Germania. Jaargang 4
(1901-1902)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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dass fortan alle Offiziere und Unteroffiziere die vlamische Sprache kennen müssen. Wie nötig diese Kenntnis geworden ist, wird eingehend durch folgenden ergötzlichen Vorfall beleuchtet: Ein Rekrut wurde unlängst von der Militärbehörde für untauglich erklärt, weil er taub sei und zwar auf beiden Ohren. Der betreffende legte Berufung ein und da entdeckte man dass der Jüngling nicht taub, sondern Vlame sei und bei der Untersuchung seitens des Vlamischen unkundiger Militärbehörden kein Wort von den Fragen, die an ihn gestellt wurden, verstanden hatte. Also stets noch dieselben hübschen Zustände, die der Landesverteidigung äusserst dienlich sein müssen. Jetzt scheint es demnach endlich anders werden zu sollen.
* * * Wie wir unlängst meldeten, hatte sich der Major der Genter Bürgerwehr endlich bequemt, sich dem Gesetze zu fügen und seine Befehle auf vlamisch zu erteilen und von seinen Offizieren erteilen zu lassen. Jetzt kommt die fast unglaubliche Meldung, der Major hätte ohne weiteres von neuem die französischen Befehle eingeführt, angeblich, weil es seinen Offizieren nicht gelungen sei, trotz angestrengter Uebung sich die vlamischen Befehle anzueignen. Nun sind alle andern Abteilungen der Genter Bürgerwehr schon seit drei Jahren ohne irgend eine Schwierigkeit auf vlamischen Fuss eingerichtet, darunter sogar Spezialregimenter. Hier liegt offenkundig eigenmächtiger Trotz zu Grunde, der sich auf den Widerstand der Franztollen Offiziere stützt. Die Genter Bevölkerung ist aber empört und setzt en schlossen den Feldzug gegen den widerspenstigen Major fort. Wie man hier sagt, soll er biegen oder brechen. * * * Ein neuer herber Verlust hat die vlamische Bewegung betroffen und zwar in dem tapferen Antwerpener Führer Advokat Adolf Pauwels. Obwohl Katholisch wurde er durch seine politischen Gegner um seine Aufrichtigkeit und seine unerschütterliche Ueberzeugung, wovon er tagtäglich, sowohl in seinem Verkehr als in seinem Beruf Beweise lieferte, geehrt. Er war ein Vlame aus einem Stück, im Leben bescheiden aber von hinreissender Begeisterung, wo es der heiligen Sache seines Volkes g[...]lt; viele werden aufrichtig um den treuund warm-vaterländisch fühlenden Mann trauern, um so mehr da er um seiner Ueberzeugung willen gelitten hat und viele Vortheile für sich und seine Familie aufgab um seinem Volke ein Führer und ein Vorbild zu sein. Möge sein Andenken noch lange und bei vielen wach und wirksam bleiben. * * * Einem Interview der ‘Vlaamsche Gazet’ von Brüssel entnehmen wir die | |
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Erklärung welche der niederländische Ministerpräsident Dr. Kuyper soll abgegeben haben, indem er sich darüber beklagte dass der belgische Gesandte im Haag kein Niederländisch kennt. Die vlamischen Blätter geben ihrem verdienten Aerger darüber Ausdruck und nennen es geradezu eine Taktlosigkeit einen Gesandten in ein Land zu senden, dessen Sprache er nicht mächtig ist. Sie fragen zu recht was so ein Minister da wohl für Dienste beweisen kann und merken spöttelnd dabei an dieselbe Regierung welche zu solchen unglaublichen Handlungen imstande ist, habe Lehrstühle der Russischen und Chinesischen Sprache errichtet, um den paar Industriellen die beabsichtigen jene Länder zu besuchen, behülflich zu sein. Wo es aber die Belangen betrifft der ganzen vlamischen Bevölkerung da ernennt sie einen Vertreter, der die Sprache dieser Bevölkerung nicht einmal kennt. * * * Anlässlich des Todes des Prof. Motte der Genter Hochschule haben die Studenten der Philosophie und Geschichte dem Minister einen Gesuch eingereicht um diesen zu bewegen nur einen Nachfolger zu ernennen der Niederländisch kennt. Von den 50 Studenten dieser Fakultät haben 33 den Gesuch unterschrieben, nur drei sich dagegen erklärt und 14 sich enthalten, weil es ihnen gleichgiltig ist in welcher Sprache docirt werden wird. In der wissenschaftlichen Fakultät haben die Studenten ein Referendum eingerichtet bez. der Frage in welcher Sprache soll docirt werden; 110 Handzeichnungen erklärten sich für die niederländische Sprache und nur acht dagegen. Bei der sofortigen Umgestaltung dieser Hochschule würden also höchstens 11 Studenten dieselbe verlassen, ein unbedeutender Verlust also im Vergleich zu dem unberechenbaren Vortheil für die ganze vlamische Bevölkerung, die jetzt von den Früchten des höheren Unterrichts sogut wie nichts geniessen kann. Die Flaminganten haben Recht, wenn sie behaupten, dass grundsätzlich die Lösung der Hochschulfrage die Lösung der vlamischen Frage überhaupt und den Sieg der vlamischen Bewegung in sich schliesst. |
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