Germania. Jaargang 4
(1901-1902)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Die deutsche und niederländische Dichtung im 16. und 17. Jahrhundert
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leistenGa naar eindnoot5: der leider verhältnismässigGa naar eindnoot6 früh gestorbene Fischart. Es ist bezeichnend für ihn, dass er Gargantua und Pantagruel (1575) bearbeitet hat, und dass dies Werk sein umfangreichstes und in gewissem Sinne bedeutendstes geblieben ist: innerlichst war er Rabelais verwandt. Das geschlossenste Werk Fischarts auf dem Gebiete des Grotesken ist wohl seine FlohhatzGa naar eindnoot7, eine der früheren Arbeiten des um die Mitte des Jahrhunderts geborenen Dichters. Die Fabel ist hier so dürftigGa naar eindnoot8 wie nur möglich; es handelt sich um eine Klage der Flöhe gegen die Verfolgung durch die Weiber und deren Verantwortung vor Jupiter. Würde sie nicht fortwährend durch Episoden unterbrochen, so hätte die böse Geschichte gut und gern in kaum einem ZehntelGa naar eindnoot9 der über viertausend Verse abgemacht werden können, die sie wirklich umfasst. Aber die geschlossene Komposition ist überhaupt nicht Fischarts Sache; aller Nachdruck liegt bei ihm vielmehr auf der munteren und übertreibenden Ausmalung des Episodischen. Und hier ist er denn allerdings unerschöpflichGa naar eindnoot10. Bald ‘kühlsinnig’, bald ‘kühnsinnig’ verfahrend, weiss er im hurtigenGa naar eindnoot11 Fluss der Verse zu spannenGa naar eindnoot12, ja, fortzureissen, und sieht man im Einzelnen zu, so findet man doch jeden Deut des Gesagten phantasievoll durchlebt und glücklich vorgestellt. Die Form aber is von einer so ausserordentlichen Beweglichkeit der Sprache und Unerschöpflichkeit der Reime bei tadelloser Reinheit, ja Glätte des Stils, dass der Dichter auch in dieser Hinsicht unter seinen Zeitgenossen im weiteren Sinne unerreicht bleibt. Das ist Rückert'sche Versatilität, wenn Fischart das Ergebnis der Flohjagd bei einigen Frauen mit den Worten schildert: Was ist das für ein Jücken, Rücken,
Für Drücken, fangt hier an zu zwicken!
Was ist das für ein Knacken, Packen,
Welch Hacken, wenn ihr sie thut zwacken!‘
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Hier kommt zur Reimfertigkeit jene unerschöpfliche Wortphantasie, der der Dichter gelegentlich einer späteren Bearbeitung des Gedichtes in der Erfindung von Namen für die einzelnen Flöhe den ungebundensten Lauf gelassen hat. Ueber dem Ganzen aber liegt, das ständige Erbtheil Fischarts, ein goldner Humor; fort und fortGa naar eindnoot13 spielt die Erzählung mit tiefen Gedanken einer abgeklärten Weltanschauung. Was hätte Fischart in frohen, aufstrebenden Zeiten der Nation werden können! In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts überwog bei ihm, mit dem allmählich steigenden Pessimismus der öffentlichen Meinung, der Zug zur Satire. So schloss er sich den Satirikern des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an und ist damit noch immer der wohl grosste Satiriker unseres Volkes geworden. Da trifft die Sprache des Dichters bald mild und fast tändelndGa naar eindnoot14, bald streng und klatschend; neckischeGa naar eindnoot15 Töne wechseln mit rohem Hohn; und das unglaublich schöpferische Sprachvermögen, das die Cyklopen der antiken Mythologie in groteske Säuklopse verwandelt. Noch mehr als auf kirchlichem Gebiete aber trat die positive Seite des Dichters in vaterländischer Richtung hervor. Gewiss verfolgt er auch hier vor Allem kritisch nationale Narretheien: Aller Praktik Grossmutter verspottet das blöde Astrologenthum, der Catalogus catalogorum die pedantische Bücherwuth der damals modernen Vielwisser: aber daneben preist das Ehezuchtsbüchlein die Innigkeit des deutschen Familienlebens, erhebt die ernstliche Ermahnung an die lieben Deutschen trotzig den Weckruf für deutsche Sinnesart, zeichnet die heitereGa naar eindnoot16 Dichtung von der Fahrt des Züricher glückhaften Schiffs mit dem HirsebreiGa naar eindnoot17 nach Strassburg (1576) ein trotz aller eingestreuten Gelehrsamkeit prächtiges Bild deutschen Bürgerkönnens und noch immer engen nationalen Zusammenhangs zwischen Oberrhein und schweizerischem Bergland, | |
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So war denn Fischart ein ganzer Mann; er ist der überragendeGa naar eindnoot18 Dichter des letzten Viertels des 16. Jahrhunderts. Aber er hat keinen Nachfolger gehabt. Was bedeutet ihm gegenüber der langweilige Rollenhagen, der den homerischen Froschmäusekrieg zu einer pedantischen Reformationsgeschichte umdichtet, und was der Strassburger Magister Wolf hart Spangenberg mit seinem grotesken Ganskönig (1607), einem Spottgedicht auf den katholischen Himmel mit seinen Heiligen? Mit Fischart erschöpft sich im Ganzen die Weiterbildung, die Satire und Schwank des Reformationsjahrhunderts zu höheren litterarischen Gattungen hätten erlangen können. Es war die Folge der allgemeinen sozialen und politischen Lage. Zornige Satire verlangt Freimuth, komisches Epos Humor, groteske Dichtung ein wohliges Schweben über den Dingen. Wie sollten diese Eigenschaften aus Verhältnissen hervorgehen, die schon zum offenkundigsten Pessimismus geführt hatten!’ So war nur vom Drama vielleicht noch Aufnahme und WeiterbildungGa naar eindnoot19 der tiefsten litterarischen Entwicklungs-Tendenzen des 16. Jahrhunderts zu erwarten. Und hier konnte noch zur Zeit des Todes Fischarts, dem persönlich eine dramatische Ader nicht schlug, die Lage als nicht ganz so ungünstig erscheinen wie auf dem Gebiete des Schwanks und seiner Fortsetzungen. In die dramatische Kaderentwicklung des 15. Jahrhunderts, wie sie vom kirchlichen Mysterium und vom weltlichen PossenspielGa naar eindnoot20 ausgegangen war, war mit dem Humanismus ein neues Element eingetreten, das lateinische -Schuldrama. Von den Ueberlieferungen der Griechen und Römer gespeist, mussten die humanistischen Schulen bei ihren rhetorisch-representativen Unterrichtsspielen leicht auf den Gedanken gerathen, Stücke des Plautus oder noch lieber des besser zugänglichen Terenz aufzuführen. Es war eine Neigung, die auch durch die Reformation | |
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nicht unterbundenGa naar eindnoot21 ward: Luther selbst war ein Freund ernsten Schauspiels. Zur Wiederbelebung der antiken Stücke aber kam nun die eigene Produktion. Ziemlich gleichzeitig trat sie auf der ganzen Linie der vom Humanismus beeinflussten Völker ein; im inneren Deutschland bot sie, neben gewissen Einwirkungen des lateinischen Dialogs auf die Erörterungs- und Agitationslitteratur des 16. Jahrhunderts, fast den einzigen Punkt dar, von dem aus die Antike unmittelbar und tiefer die Formen der deutschen Dichtung schien beeinflussen zu können. Im 16. Jahrhundert gestalteteGa naar eindnoot22 sich dieser LitteraturzweigGa naar eindnoot23 ziemlich regeGa naar eindnoot24 aus; nach den Anfängen des 15. Jahrhunderts, dem Stylpho Wimphelings, dem übrigens einer französischen Farce nachgedichteten Hermo Reuchlins, trat eine Scheidung ein in Schulkomödie und Drama sacrum. Befestigt wurde diese GattungGa naar eindnoot25 durch die Reformation, die zugleich mehr als bisher polemische und satirische Elemente einführte. Diesen Elementen wurden vor Allem die Tendenzdramen des Thomas Naogeorg in Straubing und seiner Schüler gerechtGa naar eindnoot26, so der Pammachius von 1538 und die Incendia von 1541; während die tendenzlosere Form des Drama sacrum zuerst von Sixt Birck zu Augsburg gepflegt wurde. Inzwischen aber hatte vermehrter Wetteifer auf diesem Gebiete wie der Eintritt der dramatischen Bestrebungen der Jesuitenschulen, die vor Allem auf beste Wiedergabe der antiken Originale ausgingenGa naar eindnoot27, eine wesentliche Hebung der Kunstform zur Folge gehabt. Man ging jetzt den antiken Kunstregeln sorgsamer nach; nicht blos in Deutschland, auch sonst auf humanistischem Gebiete suchte man sie, freilich so äusserlich, wie man sie eben verstand, zu beobachtenGa naar eindnoot28; und die in diesem Sinne besonders schulgerechtenGa naar eindnoot29 biblischen Dramen des Schotten Buchanan, die sich seit etwa 1570 in Deutschland verbreiteten, trugen noch zur Verstärkung dieser Strömung bei. So kam es | |
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dazu, dass man schon die Einheit der Zeit und des Ortes beobachtete: eine Höhe der Technik weit über dem Niveau des nationalen Dramas war erreicht. Es ist die Zeit, da der Schwabe Nicodemus Frischlin mit ausgesprochen komischem Talente schuf, da die Aufführungen der Strassburger Akademie berühmt waren: hier gab man in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts Stücke des Aeschylos, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Plautus neben Dramen Naogeorgs und Frischlins; und in Kaspar Brülow erstand der Strassburger Bühne ein Dichter, dessen Dramen, vielleicht schon unter dem Einfluss der seit 1596 in Strassburg regelmässig auftretenden englischen Schauspielern, ein Schimmer Shakespeariseher Grösse durchleuchtetGa naar eindnoot30. Bei solchem Entwicklungsgang durfte ein günstiger Einfluss des lateinischen Schauspiels auf das nationale erwartet werden, zumal sich neben dem lateinischen Schuldrama auch, vor Allem in den von Luther persönlich beeinflussten GegendenGa naar eindnoot31, ein deutsches Schuldrama entwickelt hatte. Da war nun zunächst das Mysterium. Ursprünglich keuscher, rein kirchlicher Natur hatte es sich schon im 15 Jahrhundert zu grossen SchaugeprängenGa naar eindnoot32 erweitert, die tagelang dauerten und Hunderten von Personen in Bewegung setzten. Es ist klar, dass hier das Schuldrama nicht eingreifen konnte. Zwar erweiterten sich die Mysterien noch im Laufe des 16. Jahrhunderts; zu den Stoffen aus dem alten Testamente traten mehr als bisher solche aus dem neuen; ebenso lieferten Roman und Geschichte einige Materien, und hier und da, besonders in der Schweiz, schlug die patriotische Ader durch. Aber als Gattung wurde das Mysterium weder gereinigt noch gesteigert. Gewiss wurden die Bühnenverhältnisse besser, aber es wurde damit mehr dem Augen des Zuschauers als der Kunstform selbst gedient; und auch dieser Aufschwung erlahmte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Damit begann denn das Mysterium zu verfallen; | |
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nur in den Alpenländern und theilweis auch im Elsass blühte es noch fort und hat sich hier gelegentlich bis auf unsere Zeiten durchgerettet. Für das nationale Drama aber war ein Fortschritt jetzt nur noch auf dem Gebiete des Fastnachtspiels, des ernsten wie die possenhaften, zu erwarten. Das bedeutete aber, dass sein SchicksalGa naar eindnoot34 an das Schicksal des Bürgerthums geknüpft war: denn nur dieses hatte bisher Posse und Drama in diesem Sinne entwickelt. Man muss sich die Folgen dieser LageGa naar eindnoot35 im Einzelnen vergegenwärtigenGa naar eindnoot36: kein Hof, der das Theater begünstigte, keine Hauptstadt, kein ständigesGa naar eindnoot37 sondern nur ein Fastnachtspublikum, keine Truppe technisch durchgebildeter und der Kunst bühnengemässer Darstellung berufsmässig dienender Schauspieler, sondern im Wesentlichen nur LiebhaberbühnenGa naar eindnoot37a, endlich im Bürgerthum kein sozial fortschreitender, sondern ein verfallender Stand als Träger der ganzen Bewegung. Wo sollten unter diesen Umständen für das Schuldrama, vor Allem das weitaus am höchsten entwickelte lateinische, die AngriffspunkteGa naar eindnoot38 zu einem stärkeren Einfluss auf das volksmässige Drama gegeben sein? Es ist für die Entwicklung des deutschen Schauspiels des 16. Jahrhunderts nahezu folgenlos geblieben; und die nationale Entwicklung schritt der Hauptsache nach auf nur eigenen Füssen vorwärts. Da hatte nun unter den Städten, die das alte Fastnachtsspiel pflegten, schon im 15. Jahrhundert Nürnberg besonders hervorgeragtGa naar eindnoot39: hier hatte mitGa naar eindnoot40 das erste geistige Leben geblüht; und nur von Nürnberg her sind im 15. Jahrhundert die Namen dramatischer Dichter weiter hin bekannt geworden. In Nürnberg aber pflegte man vor Allem die Posse: sehr begreiflich bei dem lebenslustigen Frankencharakter der Bürgerschaft. Aus Nürnberg ist auch der bedeutendste dramatische Dichter des 16. Jahrhunderts hervorgegangen: Hans Sachs. Sachs hat der Hauptsache nach mit römischen Tragödien, Lucretia 1527, | |
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Virginia 1630, begonnen. Vornehmlich wirksam aber wurde seine Kunst erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts: zwischen 1550 und 1560 hat er allein über anderthalb Hundert Dramen geschaffen; und weitaus die grösste Zahl dieser Dramen trägt den Charakter der skizzenhaft hingeworfenen Posse. BevorzugteGa naar eindnoot41 Hans Sachs in seiner Blüthezeit die Posse, so wurde er damit ebenso sehr der Nürnberger Tradition gerechtGa naar eindnoot42 wie den inneren Entwicklungsbedürfnissen des Deutschen Dramas: denn weit war dieses noch davon entfernt, sich jener intimeren Charakteristik der handelnden Personen zu nähern, die das ernste Schauspiel verlangt. Hat doch Hans Sachs da, wo er im strengeren Sinne schuf, der Kegel nach daran verzweifelt, auch nur die Handlung im Verlaufe des Stückes ohne weitere Nachhilfe zu voller Klarheit zu bringen. Er behält deshalb gerade in solchen Fällen mit besonderer Vorliebe eine Einrichtung bei, die seine Vorgänger Volz und Rozenplüt auch bei den Possen allgemein verwendet hatten: den Herold, der vor Beginn des Stückes den Gang der Handlung kurz einleitet oder gar wohl seinem ganzen Verlauf nach vorweg angiebt, der ausserdem durch sein Auftreten vor dem Stücke die nöthige Stille im Publikum schafft und nachher die Plicht hat, die Moral der Fabel zu verkünden. In den Possen ist diese Person, die dem Dichter die Exposition, dem Regisseur den Theaterzettel und dem Bühneninhaber die Polizei erspart, von Hans Sachs gewöhnlich beseitigt; man gewahrtGa naar eindnoot43 den FortschrittGa naar eindnoot44, dass ihre wesentlichen Funktionen einer der im Stücke auftretenden Personen in verkürzter Form überwiesen sind. Indess darf man sich durch solche Verbesserungen nicht über den allgemeinen Eindruck hinwegheben lassen, dass auch die Possen Sachsens - und schon das war gegenüber den unzusammenhängenden UnfläthereienGa naar eindnoot45 des 15. Jahrhunderts ein ausserordentlicher Fortschritt - zunächst | |
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nichts Andres sein wollten, als in besonders lebhafter Form vorgetragene Erzählungen eines Schwankes. Demgemäss hat der Dichter nur eine Hauptsorge: den Fortschritt der Handlung. Ihn hurtigGa naar eindnoot46 erscheinen zu lassen, ist der oberste Zweck des Dialogs; darum äussern die auftretenden Personen zunächst ohne weitere Begründung nur diejenigen Ansichten und Absichten, die hierfür nöthig erscheinen. Charakteristik also der Personen ist zunächst garnicht in's Auge gefasst. Noch weniger liegt es in der Absicht, den Stoff anders, als er überliefert ist, spannend erscheinen zu lassen. Nur der Aufbau der einzelnen Scenen ist deshalb, jeder für sich, geregelt; ob sich aber die Scenen zu Akten zusammenschliessen und die Akte in unserem Sinne zu einem Stück, ob eine PeripetieGa naar eindnoot47 an einer nach modernen Begriffen richtigen Stelle einsetzt oder gar die Einheit von Art und Zeit gewahrt ist, das sind Fragen, die den Dichter garnicht bewegen, aus dem einfachen Grunde, weil er sie nicht kennt und von dem Standpunkte, auf dem er steht, auch nicht einmal zu ahnenGa naar eindnoot48 veranlasst wird. Man sieht: das Wesen der Posse zu Hans Sachsens Zeit ist noch immer bedingtGa naar eindnoot49 von dem durchscheinenden Charakter des Schwankes; die Posse ist zunächst nur höhere Kunstform der Schwankerzählung. Aber darüber hinaus beginnt nun doch die dramatische Form umgestaltend zu wirkenGa naar eindnoot50: und damit tritt der Uebergang zum eigentlich Dramatischen ein. Indem die Personen in der dramatischen Form vielmehr, als in der Erzählung, aus ihrem Milieu entfernt werden, zumal bei dem sehr unzulänglicheGa naar eindnoot51 Bühnenapparat, haben sie das Verständnis der Fortschreitenden Handlung in steigendem Masse aus sich heraus zu bestreiten. Das wird nun nur möglich durch immer stärkere Verinnerlichung der Motivirung. Wir sehen Hans Sachs diesen Weg beschreiten: deutlich erkennbar wird er, sobald man irgend eine spätere Posse des Dichters, deren Vorbild in | |
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einer Schwankerzählung erhalten ist, mit dieser vergleicht. Da findet sich denn wirklich schon etwas wie ständige Motivirung; aus ihr heraus erwachsen erste Grundlagen einer neuen Kunst in der Führung des Dialogs und in der Steigerung der AffekteGa naar eindnoot52; und schon machen sich hier und dort in feineren Beobachtungen, in Sentenzen und sonstigem Beiwerk reiferer seelischer Erfahrung sowie in der abweichenden Charakteristik von Pararellpersonen, wie z. B. der drei Blinden in dem Fastnachtsspiel des Jahres 1553, die ersten, nicht mehr blos der bitteren Noth dramatischer Formgebung üherhaupt verdankten Uranfänge des psychologischen Dramas geltend. Ueber Hans Sachs hinaus hat das binnendeutsche Drama eine weitere Entwicklung rein aus den Kräften der Nation heraus zunächst nicht mehr erlebt. Mit dem Verfall der deutschen geistigen Kräfte seit dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts drangen immer entschiedener englische Schauspielkunst und englisches Schauspiel in Binnendeutschland ein, anfangs vornehmlich bei den Höfen, denen nach der Wendung, welche die allgemeinen deutschen Schicksale nahmen, nunmehr die Entwicklung des nationalen Dramas hätte zufallen müssen, dann auch bei den Bürgerschaften der grossen Städte. Und daneben wurden tausend andere fremde Einflüsse wirksam, während das lateinische Schuldrama noch eine Zeit lang wirkungslos fortlebte. Unter den fremden Einflussen aber befand sich einer, der dem inneren Deutschland um diese Zeit noch recht nahe stand, gleichsam noch Blut war von deutschem Blute: der niederländische. Denn im Norden der Niederlande hatte man es unter einem ganz anderen Verlaufe der heimischenGa naar eindnoot54 Kultur und der humanistischen Bestrebungen und Lebensideale zu erleben begonnen, dass eine innige Verbindung nationaler Dichtung und antiker Ueberlieferung und damit eine erste wahre nationale Renaissan- | |
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cedichtung geschaffen wurde und in einem klassizistischen Drama höheren Ranges gipfelteGa naar eindnoot55, dem Drama Vondels. Ga naar eindnoot33Ga naar eindnoot53 |
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