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Zwey und zwanzigster Brief.
Die Soldatenposten an der Corentyn und Wojombe sind von dem Gouvernement in Suriname angelegt worden, theils das Eigenthum des Landes zu behaupten - denn das Land an der Saramaka und Corentyn, so wie auch zwischen diesen beyden Flüssen, wurde damals von den Europäern gar nicht benutzt, auch kein Land zu Plantagen ausgegeben, weil man die Ausfuhre der Produkte durch fremde Schiffe nicht hätte hindern können, indem an den Mündungen zur Verhinderung des Schleichhandels keine Festungswerke angelegt waren - theils die Konnexion mit den übrigen holländischen Kolonien an der Berbice, Temerari und Isequebo zu unterhalten. Denn es ist die Pflicht der Posthalter, die Briefe der Regierung von Suriname und Berbice für einen vestgesetzten Preiß durch Indianer hin und her zu befördern, und den Reisenden behülflich zu seyn, von Su- | |
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riname nach Berbice, oder von letzterer zur ersten Kolonie zu kommen.
Auf der Post an der Corentyn, Auleara oder die Kreide genannt, weil dort am Ufer des Flusses eine Art Kreide ist, etwa eine Viertelstunde oberhalb Hoop, liegt ein Sergeant mit 4 Mann, und an der Wojombe ein Sergeant mit 2 Mann. Diese Posthalter und Soldaten bekommen ihre Löhnung in Cargäson, das heißt, in Korallen, Messern, Spiegeln, Rämmen, Äxten +c. nebst einer Quantität Schießpulver. Diese Waaren brauchen sie zum Handel mit den Indianern, und ihnen ihre Arbeiten zu bezahlen.
Die Posthalter haben sich das Vorrecht, auf ihren Posten den Karaiben die Indianer-Sklaven allein abkaufen zu dürfen, dadurch erworben, daß sie dem Gouverneur in Suriname den sechsten Sklaven umsonst abzugeben versprochen haben.
Diesen Sklavenhandel treiben die Karaiben größtentheils alleine. Sie lassen sich nämlich von den Posthaltern, auch manchmal von Handelsleuten in Paramaribo, allerley Waaren auf Kredit geben, und versprechen ihnen, dafür Indianersklaven zu bringen. Mit diesen Waaren reisen sie in der Corentyn auch in der Isekeb und Temerari weit über die Wasser- | |
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fälle, denn in allen diesen Flüssen giebt es schwer zu passtrende Wasserfälle, zu den über denselben wohnenden Indianern. Mit solchen Reisen bringen sie mehrentheils ein halbes, oft auch ein ganzes Jahr zu. Denen dort ohne einige Verbindung mit Europäern wohnenden Indianern bringen sie die ihnen schon bekannt gewordenen Eisenwaaren und andere Kleinigkeiten, und nehmen dafür, weil sie ihnen fast keine andere Waaren dagegen geben können, ihre Kinder als Bezahlung an.
Oftmals haben diese Karaiben auch mit einer oder der andern von diesen Nationen Krieg, überfallen einzelne Familien, schlagen die alten todt, rauben die Kinder und bringen sie zum Verkauf.
Diese Indianersklaven sind in der Kolonie theurer als die Neger, weil sie treuer sind und nicht entlaufen können; denn mit den Negern vereinigen sie sich nicht, und zu den Ihrigen zu kommen, ist wegen der Karaiben und anderer freyen Indianer beynah unmöglich.
Oftmals sind diese Indianersklaven schon gute Jäger, und die Mädchen werden von reichen Europäern gern als Maitressen gebraucht.
In Paramaribo wird ein Landesdolmetscher besoldet, der die karaibische Sprache verstehen
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soll. Ausser seiner Obliegenheit, das Interesse der Indianer bey der Regierung und der letzteren bey den Indianern zu besorgen, hat er auch die Pflicht, die zum Verkauf gebrachten Indianersklaven zu examiniren, ob sie von solchen Nationen sind, mit denen die Regierung keinen Frieden hat.
Die Nationen, von denen Niemand zum Sklaven verkauft werden darf, sind die Karaiben, Arawacken, Warauen und Akuliu. Letztere wohnen zwar nicht in der Nähe der Europäer, sondern oben bey den Buschnegern, leben mit ihnen in Freundschaft, und sind deswegen in den mit den Buschnegern geschlossenen Frieden mit einbegriffen. Oben an der Berbice wohnen auch die Waquaien, eine zahlreiche und kriegerische Nation, wie die Arawacken sagen. Mit diesen haben die Europäer auch Friede, und sie halfen der Kolonie Berbice bey der Rebellion dasiger Neger im Jahr 1763 dieselben wieder bezwingen, haben aber übrigens wenig Verkehr mit den dasigen Europäern, und nach Paramaribo kommen sie gar nicht.
Es scheint sehr unpolitisch zu seyn, daß man mit den im Surinamischen Guvernement oben an den Flüssen wohnenden indianischen Nationen, deren nach der Erzählung der Karaiben und Arawacken noch verschiedene sind,
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und von denen jede ihre eigene Sprache hat - keine Freundschaft zu stiften, und sie mit dem Schießgewehr bekannt zu machen gesucht hat. Denn eben dieses ist die Ursache, daß sich die Busch - oder sogenannten Freyneger über den Wasserfällen, wo ihnen so schwer beyzukommen ist, haben vestsetzen können.
Als die ersten weggelaufenen Negersklaven, die sich unterhalb den Wasserfällen, in den von den Plantagen entlegenen Wäldern angebaut hatten, von den Europäern verfolgt und aufgesucht wurden, flüchteten sie über die Wasserfälle, wurden aber von den in ihrer Nähe befindlichen Indianern sehr beunruhiget, und hatten viele Noth, sich zu behaupten. Weil aber die Neger Schießgewehre hatten: so wichen die Indianer, und entfernten sich von ihnen tiefer ins Land hinein, die Akuliu ausgenommen, welche den Negern länger widerstunden, und endlich Friede und Freundschaft mit ihnen machten.
Durch diese erhaltene Ruhe konnten sich die Buschneger nun über den Wasserfällen, an der Suriname und Saramaka, ganz vestsetzen, zogen mehrere weggelaufene Neger an sich, und fingen nun an, die Plantagen zu beunruhigen und zu zerstören, hauptsächlich um mehrere Weiber, an denen es ihnen oben fehlte, zu be- | |
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kommen, indem sie dieselben von denen ihnen am nächsten gelegenen Plantagen wegschleppten.
Um nun auf den Plantagen Ruhe zu haben, mußten die Europäer sich entschliessen, sie für freye Neger zu erklären, und ihnen einen jährlichen Tribut, unter dem Namen von Geschenken, zu geben.
Diese Geschenke bestehen in einer Quantität Eisenwaaren, einigen Flinten, Pulver, bunte Kattune, und Korallen für ihre Weiber +c.
Hierüber entsteht aber oft Streit, weil sie immer mehr verlangen, und die Bedingungen des Friedens nicht erfüllen. Diese Bedingungungen sind, daß sie keine weggelaufene Sklaven annehmen, sondern sie als Gefangene an die Regierung ausliefern, den Plantagen keinen Schaden thun, und bey etwa entstehender Rebellion unter den Sklavennegern der Regierung zu Dämpfung derselben behülflich seyn sollten.
Um über die Erfüllung dieser Friedensbedingungen, sonderlich, daß sie die entlaufenen Sklaven, die sich zu ihnen finden, wieder ausliefern, zu wachen, hält die Regierung bey den Saramacka- und Ocka-Freynegern einen Europäer als Agenten, durch welchen alles, was die Regierung an sie gelangen lassen will, ihren Kapitains angezeigt wird.
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Die Ockaner wohnen zwischen der Maraweine und Suriname, und haben einen Hauptkapitain, die Saramackaner aber oben an der Suriname, erstrecken sich bis an die Saramacka, und hatten ehedem auch nur einen Hauptkapitain, Arrabini genannt, zu welchem unsre Brüder als Missionarien gesandt wurden, und dessen Sohn ihm in der Würde folgte, sich der Brüder treulich annahm und in der Folge unter dem Namen Iohannes getauft wurde. Allein schon unter seinem Vater trennten sich die oben an der Saramacka wohnenden Freyneger von ihnen, und wählten sich einen eigenen Hauptkapitain, Massinga, mit welchem daher von der Regierung ein aparter Frieden geschlossen werden mußte.
Obwohl nun die Neger zwischen der Maraweine und Saramaka sehr zahlreich und mächtig geworden sind, daß die Indianer-Nationen, die in ihrer Nachbarschaft wohnen, ihnen nicht leicht etwas anhaben könnten: so würde, meines Erachtens, die Regierung doch jetzt noch sehr wohl thun, den Handel mit Indianersklaven ganz zu untersagen, und mit den weiter im Lande wohnenden Indianer-Nationen Friede und freundschaftliches Verkehr durch einen Handel mit ihnen zu stiften. Dieses würde um so nöthiger seyn, weil, wie ich kürzlich gehört ha- | |
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be, nun auch an den Flüssen Corentyn, Neuker und Kuppaname Land zu Plantagen ausgegeben worden ist, um wenigstens zu verhindern, daß sich nicht auch an diesen Flüssen neue Kolonien von entlausenen Negersklaven vestsetzen.
Daß man bis daher, so viel mir bekannt ist, noch nicht daran gedacht, mit den im Innern des Landes wohnenden Indianern ein freundschaftliches Verkehr einzuleiten, mag wohl daher rühren, daß die Europäer mit dem Innern des Landes, welches zu erforschen die vielen Wassersälle in allen Flüssen sehr beschwerlich machen, zu wenig bekannt sind, man sich auch vor den weiter im Lande wohnenden Indianern fürchtet und sie als Feinde ansieht. Überdem kann auch der Nutzen, den der Gouverneur von dem sechsten Sklaven, den ihm die Posthalter abgeben müssen, und die auf eine solche Veranstaltung von der Regierung im Anfang zu verwendenden Rosten, bisher der Sache im Wege gewesen seyn.
Sollte sich nun die Regierung zu einem solchen Frieden- und Freundschafts-Traktat mit erwähnten Indianer-Nationen entschliessen: so müßte vorher, wie gesagt, den Karaiben und Europäern verboten werden, des Sklavenhan- | |
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dels wegen zu den obern Indianer-Nationen zu reisen.
Denn bisweilen suchte auch ein oder der andere Europäer bey der Regierung die Erlaubniß, zu den Nationen des Sklavenhandels wegen zu reisen, und war dann gleichfalls der erwähnten Abgabe des sechsten Sklaven unterworfen. Wan hatte aber mehrere Exempel, daß sie von den bey den Wasserfällen wohnenden Karaiben, die ihren Handel nicht gern wollten verderben lassen, an ihrer Reise gehindert, oder gar erschlagen worden sind.
Auch haben einige von den oben im Lande wohnenden Indianern, welche Nachricht bekommen hatten, wie schlecht ihnen die Karaiben ihre Sklaven und einige andere Waaren, z.B. Cossabireiben +c. bezahlten, versucht, herunter zu kommen, sind aber gleichfalls von den Karaiben gehindert und auch rerschiedene von ihnen erschlagen worden.
Es ist daher zu hoffen, daß, wenn die Regierung in Suriname, - denn so viel ich weiß, findet der Verkauf indianischer Sklaven nur in dieser Kolonie statt, - von der schlechten Handelweise der Karaiben gründlich unterrichtet wäre, sie gern zu Unterdrückung dieses Handels die Hand bieten, und ein freundschaftliches Verkehr zwischen den Europäern und
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Indianern, von denen sie niemals etwas, so wenig wie von den Arawacken und Warauen, die einen sanften Character und keine politische Verbindungen, wie die Neger, unter sich haben, zu befürchten hätte, einzuleiten suchen würde.
Dieses könnte, nach meinem Ermessen, am besten auf die Weise bewirkt werden, wenn die Regierung einige fähige Europäer mit Handlungswaaren in Begleitung einer Anzahl Arawacken oben an die Corentyn, woselbst viele Akuliu wohnen, die mit den Freynegern zwar Friede, aber weiter keinen Verkehr haben sollen, sendeten, und erst mit dieser, und durch sie auch mit andern Nationen Friede und Freundschaft stiftete, und sie, mit Versicherung des Schutzes, herunter in die Kolonien zu kommen, einladen liesse, um sich ihre Bedürfnisse selbst zu kaufen. Ein Gleiches könnte dann auch bey denen oben an den Flüssen Temerari und Isequebo geschehen. Hoffentlich würde sich ein und der andere Karaibe, der von seinen vorherigen Reisen in jene Gegenden noch Bekanntschaften unter den Nationen hat, willig finden lassen, sie dahin zu begleiten; sich aber allein den Karaiben anzuvertrauen, halte ich, aus oben angeführten Gründen, nicht für rathsam.
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Von den über den Wasserfällen wohnenden Indianern erzählten die Arawacken allerley fabelhafte Dinge, deren Ungrund man leicht einsieht, und ich daher hier nicht erst anführen will. Jedoch kann man aus folgender etwas zuverläßigern Nachricht von den weiter im Lande wohnenden Nationen ersehen, daß in den obern Gegenden viele kleine Nationen wohnen müssen, von denen, wie die Arawacken sagen, jede ihre eigen Sprache hat. Die von ihnen angegebenen Nationen sind folgende:
1.) Massannau, wohnen oben an dem Amazonfluß, und sollen Menschenfresser seyn.
2.) Uttumaku, zwischen der Oranoke und Amazon, verfertigen aus einer Sorte Muscheln weisse Korallen, welche die Indianer Uruebe nennen, und starken Handel damit treiben. Diese Korallen werden auch von den Negern und Kreolen sehr gesucht. Eine Elle solcher guten und glatt abgeschliffenen Korallen galt damals in Paramaribo 1½ thlr. Die Indianer stellen oft Reisen an die Oranoke an, um diese Uruebe zu bekommen. Weil das Eisenwerk dort rar ist, erhandeln sie dieselben für Nähnadeln, Fischangeln und eiserne Nägel.
3.) Kaiukussianu, oben an der Kupaname.
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4.) Assawanu,
5.) Saliwanu, und
6.) Wajudu, alle drey oben an der Oranoke.
7.) Kamouje, auf einer Insel jenseit der Oranoke, und
8.) Nipiju, am Munde der Oranoke.
Alle diese Nationen, mit denen sie keinen Frieden und kein Verkehr-haben, nennen sie Paletiju.
Unter diese Klasse rechnen sie die Warauen, Karaiben und Waquaien, die oben an der Berbice wohnen, nicht, sondern sehen sie als Landsleute an.
Mit den Karaiben, welche, wie sie sagen, aus einem andern Lande in das ihrige gekommen sind, haben die Arawacken lange Krieg geführt, welcher erst ein Ende nahm, seit die Regierung in Suriname einen Frieden unter den Karaiben, Arawacken und Warauen gestiftet, und die feindlich zu behandeln gedrohet hat, welche die andere bekriegen würde.
Von der Berbice bis an die Oranoke wohnen, so viel ich erfahren habe, keine Karaiben, sind an der Oranoke von den Spaniern für vogelfrey erklärt, und dürfen sich daselbst gar nicht sehen lassen.
An der Corentyn und Cupaname wohnen sie vermengt unter den Arawacken und Wa- | |
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rauen, jedoch an abgesonderten Orten. Die Saramaka und Suriname sehen sie als ihr eignes Land an, sind aber dort auch nicht zahlreich. Hingegen sollen in dem französischen Cajenne viele wohnen, und dort von der Regierung mehr als Unterthanen angesehen und behandelt werden.
An der Oranoke, wo auch Arawacken wohnen, sind die aus den holländischen Kolonien ofte des Handels wegen dahin reisenden Indianern, nicht sicher. Denn wenn die Spanier oder spanischen Kreolen, die immer an den Küsten und am Munde der Oranoke herumfahren, um den Schleichhandel zu verhindern, ein Fahrzeug mit fremden Indianern gewahr werden, suchen sie dieselben zu fangen, und bringen sie zu den spanischen Missionarien.
Diese sperren sie ein, unterrichten sie im Christenthum und taufen sie. In dieser Zeit werden sie von den Missionarien beköstiget, aber sehr schlecht, wie die Indianer sagen, und müssen für dieselben arbeiten.
Wenn die Missionarien glauben, daß die neuen Indianer sich an die dortige Lebensart gewöhnt, und mit den daselbst wohnenden Arawacken Verbindungen eingegangen sind: so geben sie ihnen mehrere Freyheit. Verschiedene von ihnen gehen aber, sobald sie Gelegen- | |
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heit finden, wieder heimlich davon; andere aber bleiben bey ihnen und vermengen sich mit den am Munde der Oranoke und auf der Insel Trinidat wohnenden Arawacken, welche, von dem Herumziehen mehr abgewöhnt, veste Wohnungen, Rindvieh und Pferde haben, die dort groß und schön seyn sollen.
Die spanischen Missionarien sollen sehr darüber halten, daß die Indianer fleissig in die Kirchen gehen. Sie unterrichten auch die Jugend in aparten Schulen, und die Kinder müssen jedesmal, wenn sie in die Schule kommen, etwas mitbringen, wenn es auch nur ein Stück Holz ist, um die Indianer an das ihnen ungewöhnliche Geben zu gewöhnen.
Weil nach der Oranoke wenige spanische Schiffe kommen, sind alle europäische Waaren dort sehr rar, und die Schleichhändler, die dort Taback, Zucker u.s.w. holen, ziehen von ihrem Handel beträchtlichen Nutzen. Denn wenn sie sich vorher mit den Küstenbewahrern abgefunden haben, können sie ihren Handel mit den Missionen, unter welche dort das Land vertheilt seyn soll, ungehindert treiben.
Hiermit könnte nun meine Nachrichten von Suriname schliessen, muß Sie aber noch um einige Geduld für meinen letzten Brief, die ara- | |
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wackische Sprache betreffend, bitten, um auch in dem Stück mein Versprechen erfüllen zu können; werde mich aber darinn so kurz als möglich fassen, und bleibe indeß +c.
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