Die Servatiusbruchstücke
(1992)–J.J. Goossens– Auteursrechtelijk beschermdMit einer Untersuchung und Edition der Fragmente Cgm 5249/18, 1b der Bayerischen Staatsbibliothek München
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5. Die SpracheIn die folgende Darstellung wird Material aus den von Frings/Schieb (1945 und 1952) analysierten Fragmenten nur einbezogen, wenn die Basis der neuen Fragmente nicht ausreicht oder wenn sie korrigiert werden muß. Die Pronomina werden nicht im phonologisch-orthographischen Abschnitt, sondern für sich im morphologischen besprochen. | |
5.1. Phonologie und Orthographie - VokalismusDie neuen Fragmente (= F2) repräsentieren - wie die von Frings/Schieb (1945 [= F], S. 45-57, und 1952 [= F1], S. 31-37) analysierten früher entdeckten - das südöstliche mnl. Vokalsystem (vgl. Goossens 1980, u.a. 3.1.3 und 4.1.5) mit phonematisierter Wirkung des Sekundärumlauts und Dehnung von Kurzvokalen in offener Silbe. Es ist noch nicht durch westliche Sprachformen beeinflußt. Gedehnte und altlange Vokale fallen nicht zusammen. Von den Umlauten fällt nur der Sekundärumlaut von a mit einem anderen Vokal zusammen (ä mit ë, ǟ mit ë̄). Gedehntes i fällt meistens mit gedehntem e zusammen, ergibt aber in einigen Wörtern (Goossens 1980, 4.1.3) einen geschlosseneren Langvokal. Ob gedehntes u und o zu trennen sind, ist nicht klar. Da die Fragmente im Bereich der Vokale und der öffnenden Diphthonge kaum Doppelschreibungen, Buchstabenkombinationen oder Diakritika enthalten (einzige Ausnahmen: lief 2508, kontrahiertes gesien 2255 und 〈g〉eschien 2256, Dů 2485), sind die einzelnen Vokalgrapheme a, e, i, o, u schwer überbelastet. a ist Zeichen für altes a, kurz (a) oder gedehnt (ā), sowie für altes â, gelegentlich auch für umgelautetes ä̂; e für Umlauts-e und altes ë bzw. ä, kurz (e, ë/ä) oder gedehnt (ē, ë̄/ǟ), sowie für gedehntes i, für ê (aus ai), meistens auch für umgelautetes ä̂, schließlich für unbetontes ə; i für kurzes i und die Sonderfälle seiner Dehnung, weiter für altlanges î und für ie; o für kurzes o und gedehntes ō sowie dessen Umlaut (), für ô (aus au) und dessen Umlaut (ö̂); u für kurzes u und dessen Umlaut (ü), für altes û sowie dessen Umlaut bzw. altes iu (ü̂), schließlich für den Diphthong mhd. uo/mnl. oe und dessen Umlaut.Ga naar voetnoot5 Das ergibt einen Durchschnitt von 5,4 Funktionen pro Graphem. Diese Überbelastung macht es unmöglich zu entscheiden, ob die im Nl. und Limburgischen vor r + Dental nur unregelmäßig durchgeführte Tondehnung bereits vorliegt in den Fällen gerne 2230, geuerden 2270, [w]vrden 2271, worden 2347, werdest 2458, 〈w〉orden 2465. Vgl. auch Mar[tin] 2317. Die aus sonstigen mittelalterlichen limburgischen Texten bereits belegte analoge Dehnung in endungslosen Formen von substantivischen a-Stämmen und Adjektiven (dāg nach dāge, lām nach lāme) dürfte noch nicht durchgeführt sein: Vgl. den Reim staf: gaf 2505: | |
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2506 (so auch 605: 606 und 639: 640 sowie lof: biscop 614: 615 in den anderen Fragmenten). § 1. Kurzvokale: i in licgen 2198, in 2223, 2258, 2359, 2484, bit 2241, 2316, 2347 (2×), 2358, 2506, vermutlich auch 2500 (denkbar ist hier bi ‘bei’), oprigden 2261, sint 2269, 2329, willecome 2289 usw. Aber: erbar[en] ‘offenbaren’ 2242, sen 2488. e in der Konj. ende 2226, 2227, 2229, 2235 usw. (15×), sente 2245, 2257, 2266, 2268 usw. (11×), gesellen 2246, engele 2315, geendet 2317, mezsde 2359 usw. Auch in entfingen 2358, ent[finge] 2472, erkoren 2458. Aber: elljnde 2484, gedinken 2503. ë in geherb〈e〉[rget] (drittes e) 2234, wes 2478, auch wohl in Seruas, Seruase 2233, 2257, 2268, 2303, 2329. Frings/Schieb (1952, S. 31) belegten ä in bedechtenlike 6192. ü in sunden 2259, hulde 2461. u in insu〈n〉[derlingen] 2223, ungesunden 2231, stunden 2232, begu[nde] 2247, columme 2264, uns, unse, unses 2277, 2478, 2485, 2504, tungren 2456, un[gehorsam] 2465, auch in dur 2169, 2257. Aber: op 2261, 2278. o in uolgedense 2170, doch 2238, nog 2240, 2487, of 2248, auch (mit noch nicht vokalisiertem l) in wolde, wolden 2242, 2252, 2254, holde 2291, solde 2302 und (mit fehlender analoger Dehnung) in got 2242, 2486. Neben 〈w〉orden 2465 steht [w]vrden 2271. Neben uerwargt 2460 war bereits uerwargte in 5883 belegt, dessen a von Frings/Schieb (1952, S. 31 und 41) als ‘östlich-rheinische Schreibung’ gedeutet wird. a in bat 2172, 2250, armer 2228, gaf 2229, 2506, 2507, alse, also 2232, 2330, la[ch] 2235, sach, sag 2236, 2238 usw., rückumlautend in gesant 2486. Neben Nom. stat 2196, 2302 steht Dat. stat 2170, aber stede 2257, 2359. § 2. Langvokale und Diphthonge: î in spise 2229, bi 2234, 2331, Seuerin, Seuerines 2243, 2245, 2266, 2290, 2301, 2328, ileden 2272, sin (Verb) 2289, 2302, 2327, 2502, rine 2331, auch wohl im Suffix -like: geistli〈k〉[e], geistliker 2169, 2483, froliken 2316, mensclike 2376. In gelig[den] 2259 (im Reim auf oprigden) kann vor sekundär entstandenem Cluster Kürzung vorliegen. Geschlossenes gedehntes i liegt vor in wider 2172, 2486, 2487. Frings/Schieb (1952, S. 31) belegten schon Da [...] mide 5883. ê und ei sind nach hd. (und ostlimburgischem) Prinzip gespalten. ê in ker[en] 2172, here, heren 2250, 2277, 2474, geeret und eren 2302, 2327, 2358, mere 2389, sere 2470, 2490. ē, gedehnt aus i oder e, in wedewen 2226, 2495, segeden 2249, 〈Int〉g〈e〉g〈e〉n 2357, uele 2492, heuet 2486 sowie in stede 2257, 2359 (Vgl. unter a). Offenes ē, gedehnt aus ë, in predekere, predecare (erstes e) 2199, 2375, bede, gebede 2235, 2243, 2258 (allerdings reimt bede 2258 auf stede; vgl. dazu Goossens 1980, 3.1.2, wo der Meinung von Frings/Schieb 1947, S. 161 - vgl. auch Frings/Schieb 1956, S. 294f. -, ë und Umlauts-e fielen ‘als offene Kürzen | |
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und Dehnungen zusammen’, widersprochen wird), we[relt] 2275, auch wohl in dede 2232, 2244, 2378 und Seuerin, Seuerines (erstes e) 2243, 2245, 2269, 2290, 2301 und (wie im heutigen Limburgisch) n〈e〉der 2258. Gedehnt aus ä in mege[den] 2489. ä̂, Umlaut von altlangem â, wird meistens e geschrieben: predekere 2199, were 2200, 2274, segens 2249, mere 2273, aber a in predecare 2375, 〈ware〉 2376. Ungefähr dasselbe Verhältnis der Schreibungen in den anderen Fragmenten: Frings/Schieb (1945, § 1; 1952, S. 31). In 2199-2200, 2375-2376 und 2389-2390 bilden Wörter mit ä̂ Reimpaare, in 2239-2240, 2241-2242, 2279-2280, 2475-2476 und 2497-2498 Wörter mit â. Vermischung kommt nicht vor. Der Wechsel von a und e in der Schreibung für ä̂ ist dadurch zu erklären, daß (von ä abgesehen) ä̂ das einzige Ergebnis eines Sekundärumlauts ist, für den das Orthographiesystem ein eigenes Zeichen (e) bieten konnte, doch war ä̂ nicht mit einem anderen e-Laut zusammengefallen, und außerdem gab es ä̂/â-Alternanzen, so daß auch weiterhin a geschrieben werden konnte. Die Meinung von Frings/Schieb (1945, S. 69) - mit Kraus -, Veldeke lasse nur â zu, ist nicht haltbar. ü̂ aus iu in luden 2346, aus umgelautetem û in rumedes 2485. Beru[we] 2480 hat vermutlich velaren Vokalismus: s. unter û. ö̂, Umlaut von ô aus au, das nach hd.-ostlimburgischem Prinzip gespalten ist, in horen 2315, froliken 2316, troste 2488. , gedehnter Umlaut von u, in ouer 2236, 2268 und vermutlich in 〈beuoren〉 2201.û in ut 2458, nu 2482, 2486 und du 2484, 2485. Velaren, aber vielleicht schon diphthongierten Vokalismus hat auch wohl beru[we] 2480, da in den anderen Fragmenten neben dem Reimpaar getruwe: [ruw]e 1135-1136 auch trowen: vrouwen 1029-1030 belegt ist. Vgl. auch in H 2492 schrouwen ‘schreien’ im Reim auf vrouwen. In den modernen limburgischen Dialekten stoßen bei î und iu vor w Gebiete mit palatalem und velarem Vokalismus aufeinander. ū, gedehnt aus u, kann vorliegen in dur 2169, 2257, in dieser Form auch belegt in den anderen Fragmenten (5798, 5799, 6137, 6170). S. auch unter u. ô aus au (nach hd.-ostlimburgischem Prinzip gespalten) in so 2280a, also 2330, trost 2391, groten 2501, auch wohl in schonen 2347 (oder ö̂?). ō, gedehnt aus o, in godis 2267, 2291, 2461, 2474, 2489, gode 2278, somech 2276, 2277, bode 2277, 2477, willecome 2289, comen 2390, 2459, geboren 2457, erkoren 2458. â in daden 2171, da 2201, 2230, 2234, 2241 usw. (9×), [under]dane 2240, erbar[en] 2242, genade 2244, uragen, uragede, frageden 2247, 2290, 2389 usw., auch in capelane 2239 (zweites a) und, trotz Reim auf was, in Seruas 2233, 2257, 2329, Seruase 2268, [Se]ruatium 2469. ā, gedehnt aus a, in geware 2271, dare 2272, 2487, ane 2235, [g]〈e〉uaren 2275, Vare 2487, clage 2499, auch wohl in capelane 2239 (erstes a). ā/â-Reime kom- | |
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men bei Veldeke sehr selten vor; ein Teil der Fälle wird von Frings und Schieb für unecht erklärt (vgl. Frings/Schieb 1947, S. 82, und 1956, XL; Schieb 1965a, S. 519f.); zum Verhältnis beider Laute Goossens (1980, 4.1.4). ie wird meistens i geschrieben: di 2196, 2237, 2241, 2256 usw. (15×), berit, rit, gerit 2227, 2250, 2346, nit 2228, 2345, iw〈e〉[t] 2248, nine 2280a, wi 2390, hiten 2481, lites 2484, auch ginc 2198, 2230, gingen 2357, entfingen 2358. Dagegen ie in gesien 2255, 〈g〉eschien 2256, lief 2508. Auch in den anderen Fragmenten gibt es Variation von i und ie, mit starker Dominanz von i: Frings/Schieb (1945, § 2, und 1952, S. 31). üe, Umlaut von uo aus ô, in [s]〈u〉ken 2253, Versuken 2273, geruken 2254, [gl]〈u〉iende 2265, op fure 2278, druuen 2488, vielleicht auch in bruder 2494 (vgl. Goossens 1980, Inleiding). Der Vertreter von mhd. uo, mnl. oe ohne Umlaut wird u geschrieben: du 2233, 2290, 2317, 2346, 2507, gude 2303, mustens 2464. Einmal erscheint ů: Dů 2485. ei, nach hd.-ostlimburgischem Prinzip mit ê verteilt, in geistli〈k〉[e] 2169, geistliker 2483 und geiste 2377, heil 2460 und heilech, heilege, -er, -en 2199, 2276, 2377, 2477, weisen 2226, schein 2237, teiken 2256, algemeine 2265 usw. Das seltene öü (mnl. ui2, im Limburgischen auch Umlaut von ou aus au nicht vor Dentalen) ist in diesen wie in den anderen Fragmenten nicht belegt. ou, nach hd.-ostlimburgischem Prinzip verteilt mit ô aus au, erscheint wider Erwarten als o in och 2456. In dieser Konjunktion ist Schreibung o in den anderen Fragmenten häufiger (5909, 6144) als ou (6194). Auch ou in vrowen 2491. § 3. Schwa: Vor- und nachtonige Vokale sind in der Regel zu ə abgeschwächt, jedoch nicht verschwunden. Der unbetonte Vokal wird fast immer e geschrieben. Beispiele: berit 2227, gesien 2255, uer[namen] 2280; licgen 2198, ende 2226 usw., armer 2228; gebede 2235, 〈beda〉g[te] 2328, erkoren 2458; Negationspartikel ne 2228, 2238, 2249 usw. Im Gen. godis scheint die Graphie i sakralisierende Funktion zu haben: godis 2267, 2291, 2461, 2474, 2489. In den anderen Fragmenten ist auch godes belegt (2×), gegen mehrheitlich godis (6×): Frings/Schieb (1945, § 3, und 1952, S. 32). In einigen Fällen greift die Verwendung von e sogar über das moderne Deutsch und/oder Niederländisch hinaus: im Suffix -ig: [h]〈e〉ilege 2199, heilech 2276, heilegen 2377, [geheil]〈e〉get 2196, somech 2276, 2277, in predekere, predecare 2199, 2375, in wedewen 2226, 2495 und [mo]neke 2493. Neben also 2330 erscheint alse 2232, 2479. Für die klitischen Pronominalformen mit e sei nochmals auf den morphologischen Abschnitt verwiesen. | |
KonsonantismusDas konsonantische System der Fragmente ist eine Variante des nicht sehr stark differenzierten Systemkomplexes, das am Anfang der mnl.-mnd. Überlieferung nördlich des hd. Gebietes gilt (vgl. etwa Goossens 1974, S. 73-81). | |
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Im Teilsystem der Obstruenten ist die Stimmkorrelation im Auslaut und in bestimmten Sandhiverbindungen zugunsten des stimmlosen Konsonanten neutralisiert. Das Phonem-Graphem-Verhältnis ist viel ausgewogener als bei den Vokalen: Es herrscht fast ein Eins-zu-eins-Verhältnis. § 4. b und p: Von den drei möglichen Stellungen von b (1. im Wort- und Morphemanlaut; 2. nach m und vor ə; 3. intervokalisch nach Kurzvokal) ist nur die erste belegt: bat 2171, 2250, 〈beuoren〉 2201, bi 2234, 2331, bit 2241, 2316, 2347 (2×), 2358, bede 2243, bode 2277, 2477 usw.; geherb〈e〉[rget] 2234, gebede 2235, 2258, erbar[en] 2242, geboren 2457, [ent]baren 2497. Die Fragmente F enthalten aber einen Beleg für die zweite Position: drumbe 554. p ist anlautend belegt in predekere 2199, predecare 2375, inlautend in [hul]pen 2224, spise 2229, spr〈a〉[c] 2246. Auslautend war es schon früher belegt in biscop F 614, 625. Dies sind die einzigen Beispiele von Neutralisation; Verstimmlosung von b ist nicht belegt. § 5. v und f: Die beiden möglichen Stellungen von stimmhaftem v (1. im Wort- und Morphemanlaut prävokalisch und präsonorantisch; 2. inlautend postvokalisch bzw. postsonorantisch und vor Vokal) sind gut belegt. In der Schreibung variieren v und u, mit Dominanz von u. Stellung 1: uolgeden 2170, 〈u〉[ergat] 2228, uer[namen] 2280 und uerwargt 2460, aber Versuken 2273, uragen 2247 und uragede 2290, uan 2456, aber van 2262-2263 und Van 2275, 2377, Vare 2487, vrowen 2491, vreisen 2496. In den meisten Fällen mit v ist dieser Buchstabe groß geschrieben. Weiter 〈beuoren〉 2201, geuerden 2270, [g]〈e〉uaren 2275, beual 2504. Stellung 2: Seruas 2233, 2329, Seruase 2268, [Se]ruatium 2469, ouer 2236, 2268, Seuerin 2245, 2290, 2301, Seuerines 2243, [o]〈u〉ele 2481 (und 2492?), heuet 2486, druuen 2488. In Position 2 fehlt die Schreibung v. Vgl. jedoch huven F 612. Anlautend präsonorantisch hat sich die Lenisierung des alten f (in der Schreibung) noch nicht systematisch durchgesetzt: Neben uragen, uragede erscheint frageden 2389. Frings/Schieb (1952, S. 32) nannten aus F 1 schon fleisges 1146, flit 6110, francrike 976. Von erhaltenem auslautendem f zeugt hof F 907. Intervokalisch nach Kurzvokal ist f nicht belegt. Neutralisation im Sandhi (nach stimmlosem Obstruenten): op fure 2278, bit froliken 2316, entfingen 2358. Im Auslaut: staf 2505, gaf 2229, 2506, lief 2508. § 6. d und t: d wort- und morphemanlautend in Dur 2169, 2257, daden 2171, dede 2232, 2244, 2378, du 2233, 2290, 2317, 2346, 2485, 2507, dare 2272, 2487, Doch 2238 usw.; [under]dane 2240, 〈beda〉g[te] 2328, geraden 2467, [mi]sdat 2476, gedinken 2503. Inlautend intervokalisch in uolgeden 2170, daden 2171, 〈wi〉der 2171, predekere 2199, wedewen 2226, 2495, gebede 2235 usw. Postsonorantisch und prävokalisch in [we]rde 2197, ende 2226, 2227, 2235, 2247, 2255 usw. (14×), ungesunden 2231, wolde, wolden 2242, 2252, 2254, sunden 2259, ge- | |
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uerden 2270 usw. Nach Obstruent prävokalisch in oprigden 2261, mezsde 2359. Intervokalisch nach Kurzvokal: had[de]〈n〉 2460. t anlautend in te 2247, 2278, 2331, 2359, 2487, teiken 2256, trost 2391, troste 2488, tungren 2456. Inlautend in geistli〈k〉[e] 2169, stunden 2232, sente 2243, 2245, 2257, 2268, 2269 usw. (11×), stede 2257, 2359, 〈Int〉g〈e〉g〈e〉n 2357, betst 2457 usw. Kein intervokalischer Beleg nach Kurzvokal, wohl aber in F 1 5908: luttel. F 1 981 gehetten ist wohl Schreibfehler (der ersten Herausgeber?) für geheiten. Neutralisation im Sandhi ist belegt in F 580 bitter hant, 609 bitten leiken. Neutralisation im Auslaut: Mit altem t nit 2228, 2345, bit 2241, 2316, 2347 (2×), 2358, Sint 2269, 2329, trost 2391, 2475, betst 2457, werdest 2458 usw. Mit altem d stat 2170, 2196, 2302, bat 2172, 2250, [geheil]〈e〉get 2196, berit, rit, gerit 2227, 2250, 2346, got 2242, 2486, geeret 2302, 2327 usw. Schwierigkeiten scheint die Schreibung des Namens der Stadt Metz (alte Formen bei Gysseling 1960, 1, S. 694) bereitet zu haben: Te mezsde 2359. Das t in [Se]ruatium 2469 ist wohl als s zu lesen. § 7. z und s: Die stimmhafte und die stimmlose dentale Spirans sind vermutlich noch komplementär verteilt. Es gibt noch keinen Ansatz der sonst im Mnl. schon früh zu beobachtenden Versuche, für die stimmhafte die Graphie z zu verwenden. Diese Realisation ist anzunehmen für den prävokalischen Wort- und Morphemanlaut: sach, sag 2236, 2238, segeden 2249, segens 2249, sunden 2259, so 2280a, sere 2470, 2490 usw.; insu〈n〉[derlingen] 2223, ungesunden 2231, gesellen 2246, gesien 2255, Versuken 2273, gesant 2486. Weiter für die Stellung im postvokalischen oder postsonorantischen Inlaut vor Vokal: weisen 2226, spise 2229, Seruase 2268, vreisen 2496; alse 2232, 2479. Nicht überprüfbar ist, ob die im Nnl. (nicht im Deutschen) vorhandene stimmlose Realisierung des Anlauts in den Eigennamen Seruas (Servaas) 2233, 2257, 2268, 2303, 2329, Seuerin (u.a. im FN Severijns) 2243, 2245, 2269, 2290, 2301 und in den Wörtern sente (Sint) 2245, 2257, 2266, 2268, 2269 usw. (11×), somech (sommig) 2276, 2277, sint (sinds) 2269, 2329, 2497, die einen Ansatz einer Opposition z ≠ s implizieren würde, schon vorhanden ist. Stimmloses s an- und inlautend präkonsonantisch in stat 2170, 2196, 2302, stede 2257, 2359, spise 2229, stunden 2232, spr〈a〉[c] 2246, spraken 2473, staf 2505; geiste 2377, geistli〈k〉[e] 2169, geistliker 2483, betst 2457, werdest 2458, mustens 2464, [tro]st 2475, troste 2488, [clo]ster 2491. Für altes s + k nehmen Frings/Schieb (1945, § 4, und 1952, S. 32) s + velaren Frikativ an. Die Schreibungen schein 2237, 〈g〉eschien 2256, schonen 2347 (neben mensclike 2376) scheinen das zu bestätigen. Intervokalisch nach Kurzvokal in F 1 sassen 976, missede 6193 und Hessel 6194. Wortauslautendes stimmloses s in Seruas 2233, 2303, 2329, Seuerines 2243, segens 2249, godis 2267, 2291, 2461, 2474, 2489, was 2280a, 2317, 2375, 2459, mustens 2464 usw. Morphemauslautend in [mi]sdat 2476 mit wohl stimmhafter Assimilation. | |
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§ 8. g, k und χ: g ist stimmhafter velarer Reibelaut, außer in den Stellungen nach <n> (= [ŋ]), wo es vermutlich, und intervokalisch nach Kurzvokal, wo es sicher Verschlußlaut ist. Neben einer komplementären Verteilung des Verschluß- und des Reibelauts bei den stimmhaften Velaren gibt es eine des stimmlosen und des stimmhaften Reibelauts bei den frikativen Velaren: Auslautend und vor t (also in Neutralisationsstellung) sowie intervokalisch nach Kurzvokal χ, sonst, das heißt vor allem anlautend sowie im postvokalischen und postsonorantischen Inlaut vor einem Schwa, g. Wortanlautendes frikatives g: geistli〈k〉[e] 2169, geistliker 2483, ginc 2198, 2230, gaf 2229, gerne 2230, geherb〈e〉[rget] 2234, godis 2267, 2291, 2461, 2474, 2489 usw.; groten 2501. Morphemanlautendes: ungesunden 2231, begu[nde] 2247, algemeine 2265. Inlautendes frikatives g: uragen, uragede, frageden 2247, 2290, 2389, [h]〈e〉ilege 2199, heilegen 2377, segeden 2249, segens 2249, lagen 2258, 2262-63, mege[den] 2489, clage 2499; uolgeden 2170. Postnasales okklusives g: engele 2315, singen 2315, 〈ding〉en 2316, gingen 2357, entfingen 2358, tungren 2456. Intervokalisches okklusives g nach Kurzvokal: licgen 2198. Der okklusive Charakter des g wird hier durch eine eigene Graphie verdeutlicht. k wird vor i, e k, vor a, o, l c, intervokalisch nach Kurzvokal ck geschrieben; die Kombination k + w = qu. Anlautend: ker[en] 2171, kinde 2483; capelane 2239, clage 2499; quamen 2279. Inlautend: geistli〈k〉[e] 2169, predekere 2199, [s]〈u〉ken 2253, Versuken 2273, geruken 2254, teiken 2256, spraken 2473 usw.; willecome 2289, predecare 2375, comen 2459. Beachte: erkoren 2458. Intervokalisch nach Kurzvokal [dic]ke 2244 (F 5344 und F 1 6138 decke, dagegen F 5319 dekke). Für die alte Verbindung s + k s. unter s. Für χ variieren die Schreibungen g und ch. S. unten für die Neutralisationen im Auslaut, wo ch dominiert. Die beiden Belege vor t haben aber g: 〈beda〉g[te] 2328, uerwargt (mit χ aus k) 2460. In F und F 1 ist in beiden Positionen Variation von ch und g festzustellen: S. Frings/Schieb (1945, § 4, und 1952, S. 32). Das g in [mi]gel 2459 ist vermutlich als intervokalisches χ nach Kurzvokal zu lesen: Vgl. Frings/Schieb (1945, § 4) zur Stelle F 555, wo vermutlich michel gestanden hat. Frings/Schieb (1945, S. 39 und 70) interpretieren es als einen aus dem Rheinland übernommenen Lautverschiebungsfall; Stevens (1983) nimmt aber, wahrscheinlich zu Recht, in seiner Studie über das limburgische Toponym Miegelrak Pseudo-Lautverschiebung (vgl. Goossens 1968) an. Neutralisation der Frikative im Sandhi mit stimmhaftem Ergebnis liegt vor in oprigden 2261, mit stimmlosem Ergebnis in 〈Int〉g〈e〉g〈en〉 2357. Im Auslaut wird für den Frikativ meistens ch geschrieben: somech 2276, 2277, heilech 2276, auch sach 2236, 2267, Doch 2238, [lac]h 2268. Aber sag 2238. In och 2456 liegt aus dem Rheinland übernommene Lautverschiebung vor. So auch in F 1 5909, | |
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6144, 6193. Für den Okklusiv steht c: ginc 2198, 2230; ebenso in F und F 1, jedoch starch in F 1 1133 (Lesefehler von Lehmann/Glauning?). § 9. Sonoranten: l in licgen 2198, la[ch] 2235, lagen 2258, 2262-63, uolgeden 2170, [h]〈e〉ilege 2199, wolde 2242, 2254, wolden 2252, gesellen 2246, willecome 2289, alle 2502 usw. r in reine 2291, rumedes 2485, [we]rde 2197, predekere 2199, dur 2169, 2257, 〈wi〉der 2172, n〈e〉der 2258 usw. m in mere 2273, 2389, mensclike 2376, musten 2464, armer 2228, somech 2276, 2277, quamen 2279, columme 2264, [Se]ruatium 2469 usw. n: Die Varianten [n] und [ŋ] sind komplementär verteilt: [ŋ] vor velarem Verschlußlaut, sonst [n]. Beispiele: [n] in ne 2228, nit 2228, nog 2240, gerne 2230, ungesunden 2231, stunden 2232, licgen 2198, 〈beuoren〉 2201, [hul]pen 2224. [ŋ] in ginc 2198, 2230, engele 2315, singen 2315, 〈ding〉en 2316, gingen 2357, entfingen 2358, tungren 2456, gedinken 2503. j ist belegt in F 462 iar. In elljnde 2484 sowie in mehreren Fällen in F 1 ist j Schreibung für Vokal. w wird konsequent w geschrieben: 〈wi〉der 2172, wedewen 2226, 2495, weisen 2226, geware 2271, uerwargt 2460 usw. Auch vrowen 2491. k + w = <qu>: quamen 2279. § 10. Der Hauchlaut: h ist fest in geherb〈e〉[rget] 2234, here 2250, heilech 2276, heilegen 2377, hei[leger] 2477, holde 2291, horen 2315, had[de]〈n〉 2460, hulde 2461, heuet 2486 und in zahlreichen Pronomina. | |
5.2. Morphologie - Substantive§ 11. Appellative: Auslautendes -e ist durchgängig erhalten. Das gilt sowohl für die schwachen wie für die auf Vokal endenden starken Substantive im Nom. Sg., für die starken im Dat. Sg. und Nom. Gen. Akk. Pl., aber auch durchgehend für die Feminina im Akk. Sg.: Nom. Sg. M predekere 2199, predecare 2375, bode 2277, 2477, here 2250 und 2503 (oder Akk.?), F [si]le 2278, clage 2499 (oder Gen.?), Pl. [mo]neke 2493. Gen. Pl. capelane 2239, kinde 2483, auch substantiviertes [under]dane 2240. Dat. Sg. M gode 2278, geiste 2377, F stede 2279, 2359 (zu Nom. Sg. stat 2196, 2302, aber auch Dat. Sg. stat 2170), N gebede 2235, 2258, elljnde 2484. Akk. Sg. F bede 2243, genade 2244, columme 2264, mere 2273, hulde 2461, Pl. engele 2315. Im Gen. Dat. Sg. und im ganzen Pl. enden die schwachen Substantive, im Dat. Pl. auch die starken, auf -en: Nom. Pl. geuerden 2270, vrowen 2491, Wedewen 2495. Gen. Sg. M heren 2277. Dat. Sg. F eren 2358, vreisen 2496, Pl. stunden 2232, gesellen 2246, 〈ding〉en 2316, luden 2346, worden 2347. Akk. Pl. wedewen 2226, weisen 2226, sunden 2259, lande〈n〉 2387, aber keine Doppelung in teiken 2256. | |
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Im Gen. Sg. ist als starkes Substantiv nur belegt godis 2267, 2291, 2461, 2474, 2489. F und F 1 zeigen als starke Endung -es: Frings/Schieb (1945, § 10, und 1952, S. 34). Anm.: Nom. Pl. bruder 2494 endete vermutlich auf -r. § 12. Eigennamen: Belegt sind die Personennamen Nom. Seruas 2233, 2303, 2329, Seuerin 2245, 2266, 2290, 2301, 2328, Gen. Seuerines 2243, Dat. Seruase 2268, Akk. latinisiertes [Se]ruatium 2469 sowie die Ortsnamen Dat. mezsde 2359 und tungren 2456. | |
Adjektive§ 13. Nom. Sg. M [der h]〈e〉ilege predekere 2199, de reine godis holde (attributiv und substantivisch!) 2291, der gude se〈nte〉 S〈er〉[ua]〈s〉 2303, N ein [mi]gel deil 2459, substantivisch [de we]rde 2197. Gen. Pl. [di]〈n〉er geistliker kinde 2483, substantivisch der armer 2228, aber: sin[er under]dane 2240. Dat. Sg. M van den heilegen geiste 2377, F [in gro]ter vreisen 2496, Pl. bit froliken 〈ding〉en 2316, bit schonen worden 2347, [van] anderen lande〈n〉 2387, nachgestellt den godis mege[den] reinen 2489, substantivisch [tut]ten ungesunden 2231; flektiertes al in den luden allen 2346. Akk. Sg. h〈eren〉 druuen sen 2488, groten [rouwe dolen] 2501; unflektiertes al in 〈al den〉 trost 2391. Anm.: Es heißt durchgehend sente in allen Kasus. | |
Pronomina§ 14. Personalpronomina: Sg. 1 ist nicht belegt. F 1 kennt Nom. ig und Dat. mig (Frings/Schieb 1952, S. 33). Sg. 2 Nom. du 2484, 2485, Dat. und Akk. einheitlich dig: Dat. 2490, 2501, 2502; Akk. 2479, 2486, 2499. Pl. 1 Nom. enklitisch -ver 2479, Dat. uns 2504. Pl. 2 ist nicht belegt. F kennt Nom. enklitisch -ier 627, -er 935, F 1 Dat. ug 1002, 5770. Sg. 3 M: Im Nom. wechseln he und her. Am Satzanfang kann nur he stehen (2198, 2229, 2230, 2246, 2378), sonst erscheinen he (2230, 2390, 2472) und her (2236, 2345, 2346) nebeneinander. Das in F und F 1 gut belegte enklitische -er fehlt. Vgl. Frings/Schieb (1945, § 7, und 1952, S. 33). Dat. und Akk. einheitlich heme: Dat. 2171, 2236, 2241, 2345, 2357, Akk. (Dat.?) 2290, 2389. Die in F 1 jeweils einmal belegten home 6141, hene 5885 (letzteres von Frings/Schieb 1952, S. 33 als Schreibfehler gewertet) - mehrheitlich steht in F, F 1 heme - fehlen. Wohl ist neben enklitisch Dat. (Akk.?) -ne in F 1 6108 der Akk.-ne 2358 belegt. Sg. 3 F ist nicht belegt. F 1 kennt den Nom. si 5906, 5908, 5909, 5910. Sg. 3 N: Im Akk. die volle Form het 2238. F, F 1 kennen im Nom. und Akk. nur die enklitische Form -t, -d: 1036, 1167, 5365, 6140, 6190. Pl. 3: Im Nom. wechseln in enklitischer Stellung -si 2261, 2262-63, 2264, 2463, 2464 und -se 2170, 2171, 2248, 2460, 2472, sonst ist nur si möglich: 2249 (2×), 2258, 2259, 2272, 2280, 2358, 2389. Enklitisch -se ist auffällig häufiger ver- | |
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treten als in den anderen Fragmenten (dort nur F 553). Gen. horre 2254. Dat. und Akk. einheitliches hen: Dat. 2229, 2242, 2487, Akk. (Dat.?) 2250. Reflexiv Akk. sig 2261. § 15. Possessivpronomina: Belegt sind die stark flektierten din, sin, unse und hore, die auch schon aus F, F 1 bekannt sind (Frings/Schieb 1945, § 8, und 1952, S. 33). F 1 kennt auch min 5772. Belege: Gen. Sg. M unses heren bode 2277, Gen. Pl. [Di]〈n〉er geistliker kinde 2483, Siner capelane 2239, Dat. Sg. N ane sinen gebede 2235, Akk. Pl. Dur 〈si〉ne geistli〈k〉[e seden] 2169. Nachgestelltes sin erscheint unflektiert: Nom. Pl. di geuerden sin 2270, Dat. Pl. [ten] gesellen sin 2246. § 16. Artikel, Relativum und einfaches Demonstrativum: Der maskuline bestimmte Artikel ist im Nom. Sg. der 2233, 2303, 2375, de 2291, de oder der 2245, im Gen. des (F 500); der Dat. und Akk. haben einheitlich den: Dat. 2377, Akk. 2391, 2505. Als Relativum Dat. Sg. M hat in 2244 vermutlich deme gestanden. Der feminine bestimmte Artikel ist im Nom. Sg. di 2196, 2302, im Gen. der 2477, im Dat. der 2262-63, 2275, im Akk. di 2264, 2273, unbetont de 2461. Relatives di im Nom. 2237, im Akk. 2266, demonstratives derre im Dat. 2359. Der neutrale Artikel ist im Nom. Sg. het 2280a (in F, F 1 aber in der Regel Nom. und Akk. dat, vgl. Frings/Schieb 1945, § 49, und 1952, S. 32), im Gen. des 2271, im Dat. in F, F 1 den. Anaphorisch im Gen. des 2248, (enklitisch) -s 2249, 2480, im Akk. dat 2280, 2328, het 2238. Der Plural: Nom. di 2270, Gen. der 2228, Dat. den 2232, 2346, 2489, mit assimiliertem d ten 2231, Akk. di 2256, 2315. Relatives di im Nom. 2241, 2457, 2490, 2500, im Akk. 2256, 2484, relatives der im Gen. 2459. Anaphorisches derre im Gen. 2456, anaphorisches denen im Dat. 2466. Der unbestimmte Artikel Nom. Sg. N steht in ein [mi]gel deil 2459. | |
Verba§ 17. Starke Verba: Infinitive: Kl. 3 singen 2315, Kl. 5 licgen 2198, gesien 2255, 〈g〉eschien 2256. Präsens Ind. und Konj. sind nicht belegt. Imperative: Kl. 6 vare 2487, Kl. 7 lat 2499. Präteritum Ind. Kl. 1 schein 2237, Kl. 3 〈w〉orden 2465, Kl. 4 quamen 2279, [ent]baren 2497, beual 2504, Kl. 5 bat 2171, 2250, gaf 2229, 2506, 2507, la[ch] 2235, lagen 2258, 2262-63, sach, sag 2236, 2238, 2267, sa[gen] 2264, spr〈a〉[c] 2246, spraken 2473, Kl. 7 ginc 2198, 2230, rit 2250, berit 2227, gerit 2346, entfingen 2358, hiten 2481, lites 2484. Konj. Kl. 3 [hul]pen 2224, Kl. 5 segens 2249, Kl. 6 op fure 2278. Part. Prät. Kl. 2 ut erkoren 2458, Kl. 4 comen 2390, 2459, geboren 2457, Kl. 6 [g]〈e〉uaren 2275, Kl. 7 geraden (?) 2467. | |
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§ 18. Schwache Verba: Infinitive: [s]〈u〉ken 2253, Versuken 2273, geruken 2254, horen 2315, weinen 2470, gedinken 2503. Nach te: uragen 2247. Präsens Ind. heuet 2486, weinen 2490. Imperativ troste 2488. Präteritum Ind.: Die volle Endung noch in uolgeden 2170, segeden 2249, ileden 2272, uragede 2290, frageden 2389, rumedes 2485. Mit synkopiertem erstem e und limburgischer stimmhafter Assimilation oprigden 2261,Ga naar voetnoot6 im Reim dazu mit erhaltenem hiatfüllendem g gelig[den] 2259. Vgl. H belyeden. Neben Präs. heuet 2486 steht Prät. had[de]〈n〉 2460, weiter noch neben Inf. gedinken 2503 Prät. 〈beda〉g[te] 2328. Part. Präs.: [wei]nende 2473. Part. Prät.: Mit voller Endung [geheil]〈e〉get 2196, geeret 2302, 2327, geendet 2317. Rückumlaut in gesant 2486. Auch a und kurze Endung in uerwargt 2460. § 19. Verbum Substantivum: Infinitiv sin 2289, 2302, 2327, Präsens Ind. sin 2502, Imperativ wes 2478, Präteritum Ind. was 2280a, 2317, 2375, 2459, 2508, waren 2457, 2498, 2509, Konj. were 2200, 2274, aber 〈ware〉 2376. Andere unregelmässige Verba: Präteritum Ind. dede 2244, 2378, aber daden 2171, wolde 2242, 2254, solde 2302, mustens 2464. § 20. Wortbildung, Verbpräfigierung: Die von Frings/Schieb (1945, § 12, und 1952, S. 35) beobachtete scharfe Trennung von ver- und er- wird bestätigt: 〈u〉[ergat] 2228, Versuken 2273, uer[namen] 2280, uerwargt 2460, aber ut erkoren 2458, erbar[en] (hier zum ersten Mal mnl. belegt) 2242. Beachte östliches ent- in entfingen 2358, ent[finge] 2472 (wie in F 614, 624) und die häufige Verwendung von resultativem ge-: geruken 2254, gesien 2255, 〈g〉eschien 2256, gelig[den] 2259, gerit 2346, geraden (?) 2467, gedinken 2503. Transitivierendes be- in berit 2227, 〈beda〉g[te] 2328. | |
5.3. Syntaktisches§ 21. Präpositionen: ane mit Dat.: ane sinen gebede 2235. bi mit Dat.: biden rine 2331. bit mit Dat.: bit heme 2241, bit froliken 〈ding〉en 2316, Bit schonen worden 2347, bit eren 2358. dur mit Akk. (?): Dur 〈si〉ne geistli〈k〉[e seden] 2169, Dur sente Serua[se] 2257. in mit Dat.: in[horen ge]〈b〉ede 2258, in derre stede 2359, in elljnde 2484, [in gro]ter vreisen 2496. intgegen mit Dat. (?): 〈Int〉g〈e〉g〈e〉n heme 2357. na mit Dat. (?): na dig 2490 und 2501. over mit Dat.: ouer heme 2236, ouer sente Seruase 2268. te mit Dat.: te gode 2278, 〈T〉[e co]〈lne〉 2331, Te mezsde 2359, te hen 2487; auch wohl in [te] den stunden 2232. Vgl. auch noch 2246. Mit Inf. ohne nominale Endung te uragen 2247. tutte (?) mit | |
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Dat.: [tut]te ungesunden 2231. van mit Dat.: vander [erden] 2262-63, Vander we[relt] 2275, Van den heilegen geiste 2377, uan tungren 2456. § 22. Genitive: Der adnominale Gen. erscheint meistens dem Nomen unmittelbar vorangestellt: [dur sen]te Seuerines bede 2243, Van godis ge[naden] 2267, godis [drut] 2474, Der hei[leger kirstenheide] bode 2477. Dabei trennt er das Nomen von den vorangestellten adnominalen Wörtern: Somech unses heren bode 2277, De reine godis holde 2291, de godis hulde 2461, Den godis mege[den] reinen 2489. Vgl. Stoett (1923, § 164). Nachgestellter Gen.: [negein] / Siner capelane / nog sin[er under]dane 2239-40. Es finden sich zahlreiche Genitive in mehr oder weniger deutlicher partitiver Funktion, bei Verben: der armer ne 〈u〉[ergat he] nit 2228, sine segens 〈n〉[it] 2249, [dat got] horre wolde geruken 2254, [s]i mustens [misniten] 2464, bei an Verben gebundenen Adjektiven: Des [lichtes w]vrden da geware 2271, ende d[es unsculdech wa[ren 2498, [Du] .../ warens a〈l〉[le vro] 2509, oder Substantiven: [wir hebbe]ns beru[we] 2480. In rein nominalem Verhältnis: des iw〈e〉[t] 2248, Der was da comen ein [mi]gel deil 2459, elliptisch [da waren] och derre uan tungren 2456. Der Fall [uns] (= Akk.).../ [di]〈n〉er geistliker kinde 2483 mit fehlender Kasuskongruenz in der Apposition ist wohl ein Schreibfehler, doch könnte er notfalls als partitiver Gen. gedeutet werden. § 23. Hauptsatzkonstruktionen: In Aussagesätzen mit vorangestelltem Objekt oder Bestimmung tritt meistens Inversion auf (2170, 2171, 2228, 2232, 2328, 2375, 2473, auch 2238-39, 2290), doch kann diese nach den Bedürfnissen des Reimes auch fehlen: Hore sunden si gelig[den] 2259, die columme si sa[gen] 2264, auch - mit Einfügung eines weiteren Satzteils zwischen Subjekt und Vf - [di sule] her ouer heme sach 2236, den luden allen her du gerit 2346, bit eren sine entfingen 2358 (kein Reimzwang in si ileden [vele bald]e dare 2272). Aus demselben Grund kann das Subjekt oder das Vf ganz nach hinten gerückt werden: [Des wart geheil]〈e〉get di stat 2196, du uragede heme sente Seuerin 2290; Der was da comen ein [mi]gel deil 2459; [di sule] her ouer heme sach 2236. Auffällig ist die Reihenfolge von Vf und Part. Perf. sowie die Reimposition des dir. Obj. in wente se uerwargt had[de]〈n〉 [here] heil 2460. § 24. Nebensatzkonstruktionen: In Nebensätzen schließt das Vf meistens die Satzklammer (so 2230, 2234, 2235, 2237, 2241, 2244, 2248 usw.), doch kann es nach den Bedürfnissen des Reimes nach vorne geschoben werden: Sint dat [...] di geuerden / Des [lichtes w]vrden da geware 2271, [dat di si]le da op fure te gode 2278, Du geendet was sente Mar[tin] 2317, [dat si heme] 〈w〉orden un[gehorsam] 2465, Dů du rumedes unse lant 2485. Ist das Vf als Hilfsverb mit einem Part. Perf. verbunden, so kann sowohl das Vf wie das Part. die Klammer schließen: das Vf. in Du [...] Seruas / da bi geherb〈e〉[rget was] 2234, wi he comen [were] 2390, das Part. in [eret] hen got wolde erbar[en] 2242, Di alre betst waren geboren 2457, nu dig got wider heuet gesant 2486. Der Reim bestimmt hier jedesmal die Reihenfolge. Das ist auch vermutlich der Fall in den Zweier- | |
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gruppen und in der Dreiergruppe mit einem Infinitiv: [dat si neder] wolden [vallen] 2252, [dat got] horre wolde geruken 2254, [dat si mocht]en gesien 2255, di teiken di [got lit] 〈g〉eschien 2256; dat di stat geeret solde sin 2302. § 25. Infinitivverbindungen: Infinitive ohne te (vgl. Stoett 1923, § 279; Paul/Wiehl/Grosse 1989, § 335a) finden sich nach bidden, helpen, beginnen: [he hen] bat 〈wi〉der ker[en] 2172, [dat si heme hul]pen d[ingen] 2224, [si begunden] sere weinen 2470, aber bereits Ende begu[nde si] te uragen 2247. Beachte den finalen Inf. ohne te (Stoett 1923, § 280) in si ileden [...]/ Versuken di mere 2272-73. Der im Mnl. bereits übliche (Stoett 1923, § 273), im Mhd. erst vereinzelt auftretende (Paul/Wiehl/Grosse 1989, § 335c) Ersatzinfinitiv erscheint in [He hadde].../ Di engele horen singen 2315. § 26. Reimzwang: In parataktischen Konstruktionen führt der Reimzwang dazu, das den beiden Teilen gemeinsame Element in den ersten aufzunehmen und im zweiten zu unterdrücken. Das gilt für das Subjekt er in 〈D〉[i troster] ende berit 2227, das Objekt hen in [Der] here bat hen ende rit 2250, den substantivischen Kern worden der Präpositionalphrase in Bit schonen worden ende bit [suten] 2347, das Vf waren in Di alre betst waren geboren / ende aller werdest ut erkoren 2457-58. Reimzwang führt in der attributiven Fügung Den godis mege[den] reinen 2489 zur Hintanstellung des Adjektivs. Vgl. auch [ten] gesellen sin 2246, di geuerden sin 2270. Im Versinnern: den luden allen 2346.
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