unterschiedlichen Kompilationskernen. Auch kompilative Grundmuster, denen der Ostbrabanter Schreiber beim sukzessiven Zusammenstellen seines Kompendiums folgte, sind von Huizenga aufgespürt und bis in die hochmittelalterliche Medizinliteratur der Schulen von Salern, Parma und Bologna verfolgt worden.
Der Palatinus Vindobonensis 2818 gilt als umfangreichste Handschrift mittelniederländischer medizinischer Fachprosa: Mittelniederfränkische Fachtexte aus drei Jahrhunderten sind in ihm in einzigartiger Weise präsent. Und da Erwin Huizenga in seinem Kommentar sämtliche niederländische (und dazu die einschlägigen hoch- und niederdeutschen) Parallelüberlieferungen einbezieht, gattungsgeschichtlich vorgeht, gebrauchsfunktional sortiert und nach textpragmatischer Umsetzung bis zu den beteiligten Medizinalberufen hin befragt, wächst sich sein Buch zu so etwas wie einer ‘Geschichte der mittelniederländischen Medizinliteratur’ aus, die in ihrer quellennahen Stringenz wie in ihrem Detailreichtum einzigartig ist und bis weit ins kommende Jahrhundert sich als unverzichtbares Nachschlagewerk behaupten dürfte. Und damit sind wir bereits bei der Frage, wo Huizengas medizinhistorischer Fachprosa-Kommentar seinen bibliothekarischen Standort zu finden hat: in den Zentralbibliotheken von Hochschulen und Gebietskörperschaften, d.h. im Handapparat des (Handschriften-)Lesesaals, dort, wo das Verfasserlexikon, Jansen-Siebens Repertorium, Wim Gerritsens School spierinkjes steht; darüber hinaus weltweit in germanistischen Seminaren und mediävistischen Einrichtungen, die auf das Verfasserlexikon ebensowenig wie aufs LexMA verzichten können, und selbstverständlich in medizinhistorischen Instituten, wo Huizengas Fachprosa-Kommentar eine zusätzliche Funktion wahrzunehmen in der Lage ist - nämlich die eines fachliterarischen Index zu acht führenden medizingeschichtlichen Zeitschriften bzw. Serien: kein Beitrag in ‘Sudhoffs Archiv’ (1908 ff.), kein Aufsatz in den ‘Würzburger medizinhistorischen Mitteilungen’ (1983 ff.),
der Huizenga entgangen wäre; keine von 20tausend Seiten der ‘Würzburger medizinhistorischen Forschungen’, die Huizenga nicht bis in die Fußnoten hinein gelesen hätte! - DerVerlag hat auf diese hohe Gebrauchsdichte sich insofern eingerichtet, als er auf eine klare, dem deutschen Leser entgegenkommende Sprache gedrängt hat, fremdsprachigen Benutzern eine englische Inhaltserfassung nach Maßgabe einer Epitome anbietet, auf beispielhaften Satz, vorbildliche Typographie und übersichtliche Auszeichnung (mit lebenden Seitentiteln) geachtet und eine Inhaltserschließung durch kombinierten Sach- sowie Namenweiser ermöglicht hat. Papier und Fadenheftung entsprechen den hohen Erwartungen; der niedrige Verkaufspreis (88 Mark) berücksichtigt die wirtschaftliche Lage des Studenten und zielt darauf ab, ihm ein Korrektiv zu den gängigen kleinen ‘Medizingeschichten’ mißlungenen Inhalts an die Hand zu geben.
Zum Gelingen von Huizengas beispielsetzendem Fachprosa-Kommentar darf man gratulieren: zunächst dem Autor selbst, der innerhalb acht Jahren sich zu einem der führenden Fachprosa-Historiker herausgebildet hat; dann aber auch den Personen und Einrichtungen, die ihn auf seinem Weg geführt und ihn bei seinen Forschungen unterstützt haben: vor allem der Stichting Historia Medicinae, der die beeindruckende Leistung des Stipendiaten sicher weitere Zustiftungen zuführen wird; dann Ria Jansen-Sieben, die den jungen Kollegen seit 1990 mit fachhistorischen Auskünften versorgte; des weiteren Hofrätin Eva Irblich, die in Wien den Zugriff auf das Original unterstützte; Luke Demaitre und Monica Green, die von den Vereinigten Staaten aus den Kommentar bereicherten, und nicht zuletzt den auf vielen Gebieten hilfreichen Groninger und Leydener Kollegen, insbesondere Hans van Dijk, der als Betreuer des Projekts den Fachprosa-Kommentar zu seinem eigenen Forschungsanliegen machte.
Adres van de auteur: Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg, Oberer Neubergweg 10a, D-97074 Würzburg