Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jaargang 2
(1882)– [tijdschrift] Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde– AuteursrechtvrijMittelniederländische Miscellen.I. Nemen.Flandrijs I 316 f. gewährte die überlieferug hoe sijn suster was gevaen
ende bi enen kerstijn weider comen.
Der reim fehlte, und es boten sich zur abhilfe zwei veränderungen leicht an, entweder im ersten verse genomen, oder im zweiten ontgaen statt weider comen. Als ich die fragmente herausgab, wählte ich in übereinstimmung mit Ten Brinks ansicht die letztere, weil mir genomen nicht bezeichnend genug schien. Und doch ist es das einzig richtige. Nemen ohne weiteren beisatz bezeichnete auch das unrechtmässige und - wie es scheint - zugleich gewalttätige an sich nehmen. Rein. I 105 f. beklagt sich Cortois dass hem Reinaert, die felle man, die selve worst stal ende nam. Die verbindung stal ende nam gehört zwar nur dem schreiber an, wie Verdam Tijdschr. 1, 4 f. gezeigt hatGa naar voetnoot1); | |
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aber der dichter hatte doch auch nam allein im gleichen sinne gebraucht. In einer alten Keure (Keuren van Brielle s. 17 des sonderabdruckes aus Nieuwe Bijdragen voor Rechtsgeleerdheid en Wetgeving) heisst es item ware tsake dat enich poirter yemande schade dede of tsine beroeffde off name opter zee. Von der heiligen Kristina wird gerühmt dat was haer pine sunderlinghe dat si iet at dat was genomen, ocht dat von onrecht goede was comen. (Sinte Kerstine 802 ff.). Ferner Sp. 36, 16, 129 ff. dieve quamen quadertiere van verren over eene riviere ende stalen hare haer vie, int wederkeren verdronken sie, entie beesten sijn wedercomen ten velde daer si waren genomen; Rb. 1623 ende seide den ebreuschen Abram dat men sinen neve ving ende nam. Auch in der folgenden stelle (Limb. 6, 2277 ff.) hat man das wort in praegnanter bedeutung aufzufassen. Wat, es hi weder comen? ic waenden Belsebuc had ghenomen ende met hem wech ghedreghen. Wat, es hi noch te live bleven? Vgl. Mhd. Wörterb. 21, 362a. Wird nun eine frau zum object dieses in nemen häufigen begriffes, so bekommen wir die bedeutung ‘entführen’. Die belege dafür mangelen nicht. Limb. 1, 246 ff.: Margriete im walde verirrt ruft einen vorübergehenden ritter um hilfe an. Derselbe fragt, wie sie in diesen wald komme, heeft u enich man ghenomen ende gheleit uten huse uwes vader? sekerleke so was hi quader, dan Judas selve, die gode verriet. Ferner ebendas., 6, 1988 ff. hier binnen so quam hi gaende op ene grote valeye, daer hi hoerde met ghescreye ene maget ende enen ridder stout, diese hadde genomen int wout; Rb. 7915 in sinen tiden nam Helenen Paris; Lanc. 4, 3045 dat al bi ocsonen van wiven quam, omdat Parijs Helenen nam; Sp. 12, 17, 15 Castor ende Pollux hebben vernomen dat haer zuster es ghenomen; Walew. 4339 ff. ende gelovet mi bi uwer trouwen, dat ghi desen drien joncfrouwen sult helpen daer si weder comen, daer si teerst waren ghenomen. Zweifellos werden diese deutlichen beispiele durch die stelle im Flandr. um eines vermehrt. Der besondere gebrauch wird kaum auf einer alten sinnlichen bedeutung von nemen beruhen, sondern sich später festgesetzt haben. | |
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Der dichter des Romans von Limb., welcher auch verschiedene beispiele gewährte, gibt anleitung eben noch eine erscheinung zu erwähnen, die sich in der sprachgeschichte öfter widerholt. Er gebraucht nemen so für sich allein ebenfalls mit einer frau als object auch in einem von dem besprochenen sehr abweichenden sinne, nämlich, so wie es auch jetzt noch verwendet wird ‘zur ehe nehmen’, aber mit der modification dass der begriff der gesetzmässigen ehe besonders betont ist. In der unterhaltung, welche Echites mit Margriete führt, wird das sehr deutlich (1, 1184 ff.) Die jonchere seide: ‘oftic den keer
Ghevisierde dat ic u name,
Sout u sijn dan bequame?’
Die maget seide: ‘jonchere vroet,
Daertoe en waric niet goet,
Noch weerdich dat ghi mi naemt;
Ghi selt doen dat u bat betaemt
Ende selt nemen u ghelike,
Ene machtighe ende ene rike,
Groet van goede ende van machte;
Naemdi mi, ic verwrachte
Uwer moeder ende uwen vader.
Vorher hatte das mädchen es von sich gewiesen die amie des Echites zu werden. Der ausdruck ene maghet nemen würde also an sich. sehr zweideutig sein, wenn der zusammenhang nicht entschiede. | |
II. Doen.Es ist zu begreifen dass bei einem so gewöhnlichen worte, wie das verbum doen ist, zahlreiche nuancen im gebrauche und in der bedeutung vorkommen. Es ist schon manches darüber gesagt worden; man könnte noch manches hinzufügen. Ich will mich jetzt jedoch darauf beschränken einen kleinen beitrag zu liefern zu der frage betreffs des gebrauches von doen zur verbreiternden umschreibung (nicht zur vertretung) von verben, wie er ja auch jetzt noch in der bequemen redeweise ‘er tut schreiben’ für ‘er schreibt’ gebräuchlich ist, und sich speciell im engl. bei negierten sätzen festgesetzt hat. Über denselben | |
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gebrauch im mnl. ist schon einigemal gesprochen worden, aber, wie mir scheint, hat man die frage der zulässigkeit zu leicht bejaht. Die ausdrucksweise ist im nl. ebenso wenig, wie im hd. in die gute sprache aufgenommen worden, und schon deshalb muss man die frage vorsichtig erwägen. Die bis jetzt beigebrachten beispiele bedürfen eines erneuten verhöres, bei welchem, trotzdem sie so schon nicht gerade zahlreich sind, noch manche schwinden werden. Ich kann dasselbe leider nicht selbst anstellen, da mir das material nicht zur hand ist. Bei Velthem ist der gebrauch unzweifelhalft, wenn er sagt waer toe eest goet, dat gi coninc heeten doet? 2, 17, 49; nicht ganz sicher in groet goet dat nu die coninc verteren doet, 2, 35, 58; bi den helighen geeste groet die een persoen wesen doet 1, 22, 61 ist eine verdorbene stelle; in ic ben broet der minnen goet, dat alle smerte verdriven doet 1, 22, 80 liesse sich leicht änderen in verdwinen (verdvinen) statt verdriven; aber dem ersten beispiele gegenüber, wenn der dichter wirklich so geschrieben hat, wäre die änderung nicht angebracht. Auch Hildeg. sagt 8, 243 tvierde gebot doet ons wisen ende leren; 14, 34 soven dingen die die waerheit doen orconden; 174, 218 geven doet = geeft. Auch dem dichter des 2. Reinaert entschlüpft die ausdrucksweise einmal, v. 2068 ic moet pinen dat ic doe (:) die leder oprechten. Ferner behilft sich der bearbeiter des Hulth. textes vom Brandaen einmal damit v. 918 tote mi die duvele doet minen moonc weder zenden, wo die andere bearbeitung hat tote mi die duvel weder comen doet minen monc die hi wilt scenden. Das einzige beispiel, welches mir bei Maerlant aufgestossen ist, wäre Troyen 5208 dat syn scacht doerboren dede halsberch ende syn side mede. Hier zeigt aber die abweichung der hss. sofort dass die stelle nicht in ordnung ist. Hs. B hat wenigstens den richtigen sinn; vgl. Bénoit 14415 si qu'oltre en est passé le fers; onc ne se pot tenir haubers; ob aber ihre worte die ursprünglichen sind, ist eine andere frage. Floris hat 2053 ff. den portre vonden si sittende op een gras an deen side onder enen boem, om sinen tol doen nemen goem. Hier kann doen nemen = ‘nehmen lassen’ | |
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sein. Ausserdem würde ein einziger fall in einem von den schreibern so stark bearbeiteten texte wenig beweisen, indem doen leicht zugesetzt sein könnte. Bei Blomm. Oudvl. Ged. 2, s. 63, 267 die haer so zeere minnen doet die mensche woent daer bi. An der stelle ist etwas nicht in ordnung; (ich kann sie jetzt nicht controllieren, da mir der text fehlt) aber sicher ist minnen doet aufzufassen als ‘lieben macht’ und haer ist reflexiv. In dem falle befinden wir uns öfter, dass wir in doen die bedeutung ‘veranlassen’ zu erkennen haben. Zb. Rb. 18982 sijn volc hi ombieden doet ist ganz ohne zweifel so aufzufassen; Sp. 35, 44, 18 snachts so dede sente Germaen die been in sine (des kalbes) huut beslaen wird die auffassung durch das lat. bestätigt iubetque ut ossa diligenter collecta etc.; Lanc. 3, 22282 her coninc, doet horen mine tale bedeutet ‘veranlasst das meine rede gehört werde’ d.h. gebt mir erlaubnis und gelegenheit dazu; Lanc. 2, 15834 hets enich ribaut of triwant, die aldus rijdt dore tlant in die gelike van enen goeden man ende doet hem Lancelote heten dan, ist keine umschreibung mit doen, sondern = facit se appellari. Alex. 9, 288 ff. steht want god te selver wilen dede doe si scepe wouden gaen die lucht verdonkerde saen met enen so donkeren miste; wenn dies auch zu besseren ist want hi ter selver wilen dede .... die lucht verdonkeren, so ist verdonkeren aber nicht transitiv, sondern intransitiv. Bei seiner beichte zählt Reinaert die streiche auf, welche er dem wolf gespielt hat. Dabei heisst es (1484) ic dede hem an die clockelinen binden bede sine voeten; gleich darauf (1497) sint dedic hem crune geven und (1500) ic dede hem afbernen dat haer. Am wenigsten kann man an der ersten stelle an eine mittelsperson denken; aber es ist nicht leicht zu bezweifeln dass an allen dreien doen gleich aufzufassen ist. Der sinn der ersten stelle ist ‘ich veranlasste dass ihm seine füsse an die leinen gebunden werden,’ entsprechend der der anderen, und es wird wol unentschieden gelassen, wer der eigentlich ausführende ist. An der ersten stelle sagt der lat. übersetzer zwar apto, aber an den beiden anderen tonderi faciebam und uri faciebam. Auch dede soeken v. 7 ist als quaeri feci | |
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aufzufassen. Die sicheren beispiele für die fragliche ausdrucksweise beschränken sich ganz gewis auf wenige und geringere dichter. Um so mehr muss es wunder nehmen, wenn der letzte herausgeber der Renoutfragmente, prof. J.C. Matthes in den 2000 versen nicht weniger als 3 belege für die construction glaubte aufgefunden zu haben. Aber eine nähere besichtigung lässt diese belege leicht verschwinden, und der herausgeber selbst wird hoffentlich nicht der letzte sein, diesen gebrauch von doen für den dichter des Renout zu streichen. Den meisten anlass zu der falschen auffassung gab eine stelle in dem gespräch Rolands mit den pairs. Alle sind gegen seinen plan mit Renout zu kämpfen, sie drohen ihm nach der reihe, und Ritsaert van Normandie seinerseits spricht (1252 ff.) Wert van u Renout verslegen,
Roelant, gine doet nemmermeere
In Vrankrike wederkeren.
Es ist das substantivum wederkere anzunehmen, möglicherweise auch, da die hs. im 2. verse nemmermeer hat, das masc. wederkeer. Wederkeer und wederkere doen für wederkeren ist gar kein seltener ausdruck und reiht sich an eine ganze menge anderer, in denen doen mit nominibus statt der betreffenden verba steht, vgl. Kausler 1, 4304 ende nemmermere ❘ ne dede hi in Vlaenderen wederkere; Oudemans unter wederkere, Mhd. wörterb. 1, 800a; ferner Rein. 1722 doe daden si enen wederkeer, 2694 Cuwaert dede enen wederkeer, Partonop. 1083 dan doet soe haren wederkeer (von einem flusse gesagt). In den letzten beispielen wird die bedeutung allerdings durch das pronomen einigermassen nuänciert. Die zweite stelle im Renout ist 1147 ff. Maer alse helpe mi sente Amant!
Dordi mins ontbiden te hant
So lange wile op desen dach,
Dat ic hier tote u comen mach:
Alse behoude mi got in eren,
Gewapent sal ic wederkeren.
Matthes setzt doedi statt dordi. Warum das letztere (wenn | |
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Ihr es wagt) hier anstössig sein, oder sogar keinen sinn geben soll, ist mir unerfindlich. Es ist die ganz gewöhnliche sprache der ritter und hier sachlage noch eigens angemessen. Renout will nicht gegen Roland kämpfen, weil er allein ist, Rol. dagegen viele ritter bei sich hat. Er macht dagegen den vorschlag zu einem zweikampf, wenn Rol. es wagen will die ritter wegzuschicken (1156) und allein zu warten, bis Ren. seinen gefangenen nach haus gebracht und, wie es scheint, sich besser gewaffnet hat (1152). Doedi bleibt also weg. Bei der 3. stelle, v. 415, wo der bote zum könig spricht So doet lesen desen brief.
redet Matthes selbst viel weniger bestimmt. Die andere auffassung, doet als ‘veranlassen’, ist die allein richtige. Bei den handlungen von hohen personen wird sehr häufig die umschreibung mit doen gebraucht; vgl. einige der oben angeführten beispiele. Sie wird zur blossen ceremoniellen ausdrucksweise, bei der man sich wahrscheinlich der eigentlichen bedeutung von doen gar nicht bewust bleibt. Unter dieser voraussetzung wird auch eine häufung doen - doen erklärlich, zb. etwa Salomoen dede den tempel maken doen, wobei man ursprünglich wol wirklich an die mittelspersonen dachte, also ‘Salomoen veranlasste seine beamten den tempel bauen zu lassen’; die ausdrucksweise scheint aber dann auch zulässig geworden zu sein in fällen, in denen man sich keine rechenschaft von den zwischenpersonen zu geben vermag. Maerlant construiert einigemal so. Ich werde bei einer anderen gelegenheit veranlassung haben näher darauf einzugehen; hier nur ein beispiel Sp. 42, 74, 44 Gregorius dedene wijen doen den legaet Hughen, d.h. pabst Gregorius liess St. Arnold durch den legat Hugo weihen. Da wir uns doch den legat Hugo selbst als den ausführenden zu denken haben, so ist ein doppeltes ‘veranlassen’ unlogisch. In den meisten der fälle könnte doen auch das zeitadverbium = tunc sein; aber dasselbe liegt ausserhalb von Maerlants sprachgebrauch. Ferner könnte man grade die umschreibung erkennen wollen, die wir in diesem | |
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aufsatze behandeln, also wijen doen = wijen. Unsere bisherigen erwägungen berechtigen aber auch dazu nicht, und es bleibt nichts übrig als in einem derartigen dede maken doen eine verbreiterung von dede maken zu erkennen, die dadurch ermöglicht wurde dass man sich der function nicht bewust blieb, welche doen ursprünglich in diesen ausdrücken hatte. Doch zurück zu der stelle im Renout. Wenn v. 422 der könig den brief selbst liest, so spricht das eher gegen als für die auffassung von doen, zu welcher Matthes hinneigt, denn es heisst ausdrücklich ende lasen selve te hant. Die beispiele für jenen nachlässigen sprachgebrauch aus dem Renout erweisen sich also dem verhör gegenüber nicht stichhaltig, und so wird es auch in den meisten anderen texten sein. | |
III. Zum participium praesentis.De Vries hat in Taalk. Bijdragen 2, 73 ff. über die stelle Flandr. I, 313 gehandelt und darzutun gesucht dass eine construction, wie die dort von der hs. gebotene die quaet doende was ghewone nicht anfechtbar sei. Seine ausführungen über den gebrauch des part. praes. im mnl. hatten mich vollkommen überzeugt dass ich allerdings zu voreilig die construction für unmöglich erklärt hatte; den gegebenen analogien zufolge war an ihrer möglichkeit nicht länger zu zweifeln. Es ist aber ausser der stelle im Flandr. noch ein zweiter factischer beleg dafür vorhanden, St. Amand 1, 809 ff., wo es heisst: (Maria) Jeghen dat natuere ghedraghet
Brochti ter weerelt uwen lieven soone,
Onsen behoudere, die ghewoone
Es regierende moghendelike
Beede hemel ende eerderyke.
An einer anderen stelle 1, 1127 construiert der dichter van wat mesquamen bestu ghewone te sine ghemoyt. Ich will die gelegenheit zugleich benutzen um für einzelne der bis jetzt besprochenen ähnlichen constructionen mit dem | |
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part. praes., die noch selten belegt sind, einige belege hinzuzufügen, und einige weitere constructionen anzuweisen. Vollkommen analog mit doende sijn ghewone steht Nat. bl. 2, 698 ooc vintmen riekende so vroede (sc. bracken), also construiert riekende vroet d.h. klug, scharf im riechenGa naar voetnoot1). Dass hier das adj. vroet allein, ohne sijn steht, ändert an der analogie nichts, denn wenn man riekende vroet sagen konnte, war von selbst auch riekende vroet sijn erlaubt, und aus doende ghewone sijn darf man ein adjectivisches doende ghewone ableiten. Dunken mit dem partic. steht auch Lutg. I, 54 et dunct haer sijnde noch gůet coep; ferner ebend. I, 731; St. Am. 2, 2373. Wie bliken so verträgt auch scinen die gleiche construction: al dat si schinen hebbende, daer sijn si in bedroghen Ruusbr. Beghinen 191, 10; ferner Heelu 8558; mit einem infin. und einem partic. zugleich - also dieselbe eigentümlichkeit wie bei comen und gaen - dese scinen versmeden oncuscheit ende scinen minnende reynecheit Lutg. I, 785. Bevinden construiert noch so Brab. y. 7, 15642 ende bevonden si eeneghe verdient hebbende der scande (eine var. hebben); vernemen Gaidoen 278 heeftene roepende vernomen. Ebenso auch versien: want hine comende heeft versien Lorr. 2, 668; weten; iemen die ic levende weet Torec 2264; sine wisten niet levende Lancel. 2, 11443; und segghen: hy zecht my dijn moeder wesende Merl. 2324. Wie vinden so ermöglicht auch soeken dieselbe construction: daer hi trent liggende heeft gesocht Franc. 10230. Bringen findet sich häufiger. Den wortlaut der stelle, welche De Vries aus Sp. hist. II beibringt, finden wir genau wider St. Amand 1, 2897 om dat hi se wilde bringhen ghelovende an waerachteghe dinghen und ebenso 1808 nur mit ons statt se. Ferner ebend. 1, 5801; Heelu 1756; Sp. 34, 24, 12; Grimb. II, 5341. Für doen nenne ich noch Bedied. der misse 509 dat hi dede vele tekene .... blinde siende, lamme gaende; dann | |
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wechselnd mit infin., part. und adj. stomne (l. stomme) spreken, dode op staende, doeue horen, martelaren gesont. Weiter nicht auffällig ist hebben mit dem partic.: die hadde hangende tien tiden een hoeft an sijn gereide Lanc. 2, 10832. Der construction bei ghewone sijn vergleicht sich dieselbe bei becant sijn: in dit lant daer si wonende was becant Velth. 7, 13, 81 und bei bescreven sijn: dese twee bescreven sijn wesende al van enen seden Sp. h. 26, 15, 6. Wir finden ferner beginnen so construiert. An der stelle Karel ende El. 4 het was op ene avontstonde dat Carel slapen begonde hat var. M slapende. - ghefenen: al wenende si niet ghefeen Limb. 11, 1174. Utenbroeke sagt die hem niet connende [heeft] gewagen = qui se nescire respondit Sp. 26, 12, 53 und ebenso die hem niet connende bedraget ebendas. v. 50 = welcher sich beschuldigt es nicht zu wissen. II4, 1, 146 lesen wir sogar waer men kerstene begaende conde = wo man Christen antreffen konnte. So ohne weiteres dürfen wir auch diese letztere construction jetzt nicht mehr zurückweisen. Sehr eigentümlich ist auch v.d. Lev. ons Heren 434 ff. Maria lach daer soete ende sachte
Viertich daghe ende viertich nachte;
Sine wilde niet opstaen jeghen wet:
Ses weken liggende was gheset.
= es war bestimmt sechs wochen liegen zu bleiben. De Vries aao. wirft auch die frage auf, ob wir in diesen constructionen vielleicht gar keine echten participien, sondern flectierte infinitivformen vor uns hätten. Die frage können wir aber ohne weiteres verneinen. Die formen mit d für das gerundium (wie afris. to bêtande mhd. ze varnde) sind fürs nl. nicht zu erweisen. Wenn sie wirklich existiert hätten, wäre es nicht denkbar dass sie bloss in den obigen constructionen zum vorschein kämen. Ausserdem finden wir die entsprechende gerundiumsform sonst nur nach praepositionen, von denen aber in den besprochenen constructionen keine rede ist. In den meis- | |
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ten fallen musten wir notwendig einen nominativ und accusativ des gerundiums im mnl. constatieren. Und so weit wir man wol nicht zu gehen wagen. Es sind allerdings wirkliche participien, die wir in den besprochenen constructionen anzunehmen haben, und das partic. ist auch, von zwei der besprochenen stellen abgesehen, ganz richtig logisch gedacht. Einige der constructionen wie hebben hangende, comen roepende, sijn wonende, vernemen comende, weten levende gehen ja gar nicht einmal über den sonstigen gebrauch des participiums hinaus. Teilweise war es gewiss die analogie, welche weiter gewirkt hat; z.b., wie De Vries hervorhebt, die gebräuchlichkeit von de roke es comende beförderte die zulässigkeit von den roke doen comende, da das letztere logisch gleich ist mit doen den roke comende zijn. Wenn man sagen konnte iemene weten wonende und dann auch iemene kennen wonende, so lag es gewis nicht mehr sehr fern auch ein passivisches iemen is wonende bekent zu versuchen. Überall wird aber der begriff des participiums gewahrt ausdrückend die zuständlichkeit einer handlung während einer anderen: comen lopende heisst ‘zur gleichen zeit in welcher man kommt am laufen sein’; ebenso wenn das part. accusativ ist: vant hem zittende ‘zur gleichen zeit sass er, als der andere fand’. Doende gewone sijn, riekende vroet sijn, scinen hebbende, wesende bescreven sijn, beginnen, gefinen slapende; hem connende gewagen, ontfaen hebbende belijen, heten wijs sijnde (accus.) lassen alle die auffassung zu dass die eine handlung während der anderen zuständlich ist, entweder mit gleichem subject (nomin.) oder mit verschiedenem (accus.). Der fortschritt besteht nur darin dass das particip. sich nicht mehr auf den begriff des rein zeitlichen nebeneinander bestehens beschränkt, sondern zugleich den ausdruck feinerer logischer nüancen mit übernimmt; dass es möglich bleibt, wenn nicht bloss ausgedrückt werden soll dass die einė handlung während der anderen dauert, sondern auch dass die eine zu der anderen im verhältnisse der ursache oder der folge steht. Es ist mithin zugleich analogie und bedeutungserweiterung, | |
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welche die besprochenen constructionen ermöglicht. Da aber in allen zugleich der infinitiv, entweder der einfache, oder der mit te verbundene möglich ist, so wäre es nicht zu verwunderen, wenn schliesslich das partic. misbräuchlich auch die verwendung eines infinitivs bekommen hätte. So könnte man das begaende connen bei Utenbroeke und die stelle aus Lev. ons H. ses weken liggende was gheset am einfachsten erklären. Die einzige verbindung in welcher man formell eher an das gerundium denken könnte ist die von De Vries belegte in dit doende, z.b. dat zy u in dit doende bystandig zijn. Das partic. wäre hier zugleich vollständig unlogisch, nicht an sich, aber seine verbindung mit in. Doch auch hier haben wir sicher kein gerundium, sondern eine compromissconstruction aus zwei anderen, nämlich dit doendeGa naar voetnoot1) und in doene dit. | |
IV. Esopet XLIX vs. 15f.Zu dieser stelle, welche in der hs. lautet, aldus es menich man vernest
die tgoede laet ende tquade mest,
hat De Vries Taalk. Bijdr. 2, 66 f. die emendation vorgeschlagen, aldus es menich man verdoeft,
die tgoede laect ende tquade loeft.
Im selben bande der Bijdr. 213 ff. verteidigte jedoch Verdam eine andere verbesserung, aldus es menich man verriest
die tgoede laect ende tquade kiest.
Te Winkel in der neuen ausgabe des Esopet findet den | |
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letzteren vorschlag mit recht einfacher; aber mit voller bestimmtheit entscheidet er sich nicht, indem die übereinstimmung des von De Vries hergestellten loeft mit dem laudare der lat. versionen ihn etwas bedenklich macht. Sehr mit recht bemerkt er aber ferner dass bei der verbesserung von Verdam die veränderung von laet in laect ganz überflüssig sei, indem laect nur als gegensatz zu loeft erforderlich sein könnte. Man dürfte ohne weiteres die durch De Vries geschickte veränderung sich ergebende übereinstimmung von loven mit laudare für einen zufall ansehen und sich für die emendation von Verdam, aber mit belassung von laet entscheiden, also lesen aldus es menich man verriest
die tgoede laet ende tquade kiest.
Volle sicherheit bekommen wir aber durch eine parallelstelle in der bearbeitung des Reinaert. Als Reinaert seiner frau Ermeline seine absicht entdeckt vor der drohenden gefahr auszuwanderen, da lässt der bearbeiter Ermeline einwendungen gegen diesen plan erheben: ‘warum sollen sie die bekannte stätte und ihre feste burg verlassen um dahin zu fahren, wo sie fremd und elend sind?’ waerom woudijt dan aventuren
ende nemen tquade ende laten tgoede? (3188 f.)
Statt kiesen ist also ein synonym nemen eingetreten, welches aber dem ersteren noch nahe genug steht um es loven gegenüber zu verteidigen; der gegensatz laten ist unverändert geblieben. Da der bearbeiter des Reinaert sich auch sonst von der nl. fabelsammlung beeinflusst zeigt (Martin Einl. s. XLIV), so dürfen wir annehmen dass die hier berührte erweiterung der erzählung von der reminiscenz an die 49ste fabel des Esopet nicht unabhängig sei und dürfen weiter in den angeführten versen eine directe entlehnung erkennen, die um so sicherer bei der entscheidung über die stelle des Esopet benutzt werden kann.
Bonn, den 8 November 1881. johannes franck. |
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