Gellert und Holland
(1928)–W.J. Noordhoek– Auteursrecht onbekend
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Gellert als FabeldichterDer Deutsche J. Grabner, Lieutenant in Ver. Niederl. Diensten, berichtet in seinem Buche Über die vereinigten NiederlandeGa naar voetnoot1), daß Gellert in Holland wo nicht mehr geschätzt, doch mehr gelesen wurde als La Fontaine und dort die Stelle eines Nationalfabeldichters vertrete. Diesem Zeugnis eines Ausländers kann man unbedingt Glauben schenken. Ebensowie die moralisierenden Geschichten und Sprüche unsres Jakob Cats jahrhundertelang in jedem Hause neben der Bibel in hohen Ehren gehalten wurden, so fanden auch die Fabeln von Gellert aufmerksame, ja andächtige Leser in den weitesten Kreisen. Selbstverständlich gab es verschiedene Ausgaben, eine kostbare, mit schönen Kupferstichen versehene neben einfacher ausgestatteten. Die erste Übersetzung, die unter der Leitung von Joh. Lublink de Jonge zustande kam, erschien bei Pieter Meyer in Amsterdam in den Jahren 1772-1774. Auch Pieter Meyer selbst, nebst J. Lutkeman, H.J. Roulland, Lucas Pater, B. de Bosch, J.P. Broeckhoff haben sich an dieser vorzüglichen Übersetzung beteiligt. Daß die Buchhändler sich von einer Ausgabe der Gellertschen Fabeln großen Gewinn versprachen, beweist schon die leidenschaftliche Konkurrenz zwischen dem Amsterdamer Pieter Meyer und der Utrechter Firma J. van Schoonhoven & Co. Die große Amsterdamer Ausgabe wurde von van Schoonhoven 1775 nachgedruckt und der Utrechter behauptete | |
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seinerseits, daß Pieter Meyer unrechtmäßig eine Ausgabe von Gellerts Leben und Nachgelassenen Briefen veröffentlicht habe. Es ist wohl eine merkwürdige Erscheinung, daß die Literaturgeschichte der Holländer, denen doch der Sinn für Moral im Blute liegt, so wenig Bedeutendes auf dem Gebiete der Fabel aufweist. Zwar gibt es, besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Sammlungen von Wolff und Deken, Riemsnijder, Ah. van den Berg und Martinet, aber einigermaßen bedeutende eigene Arbeit ist dabei nur sehr wenig. Doch trat durch die Entwicklung der Ästhetik die Fabeldichtung mehr in den Vordergrund. Die Schweizer Bodmer und Breitinger sahen in der Fabel die Verbindung des Moralischen mit dem Wunderbaren und Lessing nennt sie den gemeinschaftlichen Rain der epischen und der didaktischen Poesie. Er widmete dieser Dichtungsgattung eine von G. Brender à Brandis ins Holländische übertragene Abhandlung,Ga naar voetnoot1) der sich einige Musterfabeln anschlossen. Nachdem er erst in der Gellertschen Manier gedichtet hatte, fand er eine eigene Form, für die möglichst große Kürze des Ausdrucks bezeichnend war. Gellerts Fabeln zeigen, wie seine übrigen Schriften, eine behagliche Redseligkeit, die auch wohl einmal das unfreundliche Goethesche Wort von der Gellert-Weiszeschen Wasserflut in Erinnerung bringt. Dennoch wird diese breite Ausführlichkeit gewiß das Ihrige zu Gellerts Popularität beigetragen haben. Die nervöse Kürze des Ausdrucks war dem ruheliebenden Bürger des 18. Jahrhunderts noch unbekannt. In den weiten Kreisen, für die Gellerts Fabeln bestimmt waren, wurde es nicht als ein Fehler empfunden, wenn ein Gedanke einige Male, beson- | |
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ders in wechselnder Form, wiederholt oder gar breit getreten wurde. Gellerts ausgesprochene Absicht war eben: Dem, der nicht viel Verstand besitzt,
Die Wahrheit durch ein Bild zu sagen.
Selten hat ein Autor so voll und ganz seine Absicht erreicht. Gellerts Fabeln fanden ihren Weg in unzähligen Auflagen und Übersetzungen bis in den entlegensten Winkel, seine Popularität war unvergleichlich. HettnerGa naar voetnoot1) sucht den Grund für diese beispiellose Volkstümlichkeit darin, daß wir hier den Zusammenhang zwischen dem Leben und der Literatur sehen, die bis dahin sich kaum berührten. Daß dieser Zusammenhang erreicht werden konnte, ist gewiß größtenteils der gefälligen, leichtverständlichen Form zu verdanken, in die die sympathischen, freilich nicht zu hochfliegenden Gedanken gekleidet wurden. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein erschienen neue Auflagen, die besonders auch nach Holland versandt wurden. Hettner begründet diese Erscheinung damit, daß die Holländer dem großen Aufschwung der deutschen Literatur, die Gellert weit überflügelte, nicht zu folgen vermocht hätten. Zweifelsohne mit vollem Recht. Es hat Jahrzehnte gedauert, bevor man sich hier über die Bedeutung von Goethe, Schiller, Lessing im Klaren war. Gellert ist gerade der Mann nach dem Herzen des holländischen Bürgers; besonders in seinen Fabeln findet dieser, was seinem Verstande und seinem Herzen gemäß ist. Ihm paßte es, trotz der weniger schmeichelhaften Voraussetzung, sich die Wahrheit durch ein Bild sagen zu lassen. Man kann den Unterschied zwischen Gellert | |
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und Schiller nicht besser charakterisieren, als wenn man neben die Fabel von der Biene und der Henne, wo dieser Ausdruck ‘die Wahrheit durch ein Bild zu sagen’ gebraucht wird, die Schillerschen Verse stellt: Nur durch das Morgentor des Schönen
Kommst du in der Erkenntnis Land.
Bei Gellert praktische Nüchternheit, bei Schiller hoher Flug der Gedanken; Schillers erhabene Gedankenlyrik blieb weitaus den meisten Holländern unbekannt, Gellerts praktische, wenn auch manchmal hausbackene Lebensweisheit fand eine dankbare Aufnahme. Mit geringer Mühe könnte man das mit Zitaten aus den führenden Zeitschriften belegen, viel schwerer ist es für den heutigen Leser sich diese allgemeine Begeisterung zu erklären oder gar sich selbst hineinzuversetzen. Die Gefälligkeit und die Gemeinverständlichkeit der Form ist ein Vorzug, der auch heute noch gewürdigt werden kann. Der Stoff aber zeigt so sehr das Gepräge seiner Zeit, daß der Unterschied zwischen den Anschauungen des 18. und des 20. Jahrhunderts in störender Weise fühlbar wird. Es sind die gewöhnlichen Gegenstände der meisten satirischen oder moralischen Schriften. Man versteht die Freundschaft des Autors mit Rabener, dessen Gestalten auch so ängstlich unpersönlich gehalten sind. Geizhälse, eitle Dichter, eingebildete Philosophen, Heuchler, Lügner werden an den Pranger gestellt. Auffallend ist nur, daß Gellert, dem das Lob eines gebildeten Frauenzimmers mehr wert war als das irgend eines Gelehrten, manchmal in fast frivoler Weise über die Ehe spricht. Es ist hier der Einfluß seiner Vorbilder und des galanten Leipziger Tons unverkennbar. In der Lisette | |
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überschriebenen Fabel z.B. küßt der Ehemann die Wärterin seiner an den Blattern erkrankten Frau und es sieht doch dem braven Gellert gar nicht ähnlich, wenn er schreibt: - Er betete um Besserung
Und gleichwohl war sie nicht mehr schön,
Ich hätte ihn mögen beten sehen.
Die böse Ehefrau, die schon in alten Possen verspottet wird, fehlt auch bei Gellert nicht, sie ist das Mittel einen ungeratenen Sohn zu bändigen, sie ist schlimmer als der Teufel; eine glückliche Ehe dauert höchstens acht Tage; die Witwe ist schnell getröstet, freilich der Witwer gleichfalls; ‘wenn du zufrieden leben willst, nimm keine Frau’ (der gute Rat), auch die Putzsucht und das böse Geschwätz der Frau bilden das Thema einiger Fabeln und Erzählungen. Gellert ist wohl ein Freund der Frau, den die Liebe nicht blind, sondern scharfsichtig für ihre Fehler macht. ‘Übrigens ist die ganze gleichzeitige schöne Literatur mehr als je voll Geringschätzung gegen das schöne Geschlecht. Man kam schon um die Mitte des Jahrhunderts davon nach und nach zurück. Am 17. Oktober 1758 nennt Gellert die Stellen wider das Frauenzimmer übereilt und entschuldigt sich damit, daß solche Stellen in den Fabeln stehen und auch Fabeln seienGa naar voetnoot1). Sind die Fehler der Frau ein beliebter Stoff, daneben gibt es allerhand andre Gegenstände, die der damaligen Gedankenwelt entnommen sind. So wird die einfache Natur der Kunst gegenübergestellt, die Bescheidenheit gelobt, vor dem Lob der Narren gewarnt. Einen Augenblick stutzt man, wenn es heißt (Der unsterbliche Autor): | |
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Berühmt zu werden, ist nicht schwer,
Man darf nur viel für kleine Geister schreiben.
Doch bei der Nachwelt groß zu bleiben,
Dazu gehört noch etwas mehr
Als seicht am Geist, in strenger Lehrart schreiben.
Man kann kaum umhin hier an den Verfasser selbst zu denken. Dennoch wäre eine solche Beurteilung ungerecht. Obgleich die gemütliche Breite unstreitig hie und da in Weitschweifigkeit ausartet, zeigen doch die Gellertschen Fabeln oft ein recht erfreuliches Maß von Mutterwitz. Seicht an Geist darf man Gellert nicht nennen, eine andre Frage ist ob man mit Recht von dem Reichtum seines Geistes reden könnte. Wenn man seine sämtlichen Schriften überblickt, trifft man wiederholt denselben Gedanken. So wurde die Betschwester die Hauptperson einer Fabel und eines Lustpiels. Wenn man die Moralischen Vorlesungen mit den Fabeln vergleicht, dann findet man auf Schritt und Tritt die nämlichen Gedanken in prosaischer und poetischer Form. Als echtes kind seines Jahrhunderts räumt Gellert der Vernunft eine bedeutende Stelle ein, auch beim Studium der H. Schrift; in Der Knabe mit dem Sehrohr wird diese Idee als Fabel eingekleidet. Ein Lieblingsgedanke Gellerts: ‘dem Erzieher gebührt eine ehrenvolle Stellung und ein ordentliches Gehalt’ findet sich sowohl in den Moralischen Vorlesungen als unter den Fabeln (der Informator). Der Moralist gibt auch nützliche Ratschläge auf dem Gebiet der Kinderpflege; Gellert spricht hier übrigens, wie er selbst eingesteht, keine eigenen Gedanken aus, sondern bloß solche die er in der einschlägigen Literatur, die bekanntlich unter Lockes Einfluß stand, vorfand. Die Mütter sollen ihre Kinder selbst | |
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ernähren, hieß es in den damaligen Wochenschriften, Gellert weist seine akademischen Hörer auf die Bedeutung dieser Forderung hin, aber auch das große Publikum erhält dieselbe Lehre als Fabel: der Tartarenfürst. Keine Weichlichkeit in der Erziehung sagt der akademische Lehrer, dieselbe Moral bringt die Fabel: Die Affen und die Bären. Wie ergreifend schilderte Professor Gellert die Schrecklichkeit der Freigeisterei; auch eine Fabel beschreibt das Ende eines Freigeists, der sich von seiner Magd, die er so oft ein christliches Tier schalt, bekehren läßt. Wer ein Laster liebt, der liebt sie alle: dieser Gedanke, von Gellert ausführlich auseinandergesetzt und noch in einem Charakterbild hinter den Moralischen Vorlesungen wiederholt, kommt als Fabel vor mit der Überschrift: Herodes und Herodias. Aus dem Angeführten erhellt zur Genüge, daß man von dem Reichtum des Gellertschen Geistes kaum reden kann und daß die stete Wiederholung zu den von Gellert praktisch angewandten pädagogischen Grundsätzen gehörte. Die Wirkung der Gellertschen Lehren kann nicht leicht überschätzt werden, mit nicht weniger Recht als Melanchton könnte man ihn einen praeceptor germaniae nennen, Germanien im weitesten Sinne genommen. Eine Frage, die dem heutigen Leser der Fabeln aufsteigt ist diese: Wie konnte man nur dazu kommen diese Geschichten als Kinderlektüre anzusehen? Denn als solche wurden sie unbedingt empfohlen. In der Elegie auf Gellerts Tod (1770) von Chr. F. Weisze findet man dafür folgende Belegstellen: Der Mutter erst Geschenk an ihre zarten Kleinen
War Gellerts weises Fabelbuch;
Sie lernten Gellerten und lernten ohne Weinen
Und merkten seinen Sittenspruch.
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In dem Vorwort zu der holländischen Ausgabe von 1837Ga naar voetnoot1) heißt es wörtlich: ‘Gellerts Fabelen en Vertelsels zullen wel, bij voortduring, voor onderwijzers en onderwijzeressen, bij prijsuitdeelingen geschikte kinderboekjes zijn en blijven en het is daarom, dat wij niet aarzelen aan het publiek deze vernieuwde uitgave aan te bieden.’ Es unterliegt keinem Zweifel, daß sehr vieles aus den Fabeln dem heutigen Pädagogen als durchaus unzulässig erscheint. Wir brauchen das, nach dem oben über den Inhalt Gesagten, nicht weiter auszuführen. Besonders die Fabeln über die Frauen und die Ehe sind ungeeignet. Daß Gellerts Geschichten, trotz unsrer heutigen Bedenken, so gern gelesen wurden, bestätigt nur was neuere Untersuchungen, wie die des Dr. Pomes, schon dargelegt haben, daß n.l. der Inhalt der angeblichen Kinderpoesie vor van Alphen manchmal das Unglaubliche streifte. Sachen, von denen Kinder keine Ahnung haben sollten, werden als allgemein bekannt vorausgesetzt und die weisen Lehren werden den Kindern durchaus nicht immer in zarter Weise vorgehalten. Mag der Inhalt Bedenken erregen, die Form macht die Fabeln zum Auswendiglernen geeignet; man glaubt es Weiße, wenn er behauptet: ‘Sie lernten ohne Weinen’. Man merkt es den glatten Versen nicht an, welche Mühe der Verfasser darauf verwendet hat und doch wissen wir aus einigen Selbstrezensionen, die er seinen Fabeln folgen ließ, wie äußerst sorgfältig er die Schönheit und Richtigkeit des Ausdrucks überwachte. Betrachten wir jetzt die holländische Übersetzung, zu der sich die schon genannten sieben Amsterdamer Herren zusammenfanden. In einer Einleitung sagen die Übersetzer, | |
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deren Arbeit durch ihre Initialen gekennzeichnet ist, daß es ihre Absicht war, die Landsleute mit Gellert bekannt zu machen, in einer dem Original möglichst ähnlichen Form. Auch die Reihenfolge der Fabeln und Erzählungen entspricht ganz der deutschen Ausgabe. Da die Kenntnis der deutschen Sprache damals auch unter den gebildeten Ständen durchaus nicht allgemein verbreitet war, entsprach diese Übersetzung in der Tat einem Bedürfnis. W. de Clercq schreibt in seiner bekannten AbhandlungGa naar voetnoot1): ‘Gellert werd met geestdrift bewonderd en nagevolgd en was juist de man der eeuw, dewijl hij, bij de uitnemende voortreffelijkheid van zijn hart en bij de zuiverheid zijner godsdienstige en zedekundige begrippen, zijn denkbeelden met smaak, nu eens in 't gewaad van de fabel, dan in dat van het leerdicht en zelfs in dat van den roman wist te kleeden’. Keine andre Übersetzung als die vorliegende meint P.J. Kasteleyn in dem Vorgesang zu seinen Dichtlievende VerlustigingenGa naar voetnoot2), wo es gilt den holländischen Übersetzer gegen den Vorwurf sklavischer und niedriger Nachahmung in Schutz zu nehmen. Van Alphens RiedelübersetzungGa naar voetnoot3), in deren Einleitung den holländischen selbstzufriedenen Dichtern unangenehme Wahrheiten gesagt wurden, hat wohl diesen Herzenserguß des dichterischen Apothekers veranlaßt. Die betreffenden Verse lauten: - men moet ons de eere geven,
Dat me ons in vlijt en smaak niet kan te boven streven.
Ja, Duitschland toone vrij, opdat ik éen slegts noem
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Zijn schrandren Gellert, waard, dat heel onz' Aard hem roem.
Wij toonen voor hun oog in nederduitsche zangen,
Waaraan 't kunstminnend oor, verrukt, vervoerd, blijft hangen,
Denzelfden Gellert, dus gevolgd in Neerduitsch Dicht,
Dat, noch in taal, noch kragt, voor zijn oorsprongklijk zwigt.
Auch wenn man den Leistungen der eignen Landsleute vorurteilsfrei gegenübersteht, darf man dieser Übersetzung das ihr gebührende Lob nicht vorenthalten. Es ist nicht zuviel gesagt: die Übertragung nähert sich dem Original in erfreulicher Weise. Als im Jahre 1854 eine revidierte AusgabeGa naar voetnoot1) erschien, war durchaus nicht jede Änderung eine Verbesserung, obgleich allerdings mancher veraltete Ausdruck durch eine moderne Wendung ersetzt werden mußte. Gellert hatte bekanntlich beim Verfassen seiner Fabeln auch an ‘das gebildete Frauenzimmer’ gedacht. Daß auch die holländische Dame Gellert zu würdigen wußte, und auf welche Weise der holländische Hausvater sich seiner Schriften bediente, erfahren wir u.a. aus den Nieuwe Bijdragen tot het menschelijk GelukGa naar voetnoot2). Es findet sich da ein Artikel mit der Überschrift: Over de leesbehoefte der vrouwelijke sexe, aus welchem wir entnehmen: ‘Des avonds, als wij zoo huiselijk bij elkaar zaten, zij aan haar naai- of breiwerk en ik met mijn pijpje in den mond, vertelde of las ik haar eenige fabelen van Gellert voor. Gellerts fabelen hebben zeker die verdiensten, dat zij den geleerden, zoowel als den boer behagen, mijn vrouw kan er nooit genoeg van hooren. Ik verklaarde, zoo goed ik kon, alles, wat voor haar ongeoefend verstand, wat moeilijk was en | |
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ging dan voort, met haar Gellert's leergedichten en liederen voor te lezen, zijn brieven niet vergetende.’ Hat Grabner zu viel gesagt, als er behauptete, Gellert vertrete in Holland die Stelle eines Nationalfabeldichters? Es kann nicht wunder nehmen, daß neben der mustergültigen Fabelübersetzung auch andre Übertragungen von Gellertschen Fabeln oder Gedichten zustande kamen, die dann in dem Mengelwerk der verschiedenen Zeitschriften abgedruckt wurden. Wenn man bibliographische Vollständigkeit anstrebte, würde man nicht umhinkönnen, den literarischen Teil der Vad. Letteroefeningen, der Nederlandsche Bibliotheek, der Boekzaal, der Algemeene oefenschoole van Kunsten en Wetenschappen auf Gellertübersetzungen zu untersuchen, während auch Sammelwerke wie RiemsnijdersGa naar voetnoot1) und A.L. Barbaz' Fabelen en VertelselsGa naar voetnoot2) manche Übersetzung oder Bearbeitung nach Gellert enthalten. Wir verzichten auf Vollständigkeit in dieser Beziehung; auf diesem Wege die Beliebtheit der Gellertschen Fabeln beweisen zu wollen, hiesze doch wohl Eulen nach Athen tragen. Lieber beschäftigen wir uns mit einem holländischen Nachahmer des deutschen Fabeldichters. Dr. jur. E.J.B. Schonck, Rektor des Gymnasiums erst in Gorinchem, später in Nijmegen, veröffentlichte im Jahre 1779 den ersten Band seiner Fabelen en VertelselsGa naar voetnoot3). Das Vorwort ist interessant. Zunächst entschuldigt er sich wegen seines Gegenstandes. Er beruft sich auf berühmte Vorbilder und | |
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erwartet moralischen Nutzen von seinen Fabeln. Der vielbeschäftigte Schulmann findet Erholung in seinen der Poesie gewidmeten Stunden. Von seiner pädagogischen Tätigkeit entwirft er kein ansprechendes Bild. Er vergleicht sich mit einem gefesselten Sklaven, der Holz raspelt, mit einem Schiffer, der das schwere Schiff gegen den Strom zieht, auch diese singen wohl mal ein Lied, sich die Arbeit zu erleichtern. Gellert bewundert er von ganzem Herzen. ‘Behoef ik mij te dekken met het schild des onvergelijkelijk schoonen Gellerts?, wiens voetspoor ik van verre heb trachten te volgen, schoon ik beken, ver beneden dien grooten Man, welke de eenvoudige natuur zoowel te baat had, in vlugt gebleven te zijn: trouwens, hij, die slechts patrijzenvleugels heeft, zal zich tevergeefs onderwinden, zo hoog als een arend te vliegen’ (Vorwort IV). In einem einleitenden Gedicht Aan mijn Boek, das man nicht ohne Lächeln liest, wiederholt er diesen Gedanken. Der Dichter sagt, daß seine Fabeln das Produkt eines von der sauren Arbeit des Tages ermatteten Geistes sind. Nach einem kühnen Bild, worin er seine Gedichte mit den aus geistlosem Samen gezeugten Kindern des müden Ackermanns vergleicht, fährt er fort (er redet sein Buch an): Zoo nam Uw vader ook, om nu en dan zijn zinnen
Door 't onderwijs der jeugd verdoofd, weerom te winnen
En lucht te geven, vaak het speeltuig van den wand
En zong soms Gellert na, schoon op veel laager trant.
Denk dan, mijn tedre Telg! wat roem U kan weervaren!
Of meent gij moogelijk dien Duitscher te eevenaaren?
Die zooveel hooger vlugt, dan die U voordbragt, heeft
Als de Adelaar den Uil in vaart te boven streeft.
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Im Jahre 1779 erscheint beim selben Verleger der zweite Band. Der Verfasser spricht seinen Dank aus ‘voor het buitengemeen vertier, met hetwelk dit eene deeltje mijner Fabelen begunstigd is, in een Tijd, dat ons vaderland met Poetische werken als overlaaden wordt’ und stellt eine verbesserte Ausgabe in Aussicht. Erst 1786 erscheint ein dritter Band under dem Titel Fabelen en Mengelpoezij, dem auch ein Schäferspiel De Toverkracht der Liefde beigefügt ist. Beim Durchblättern dieser gellertisierenden Fabeln findet man manches, das als eine Übersetzung aus Gellert gelten könnte. Schonck hat sein Vorbild gründlich studiert, besonders den Gellertschen Stil ahmt er oft in recht glücklicher Weise nach. Dennoch steht das Ganze mehrere Stufen unter Gellert. Neben manchem Gelungenen findet man zu viel Geistloses und Plattes. Zu dem Gelungenen zählen wir die Geschichte: De zeldzame GenezingGa naar voetnoot1), wo eine Magd den kranken Fuß vergißt, weil das Scheuerfest anfangen muß. So etwas typisch Holländisches könnte den Gedanken an einen holländischen Gellert wachrufen. Wie erwünscht mußte dieses Werk den Kritikern kommen, die sich noch nicht von der durch Van Alphens Worten hervorgerufenen Entrüstung erholt hatten. Lobte Kasteleyn die Gellertübersetzung, der Rezensent der Ned. BibliotheekGa naar voetnoot2) spricht von dem niederländischen Gellert. ‘De Heer Schonck is aan te merken als een Man, die met betrekking tot het inscherpen van zedekundige lessen onder de schorse van Fabel- en Hekeldicht, met de beste Buitenlandsche dichters, van welke men, dikwijls tot verlaginge van onze vaderlandsche vernuften (o, van Alphen!) zooveel ophef maakt, mag vergeleken en zoo niet hooger, tenminste | |
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gelijk geschat worden.’ Jetzt war der Beweis geliefert, Holland konnte stolz sein auf einen Gellert ebenbürtigen Fabeldichter. Welch eine Befriedigung für das nationale Selbstgefühl! Die Zeit hat anders geurteilt; wird Gellert nicht mehr gelesen, der Name Schonck ist durchaus der Vergessenheit anheimgefallen. Zu bedauern braucht man das nicht, nur im historischen Zusammenhang, wo es galt die Bedeutung der Gellertschen Fabeln auch für unsre Literatur zu erläutern, mußte sein Werk erwähnt werden. Das Lob gebührt ihm, daß er Gellert liebevoll und eingehend studiert hat, aber er hat selbst gefühlt, daß er dem Meister nur aus der Ferne zu folgen vermochte. Die Bewunderung seiner Zeitgenossen ist für uns der Beweis, wie sehr der Gellertsche Geist, sogar in schwacher Nachahmung, holländischer Art entsprach. |
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