Onze volkstaal
(1882-1890)–Taco H. de Beer– Auteursrechtvrij
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Der goldene Ring. (Sage).Einst lebte in Feddering, Kreis Norderditmarschen, eine sehr reiche, reiche Frau, die wegen ihrer groszen Wohlthätigkeit bei allen in hohem Ansehen stand, und wie eine Mutter geehrt ward. Man hiesz sie nur ‘Johannamutter.’ Sie hatte sämmtliche Zimmer ihres Hauses mit SpeciesGa naar voetnoot1) ausgelegt, und die Garn knaule, die sie zum Weber sand te, waren auf Species gewickelt, die dann der Weber als Weberlohn zurück halten durfte. Sie hatte zwei Söhne, die in verschwenderischer Wohlthätigkeit der Mutter nichts nachgaben.Ga naar voetnoot2) Hatten die Arbeiter in der Heuernte auf dem groszen Wiesencomplex der ‘Jehannamutter’ nämlich das Heu zusammen gebracht und in Diemen gesetzt, so setzten die Söhne sich zu Pferde und ritten hin und her über die Diemen, damit die Arbeiter am andern Tage wieder mit dem Zusammenbringen des Heusbeginnen konnten. Man machte Jehannamutter auf ihre allzu verschwenderische Mildthätigkeit aufmerksam und mahnte sie, etwas haushälterischer mit ihrem Reichthum zu sein, aber vergebens! Einst fuhr sie über die Eider und warf einen goldenen Ring in's Wasser mit den Worten: ‘So gewisz als ich diesen Ring nie wieder bekomme, so gewisz werde ich auch nicht arm.’ Kurze Zeit darauf kauft sie von einem Fischer einen Fisch, und beim aufschneiden des Fisches kommt ein goldener Ring zum Vorschein. Das war ihr Ring. Sie bekam also doch ihren Ring wieder und ward so arm, dasz sie ihr Brot hat betteln müssen. Eine ähnliche Sage erzählen unsere Schiffer von einer reichen Frau aus Amsterdam, die viele Schiffe in See gehabt hat. Diese erhielt einst eine Ladung Weizen. Bevor man aber mit dem Löschen beginnt, frägt sie den Schiffer, an welcher Seite die Laduug eingenommen worden sei; und als er ihr sagt: Backbordseite! da befielt sie, die ganze Ladung Steuerbord wieder ins Wasser zu werfen. Alle Gegenreden und Ermahnungen des Schiffers gegen diesen Befehl helfen nichts. Und als er end lich sagt, dasz sie bei einer solchen Verschwendung jedenfalls arm werden müsse, zicht sie einen kost- | |
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baren Goldreif von ihrem Fingen, wirft denselben in's Wasser und spricht: ‘So gewisz ich diesen Ring nie wieder erhalte, so gewiez werde ich auch nicht arm.’ Aber auch diese Frau bekam durch einen Fisch den Ring wieder und ist blutarm geworden. Wer denkt bei diesen Sagen nicht an Schillers Ring des Polykrates, welchem Gedichte auch eine Sage zu Grunde liegt? Deuten Sie nicht hin auf eine gemeinsame Quelle? Und drängt sich uns nicht unwilkürlich die Frage auf: wie kam sie nach dem Norden? |
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