Germania. Jaargang 4
(1901-1902)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie deutschen (germanischen) Götter*
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Feuer Freuden-Feuer über Balders Besiegung der Winters-Riesen und Befreiung der Jungfrau Erde waren, so bedeuteten die Sommers-Sonnwend-Feuer eigentlich Toten-Feuer für den heimgegangenen Sonnen-Gott. Der dem Frühlings-Gotte Balder erwiesene Sonnen- und Lichtdienst darf als ein weiterer Beweis der nordischen Urheimat unserer Vorfahren gelten. Zwei Kamillen-ArtenGa naar eindnoot42 waren dem Balder geweiht. Freier, Freir oder Fro ist wie seine schöne Schwester Freia (Fräuja) ursprünglich Wane und wurde erst unter die Asen aufgenommen. Sein Vater ist der gleichfalls von den Asen aufgenommene wanische Lichtgott Niörder (Njördr) aus Noatun, seine Mutter die ursprüngliche Erdmutter Nerthus. Freier ist wohl in den meisten Fällen mit Balder eindeutig; seine Gattin ist die liebliche Erd-Göttin Gerda (Gerd), um die einst sein JugendgespieleGa naar eindnoot43, Skirnir für ihn geworbenGa naar eindnoot44. Freier-Fro ist ein Sonnengott, zugleich Gott der Fruchtbarkeit, des Ackerbaues, der Schifffahrt, der Ehe und des SippenlebensGa naar eindnoot45, des Ernte- und Kinder-Segens. Er sendet der wohltätigen Sonnenschein und den befruchtenden Regen. Freier gebietet über das Lichtalben- (Lichtalfen-) Reich Alfheim (Lichtalfenheim). Sein geweihtes Tier ist Gullin-Bursti, der goldborstige Eber, der seinen Wagen zieht, oder den er reitet, ein Sinnbild der Sonne. Auch das windschnelle Ross Blodhughofi stand ihm zu Gebote. Das Pferd überhaupt war ihm geheiligt, auch der Stier. Das Fest der Winters-Sonnenwende, des Sieges der Sonne, wurde ihm wie Balder zu Ehren gefeiert. | |
6. Heimdall oder Rigen (Rigr)Er ist ein Sohn Wotans und neun riesischer Schwestern, der neun Abschnitte des zunehmenden Mondes. Er ist ein Himmelsgott, der treue Wächter Asgarts an der Regenbogen-Brücke Bif-röst (Bebrast) der in sein Gellerhorn (Giallarhorn) stösst, wenn den Asen Gefahr von den Riesen droht. Er ist also der Gott der Wachsamkeit, aber auch der Enthaltsamkeit und Mässigkeit. Heimdall ist auch der Einsetzer der Stände bei den Menschen. Seine Wohnung ist Himinbiörg (Himmelsburg), sein Hengst heisst Gulltopp, Gulltoppr (Goldzopf). Nach seinen goldenen Zähnen heisst Heimdall auch Gullintanni (Goldzahn). Auch Iring, Irmin soll er heissen und wird daher manchmal mit dem Schwertgotte Eru zusammengehalten. Auf Irmin hat man die Irminsäule (Irminsul) zurückgeführt. Einmal musste Heimdall mit Loki um Freias Hals-GeschmeideGa naar eindnoot46 Brisingamen (das junge Grün des Rasens) einen Kampf bestehen, aus dem er siegreich hervorging. In der Götterdämmerung kämpft Heimdall wieder mit Loki, tötet diesen, fällt aber gleichfalls von dessen Streichen. | |
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7. WidarEr ist der Wiederer, d.h. der Wiedererneuerer und Wiederbringer. Er überdauert die Götterdämmerung und rächt den durch den Fenris-Wolf herbeigeführten Fall Wotans im Welten-Kampfe. Widar ist ein Sohn Wotans und der Riesin Grid bezw. der Hel. Er ist der Gott der Schweigsamkeit und heisst daher der Schweigsame, der ernste und sinnende Ase. Am rechten Fusse trägt er einen Eisenschuh. Sein Haus heisst Landwidi (Landweite). Nach der Götterdämmerung lebt er neben Wali in der erneuten Welt fort. | |
8. NiörderNiörder (Niörd, Niördr) ist ein Wane, der unter die Asen aufgenommen wurde, wahrscheinlich Bruder und Gatte in erster Ehe der Nerthus. Er ist ein Gott des Meeres und Beschirmer der Seefahrt und Fischerei, aber auch des Feldbaues, der Ernte. Seine Wohnung heisst Noatun. Später ist seine Gattin Skadi, des Sturm- und Bergriesen Thiassi Tochter; doch wurde der Ehebund nachmals wieder gelöst, da Skadi in dem Bereiche der Wirksamkeit Niörders, am Meeres-GestadeGa naar eindnoot47, nicht heimisch werdenGa naar eindnoot48 konnte und Niörder sich andererseits in der Heimat Skadis, der Gebirgswelt, nicht wohl fühlte. | |
9. Uller (Holler)Er is eigentlich nur der winterliche Wotan, der Gott der Jagd, des Eislaufes, der Ring-Gott, der Bogenschütze. Seine Wohnung ist Uedalir. Im Sommer weilt er in der Unterwelt, daher wird er auch als Beherrscher des Totenreiches bezeichnet. Uller ist ein Sohn Sifs aus deren erster Ehe, also Stiefsohn Donars. Skadi, nachdem sie von Niörder geschieden, wurde seine Gattin. Auch die Gestalt Ullers zeigt uns recht deutlich die nordische Herkunft der Germanen. | |
10. SkadiDie Tochter des Sturm-und Bergriesen Thiassi, die Jägerin und Eisläuferin, war, wie schon bemerkt, in erster Ehe mit Niörder, in zweiter mit Uller vermählt. | |
11. HöderDer blinde Gott, Sohn Wotans, war gewöhnlich finsterGa naar eindnoot49 und mürrischGa naar eindnoot50. Er wurde durch Lokis HinterlistGa naar eindnoot51 der schuldlose Töter Balders, wird aber später Wotans und Balders Rächer. | |
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12. BragiEr ist ein Sohn Wotans und Gott der Dichtung, des Gesanges. Seine Gattin ist Idun. Als diese bei der Hel gefangen gehalten wurde, blieb Bragi freiwillig bei selnem Weibe. | |
13. Idun, IdunaDie liebliche Idun ist die Göttin unverwelklicher Jugend, die Sommergrüne, die Verjüngerin. In einem GefässeGa naar eindnoot52 hütet sie die Verjüngungs-Aepfel, die die Götter geniessen, um nicht zu altern. Sie ist das Sinnbild der in jedem Frühjahre sich verjüngenden Lebenskraft der Erde. Idun ist Bragis Gattin. Durch Lokis Schuld war sie einst vom Riesen Thiassi geraubt, worauf die Götter Loki zwangen, sie wieder zu befreien. Er führte dies aus, indem er die Göttin in eine Nuss verwandelte. Im grünen Gezweige der Weltesche Ueggdrasil hatte Idun ihre luftige Wohnung. Eines Morgens war sie von der Esche, die welk erschien, bis in die Nähe Hels hinabgesunken. Heimdall, Bragi und Loki zogen nach Hel, um von Idun die Geschicke der Asen und der Welt zu erforschen, aber vergeblich, Bragi, der treue Gatte, blieb bei der gramvollen Idun. | |
14. Forseti (Forsess)Forseti, Forasizo d.i. Vorsess, Vorsitzer des Gerichtes, der Sohn Balders und Nannas, wohnte in Glitnir, der glänzenden Halle. Er ist der Gott des Richteramtes. | |
15. WaliEr ist ein Sohn Wotans und Rindas, der winterlichen Erde. Obgleich einnächtig, tötet er mit einem Pfeile Höder, um Balder zu rächen. Er ist der Lichtbringer, der NährerGa naar eindnoot52a, der Gott der Erd- und Acker-Bebauer, des Glückes und Wohlergehens, der Beschirmer der Liebenden, des Liebes-Frühlings. Auch Wali lebt nach der Götterdämmerung in der erneuten Welt fort. | |
16. Hermoder (Heermutig)Er ist der kühne und schnelle Götter-Bote, auch ein Sohn Wotans. Nach Balders Tode reitet er nach Heiheim, um den lichten Gott durch Lösegeld von der Hel loszukaufen, leiderGa naar eindnoot53 vergeblich. 17. - 29. Iörd (Erda), Fiörgin, Hlodin, Gattin Wotans und Mutter Donars, Nanna, Gattin Balders, Gerda, Gattin Freiers, Rinda, Gattin | |
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Wotans und Mutter Walis, Sif, Gattin Donars und Mutter Ullers, Sommer-und Ernte-Göttin, Hnoss, Tochter Freias und Oders (Odrs), die Liebliche, Gersemi, das Kleinod, die Schmucke, Siöfn, die Seufzende, Göttin der Zärtlichkeit, Wara, Hüterin der Verträge und Eide, Lofn, die Ehe-Stifterin, Sin, Helferin der Verklagten, Snotra, die Göttin der Verständigkeit, Sigin, Gattin Lokis. | |
30. HönirHönir ist ein Bruder Wotans. Seine Natur-Grundlage ist das Wasser. Vielleicht ist er auch mit Aegir eindeutig. | |
31. Loki, Logi, Ioge auch Loder (Loderer) oder Lopter, Loptr (Luft)Loki gilt als Bruder Wotans und Hönirs, wird aber auch als Sohn des Riesen Farbauti und der Lauf-eya (Laub-Eiland) bezeichnet. Er ist halb asischer, halb riesischer Wesenheit. Seine Natur-Grundlage ist das Feuer. Seine Gattin ist Sigin, von der er zwei Söhne, Wali und Narri (Narfi besitzt. Vor seiner Ehe hatte ihm die Riesin Angurboda drei furchtbare Sprösslinge beschertGa naar eindnoot54: den Fenris-Wolf, die Mittgart-Schlange und Hei. Wie die Art des Feuers, das wohltätig und zerstörend wirkt, ist auch Lokis Wesen ein zwiefaches. Später trat mehr seine verderbliche Seite in den Vordergrund; er wurde der böse Gott, der germanische Teufel. Wie Freia wollte er auch Idun den Riesen preisgeben. Er brachte den Göttern Gefährdung und Befleckung und wurde schliesslich Balders Mörder. So mussten die Götter den Verderben-Bringer endlich unschädlich machen. Sein Sohn Wali als Wolf tötete Narfi. Mit Narfis Gedärmen wurde Loki von den Asen an einem Felsen gefesselt. Skadi befestigte über dem Unheilsvollen eine giftige NatterGa naar eindnoot55, so dass ihm der Gift-GeiferGa naar eindnoot56 fortwährend ins Antlitz träufelte. Aber Sigin, Lokis treues Weib, hielt beständig ein Becken unter die Gifttropfen. Nur wenn Siegin das Becken ausgoss, kam Loki das Gift ins Gesicht. Dann wand er sich so heftig, das die Erde erbebte. In der Götterdämmerung erlag Loki Heimdalls Streichen, der aber selber dabei seinen Tod fand. | |
32. Hel-NerthusHel ist die Tochter Lokis. Wie bei Loki lebt in ihr eine Doppelnatur. Neben der finsteren, Grab und Tod bedeutenden Wesenheit hat sie doch zugleich eine lebennährende Seite. Sie ist daher nicht nur die Todesgöttin, sondern eigentlich die Erdgöttin. Daher ist sie vielfach mit Nerthus (der Nährenden) bezw. mit Iörd (Fiörgin, Hlodin) eindeutig und berührt sich auch | |
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mit Frigg. Als Nerthus, deren Gatte ihr Bruder Niörder war, bis er aus dem Verbande der Wanen scheidend unter die Asen aufgenommen wurde, war sie Göttin der Ehe, des Friedens, der Fruchtbarkeit, des Acker-Segens, der Schifffahrt. In jüngerer Darstellung wurden die wohltätigen Seiten der Göttin ausschliesslich der Nerthus, Iörd und Frigg beigelegtGa naar eindnoot57, so dass Hel nur noch als Göttin der Schrecken, des Todes, der Hölle aufgefasst wurde. Aber die germanische Hölle war nicht heiss, wie die christliche, sondern kalt und feucht; auch dauern die Qualen jener Hölle nicht ewig, wie bei dieser. Hel hält Gericht über die Toten, belohnt die Guten und straft die Bösen. Hel hatte auch Freuden-Säle, in die sie die zu ihr gekommenen Guten aufnahm und wo sie sie für ihre Tugend belohnte. Da die Körper verwesenGa naar eindnoot58, bleiben die Seelen bei der Hel und bilden ihr luftiges Volk. Sie konnten sogar von neuem einen Leib beleben. Es herrschte also der Gedanke der Wiedergeburt, der Seelen-Wanderung. Hel ist mit der Seherin Wolwa (Wala, Weleda), von der sich Wotan Rat erholt, eindeutig. | |
33. - 34. Aegir, Oegir oder Hler und RanAegir, Oegir heisst auch Hler. Er ist ein riesischer Meeres- bezw. Wassergott. Sein Weib ist Ran, die RaffendeGa naar eindnoot59, eine der Hel verwandte riesische Todesgöttin. Das Verderben, das bei Sturmfluten das Wasser, besonders das Meer, den Schiffern bringt, ist von Aegir und Ran gesandt. Ran zieht die Ertrinkenden in die Tiefe hinab. Die Asen stehen nicht mit Aegir auf feindlichem Fusse. Sie pflegen mit ihm Gast-Verkehr und besuchen ihn alljährlich zur Zeit der Lein-Ernte, im Scheidung, in seiner unterseeischen feuchten Halle. | |
35. Die NornenDie drei Nornen sind Schwestern und Schicksals-Göttinnen, eine Greisin, eine Frau in mittleren Jahren und eine Jungfrau. Sie heissen Wurd, das Gewordene (Vergangenheit), Werdand (Werdandi), das Werdende (Gegenwart) und Skuld, das Sein-Sollende (Zukunft). Die Nornen sind älter als die Götter. Sie weilen am Fusse der Weltesche Ueggdrasil. An jener Wurzel des Weltbaumes, die sich zu den Menschen hinab erstreckt, befindet sich ein Brunnen, des Wurds Bornn heisst. Aus dem Bronn schöpfen die Nornen Wasser, um die Wurzeln der Weltesche zu begiessen. Die Nornen spinnen und weben die Schicksals-Fäden, sie schnüren auch die Schicksals Schnüre. Das gewobene Linnen hängen sie auf langen Seilen zum Bleichen auf, | |
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waschen es auch und breiten es zum Trocknen aus. Sie ritzenGa naar eindnoot60 Runen oder werfen die Runen-Stäbchen, um die Lose und Geschicke daraus zu erforschen. Sie werfen auch die Todes-Lose. Die Menschen riefen die Nornen an, um gute Schicksals-Fügungen für ihre Neugeborenen zu erlangen. Gewöhnlich wollen zwei Nornen gutes fügen, die dritte aber widerspricht und mischt LeidGa naar eindnoot61 und Verhängnis in die guten Gaben. Man nahm an, dass die Nornen in kleineren, unbedeutenderen Angelegenheiten das Schicksal selbst bestimmen könnten. In allen wichtigeren Dingen spinnen, weben, schnüren, ritzen, werfen und lesen sie das Schicksal jedoch nicht so, wie sie wollen, sondern so, wie sie müssen. Und ihre wirkliche Aufgabe ist nur, das Schicksal zu erforschen, zu ergründen und zu künden. | |
36. Die WalkürenSie heissen auch Schlachtjungfrauen, Schild-, Helm- oder Wunschmädchen. Sie kämpfen mit in der Schlacht und verleihen den Sieg. Sie küren die Wal, d.h. sie bestimmen nach des Schicksals SatzungenGa naar eindnoot62 diejenigen Helden, die in der Schlacht fallen sollen. Die Gefallenen tragen sie dann, sie aus dem Todesschlummer erweckend, auf ihren windschnellen, sausenden Wolkenrossen nach Walhall. In Walhalls Sälen bewirten sie Götter und Helden. Ihre Anführerin ist Freia, ihre Zahl wird auf sechs bis dreizehn angegeben. Sie sind die Trägerinnen von Wotans Willen. Jungfräulichkeit muss allen Walküren eigen sein. Mit der Jungfräulichkeit würden sie auch ihre Göttlichkeit einbüssenGa naar eindnoot63. Auch irdische Jungfrauen, zumal Königstöchter, können bei entsprechender Gesinnung, unter GelübdeGa naar eindnoot64 der Jungfräulichkeit falls Wotan sie dessen würdigt, zu Walküren erhoben werden. Sie sind dann seine Wunsch- oder Wal-Töchter, wie die Einherier seine Wunsch- oder Wal-Söhne. Die Walküren sind herrlich zu schauen, ausgerüstet mit BrünneGa naar eindnoot65, Schild, Speer und Adlerhelm. Sie können auch Schwanenhemden anlegen, um noch schneller durch die Lüfte zu sausen, und sich in Schwäne verwandeln. Der germanische Heldengeist, der in seiner dichterischen GestaltungskraftGa naar eindnoot66 diese herrlichen Schlachtjungfrauen geschaffen, lebte eben nicht nur in Männern, sondern auch in Frauen. Oft kämpften Frauen in Mannes-Rüstung mit unter den Männern, z. B. auch gegen die Römer. Die Frauen der Kimbern kämpften mit Helden-Tapferkeit von der Wagenburg für ihre weibliche Ehre, nachdem ihre Männer erschlagen waren. Und höchste Gottesgabe, die die Germanen eignen, der Heldenmut, ist auch noch uns Nachfahren nicht entwendet. Und auch uns Nachfahren sind noch manchmal Heldenfrauen beschert. Man denke an die Heldenfrauen, die in den Freiheits-Krie- | |
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gen mitgekämpft haben oder an die bewundernswerten Buren-Frauen der jüngsten Zeit. A.R. |
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