Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jaargang 33
(1914)– [tijdschrift] Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Seghelijn V. 1422 FF.In der ‘Nalezing’ zu seiner Ausgabe von Seghelijn van Jherusalem sagt Verdam (S. 180) betreffs des Kampfs zwischen Seghelijn und seinem Waffenmeister: ‘Er zijn in dit gevecht verscheidene mij duistere punten. Vooreerst het wanderen van 1425 Var., dat ik misschien ten onrechte uit den tekst geweerd heb; ten tweede het cort hem vouwen van 1427 en 1463, en eindelijk helt in 1443, waarvoor men hieuw zou verwachten’. Zu den hier aufgeworfenen Fragen möchte ich folgen des beisteuern. Es war ohne Zweifel unrichtig vom Herausgeber, die beiden auf V. 1425 folgenden Verse und im Zusammenhang damit auch wanderen im V. 1425 wegzulassen. Das Weggelassene ist demnach wieder einzusetzen, und zwar bieten hier die Drucke eine bessere Lesart als die uns schlecht überlieferte Handschrift. Die Verse 1422 ff. müssen also lauten: Ende Seghelijn verstont hem wel:
Hi decte hem, so hi best mochte,
Als sijn meester hem besochte
Op hem scermen ende wanderen.
Dat (l. Daer) sie die een den anderen
Stonden te gader ende houwenGa naar voetnoot1),
Daer mocht men etc.
Mit dem ‘wanderen’ meint der Verfasser augenscheinlich das Vorrücken und Sichzurückziehen eines Fechters vor bzw. nach einem Hieb. Die Stelle ist indessen bemerkenswerter in einer anderen Beziehung, nämlich hinsichtlich der Form houwen in dem letzten | |
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der zitierten Verse, welche, wie das damit verbundene stonden zeigt, Prät. ist. Ein solches Prät. findet man erwähnt in dem Middelnederl. Wb., wo auch in der Beispielsammlung einzelne Belegstellen angeführt sind. Dagegen habe ich weder bei Van Heten, Middelnederl. Spraakkunst noch bei Franck, Mittelniederl. Gramm.2 eine Erwähnung dieser Form finden können. Einige Worte darüber sind vielleicht deshalb angebracht. Die Form ist deutlicherweise der Analogie zu verdanken. Im Mittelhochdeutschen findet man auch ein Prät. hou, das den Verben bliuwen, blouwen: blou; briuwen, brouwen: brou; riuwen, rouwen: rou nachgebildet ist (s. Weinhold, Mittelhochd. Gramm.2 § 361 und vgl. auch im Mittelniederdeutschen how mit Nebenformen bei Lübben, Mittelniederd. Gramm. S. 69). Im Mittelniederl. scheint dagegen wenigstens hinsichtlich der Verba brouwen und (be)rouwen die Analogie in der Richtung zu gehen, dass diese zu den reduplizierenden Verba neigen (s. Franck2 § 148). Von dem Verbum blouwen ‘schlagen’ begegnet aber nur das Prät. blau, blou, und diesem der Bedeutung nach unserm Wort houwen so naheliegenden Verbum verdanken wir deutlicherweise das neue Prät. hau, hou, Pl. houwen. Weit davon, das Fehlen eines Prät. *blieu für Zufall zu halten (Franck2 § 136), muss man also die urspüngliche Flexion dieses Verbums im Mittelniederl. für so stark und konstant ansehen, dass es houwen hat zu sich herüberziehen können. An der zweiten von Verdam befremdend gefundenen Stelle: Daer mocht men Segelijn scouwen
So cort hem vouwen onder den scilt,
Dien hi coenlike voer hem hilt,
So dat hi smeesters bande brac....
bedeutet hem cort vouwen ‘sich durch Ducken (eig. Bücken, vgl. Grimm, Deutsches Wörterb. sich falten = “sich biegen, krümmen”) klein machen’, wodurch Seghelijn Gelegenheit erhielt, unter den Schild des Gegners zu kommen, ihm die Schildriemen zu zerreissen und dem dadurch Entblössten den Fussstoss zu geben, der ihn ohnmächtig zu Boden schleuderte. | |
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Was schliesslich die dritte Stelle (V. 1441 ff.) betrifft: Waer saeghdi bi uwer trouwen
Enighen man so nauwe houwen,
Alse mi mijn meester helt?
wo man nach Verdam in der letzten Zeile hieuw statt helt erwarten sollte, so beruht diese Meinung auf einer irrtümlichen Auffassung des Verbums houwen, ein Irrtum, der übrigens im Middelnederl. Wb. s.v. nauwe 7 wiederkehrt. Wir haben es nämlich hier nicht mit dem Verbum houwen ‘hauen’ zu tun, sondern mit der bekannten (über *houen entstandenen) Nebenform des Verbums houden ‘halten’. Der Ausdruck nauwe houden kommt auch sonst im Mittelniederländischen vor, aber freilich in einer etwas anderen Bedeutung als hier (Kil. übersetzt nauw gehouden worden mit ‘arcte contenteque haberi’). An unserer Stelle muss man etwa übersetzen: ‘jmdm eng auf den Leib rücken, jmdn arg zusetzen’. Unsere Belegstelle mit der Form houwen für houden im Reim zeigt, dass Verdams Änderung der anderen in der Handschrift vorkommenden Schreibungen mit w für d (die betreffenden Stellen sind: hi souwe 1038, scouweren 258, 1532 sowie noch einmal houwen 334) von Übel ist. Die Schreibung rührt wahrscheinlich überall vom Verfasser her.
Lund. n. otto heinertz. |
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