Gründtlicher Bericht, ob Zauberey die argste vnd grewlichste sünd auff Erden sey
(1597)–Franciscus Agricola– AuteursrechtvrijDer fünffte Tractat, Ob die hohe Obrigkeit, scherlich vnnd hochsträfflich sündige, die Zauberer vnd Zauberinnen wissenlich geduldet, vnd vngestrafft lest.Das Erste Capitel.
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zauberinnen gedulden vnnd inhalt Götliches worts vnd gemeiner Rechten nicht, mit schuldigem eiffer vnd ernst, straffen, wie in specie folgents solle, saluo honore debito cuiuslibet, erwisen werden. 1. Dafern die Obrigkeit nit glaubt (in massen von vilen beschicht, welche vnerfaren, oder vbel vnnd fälschlich von etlichen, des teuffels vnnd Zauberer aduocaten, bericht seyn) das Zauberer vnnd Zauberinnen seyn, oder mit ernst obbewisener massen zustraffen vnnd alsz vil müglich ausz zureuten sein: dieselb glaubt Gottes wort vnd H. Schrifft nicht, welche ausztrucklich bezeugen thut das Zauberey vnd zauberer sein, vnnd auch am leben zustraffen sein. Wie im zweiten Capittel vorgehendes Tractats erwisen, vnd folgents ferners solle angezogen vnd bewisen werden: Wer Gottes wort vnd dem glauben vnd der erklärung der Heiligen Kirchen, (die ausz Gottes wort ir zeugnusz vnd versicherung hat, das sie ist vnd bleibt durch Gottes Geist ein grundtfest vnnd Pfeiler der warheit) nit glaubt, der macht Gott zum lügner, Ga naar margenoot+ vnd ob er schon sonst alles glaubte, ist diser halb vnglaubig. Wer nicht glaubt (alles vnnd jedes wort mit sich bringt, recht verstanden) der Ga naar margenoot+ kan Gott nicht behagen, wirt das leben nicht beschawen, der zorn Gottes bleibt auff im, soll (da er also verharret) verdampt werden, wie die H. Schrifft, vnnd der mundt Gottes, vilfeltig thut, bezeugen. | |
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2. Welche zwar glauben, das zauberer vnd zauberinnen seyn, vnd auch der gepür sollen gestrafft vnd mit nichten geduldet werden, wie alle rechte vnd fromme Christen zuglauben schuldig seyn: vnd gleichwol die zauberer vnd zauberinnen, irem ampt vnd habender gewalt vngeacht, wissentlich gedulden vnd nicht vnuerhöchlich straffen, dieselb haben kein, oder kleine liebe Ga naar margenoot+ Gottes. Dann wer Gott lieb hat, der helt seine gebott. Joan. 14. Gott aber hat befolen, das man keine Zauberer noch zauberinnen soll beym Ga naar margenoot+ leben lassen, das man die vbelthäter straffen, die frommen hanthaben soll, &c. Solche gebott halten sie nit, welche die zauberer vnd zauberinnen beym leben, jha vngestrafft, vnd ire teuffelische boszheit für vnd für treiben lassen. Ga naar margenoot+3. Sie förchten Gott nit. Dann wer Gott forcht der thut guts: hasset das bösz: wartet seines ampts vnd beruffs ab, versaumpt nichts was im zu thun gebürt, &c. 4. Sie ehren Gott nicht: Dann wer Gott liebet, der ehret Gott auch: Wer Gott vnd seine ehr liebet, der verthedigt sie auch, als vil er kan vnd soll. Welche aber die Zauberer vnd zauberinnen (welche Gottes höchste feind sein, Gott verleugnen, lästern, schenden, vnd immer trotzen, vnd dargegen dem teuffel sein reich vnd willen helffen stärcken) gedulden, die verthedigen Gottes ehr nicht, sondern leiden vnd verursachen, durch ire conniuents, das Gott je lenger de mehr gelästert, geschendet, getrotzet werde. | |
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5. Sie werden meineidig vnd trewlosz. Dann sie Gott vnd ihrer hoher Obrigkeit, sich mittel eids verpflicht, fromblich vnd trewlich zuregieren: Ir ampt vermög Gottes wort, vnd beschribenen approbirten Rechten zuuerwalten, die gerechtigkeit zu handthaben, die boszheit zu straffen vnd zu weren: die frommen vnd frombkeit zu befürdern vnd zubeschützen, &c. Solchen eid vnd pflicht setzen sie aber nit nach, wanneh sie wissentlich die zauberer vnd die zauberinnen, die vnder allen bösen die bösesten vnd schädlichsten sein, gedulden vnnd nicht besten vermögens, innhalt Gottes worts, vnd dero rechten straffen. 6. Sie seyn respectiuè, vnd suo modo, verräter oder feind Gottes vnd Göttlicher Maiestet. Dann, welche diener irer menschlicher Obrigkeit ehr vnd glimpff nit verthedigen, ir vnehr vnd schand nit verhüten, als vil inen möglich sonder die jenigen wissentlich gedulden, vnd vngestraft lassen, da sie es sonst thun könten, ampts vnd eids halber zu thun schuldig, die wurden freilich nach der Welt darfür gehalten werden, das sie irer Herrn vnd Obrigkeit feind, oder verräther weren, sintemal sie durch zulassen, als mit den feinden irer Herrn conspirirn, mit inen eins sein oder bewilligen. qui enim tacet, aut non impedit quatenus potest & debet, consentire videtur. 7. Sie achten vnd halten mehr auff sich selber, als auff Gott. Dann da jemant sie für ire Person an irer ehren, leumat oder hochheit im geringsten tadlen, ich geschweige ausztrucklich | |
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lastern, schmehen, schenden, verfluchen würde, sollen sie es mit nichten, auch eine stund vnuerthedigt, vnd darzu vngerochen nicht lassen. Vnd da auch einer von ihren Dienern oder Vnderthanen ihr ehr nicht verthedigen, oder solche lasterer vnnd abgeschworne feind nich wehren, oder angeben würde, sondern darzu stillschweigen, mit solchem zuhalten, conuersirn essen vnd trincken, &c, würde: wie solten sie dieselbe für vntraw, meineidige, ehrlose, ja wol, als ires herrn feind oder verräther auszschreyen, ansehen, straffen, &c. Wannehe sie dann ihre eigene Menschliche ehr, leumat, hochheit, &c. mehr achten, suchen, vnd verthedigen, vnd von andern geacht vnd verthedigt wöllen haben, als sie selbst Gottes ires obersten Herren ehr, Maiestat, &c. achten vnd verthedigen. So folgt ja ausztrucklich vnd augenscheinlich, das sie sich höher als Gott suchen, fleissiger als Gott verthedigen, &c. Vnd Gott den zehenden theil nicht thun, als sie gern von andern gethan hetten, da sie doch nur menschen, nur vnnütze Knecht, nur erd vnd staub, nur stinckend äss der würmen sein, &c.? 8. Sie lieben vnd ehren den teuffel mehr, saltem interpretatiuè vnnd wie es scheint, als Gott. Dann die des teuffels freund, aber Gottes feind sein, die gedulden sie: was Gott zu wider, dem teuffel aber lieb ist, das gestatten sie: dardurch Gott geschendt vnd gelestert wirt, der teuffel aber an Gottes statt geehrt vnd gefeiret wirt, das lassen sie vngemerckt, oder vngestrafft | |
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passiern, &c. Heiszt das nicht dem teuffel mehr, als Gott dienen, liebkosen, zugefallen sein? Qui non est mecum contra me est. Wer nicht mit Ga naar margenoot+ mir ist, der ist wider mich, spricht Christus. Wie sollen die mit Gott seyn, die Gottes ehr nicht verthedigen, die Gottes schendung vnnd lästerung nicht straffen, die mit Gottes abgeschworen feind zu halten, oder heuchten? Der mit eines Freunds oder Herren, Haupt oder Ertzfeind zu halt, oder den nicht wehrer als vil er kan, was trew beweiszt er an seinem Herren? beuorab dem er vereidt vnd verpflicht, von dem er alles guts empfangen hat? Wafür ist er zuhalten auch für dem Menschen? Wieuil zu mehr, die mit Gottes feind correspondentz halten, oder aber denselbigen sich nicht widersetzen? &c. 9. Sie seynd oder scheinen zu sein, feind aller Engelen vnd freundt Gottes im Himmel, aller gerechten vnd frommen auff erden. Dann wer Gottes feind, oder Gott zu wider ist, der ist auch allen Heiligen vnd freunden Gottes zuwider, welche Gottes ehr für allen dingen, vnd am allermeist begeren, suchen, vnd ihres höchsten vermögens zuuermehren, vnd zuberfürderen geflissen seyn. 10. Sie seynd ire eigen feind, vnd hassen sich für ire person selbst. Dann sie verletzen ihre eigen ehr, in dem sie ires ampts vnd eidts, vnnd darzu Gottes vnd Christlicher liebe vergessen, vnd von Gott vnd allen rechtuerstendigen, für | |
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alsolche leuth gehalten werden. Sie verletzen vnnd beschedigen ihr eigen Leib: dann durch Gottes gerecht Vrtheil vnd verhengnusz werden sie offt selbst an ihrem leib vnnd leben, oder an Weib vnnd Kindern von den zauberen beschädiget. Sie verletzen ir eigen haab vnnd gut, daran sie auch offt, durch die Zauberische personen, so ahn Beesten, so im Veld am getreid, so sonst mit allerley widersput vnd vnglück angegriffen werden. Sie verletzen sich am aller meist an der Seelen, in dem sie sich vnzellicher nit allein eigener sonder auch frembder sünden, vnd vilfeltigs zorns, vngnaden, vnd straffen Gottes schuldig vnd theilhafftig machen, wie im folgenden Cap. weiters soll erwisen werden. 11. Sie seind feind der gerechtigkeit, die sie nit üben, freund der böszheit, die sie nit straffen, ein vrsach vnzehliger sünden vnd laster, welche beiderseiths von den zauberer vnd bezauberten beschedigen, die sie nit wehren, vnd der gepür verhinderen. 12. Sie sündigen wider die liebe des nechsten, vnd wider die zauberer vnd zauberinnen selbst. Dann da sie mit schuldigem ernst vnd eiffer die zauberey verbötten, oder die zauberer vnd zauberinnen bey zeiten straffen, es würden vil nimmer oder nit so leichtlich zu der zauberkunst sich begeben, sonder dieselb, da nit ausz liebe Gottes, doch wegen der straff, mit ernst schewen, iuxta illud: oderunt peccare mali formidine poenae. Vnd wie die schrifft sagt: Pestilente castiga | |
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to stultus sapiens fiet. Wannehe der gottlosz gestrafft Ga naar margenoot+ ist: wirt der alber oder Narr weisz. Nun aber, demnach die zauberer vnd zauberey nit gestrafft wirt, wirts für kein, oder klein sünd, oder sonst nit der gepür geacht, von denen insonderheit die mehr weltlich, als nach dem gesinnet sein. Vnd derwegen werden, gleich als die Kinder vber ire nachlässige ältern, von welchen sie nit gestraft: also die zauberer vnd zauberinnen, in irem absterben, oder für dem gericht Gottes vnd sunst im abgrund der Hellen, vber solche Obrigkeit klagen vnd rach schreyen, das sie irem ambt vnd eid noch die zauberey nicht gestrafft haben. Dann da das der gepür beschehen, würden sie entweder sich nach in disem leben gebessert, zu Gott bekehrt, vnd pusz gethan haben: wie von vilen beschicht, wannehe sie von Obrigkeit gefänglich eyngezogen vnnd zeitlich gestrafft werden: (da sie sunst on dem, gemeinlich one pusz vnd besserung durch betrug vnd anstifftung des teuffels, oder ohn einige rechte beicht absterben vnd verdampt werden) oder aber nit so schwerlich vnd groblich verdampt werden, da sie bey zeiten am leben gestrafft, vnd iren sünden häuffig fortzufaren, nit gestattet gewesen. Sintemal je lenger sie leben, je mehr sie sündigen, vnd also ire verdamnusz vermehren. 13. Sie sündigen auch wider ihre andere, sunst fromme vnd vnschuldige Vnderthanen. Dann dieselbige, entweder auch von den Zauberischen Personen, ihrem brauch, vnnd des teuffels anhetzung nach, verführt, vnd zu allerley | |
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Wichelen vnd teuffels künsten, vnd letzlich zur Zauberey selbst arglistiglich beredt, oder jha vilfeltig gereitzet vnd verursacht werden: welches nicht geschehen köndte, da die zauberer bey zeiten vnnd mit ernst der gepür gestrafft würden: Oder aber sie werden von den vngestrafften zauberischen Person ahn ihrem Leib, Weib, Kindern, Beesten, Haab vnnd gut bezaubert, beschedigt, vnd zu allerley ellend, jamer verderben, auch sünden, vnnd seelen schaden getriben, wie der augenschein vnd tägliche erfahrung mehr als zuuil bewisen thut. 14. Sie Sündigen wider Landt vnd Leuth, Dann die zauberer vnd zauberinnen verfüren oder bezauberen nicht allein ihre nachpaur vnd nechsten: sonder auch Landt vnnd Leuth, weit vnd breit, in dem sie durch vngewetter, hagelschlag, miszwachs vnd dergleichen vnrhat, welchen sie, durch Gottes verhengnusz der Sünd halber, vnd des teuffels hilff vnd mittel, offt vil meilen wegs, jha vil Landen Graffschafften, Fürstenthummen, Königreichen vergifften, beschedigen, betreiben, vnd als vil an inen ist, im grund verderben. Welchs sie nit thun könten, da sie allenthalben, nach Gottes vnd dero Rechten befelch, gestrafft vnd auszgerott würden. 15. Summa, sie seynd de facto, in disem fall seind Gottes vnd der gantzen Christenheit: dann sie seyn, durch hindansetzung vnd vnderlassung der gerechtigkeit vnd gepürlicher straff, ein vrsach, das Gott vnd sein allerheiligster Nam auff | |
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das grewlichst gelästert vnd geschendet, der teuffel aber geehret vnd erfrewet: das Gottes reich auff erden geschwecht, des teuffels reich aber gemehret: Der hauffen der Gottesförchtigen gemindert, den anzal der gottlosen aber gestärcket vnd jhe länger je grösser gemacht, die liebe vnd frombkeit erkaltet, die boszheit vnd Vngerechtigkeit meister, vnnd dermassen in allerley ständen gesterckt wirt, das zu letzt, Menschlicher weisz, nicht wol zu wehren noch abzuschaffen müglich erscheinet, dardurch dann Gottes zorn vberall angezündet, vnd allerley grewliche gemeine vnd Landtstraffen verursacht, vnd die Menschen von Gott verlassen, zumal verblendet, versteinet, vnd nicht allein zeitlich, sondern auch ewig, nicht allein ahn leib vnnd gut, mit krieg, theurezeit, Pestilentz vnnd andern vnerhörten plagen: sondern auch an der Seelen, jha an leib vnd seelen mit der Hellischer straff ahngegriffen werden, &c. Dessen alles, sampt vnnd besonder, ein grosse vnd fürnembste vrsach seyn die Obrigkeit, welche die Sünd vnnd boszheit, vnd insonderheit dise allermeiste sünd vnd Vngerechtigkeit entweder nit, oder aber nicht mit solchem eifer, vnd ernst wehren, straffen, vnnd abschaffen, wie sunst wol in iren eigen auch geringen sachen thun, oder ampts, eidts, vnd seligkeit halber, von Gottes vnd der gerechtigkeit wegen, zu thun schuldig, vnd bey ihren ehren vnd seligkeit verpflichtet seyn. |
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