition, sind dieselben noch logisch zulässig und besonders: sind sie noch zulässig mit Hinsicht auf all dasjenige, was auszerhalb der primären Definition noch über der Gegenstand ausgesagt wird? Jedoch sollen Illogizitäten nicht nur aufgezeigt, sondern auch gedeutet werden. Oft zeigt es sich dann, dasz sich darin Probleme des Gegenstands selbst offenbaren. Diese impliziten Probleme sind womöglich noch wichtiger als die expliziten, die von den Gelehrten selbst als Problem gesetzt werden. Differenzen zwischen den Begriffsphasen (Betrachtungsweisen), d.h. Wandlungen des Begriffs, werden womöglich in weiterem Zusammenhang erklärt, jede Schau wird in die wissenschaftliche, bezw. allgemein kulturelle Konstellation ihrer Zeit hineingestellt. Darin zeigt sich bereits der notwendige Übergang einer statischen Beschreibung jeder einzelnen Schau zu einer genetischen Beschreibung des Begriffs. Als Ordnungsprinzipien ergeben sich dabei: die Epoche, die Person, die Kulturgemeinschaft, das Wissenschaftsgebiet, die Blickrichtung und der Aspekt. In dem systematischen Teil dieser Abhandlung fallen die ersteren drei Prinzipien weg und wird das Material um die fundamentalen Probleme herumgruppiert, welche die immanente Kritik ans Licht gehoben hat. Auf diese Weise entsteht eine völlig andere Beschreibung eines Terminus, als sie die Wortanalyse zu leisten vermag. In der Terminographie geht auch der ‘Gefühlston’ des Terminus nicht verloren. Denn eine Schau ist ja öfters nicht nur der Versuch einer wissenschaftlichen Beschreibung eines bestimmten Phänomens, sondern zugleich auch der Ausdruck einer Persönlichkeit. Unter den vielen Termini, die historisch und systematisch beschrieben werden können, nimmt der Terminus ‘Metapher’ eine einzigartige Stellung ein. Diese Einzigartigkeit liegt in dem Verhältnis des Begriffs zum gemeinten Phänomen: ‘Metapher’ nämlich ist selbst eine Metapher, das Phänomen der Metapher kann nur in Metaphern umschrieben werden; auszerdem verhält sich eine Begriffsphase zu der andern in einer Art, die etwa als metaphorisch bezeichnet werden kann. Sehr grosz ist übrigens die Anzahl der Probleme, zu denen das Studium der Metapher anregt und es führt dieses Studium auf mehr als einem Wege zu einem und demselben Problem hin. Das ist z.B. der Fall in Bezug auf das Identitätsproblem und das Problem der psychologischen Deutung. Dies und noch manches Andere, z.B. die Spannung zwischen positiver und negativer Bewertung, machen den Begriff der Metapher zu einer äuszerst fesselnden, zugleich aber äuszerst verwickelten Angelegenheit. Ein wichtiges Ondnungsprinzip ist das Wissenschaftsgebiet, in dem der Begriff auftritt. Der Reihe nach wird in der ‘Rhetorik’ (der auch die Poetik, die Stilistik, die Ästhetik und sogar die Grammatik unterstehen) in der Linguistikund in der Philosophie die Entwicklung des Begriffs verfolgt. Dabei wird Sorge getragen, dasz diese etwas künstlichen Strukturlinien nicht allzu nachdrücklich hervortreten. Wahrend in den beiden ersten Kapiteln der beiden Teile die Metapher selbst den Hauptinhalt bildet und erst in deren Folge diejenigen Zusammenhänge zur Sprache | |||||||||||||||||||||
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kommen, die in den Betrachtungsweisen implizit oder explizit vorgefunden werden, so treten in den philosophischen Kapiteln vielmehr die Zusammenhänge in den Vordergrund. Der Verfasser hat darin eine Geschichte und Systematik der negativen Kritik an Sprache und Wissen entwerfen wollen und zwar mit besonderer Rücksicht auf die Sprachkritik hinsichtlich der Metapher. Zugleich tritt damit die Frage auf den Plan: soll dieser bestimmte Ausdruck als Metapher verstanden werden, ja oder nein? Systematische Grundlage bilden die verschiedenen Arten möglicher Kritik und (wenngleich in bestimmter Weise gedeutet) Bühlers ‘Sprachfunktionen’. Wer beabsichtigt, eine kurzgefaszte Übersicht dessen zu geben, was in etwa zweiundeinhalb Jahrtausenden mit dem Terminus ‘Metapher’ geschenen ist, wer in dessen Weiterentwicklung zwecks dieses Überblicks eine einzige grosze Linie zu entdecken sucht, der bemerkt, dasz er vor einer unlöslischen Aufgabe steht. Der Begriff enthält sehr viele Momente und als Momente werden ohne Zweifel auch diejenigen Eigenschaften angesprochen werden müssen, die der Begriff selbst wieder als Moment verschiedener Zusammenhänge besitzt. Das Schillern eines oder mehrerer der vielen Zusammenhänge hat auch ein Schillern des Begriffs zur Folge. Von solchen äuszerst verwickelten Strukturwandlungen bleibt in einer kurzen Übersicht so gut wie nichts übrig. Noch weniger kann klar gemacht werden, wie eine immanente Kritik solche Wandlungen sichtbar gemacht hat. Gerade, weil der Begriff so viele Momente umfaszt, ist es möglich, dasz die Fortentwicklung sich auf vielen Bahnen bewegt. Einige Momente evoluieren nur wenig oder gar nicht, andere hingegen sehr intensiv. Beschreibt man die Momente in ihrer Entwicklung nacheinander, so geht die Suggestion von der Einheit der Sache im Ablauf ihres Werdegangs grösztenteils verloren. Hinzu tritt noch, dasz manche wichtigen Begriffsphasen nicht als Phasen von etwas anderem, sondern an erster Stelle als in sich ruhende und einzigartige Ganzheiten verstanden sein wollen; denn sie sind ja im eigentlichen Sinne des Wortes ‘Schau’ und als solche auch schöpferischer Ausdruck einer Persönlichkeit. Das Bedürfnis nach Zusammenfassung, das bei dem Leser, und auch bei dem Verfasser selber einer Arbeit von solchem Umfang gegenüber auftritt, kann hier also nur zu einer Übersicht führen, in welcher vieles Wesentliche verloren geht.
Psychologisch direkt und wissenschaftlich indirekt schon vor Aristoteles aus der Eristik entstanden, wird - soweit uns bekannt ist - der Terminus ‘Metapher’ zuerst bei dem Stagiriten ausführlich auseinandergelegt und erhält er im Wissenschaftssystem einen festen Ort angewiesen. Viele Momente seiner Schau, viele Probleme, die eine immanente Kritik darin antrifft, sind während zweier Jahrtausende, obgleich in sich wandelnder Gestalt, in nahezu allen Betrachtungsweisen erkennbar, und einige derselben sind noch heute für den Begriff von Wichtigkeit. So an erster Stelle die Bildersprache selbst, der das Phänomen seinen Namen verdankt und die ein wesentliches Moment seiner Definition bildet: die Übertragung. - Die Metapher ist nicht nur eine Namensübertragung, sie ist auch das Ergebnis dieser Übertragung. Als solches ist sie ein neues Wort, ein Wort mit einer einzigartigen, neuen Bedeutung. Die Doppeldeutigkeit von ‘kurion’ als ‘eigentlich’ und ‘üblich’ wird schon sofort ersichtlich. Der Begriff des Eigentlichen wird problematisch namentlich im Zusammenhang mit seiner Bewertung des Phänomens. Dieselbe ist in | |||||||||||||||||||||
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Aristoteles' Rhetorik und Poetik nebensächlich, in anderen Werken wesentlich negativ, obgleich dort der Terminus sehr oft die nähere Bestimmung ‘poetisch’ bei sich hat. Diese negative Bewertung ist nur móglich von einer anderen Definition (der philosophischen, sprachkritischen) aus, die zu der ursprünglichen Definition in einem, von etwaiger Synthese heraus nicht zu erklärenden, Gegensatz steht. Diese Bewertung unterscheidet sich dadurch von der späteren Sprachkritik, dasz sie, obgleich von wesentlicher Bedeutung, in einer zufälligen Kritik an Sprache und Wissen auftritt. Die Metapher gehört zum System der Neubildungen. Die Übertragung beruht auf der Gleichheit einiger Merkmale zweier Begriffe (Sachen), oder auf der Gleichheit der Relation zwischen zweimal zwei Sachen (Analogie, proportio). Da die Begriffe entweder beide Spezies sein können oder in einer Genus-Speziesrelation stehen können, und im letzteren Fall die Übertragung in zwei Richtungen verlaufen kann, so kommt Aristoteles zu einer Vierteilung. Soweit es sich nicht um die Bennenung eines Anonyms handelt, schlieszt die primäre Definition die Theorie des doppelten Ausdrucks ein, d.h. der doppelten Abbildung; die Metapher hat dieselbe Bedeutung wie ein bereits bestehendes Wort und unterscheidet sich davon nur im ‘Namen’, im Laut. In zweierlei Weise kann also ‘dasselbe’ gesagt werden, die Metapher sagt in einer schóneren, anschaulicheren Weise dasselbe wie der eigentliche Ausdruck. Da mit der ganzen Poetik die Metapher auf die Grundlage der Nachahmungstheorie gestellt wird, wird die Ausdrucksfunktion der Metapher übersehen. Etwas davon findet man in dem Begriff der ‘energeia’ zurück, der Naturbeseelung, die jedoch von der Nachahmungstheorie aus nicht verständlich wird. Nach Aristoteles' Zeit zieht sich der Begriff in viel engere Zusammenhänge zurück und büszt dadurch zeitweilig mehrere Aspekte ein. Das ist namentlich in den Tropologien der Fall. Die Literatur ist kompilatorisch, epigonenhaft und stark analytischer Natur. Aber nicht nur stellt man mehr Unterscheidungen auf (wodurch die Zahl der Termini wächst), sondern die Unterscheidungen stützen sich auch auf andere Prinzipien. Die ‘proportio’ tritt in den Hintergrund, der ‘Ähnlichkeit’ wird nicht mehr die Relation zwischen Art und Geschlecht untergestellt. Als Grundlage der Übertragung wird auch die Absicht (Intention) genannt, dieselbe dient zugleich als Einteilungsprinzip. Die ästhetische Metapher wird der Inopiametapher entgegengesetzt, aber auszerhalb der Definition wird von dem Schónheitscharakter nichts mehr sichtbar. Sehr verbreitet ist die Einteilung auf Grund des Beseelt- oder Unbeseeltseins der Sachen, zwischen denen sich die Namensübertragung vollzieht. Ein implizites Problem ist: was ist innerhalb eines syntaktischen Zusammenhangs die Metapher? Während hier der Begriff zu nicht viel mehr als einer Definition, einigen Unterverteilungen und einigen stereotypen und anfechtbaren Beispielen zusammenschrumpft, belebt er sich in der arabischen Rhetorik aufs neue. Wo die Römer die Metapher in einer Grammatik (und nicht in einer Rhetorik) behandeln, wird dem Begriff nichts hinzugefügt. Die Araber hingegen verstehen es, die grammatischen Aspekte des metaphorischen Wortes, seine Zugehörigkeit zu einer Klasse von Wortgattungen und Satzteilen, für ein tieferes Verständnis der Metapher selbst fruchtbar zu machen. Und solches namentlich im Zusammenhang mit dem Begriff des ‘Zusatzes’, des syntaktischen Korrelats der Metapher. Wenn auch bei ihnen die Metapher ein Wort ist, das die ursprüngliche Bedeutung | |||||||||||||||||||||
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nicht zuläszt, so haben sie doch den Begriff der ‘doppelten Bedeutung’ vorbereitet. Der philosophische Aspekt wird im Zusammenhang mit der Polemik über die Koranexegese sichtbar. Dieses Problem war schon früher von griechischen Bibelexegeten formuliert worden: ‘Soll diese bestimmte Stelle wohl oder nicht metaphorisch gedeutet werden?’ In der Hauptsache sind hier zwei Auffassungen möglich, die mit zwei Bewertungen der Metapher zusammenfallen. Entweder führe die metaphorische Interpretation zu einer höheren Wahrheit als die eigentliche (somatische), ober aber sie sei unmöglich, da die Metapher eine Lüge sei und in der Offenbarung keine Lüge vorkommen könne. Mehrenteils wird hier die Metapher als Lüge in der ‘gewöhnlichen’ (nicht metaphysisch belasteten) Wirklichkeit gemeint. Diese Frage wird anläszlich der Aussagen von Philo, Augustin, Thomas und Pascal besprochen. Nur bei Augustin kommt unser Terminus in dem von Aristoteles gemeinten negativen Sinne, also als inhaltsleeres Wort vor. Zwar weisen verschiedene Philosopheme auf Worte hin, die keine Wirklichkeit meinen, nennen diese jedoch nicht ‘Metapher’. Von groszem Gewicht ist der Streit zwischen Nominalismus und Realismus, wegen der darin auftretenden Begriffe ‘Wirklichkeit’, ‘Eigentlichkeit’ und ‘Konkretheit’. Einmal werden ja alle Abstrakta als unwirklich, uneigentlich, metaphorisch bezeichnet werden. Auch im späteren Mittelalter ist die Literatur über die Metapher epigonenhaft. Nur im Zusammenhang mit der Lehre der suppositiones tritt etwas Neues hinzu. Die Metapher ist eine bestimmte ‘suppositio’, eine bestimmte Gebrauchsart des Wortes, das bei dieser Benutzung seine Identität, also seine ‘significatio’ beibehält. Aber die Uneigentlichkeit ist als Eigenschaft der suppositio nicht deutlicher, denn als Eigenschaft des Wortes, des Namens oder der Bedeutung. Unklar bleibt auch hier das Verhältnis zwischen ‘suppositio’ und ‘significatio’. Wichtiger ist die Entstehung des germanischen Terminus ‘Bild’, der bald mit ‘Metapher’ identisch, bald in mancher Hinsicht davon unterschieden ist. Die Renaissancisten und Humanisten setzen die klassische Tradition fort. Ihre Einteilung ist logisch, aber ein synthetischer Griff ist bemerkbar. Die Tropen werden auf Hauptklassen zurückgeführt (Scaliger, Vossius; Marcianus Capella war ein Vorlaüfer). Grundlage der Einteilung bilden die Relationen zwischen beiden Begriffen (Sachen). Hauptarten sind: Metapher, Metonymia, Synekdoche und Ironie. Vossius gibt bereits eine Einteilung nach dem Bildgegenstand; das Wortspiel ist eine gesonderte Gruppe. Die Nachahmungstheorie wird beibehalten, wie auch die Theorie der Lüge und des Doppelten Ausdrucks. Die Metapher wird als (äuszerlicher) Schmuck verstanden. Gegen diese Auffassung erhebt sich freilich ein schwacher Protest, im 18. Jahrhundert z.B. bei Du Marsais. Allmählich bewertet man den Affekt nicht länger als ein minderwertiges Moment in der menschlichen Seele. In der Romantik wird die jahrhundertelange Miszachtung überkompensiert und wird die Gemütsbewegung weit über die Vernunft gestellt. So wird auch die Metapher vor allem als Ausdruck verstanden. Synthetisch und gefühlsintuitiv geartet, sieht die Romantik in der Metapher den Ausdruck der doppelten Struktur des Menschen, der unio mystica zwischen Körper und Seele. Diese Meinung ist bereits bei Pascal vorbereitet und in anderem Sinne auch bei Vico, der die universale Notwendigkeit des Phänomens setzt. Biese widmet diesem Thema ein ganzes Werk, Jean Paul ist der | |||||||||||||||||||||
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genialste Verkündiger dieses Gedankens. Er verherrlicht die Metapher lyrisch. Aber trotzdem sie der Mittelpunkt seiner Philosophie ist, versucht er die Metaphysik zu vernichten, indem er dartut, dasz sie nur metaphorischer Natur sei. Hier wird der Begriff dann wieder in die Sprach- und Wissenskritik eingeschaltet. Der Kampf gegen die Substanz, die Hypostasierung, die Abstraktion, die Metaphysik, das System, das Denken, ist auch nach der Renaissance von mystischen, skeptischen, empiristischen und sensualistischen Richtungen fortgesetzt worden. Zuweilen wird diese Kritik eine direkte Kritik an der Sprache (Bacon, Hobbes, Locke). Kants symbolischer Anthropomorphismus ist namentlich gegen das metaphysische Erkennen gerichtet, aber kraft seines Begriffs des Erkennens durch Analogie nähert er sich der Proportionsmetapher und damit einer Kritik der Sprache. Dennoch schafft erst die romantische Reaktion gegen seine Kritik (die ‘Metakritik’ Hamanns, Herders und Jean Pauls) den Terminus ‘Kritik der Sprache’. Die gleichzeitige Verherrlichung und Verhöhnung der Metapher als ‘Ausdruck’, bzw. als metaphysische ‘Darstellung’ ist aus der Psyche des romantischen Menschen zu erklären. Die negative Bewertung lehnt sich an die etymologische Ausdeutung an (schon bei Locke, besonders auch bei Horne Tooke und später u.a. bei Max Müller), für die die Metapher nichts anderes bedeuten kann als das Kurion und für die das Kurion das Etymon ist. In all solchen Betrachtungsweisen geht der sprachliche Aspekt unsres Begriffs verloren. Erst die Einzelabhandlungen und die allgemein sprachwissenschaftlichen Werke des neunzehnten Jahrhunderts nehmen die damit zusammenhängenden Probleme wieder in Angriff, so z.B. bei Brinkmann. Seine Zielsetzung ist an erster Stelle stilistisch. Er will die Metapher als Spiegel des Menschen deuten: eines Dichters, eines Volkes, der ganzen Menschheit. Dazu sucht er nach dem natürlichen System der Metaphern, versucht sie nach dem Bild- und dem Sachgegenstand zu ordnen, und legt sich die Frage vor: Was ist eine Metapher, c.q. wie ist die Metapher im Bewusztsein vorhanden? Es liegt bei ihm eine Vermischung von Sprachtheorie und Sprachpsychologie vor. So ist es möglich, dasz er sich (wenn nicht historisch, so doch systematisch) sowohl an Vicos Gegensatz zwischen Phantasie und Intellekt, wie auch an die Untersuchungen der Araber über die Relation zwischen Metapher und Zusatz anschlieszt. Doppeldeutig sei die Metapher nicht, doppeldeutig aber sei wohl der Satz, in dem die Metapher auftrete. Phantasie und Intellekt deuteten beide einen solchen Satz, aber jedes auf eigene Weise, teils eigentlich, teils uneigentlich. Andere Schwierigkeiten entstehen aus seiner Schau in Bezug auf die Entstehung der Metapher (als Form) und ebenso wie bei Vico aus der Vieldeutigkeit der Termini ‘Dichter’ und ‘Poesie’. In Wundts Schau erfährt der Begriff eine tiefe Wandlung. Das Phänomen wird grundsätzlich psychologisch gedeutet. Diese Deutung wurde zwar auch in anderen Betrachtungsweisen angewandt, dann aber unbewuszt und zugleicherzeit mit einer logischen, sodasz Illogizitäten entstanden (bei Vico, Rousseau, Jean Paul, weiter bei der Gegenüberstellung von Metapher und Mythe). Es zeigt sich aber, dasz Wundt den psychologischen Immanentismus nicht aufrechterhalten kann. Die Metapher ist ihm eine Übertragung zwischen zwei disparaten Sphären, aber der Begriff ‘Sphäre’ wird nicht begründet. Der ganze begriffliche Apparat freilich bleibt sehr problematisch. Bei dem Worte ‘Übertragung’ treten nicht weniger als fünf verschiedene Wörter als | |||||||||||||||||||||
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Akkusativobjekt auf. Auch andere Begriffsphasen weisen hier einen Wechsel auf, wenn dies auch oft nur bei einer immanenten Kritik an den Tag tritt. Das beweist, dasz in all diesen Jahrhunderten die primären sprachlichen Termini, mit denen die Metapher beschrieben wird (Name, Wort, Bedeutung), noch immer nicht axiomatisch begründet wurden. Das zeigt sich auch bei Stählin, der an erster Stelle Erlebnispsychologie gibt. Er fragt nach dem Wesen des metaphorischen Verstehens. Das komme zustande, wenn Bild und Sache sich im Bewusztsein verquicken. Teilweise schlieszt er sich Brinkmann an. Er wendet sich jedoch gegen dessen Entgegenstellung von Phantasie und Intellekt, wie auch gegen die Auffassung, die Metapher wäre anschaulicher als das eigentliche Wort. Das ist unmittelbar durch die sprachpsychologischen Auffassungen bedingt, auf welche seine Monographie fuszt. Diesen zufolge steht ja die Sache so, dasz die ‘Vorstellungen’ für das Verstehen der Wörter vollkommen gleichgültig sind (anders als z.B. das Sphärenbewusztsein) und ‘anschaulich sein’ will besagen: ‘klare Vorstellungen hervorrufen’. Hinter dem Worte ‘Anschaulichkeit’ verbirgt sich die Tatsache, dasz die Metapher erleben läszt, was das Kurion nur nennt. Werner stellt die Frage nach der Entstehung der Metapher als Form. Auch er deutet grundsätzlich psychologisch. Das Merkmal der Metapher sei das subjektive Bewusztsein einer inadäquaten Bezeichnung, einer fiktiven Gleichsetzung, einer doppelten Bedeutung. Das ist die Metapher als Lüge, als Verhüllung. Als solche wurzele sie im Tabu und könne Gegenstand einer psychoanalytischen Deutung werden. Auch Werner kann den psychologischen Immanentismus nicht aufrechterhalten und auch bei ihm rächt sich an vielen Stellen die naive Annahme primärer Termini als unproblematischer Daten. Wie die Tabumetapher sich in eine poetische verwandeln und dabei doch das als wesentlich gesetzte Merkmal beibehalten könne, ist nicht einzusehen. In Pongs' Schau treten mehr Aspekte auf den Plan, ist die Metapher in vielfältigere Zusammenhänge aufgenommen, als in einer der vielen anderen Betrachtungsweisen. Er verwirft den Anthropomorphismus, sieht den Menschen kosmomorph und bewertet also die Funktion der Metapher im metaphysischen Denken positiv. Aber das Wichtigste ist doch, dasz er sagt, die Metapher sei der Ausdruck eines Weltgefühls. Seine Methode ist dialektisch, ontisch und genetisch zugleich. In einer Niveaustruktur (vgl. Werner) entfalte sich die Metapher in doppeltem Sinne. Auf dem höchsten Niveau sei sie ein Komplex, der aus der Verquickung mehrerer Gegensätze zu höheren Einheiten entstanden sei. Auch die zwei Bedeutungen verschmölzen zu einer höheren und neuen Einheit. Das dichterische Bild, das in ein Lebensgefühl eingehe und von dort aus entstehe, gehöre als Prägung des schöpferischen Einzelnen zur Sprache als Schöpfung, was etwas wesentlich anderes bedeute denn Sprache als Entwicklung. Auch Pongs bekämpft, wie so viele vor ihm, den Begriff des äuszerlichen Schmuckes; indem er das Eigentliche veruneigentliche, sage der Dichter eben das Eigentliche aus. Aber auch ihm gelingt es nicht, klar zu machen, wie das Wort ‘eigentlich’ hier seine Identität beibehalten könne. Scharf erkennt er, dasz eine Theorie der Metapher als ästhetisches Phänomen in einer Kunsttheorie (Illusion, Kunstschein) wurzeln solle. Im Zusammenhang damit versucht er, die Metapher über die Problematik der logischen und psychologischen Deutung hinauszuheben. Merk- | |||||||||||||||||||||
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würdig ist es, dasz er (ebenso wie u.a. Brinkmann) zuweilen die Metapher niedriger anschlägt als den eigentlichen Ausdruck; letzterer wäre als Ausdruck höher zu bewertenden Gefühle, schöner und edler. Unerklärt bleibt der Abstand zwischen dieser Eigentlichkeit und jener, welcher die Metapher ursprünglich entgegengesetzt wurde. Hedwig Konrad fordert, dasz die Metapher an erster Stelle als Sprachphänomen verstanden und beschrieben werde. Die metaphorische Abstraktion sei eine völlig andere als die bei anderem Wortgebrauch. Sie sei weiter eine wichtige Form des Bedeutungswandels: die Bedeutung des Wortes wandle sich, wenn ein Wort einen andern Gegenstand meine. Diesen Gegenstand faszt Hedwig Konrad (anders als G. Stern) als eine identische Struktur auf, wodurch sie von Bedeutungsgleichheit sprechen kann, wo andere Bedeutungswandel erblicken. In gewissem Sinne ist ihre Schau genau dieselbe wie die der uralten Rhetorik. Auch in ihrem Werke finden wir den impliziten Widerspruch, dasz das Wort bei der metaphorischen Anwendung seine Bedeutung ganz verliere. Die Relation zwischen ‘nennen’ und ‘bedeuten’ wird ihrer Abhandlung nicht zum Problem. Anders steht es bei Reichling, der ebenfalls die Metapher als Sprachphänomen, d.h. als ‘Wort’ begreifen will. Das Wort ist ihm eine Einheit von Gestalt und Bedeutung. Im Gebrauch behalte das Wort seine Identität bei, das heiszt, es höre nie auf seine Bedeutung zu sein. Die Bedeutung sei eine Einheit, für welche die vollzogenen Unterscheidungen disjunktiv wertvoll seien. Die Metapher sei eine bestimmte Art des Wortgebrauchs, bei dem die vollzogenen Unterscheidungen disjunktiv angewandt würden. Damit eröffnet er u.a. die Möglichkeit, in axiomatisch begründeten Termini auszusagen, warum in einem syntaktischen Zusammenhang ein bestimmtes Wort ‘Metapher’ und das Übrige ‘Zusatz’ sei. Von gröszter Wichtigkeit ist seine Unterscheidung zwischen ‘bedeuten’ und ‘nennen’, wenn hier auch noch nicht alles zur Klarheit gebracht worden ist. Der Terminus ‘Übertragung’ ist hier verschwunden, ebenso wie der Terminus ‘eigentlich’, dieser wird jedoch hinter seinem Begriff des ‘Namens’ sichtbar. Inzwischen hat sich die Kritik an Sprache und Wissen weiterentwickelt. Es ist eine Krise der Evidenz eingetreten. In den philosophischen, so wie in nahezu allen Einzelwissenschaften wird die Metapher oft mit groszer Vehemenz kritisiert, und zwar als sinnentleertes Wort. Nietzsche und namentlich Mauthner verkündigen auf verschiedene Weise, dasz Denken, Sprechen und Metaphorisieren in Bezug auf die Wirklichkeit eine und dieselbe machtlose Handlung bedeuten. Weiter werden der Metapher alle Sünden des diskursiven Denkens aufgebürdet. Sie erschwere den geistigen Verkehr zwischen den Menschen untereinander, habe sogar Umwälzungen und Kriege auf dem Gewissen. Bei Victoria Welby wird die stilistische Kritik an der Katachrese philosophisch belastet: inhaltsleere Theorien entstünden aus nichts anderem als aus sinnentleerter Bildersprache. Allerdings geht die positive Bewertung des Metaphorischen nicht völlig verloren. In all diesen, hier sehr flüchtig angedeuteten Betrachtungsweisen und Zusammenhängen erscheint die Metapher als Kontrast mehrerer anderer Termini; mit vielen wird sie sogar oft teilweise oder auch ganz synonym. An erster Stelle soll hier natürlich der eigentliche Ausdruck genannt werden. Weiter in der Rhetorik usw. ‘Metonymia, Synekdoche, Ironie, Euphemismus, Hyperbel, Periphrase, Vergleichung, Allegorie, | |||||||||||||||||||||
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Synästhesie’. In der Sprachwissenschaft verschiedene Verwandlungen oder blosze Abwandlungen der Bedeutung wie: ‘Komplikation, Assimilation, Erweiterung oder Verengung’. In der Philosophie: ‘Lüge, Fiktion, Illusion, Mythos, Abstraktum, Hypostasierung Personifizierung’. - Will man den Begriff ‘Metapher’ beschreiben, so werden auch diese Termini zergliedert werden müssen. Im systematischen Teil werden all diese Aspekte, Zusammenhänge und Probleme näher besprochen und zwar möglichst unabhängig von den konkreten Begriffsphasen. Darin also werden in Angriff genommen: die Begriffe ‘eigentlich, üblich, ursprünglich, Bild, Sache’, das tropologische System, der Begriff ‘Schmuck’, die Relation zwischen Metapher und Vergleichung, die psychologische und logische Deutung, die Begriffe ‘bewuszt und unbewuszt’, der Begriff ‘Sphäre’, die Termini ‘Wort, Name, Bedeutung und Übertragung’, die Funktionen der Sprache, der Begriff ‘Kritik’, die Kritik an den Sprachfunktionen, das Universalienproblem, der Begriff ‘konkret’, der Begriff ‘Abweichung von der Wirklichkeit’, der Begriff ‘Wirklichkeit’ selbst, der illusorische Charakter der Metapher, die Metapher im diskursiven Denken, die Metapher als Ausdruck eines Volkes, eines Dichters, des Menschen usw. Obgleich es in der Absicht des Verfassers lag an erster Stelle die Beschreibung eines Begriffes zu geben, haben die von ihm angewandten terminographischen Grundsätze und besonders die hier gehandhabte immanente Kritik ihm doch zu Schluszfolgerungen gebracht, von denen er hier einige der wichtigsten prägnant als Thesen formulieren möchte:
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Die Tatsache, dasz obige Thesen so verstreut auseinander liegen, korrespondiert nur in geringem Masze mit der unverkennbaren Kompliziertheit des Begriffs Metapher. Es zeigt sich hier z.B. nichts von seiner bipolären Struktur, wodurch er nicht nur eine logische, sondern auch eine affektive ‘Spannung’ in sich birgt. ‘Metapher’ ist ein Terminus aus der Rhetorik, aber auch der Mittelpunkt einer Weltanschauung. Die Metapher wird als äuszerlicher Schmuck aufgefaszt, aber auch als schöpferischer Ausdruck einer Persönlichkeit; als inhaltsleerer Klang, aber auch als einzige Brücke zum Rätsel der Wirklichkeit; als Lüge des Menschen, aber auch als Offenbarung Gottes. Sie weisz von der Liebe und dem Hasz Hunderter von Dichtern und Denkern. Und wo eine immanente Kritik in einer und derselben Schau einen der genannten Gegensätze als Illogizität antrifft, da hat der Mensch nicht nur mit der Metapher, sondern auch mit dem Rätsel unsres Daseins und mit sich selbst gerungen. In dieser Spannung hat der Verfasser den Begriff ‘Metapher’ zu beschreiben versucht, als einen Begriff, durch den wir uns mit ferner Vergangenheit verbunden fühlen, und der infolge seiner vielen ungelösten Probleme in weite Zukunft hinausweist. |
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