Die Grenzen des Wachstums. Pro und Contra
(1974)–Willem Oltmans– Auteursrechtelijk beschermd
[pagina 151]
| |
Richard A. FalkProfessor Richard A. Falk lehrt seit 1961 Völkerrecht an der Princeton University in Princeton, New Jersey. Falk wurde 1930 in New York City geboren und studierte an der University of Pennsylvania und an den juristischen Fakultäten von Yale und Harvard. Er ist Direktor der nordamerikanischen Abteilung des Projekts ‘Weltordnungsmodelle’ des World Law Fund. An diesem Projekt arbeiten Wissenschaftler aus aller Welt mit dem Ziel, realistische Strategien zur Verbesserung der Weltordnung bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu entwickeln. Sein jüngstes Buch, This Endangered Planet, 1972, erregte die Aufmerksamkeit weiter Kreise sowohl in den USA als auch im Ausland. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen: Law, Morality and War in the Contemporary World, 1963; The Strategy of World Order, 1966; Legal Order in an Violent World, 1968; The Vietnam War and International Law, 1968 und The Status of Law in International Society, 1970.
In der siebten Zeile Ihres Buches This Endangered Planet ist bereits von der Notwendigkeit von Grenzen die Rede. Sehen Sie Die Grenzen des Wachstums als Schritt zur Organisation der Erde an? Ja. Ich glaube, das Buch hat wesentlich dazu beigetragen, den Menschen zwei grundlegende Tatsachen bewußtzumachen: daß die Erde begrenzt ist und daß unsere gegenwärtige Art des Wirtschaftens die begrenzten Gegebenheiten, unter welchen die Erde so viele Jahrhunderte hindurch existierte, ernsthaft gefährdet. Ich glaube, daß das Werk einen Teil seines Erfolges der Verwendung von Computertechniken verdankt, die seinen Schlußfolgerungen den Nimbus der Autorität verlieh. Dieser Umstand bietet aber gleichzeitig auch die Hauptangriffsfläche, denn man hatte sich etwas verfrüht auf eine quantitative Argumentation eingelassen. Es fehlen uns heute noch die nötigen Daten für eine rechnergestützte Argumentation über die Grenzen des Wachstums, die als Grundlage für die Reorganisierung der wirtschaftlichen und politischen Ordnung dienen könnte.
Hugo Grotius, der holländische Rechtsphilosoph des 17. Jahrhunderts, hat als erster ein internationales Gremium zur Schaffung und Durchsetzung internationaler Kontrollen vorgeschlagen. Inzwischen sind fast vier Jahrhunderte vergangen, und wo stehen wir jetzt? Ich selbst nehme in bezug auf die Organisation der internationalen Gesellschaft keinen law and order-Standpunkt ein. Es liegt ja eine seltsame Ironie darin, daß diejenigen, die in der Innenpolitik nach | |
[pagina 152]
| |
Gesetz und Ordnung rufen, in internationalen Fragen meist zu den reaktionärsten Kräften zählen. Aber auch ein anderer Widerspruch ist häufig festzustellen. Gerade die Progressivsten in Fragen der Innenpolitik scheinen sich auf der internationalen Ebene ein starkes Ordnungsgefüge mit einer entsprechenden Exekutive zu wünschen. Ich selbst glaube, daß man bei der Suche nach dem optimalen Weltsystem Ordnungsformen anstreben sollte, die starke Komponenten der Dezentralisation aufweisen. Was wir brauchen, ist nicht eine Weltregierung, sondern spezialisierte Institutionen mit begrenzten Befugnissen zur Regulierung der Hauptfunktionen der menschlichen Existenz. Wir brauchen Verfahren, die eine entschieden gerechtere Verteilung der Einnahmen und Ressourcen der Welt gewährleisten. Wir müssen es den Menschen ermöglichen, ungehindert durch die künstlich errichteten Schranken der Landesgrenzen miteinander in Verbindung zu treten. Diese Dinge erfordern ein neues politisches Bewußtsein, dessen wesentlichstes Merkmal die Tendenz zur Erweiterung der persönlichen Identität ist, die letzten Endes auf der Idee der Weltbürgerschaft und menschlichen Solidarität basiert.
Es wurde immer gesagt, daß die Vereinten Nationen als Instrument der internationalen Diplomatie wirklich repräsentativ für die Menschheit wären, wenn China beiträte. Das erste, was China tat, war, gegen den Beitritt von Bangla Desh zu stimmen. Die gleiche, von allen Großmächten verfolgte Machtpolitik. Wie kommt man zu akzeptablen Spielregeln? Man muß davon ausgehen, daß die UNO den verlängerten Arm der Diplomatie, nicht eine Alternative dazu darstellt und daß es sehr fraglich ist, ob viele der Regierungen tatsächlich die Völker repräsentieren, für die sie zu sprechen behaupten. Vielfach geht es den Regierungen vor allem darum, sich selbst innenpolitisch an der Macht zu halten und auf der internationalen Bühne ein Maximum an politischem und wirtschaftlichem Einfluß herauszuholen. Das Spiel der Nationen ist ein Spiel der Rivalitäten, bei dem jede Nation versucht, ihre eigene Macht, ihren Reichtum und ihr Prestige zu maximieren. Angesichts der Begrenztheit des Raumes und der Ressourcen der Erde bedeutet dies zwangsläufig, daß jede Nation normalerweise nur auf Kosten der anderen gewinnen kann, es sei denn, alle können gleichzeitig wachsen. Die Wachstumsideologie ist eng mit der Stabilität des nationalstaatlichen Systems verknäpft, denn ohne Wachstum hätten die Staaten kaum Möglichkeit, ihre Separatinteressen, nämlich Maximierung ihrer Position in der Welt, zu verfechten. Ohne Wachstum könnte jeder Staat die Grundlage seiner Macht und seines Reichtums nur auf Kosten der anderen vergrößern. Eine solche neodarwinistische Vorstellung vom Weltsystem würde die Regierungen jeglicher Illusion berauben, daß | |
[pagina 153]
| |
ihre separaten Bestrebungen zumindest potentiell kompatibel seien, wenn sie sich nur bescheideten. Unbegrenztes Wachstum erhält somit die Ansicht am Leben, daß das nationalstaatliche System nicht zum Krieg aller gegen alle führen müsse, sondern daß sich alle gleichzeitig entfalten könnten. Die Grenzen des Wachstums unterminiert die Ideologie des nationalstaatlichen Systems in dieser zentralen Hinsicht und hat damit einen beachtlichen und fortschrittlichen Beitrag geleistet. Es besteht keine Aussicht, die ökologische Herausforderung in den Griff zu bekommen, wenn man nicht gleichzeitig auf politischer Ebene versucht, die internationale Gesellschaft in einer Weise zu reorganisieren, die zu einer Ablösung oder zumindest Milderung des nationalstaatlichen Systems führt. Es wäre nicht nötig, die Staaten abzuschaffen, wohl aber müßte man ihre organisatorische Verquickung mit Macht und Reichtum beseitigen und ihren Anspruch auf Loyalität und Untertanentreue verwässern oder transzendieren.
Aber die Eindämmung des Bevölkerungswachstums, der Umweltverseuchung und ähnlicher Probleme bleibt eine Aufgabe der Legislative und ist weiterhin der Regierungskontrolle unterworfen. Ohne Gesetze werden wir nicht auskommen, sei es auf nationaler oder auf internationaler Ebene. Es stimmt, daß wir Normen brauchen und daß wir Gesetze brauchen, die diesen gesellschaftlichen Normen Gestalt geben und ihre wirksame Durchsetzung gewährleisten. Gleichzeitig halte ich die Annahme für gefährlich, daß Gleichheit und Gleichgewicht auf unserem Planeten nur durch Einsetzung einer Art von Superregierung verwirklicht werden können, die über die ganze Menschheit herrscht. Ich bin keinesfalls so sicher, daß Regierungen die Fähigkeit haben, das menschliche Leben und die Naturschätze auf humane Weise zu verwalten; es besteht deshalb die Gefahr, daß man auf der Suche nach einer Lösung der uns aktuell bedrängenden Probleme eine Art Frankenstein erschafft. Eine Gesellschaft wie die Südafrikas verfügt über ein solides System der Friedenssicherung. Sie hat wirksame Gesetze. Ihre Polizei verhütet viele Gewalttaten, und trotzdem ist dies eines der schlechtesten Gesellschaftssysteme in der heutigen Welt, gemessen an den meisten Werten, die uns wichtig erscheinen.
Präsident Eisenhower hielt das Gesetz in internationalen Angelegenheiten für die einzige Alternative zur Gewalt. Eisenhowers Geisteskind Richard Nixon marschierte einfach in Kambodscha ein und beging damit nach der amerikanischen Verfassung eine illegitime Handlung. Die Verfechter von law and order, ob in der Tschechoslowakei oder in Kambodscha, scheinen dazu zu neigen, jedes Gesetz mit Füßen zu treten, wenn es ihnen gerade paßt. | |
[pagina 154]
| |
Richard Nixon ist das typische Beispiel eines Politikers, der in seinem eigenen Land law and order wünscht, wobei law and order zum Codewort für Polizeiherrschaft und für Unterdrückung derjenigen Gruppen wird, die mit dem Status quo unzufrieden sind. Auf der internationalen Szene, wo es law and order dieser Variante nicht gibt, wünscht sich Nixon maximale Handlungsfreiheit, um die Ziele der USA, wie er sie sieht, verfolgen zu können. Dazu gehört die Mißachtung restriktiver Normen wie beispielsweise im Falle Kambodschas oder der hartnäckigen Bombardierung Nordvietnams. Normen, die seit langem in den Traditionen des Völkerrechts verankert sind, haben sichtlich weder für die Führungsclique in Washington noch für die Führungscliquen in den meisten übrigen Teilen der Welt Bedeutung. Vor einiger Zeit hatte ich in Hanoi ein interessantes Gespräch mit dem schwedischen Botschafter Jean Christoph Oberg, einem außerordentlichen Mann. Er sprach über die Wirkungen der Bombardements und die Wirkung des europäischen Schweigens angesichts dessen, was die USA in Indochina tun. Er denunzierte, mit Recht, glaube ich, die Unfähigkeit und Gleichgültigkeit dieser Zentren der Zivilisation angesichts des Massakers an einem unschuldigen Volk; die Bereitschaft, abseits zu stehen und die Vereinigten Staaten den Krieg in gemeinster Weise fortsetzen zu lassen und sich gleichzeitig gegenüber der Welt zu benehmen, als sei nichts geschehen. Vom Standpunkt des Völkerrechts hat die amerikanische Aggression in Südostasien regelrechte Kriegsverbrechen nach sich gezogen, wie Telford TaylorGa naar eind1 meint. Die amerikanische Kriegführung in Asien schließt die schrecklichsten Greueltaten ein, die von einer freien Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit begangen wurden. Telford Taylors Ansichten haben sich nach der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere etwas gewandelt. Sein anfängliches Zögern, den Entscheidungsträgern die Verantwortung für die Kriegsverbrechen in Indochina anzulasten, war dem Umstand zuzuschreiben, daß er keine Beweisstücke in Händen hielt, die mit den deutschen Kriegsplanungsdokumenten vergleichbar gewesen wären, die in Nürnberg verwendet wurden. Seit der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere hat man eine adäquate Informationsgrundlage, selbst von Taylors Standpunkt, um sagen zu können, daß sich die Führung, die diese Politik plante, der schlimmsten Kriegsverbrechen schuldig machte, die je von einer freien Gesellschaft begangen wurden - unter Umständen, die keine ernst zu nehmende Rechtfertigung, wie nationales Überleben oder auch nur fundamentale nationale Interessen, zulassen. Vielmehr handelt es sich um grundlose Kriminalität. Diejenigen, die in ihren klimatisierten Büros ihre Verbrechen planten, waren sich der tödlichen Folgen ihrer Handlungen für die Menschen nicht bewußt und wollten sich dessen nicht bewußt sein. | |
[pagina 155]
| |
Professor LiftonGa naar eind2 schreibt Aufsätze darüber, beispielsweise in der Saturday Review, wie sich der bewaffnete Konflikt zu einem Druck-aufden-Knopf-Krieg wandelt. Unsere Technologie ermöglicht es, die größten Grausamkeiten auf kühle, distanzierte und intellektualisierte Weise zu begehen. Gleichzeitig entsteht durch die Vermehrung hochentwickelter Technik eine ungeheure Anfälligkeit, wie man bei der jüngsten Flugzeugentführung feststellen konnte, bei der die Entführer drohten, die nuklearen Anlagen in Oak Ridge in die Luft zu sprengen und die dort vorhandene Radioaktivität freizusetzen, die angeblich tausendmal stärker als der radioaktive Fallout der Atombombe von Hiroschima ist. Da es Ende der achtziger Jahre in den Vereinigten Staaten neunhundert derartige Kernkraftwerke geben soll, wird man es dann mit einer schrecklich distanzierten, technokratischen Regierungsform zu tun haben, die sich von menschlichen Wertvorstellungen weiter und weiter entfernt und wo der Computer den menschlichen Verstand, den Geist des Menschen ersetzt. Auf der anderen Seite wird es verzweifelte Menschen geben, die sich von jeglicher Teilnahme an den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen fühlen, die keine Hoffnung haben, ihre Ziele mit normalen Mitteln zu erreichen und die mühelos imstande sein werden, das ganze System zu zerrütten.
Bewegen wir uns auf autoritäre Regierungsformen zu, um mit einigen der Probleme fertig zu werden, die Sie eben erwähnt haben? Ja, ich glaube, deshalb haben die Menschen, die sich heute Sorgen machen, das Gefühl, daß die Zeit drängt. Je länger wir eine fundamentale Reorientierung des menschlichen Bewußtseins hinausschieben, desto wahrscheinlicher wird es, daß man die im Grunde verrückten Pläne zur Programmierung der Zukunft durch Einführung einer Art Makrolernprozeß zu verwirklichen sucht, der die Menschen konditioniert, sich so zu verhalten, wie es die Programmierer wünschen. Daß das menschliche Gehirn die Basis für die Herstellung einer erträglichen Beziehung zwischen Mensch und Geschichte und Mensch und Natur entdecken kann, ist vermutlich unser höchster intellektueller Ehrgeiz. Was heute so dringend benötigt wird, ist die Erkenntnis sowohl der Möglichkeiten als auch der Grenzen der Technik und wie sehr wir einer weltweiten ethischen Revolution bedürfen. Solange wir die Evolution auf wissenschaftlichem, technischem und materiellem Gebiet suchen, muß sich diese neue ethische Revolution auf eine Verbindung unserer gesellschaftlichen und politischen Strukturen und eine Neudefinition der Überlebensbedingungen stützen, das heißt, sie muß von einer wirklichen Weltordnungsbewegung getragen werden. | |
[pagina 156]
| |
Und die Wirklichkeit? Eine solche Revolution muß eine Art biologische Basis haben. Sie muß die Tatsache begreifen - eine Tatsache, die meiner Meinung nach dem ganzen Bemühen des Club of Rome und vieler Gruppen in aller Welt, die außerhalb der etablierten Strukturen von Macht und Reichtum stehen, zugrunde liegt -, daß wir sowohl eine neue Synthese von Wissen und Handeln als auch eine neue Synthese von Wissen und Fühlen brauchen. Beide Strömungen sind heute gleichzeitig vorhanden. Die MIT-Studie ist meiner Ansicht nach ein schöpferischer Beitrag, der Wissen und Handeln als synthetische Einheit begreift. Die Verfasser haben versucht, die Wechselwirkungen innerhalb des Ganzen zu erfassen, denn Teilanalysen reichen zum Verständnis des Ganzen nicht aus. Aber die andere Hälfte ist das Verhältnis zwischen Denken und Fühlen und die These, daß das Bewußtsein, um in der Realität verankert zu sein, viel mehr in Betracht ziehen muß als die rationalen Fähigkeiten des Menschen. Der Versuch, die Grenzen des Bewußtseins auszuloten, die Wiederentdeckung der Tradition mystischen Denkens, das neuerwachte Interesse an den Beziehungen primitiver Kulturen zu ihrer Umwelt, all dies ist gewissermaßen Bestandteil der Entdeckung einer bioethischen Basis, die es dem Menschen nicht nur gestattet zu überleben, sondern in sinnvoller und befriedigender Weise zu leben. Es gibt auch noch andere Zukunftsmodelle als SkinnersGa naar eind3 Vision einer Menschheit, die programmiert wurde, nichts Böses zu tun. Das ist eine Kindergartenvision der Zukunft. Wer möchte das schon, die Sozialisation der ganzen Menschheit in einem Skinnerschen Kindergarten? In einer solchen Welt möchte ich nicht leben. Die Phantasie und der schöpferische Geist des Menschen sind darin so gefesselt, daß man der schlimmsten Art von Zerstörung der menschlichen Bestimmung Vorschub leistet, wenn man auf sie hinarbeitet, obwohl es im Namen einer Utopie geschieht. Von der individuellen Kreativität des Menschen bleibt nichts übrig, und unter solchen Bedingungen, ohne Luft zum Atmen, stirbt der Geist. Es ist eine Welt, in der zwischen Selbstmord und Überleben kaum mehr ein Unterschied besteht. Im Gegensatz zur Skinnerschen Zukunftsvision vereint das Projekt ‘Weltordnungsmodelle’ Gruppen von Wissenschaftlern in Afrika, Lateinamerika, Indien, Japan, Europa und der Sowjetunion zu stimulierender Kooperation im Dienste der bioethischen Revolution. Jede dieser Gruppen erarbeitet ein eigenes Modell zur Reform der Weltordnung, das sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts realisieren lassen soll. Zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit wird an einem weltumspannenden Projekt gearbeitet, bei dem jedes Team gesonderte Vorschläge zur Neugestaltung der Welt machen wird, die sowohl visionär als auch von der Politik der Veränderung getragen sein werden. Wir glauben, daß das Projekt ‘Weltordnungsmodelle’ den Menschen in allen Teilen der Erde eine | |
[pagina 157]
| |
Grundlage zur Hoffnung und zum Vertrauen in die Zukunft geben wird, daß es ihrem Denken, Fühlen und Handeln die Richtung weisen wird, ja daß es zu einem Motor für die Mobilisierung aller Antriebskräfte des menschlichen Geistes werden wird. Die erste Phase beim Aufbau einer neuen Weltordnung muß unseres Erachtens der Bewußtseinsbildung dienen, die zweite der Mobilisierung zum Handeln, und in der dritten wird es zur Veränderung der jahrhundertealten Institutionen kommen, die jetzt über Macht und Reichtum verfügen.
Der Club of Rome hat es sich zum Ziel gesetzt, das Bewußtsein der Menschen von der Verfassung ihres Planeten in dieser vorgerückten Stunde zu schärfen. Kommunikationssatelliten könnten ungeheuer viel zur Erweiterung des Wissens in allen Teilen der Erde beitragen, wenn sie richtig eingesetzt würden. Die Sowjets haben gedroht, Satelliten abzuschießen, die unerwünschte Informationen über ihre Grenzen bringen. Hier stehen wir vor einem weiteren juristischen Problem - ‘Visa für Ideen’. Ich glaube, das zugrundeliegende Ziel, nämlich im nächsten Jahrzehnt die Ideen so mobil wie mäglich zu machen ist eine der fortschrittlichen Kräfte in der Welt. Alles, was dieser Mobilität im Wege steht, ist ein reaktionärer Impuls. Man muß sich klar darüber sein, daß eine Regierung wie die sowjetische, die in einem feindseligen Verhältnis zu ihrer eigenen Bevölkerung steht, diese Art von globaler Mobilität nicht dulden kann. Sie herrscht über eine geschlossene Gesellschaft, das ist ein Teil der Strategie, mit der sich die sowjetischen Machthaber an der Macht halten. Wie ließe sich sonst der Grad an Konformität des Denkens, Fühlens und Handelns erhalten, den die Sowjetführer für nötig erachten? Deshalb glaube ich, daß Fortschritte in Richtung auf eine Zukunftsvision, in der Konzepte wie Die Grenzen des Wachstums und eine neue Weltordnung Sinn haben, erst möglich werden, wenn innerhalb der großen gesellschaftlichen Systeme dieser Welt Veränderungen stattgefunden haben; das sind die kritischen Arenen zur Veränderung der Weltordnung. Innenpolitischer Fortschritt, ob in den Vereinigten Staaten oder in der Sowjetunion, gibt uns die größte Hoffnung, daß uns eine gute Zukunft bevorsteht. Fortschrittliche Kräfte werden an die Macht kommen müssen, um die Entscheidungszentren, die die Geschicke unseres Planeten lenken, zu reorientieren. Es ist naiver Optimismus der gefährlichsten Sorte, zu glauben, daß die regressiven Eliten, die heute über die stärksten Machtstrukturen der Welt herrschen, die moralischen und politischen Führungsqualitäten besitzen, um eine Welt zu schaffen, in der wir unsere Kinder und Enkel leben sehen möchten. Diesen Führern von heute geht es im wesentlichen darum, ihre Machtpositionen und Privilegien gegenüber Menschen zu verteidigen, die | |
[pagina 158]
| |
ärmer und schwächer und in vieler Hinsicht benachteiligt sind. Genau diese Art regressiver Beziehungen tendiert zu gesellschaftlicher und politischer Rigidität. Es ist ungemein wichtig, daß wir im kommenden Jahrzehnt die auf Veränderung zielenden Kräfte innerhalb der großen Gesellschaftssysteme zu ermutigen suchen, in der Hoffnung, daß diese Kräfte genug Macht erlangen werden, um das Selbstverständnis nationaler Regierungen neu zu definieren. Bis das geschieht, bleibt uns nicht mehr zu tun, als den einzelnen daran zu gewöhnen, unangenehmen Tatsachen in bezug auf unsere Zukunftsaussichten mutig ins Auge zu sehen. Im Rahmen der gegenwärtigen Machtstrukturen der Welt sehe ich keine Hoffnung auf fundamentale Veränderungen, wie sie auf Grund von Analysen wie der des Club of Rome, der ich zustimme, erforderlich wären. Ich hoffe, daß der Club of Rome beginnt, sich ernsthaft mit Taktik und Strategien der Veränderung auseinanderzusetzen, und die Politik und Ethik eines neuen Gleichgewichts zwischen dem Menschen und den Möglichkeiten seines Planeten zu seinem ureigensten Anliegen macht. |