nicht die Thatkraft lähmen soll, und welcher Platz lassen muss für die Anschauung und vor allem nicht hindern darf, dass die ‘Sonne des Gefühls’ gelegentlich aus der Tiefe hervorbricht. Das wird man ihm danken, aber man wird in Nietzsches ‘Willen zur Macht’ keine letzte Bestimmung sehen können.
Man wird es Nietzsche danken, dass er dem Massenbegriffe unserer Zeit mit seiner nivellierenden Wirkung die Kraft der Persönlichkeit, sie von dem allzu starken Drucke des Geschichtlichen befreiend, entgegengestellt hat, man wird aber dabei betonen müssen, dass diese Persönlichkeit zwar im Diesseits wirken, aber im Jenseits wurzeln soll.
So wird man in Nietzsche einen Menschen sehen von gewaltiger Tragik, der künstlerisch zu fein angelegt war, um sein eigenes nagendes Denken ertragen zu können, und nicht Künstler genug, um das Wogen seines Innern in Kunstwerke zu gestalten - und der darum zusammenbrach.
Dagegen ist Richard Wagner der echte Erbe jener echten Kunst, bei welcher eine grosse Persönlichkeit im Kunstwerke gespiegelt wird, damit sie von diesem aus in das ganze Volk hinüberfliesse.
Diese Kunst hat Wagner im Zeitalter der werdenden Weltwirtschaft gehütet und weitergeführt, indem er dem heimischen Boden die herrlichen Gestalten entsteigen liess, die nun aus seinen Musikdramen zu uns sprechen.
Prof. dr. Alex. Wernicke, Neue Jahrbücher, 3. jahrg., V. u. VI. Bandes 1. Heft.