Naamkunde. Jaargang 17
(1985)– [tijdschrift] Naamkunde– Auteursrechtelijk beschermd
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Zum Namen AnundDer Name Anund gehört zu den mit Vokal anlautenden Namen des schwedischen Königshauses der Ynglinge, deren Namen u.a. im ‘Ynglingatal’ aufgezählt werden, vgl. Kap. 33: Qnundr konungrGa naar voetnoot(1). Aber auch außerhalb dieser Familie kommt der Name relativ häufig in den skandinavischen Sprachen vor. Belege gibt es in allen skandinavischen Sprachen schon aus früher Zeit. In seinem ‘Altnordischen Etymologischen Wörterbuch’Ga naar voetnoot(2) gibt Jan de Vries drei mögliche Erklärungen dieses Männernamens, der als Anundr und Qnundr erscheint. Es sind dies folgende Deutungen:
Das sind also ziemlich stark voneinander abweichende Interpretationen. Wenn man im neuen schwedischen PersonennamenwörterbuchGa naar voetnoot(3) nachschlägt, so stellt man denn auch fest, daß dort, Sp. 109ff., bemerkt wird, der Ursprung dieses Namens sei unsicher. Es scheint daher angebracht, ihn noch einmal näher zu betrachten.
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Die älteste Erwähnung des Namens Anund findet man in der ‘Vita Ansgarii’ des Rimbert, entstanden zwischen 865 und 867, vgl. die Einleitung zur AusgabeGa naar voetnoot(4). Dort kommt er als Name eines schwedischen | |||||||
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Königs vor, der vermutlich mit dem oben erwähnten, im ‘Ynglingatal’ vorkommenden Qnund identisch ist. Die Handschriften der ‘Vita Ansgarii’ stammen allerdings aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Im 19. Kapitel heißt es: Per idem fere temporis accidit, ut etiam quidam rex Sueonum nomine Anoundus, eiectus regno suo, apud Danos exul fuerit. (S. 58,32ff.) Die Varianten der Handschriften lauten hier: Auoundus (A. 2.3) und Anotundus (B 2); da aber dieser König auch von Adam von Bremen in seiner ‘Historia Hammaburgensis ecclesiae episcopum’ erwähnt wird und dort AnundusGa naar voetnoot(5) genannt wird, dürfte die Form der Ausgabe die richtige sein. Ungefähr zur selben Zeit wie Rimbert finden wir noch eine Erwähnung des Namens und zwar auf angelsächsischem Gebiet. Zum Jahre 875 erwähnt die AngelsachsenchronikGa naar voetnoot(6), daß die dänischen Könige Guthrum, Oscytel und Anund von Repton nach Cambridge fuhren: 7 for Godrum 7 Oscytel 7 Anwynd. pa .iii. cyningas, of Hreopedune to Grante brycge mid micle here, 7 saeton þaer an gear Aus diesen Belegen aus der Zeit vor dem Jahre 1000 dürften zwei Dinge hervorgehen:
Jahrhundert und aus späterer Zeit. Die Belege aus England haben a und u im zweiten Teil des Namens: Anund(us), Anunt, Anand(us), Anant im Doomsday BookGa naar voetnoot(8). Adam von Bremen erwähnt neben dem obenge- | |||||||
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nannten Anund noch weitere Könige, die diesen Namen tragen: Anund genannt Jakob (± 1020/22-1050 König von Schweden), Sohn von Olaf Skotkonung: Anund (Nom) II,59; Anund, Sohn von Edmund Slemme, Enkel von Olaf Skotkonung: Anund (Nom.) II, 78, Anundi (Gen.) Schol. 66, Anundum (Akk.) Schol. 123; schließlich noch ein Anund, der etwa 1070 in Schweden regierte: Anunder (Nom.) Schol. 84 und 140. Im letzten Fall erscheint der Name soger in altnordischer Form mit der Nominativendung -er, vgl. an. Anundr. Diese Fürsten und andere Träger des Namens werden auch in jüngeren skandinavischen Quellen erwähnt, aber immer in der Form Anund-, Aunund-, Qnund-. Auch die Runeninschriften überliefern den Namen relativ häufig. Er erscheint darin in folgender Form: Nom. anu(n)tr, Gen. anu(n)taR, Akk. anu(n)t. Aus den volkssprachlichen Belegen geht deutlich hervor, daß man mit einem u-Stamm zu tun hat. Wenn man die älteren Belege mit den jüngeren vergleicht, so ergibt sich eine vermutliche urnordische Form *An(V)-wVnduR, wobei sich über die Färbung der hier mit V bezeichneten Vokale wenig mit Sicherheit sagen läßt. Für den zweiten Teil weist der Beleg bei Rimbert am ehesten auf u, die englischen Belege aber auf einen palatalen Vokal. Wenn man den offenbar ähnlich gestalteten Namen Eyvind heranzieht, so stellt man fest, daß dieser Name in Runeninschriften des 11. Jahrhunderts überall mit i erscheint: auintr (Sö 293)Ga naar voetnoot(9), iuintaR (Sö 131), auit (Sö 263), ouint (Ög 68). Bei den Belegen in Runeninschriften für den Namen Anund kann man aber keine Spur des i finden. Sie haben immer -u(n)t- und dies, zusammen mit dem Beleg Anoundus bei Rimbert könnte auf ursprüngliches *-wunduR hinweisen. Die Engländer hätten da vielleicht den Namen leicht abgeändert (unter Einfluß von ae. wend, wind?). Die Annahme, daß der zweite Teil des Namens *-wunduR lautete, würde auch erklären, weshalb das w verschwand; vor o, ó, u, ú und deren Umlauten ø, ǿ, y und ý mußte dieser Laut ja während der Zeit zwischen 650 und 800 verschwindenGa naar voetnoot(10). Da | |||||||
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wundert es allerdings, daß der Beleg bei Rimbert vielleicht noch w hatte, wenn man die Schreibung mit o so interpretieren will, vgl. Alboin für *Albwin. Deswegen ließe sich erwägen, ob sich der Name Anund ähnlich entwickelt hat wie der Name Jorund. Dieser geht nach Assar JanzénGa naar voetnoot(11) auf älteres Jarwindr zurück. Der Unterschied zwischen Eyvind auf der einen Seite und Anund und Jorund auf der anderen wäre dann auf die Position des w zurückzuführen, das zwischen Vokalen erhalten blieb, aber nach Konsonanten verschwand, vgl. den Ortsnamen Bjǫrgyn aus Bjǫrgvin ‘Bergen’ (in Norwegen). Als ursprüngliche Form müßte man da *-winduR annehmen und diese Form läßt sich mit den altenglischen Formen vergleichen. Wenn man von der Form *-winduR ausgeht, könnte man auch einen weit älteren Beleg heranziehen. Tacitus erwähnt in seinen ‘Annales’ II, 25 einen Führer der Marser, den er Mallovendus nenntGa naar voetnoot(12). Der zweite Teil dieses altgermanischen Namens wird von Schönfeld, S. 308, zu den Namen mit Vandal- gestellt. Allerdings haben die von ihm in sein Wörterbuch aufgenommenen Namen diese Wurzel nur im ersten Teil der Zusammensetzung. Außerdem fehlt das l in Mallovendus. Die Form -vendus aber würde genau der oben erwähnten Form urn. *-winduR entsprechen. Daß bei Tacitus -vendus steht, braucht nicht zu wundern, da ĭ und ĕ in den ältesten Quellen häufig durcheinander gebraucht werden, vgl. Schönfeld S. XVIII. Auf Grund obiger Ausführungen darf man wohl annehmen, das es im Germanischen ein männliches Wort *winduR gab, das als zweites Element in einigen Personennamen belegt ist. Für den ersten Teil des Namens Anund ist anzunehmen, daß er identisch ist mit dem ersten Teil im Namen Olaf = urn. *Anu-laiƀaR. Dies könnte vielleicht noch dadurch bestätigt werden, daß nach Adam von Bremen Olaf Skotkonung einen Sohn und einen Enkel namens Anund hatte. Möglicherweise liegt hier noch ein Rest des alten Variationsprinzip vor, das in Runeninschriften des 11. Jahrhunderts hier und da noch belegt ist. Als ursprüngliche Form des Namens Anund läßt sich somit urn. *Anu-winduR vermuten. Wenn man nach der Bedeutung der einzelnen Teile dieses Namens fragt, so muß man zunächst die parallelen Bildungen vergleichen. Wie | |||||||
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oben gesagt wurde, dürfte der Anfangsteil derselbe sein wie im Namen Olaf (aus *Anu-laiƀaR) oder Áli (aus *Anulo). Assar Janzén bezeichnet zwar dieses Element als ‘av oklart och omtvistat ursprung’Ga naar voetnoot(13), aber doch hat man im allgemeinen die etymologische Deutung herangezogen, die auch bei Jan de Vries erscheint: zu *anu- ‘Vorfahr’Ga naar voetnoot(14). Die ursprüngliche Bedeutung des Namens Olaf - wenn man überhaupt an eine ‘Bedeutung’ eines Namens glauben will - wäre da etwa ‘Nachfahre des Urahnen’. Der zweite Teil des Namens Anund ließe sich vielleicht mit der indogermanischen Wurzel *u̯en- ‘gern haben, lieben, wünschen’Ga naar voetnoot(15) verbinden, wozu u.a. an. vinr ‘Freund’, lat. VenusGa naar voetnoot(16) gehören. Zu denken wäre dann etwa an eine -tu-Bildung zur Schwundstufe dieser Wurzel, wenn man annimmt, daß *-wunduR die ursprüngliche Form wäre, oder besser zur Hochstufe, wenn man von *-winduR ausgeht. Man würde dann etwa eine Bedeutung wie ‘Geliebter’ oder ‘Liebender’ bekommen. Dies ließe sich dann mit der Wurzel *leuƀ- vergleichen, die auch in Personennamen erscheint. In seiner Arbeit über die nordischen Personennamen hat Assar Janzén im Zusammenhang mit dem Namen Eyvind vorgeschlagen, das Element -vindr mit ahd. wintan in ubarwintan ‘besiegen’ (GraffGa naar voetnoot(17) I, 751ff.) zu verbinden, ‘där ett *wintan, fvn. *vinda “kämpa” e.dyl. torde ingå. Ett urn. *winði- eller *winðu- “kämpe” skulle ge god mening åt alla namnen’Ga naar voetnoot(18). Leider scheint es höchst unsicher, ob es das ahd. -wintan auch in den anderen germanischen Sprachen gegeben hat; sogar die ahd. Belege stehen im Verdacht an ahd. wintan ‘winden’ angeglichen zu sein. Das d dürfte erst sekundär in das Verb gekommen sein, vgl. ‘Mit | |||||||
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“winden” hatte es also ursprünglich nichts zu tun,... Volksetymologisch wurde das Verb dann an “winden” angeglichen’Ga naar voetnoot(19). Eine zweite Möglichkeit der Interpretation von *-winduR wäre eine Variation auf Janzéns Deutungsversuch. Nicht den Vergleich mit ahd. -wintan muß man anstellen, sondern man muß das Wort direkt mit der oben schon erwähnten Wurzel idg. *u̯en- verbinden. Diese Wurzel bedeutet ja nicht nur ‘streben, wünschen, lieben’ sondern auch ‘erreichen, gewinnen, siegen’Ga naar voetnoot(20). Dazu könnte man sich ohne weiteres ein Nomen agentis *u̯en-tu-s vorstellen, das ausgezeichnet zu der Bildungsweise der tu-Stämme paßt. Krahe/Meid spricht ja davon, daß die maskulinen tu-Bildungen auf hochstufiger Wurzel beruhen, vgl. die Beispiele: got. hliftus ‘Dieb’, ahd. wirt ‘Gastfreund, Hauswirt’, an. smiðr ‘Schmied’Ga naar voetnoot(21). Im Germanischen würde das Wort als *winðuR erscheinen und somit genau der angenommenen Urform des zweiten Elements in Anund, Eyvind und Jorund entsprechen. Bedeutungsmäßig paßt diese Bedeutung weit besser zu den Kampfwörtern, die man so häufig in germanischen Namen findet (sigi-, haðu-, hilði- usw.). Es scheint daher, daß man sie bevorzugen muß. Als ursprüngliche Formen der drei genannten altnordischen Namen muß man somit *AnuwinduR, *Auja-winduR und *ErowinduR annehmen.
Instituut voor Oudgermanistiek Universiteit van Amsterdam A. Quak |
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