Germania. Jaargang 4
(1901-1902)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdZwei Kronzeugen gegen Chamberlains VerläumdungenDa die deutsche Regierung auf Chamberlains BehauptungGa naar eindnoot1, die deutschen Krieger hätten 1870/71 in Frankreich viel ärger gehaust, als jetzt die englischen SöldnerGa naar eindnoot2 auf den Burenfarmen in Südafrika, nichts erwidertGa naar eindnoot3 hat, da, bevor der Reichstag seine Sitzungen wieder aufgenommen hat, auch keine Gelegenheit vorhanden ist, die Regierung über diese unerhörte Beleidigung Kaiser Wilhelms I. und seiner Soldaten zu interpelliren, so hat das deutsche Volk selbst es übernommen, lauten Protest zu erheben gegen die VerleumdungenGa naar eindnoot4 des englischen Colonialministers. Besonders die Kriegsveteranen ven 1870, die competentesten Beurtheiler der Frage, haben allerortenGa naar eindnoot5 ihre Stimme erhoben. Der Feldzug der Lüge, den Chamberlain gegen Deutschland begonnen hat, wird übrigens von der englischen Presse weitergeführt; vor Allem ist es das sogenannte Weltblatt, die ‘Times’, die jetzt versuchenGa naar eindnoot6, | |||||||||||
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einzelne BeispieleGa naar eindnoot7 aus dem deutsch-französischen Kriege zusammenzustellen, angebliche Beispiele deutscher Rohheit und GrausamkeitGa naar eindnoot8, womit die in Südafrika geübteGa naar eindnoot9 Banditenmoral der englischen Söldner als auch für civilisirte europäische Volksheere giltig erwiesen werden soll. Was dem glorreichen englischen Heere in Transvaal erlaubtGa naar eindnoot10 ist oder gar befohlen wird, ist kurz Folgendes: Vernichtung alles Eigenthums der Buren, ZerstörungGa naar eindnoot11 der Farmen durch extraGa naar eindnoot12 dazu entsandte Commandos, Vernichtung der Lebensmittel und des Viebestandes; EinäscherungGa naar eindnoot13 der Wohnungen, damit durch die Noth Frauen und Kinder in die sogenannte Zufluchtslager getrieben werden, wo sie dank der jammervollen Verpflegung langsam zu Grunde gehen müssen; also systematische Hinmordung des ganzen Volkes und seiner Nachkommenschaft. Was auf den Farmen an WerthgegenständenGa naar eindnoot14 oder Mobibiliar vorgefunden wird, fällt officiell Soldaten und Officieren als Beute zu. Das Privateigenthum des Feindes ist also vogelfrei. Trotz des Ehrenwortes des englischen Generals Roberts kann Jeder, auch wer den Neutralitätseid geleistet hat, sofort verhaftetGa naar eindnoot15 und ins Gefängnis gesteckt werden. Alle Kriegsgefangenen werden vor ein Kriegsgericht gestellt, und massenhaft sind solche Leute, die sich auf Treue und Glauben ergeben haben, bereits niedergeknallt oder erhängt worden. Die englischen GesetzeGa naar eindnoot16 bezeichnen ein solches Verfahren als Mord. Und so und noch schlimmer sollen die deutschen Soldaten 1870/71 in Frankreich gehaust haben. Hören wir, was darüber ein selbst den Engländern wohl unparteiisch erscheinender Zeuge sagt. Am 12 October 1870 schrieb Feldmarschall MoltkeGa naar voetnoot(1) von Versailles aus an seinen Bruder; ‘Es ist furchtbar, wie das zur Macht gelangte GesindelGa naar eindnoot17 (die Franctireurs) gehaust hat und lächerlich dabei. Auf den schönen Strassen, die nach der Hauptstadt führen, ist das PflasterGa naar eindnoot18 aufgerissen und von GräbenGa naar eindnoot19 durchschnitten, aber daneben fährt man auf dem bequemen Sommerweg. Die prachtvollsten Eichen und echten Kastanien sind zum Verhauen zusammenschleppt, die stolzen Bogen der Viaducte liegen in Trümmern im Flussbett. Diese SperrungenGa naar eindnoot20 würden einen Sinn haben, wenn sie nun auch vertheidigt würden; aber diese Francvoleurs haben sich überall davon gemacht, und ihre Verwüstungen hielten unsere Avantgarden nur um StundenGa naar eindnoot21, die Armee | |||||||||||
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aber nicht um einen Tag in ihrem Vormarsch auf. Ueberall trafen wir schon die Pontonbrücken neben den gesprengten Bauwerken, deren Wiederherstellung dem Lande Millionen kosten wird. Die Dörfer um Paris bestehen zur Hälfte aus den reizendstenGa naar eindnoot22 Villen und SchlössernGa naar eindnoot23. Die Bewohner wurden (von den Franctireurs) mit Gewalt vertrieben, denen die Häuser angesteckt, welche nicht gehen wollten. Natürlich bricht der Soldat die Thüre auf, die er verschlossen findet, den Keller, in welchem er Brot und Wein sucht, den Schrank, um ein Handtuch oder einen Teller zu suchen. So sieht es dann arg aus an vielen Stellen, während da die Ordnung herrscht, wo die Bewohner sich dieser Tyrannei entzogen, oder wo höhere StäbeGa naar eindnoot24 im Quartier liegen. Hier in Versailles z. B. könnte man glauben, dass tiefer Friede ist, wenn nicht von Paris her der Kanonendonner erdröhnte. Alle LädenGa naar eindnoot25 sind geöffnet, und die Industrie hat sich schon auf FeilbietungGa naar eindnoot26 preussischer Uniformstücke geworfen. Juweliere und Uhrmacher fürchten nicht, ihre werthvollen Gegenstände auszubreiten. Commandanturbefehle, an den Strassenecken angeheftet, verbieten, auf den Trottoirs zu reiten, in den Galerien zu rauchen, und auf dem Felde wird geackert und gesäet, ohne dass der Landmann besorgt, dass ihm seine Pferde ausgespannt werden. Freilich bleiben die Lasten und Requisitionen sehr gross, und Alles hofft auf ein baldiges Ende aller dieser Calamitäten. Hiermit vergleiche man die Thätigkeit der englischen Söldner in Südafrika. Der deutsch-französische Krieg ist fürwahr ein traumhaftes SchäferidyllGa naar eindnoot27 gewesen gegen den Banditenkrieg des Herrn Chamberlain. Weiter schreibt Moltke an seinen Bruder aus Versailles vom 23 November 1870: ‘Aber nur erbarmungslose Strenge kann zum Ziele führen. Fouqué erzählt von einem Ritter, der überall helfend und rettend auftritt; aber Alles flieht, wo er erscheint, weil dort stets grosse Unglücksfälle eintreten. So geht es hier den Städten mit ihren Beschützern, den Nationalgarden und Freischaaren. Die Bewohner einer Festung dürfen sich nicht beklagen; aber wenn eine Stadt wie Châteaudun u.a. in dem vergeblichen VersuchGa naar eindnoot28 der Beschützer, sich darin zu behauptenGa naar eindnoot29, fast vernichtet wird, so ist das eine Grausamkeit der Vertheidiger. Die Städte, welche das Glück gehabt haben, derenGa naar eindnoot30 nicht zu finden, befinden sich sehr wohl. In Rheims haben wir Eisenbahnen und Kanäle wieder hergestellt, um 40,000 Fabrikarbeitern Kohlen zuzuführen, die reiche WeinleseGa naar eindnoot31 ist ungestört ausgeführt und die Champagnerfabriken in vollem Zuge. Hier in Versailles sind alle Läden offen, der Markt mit Lebensmitteln überschwemmt und auf den Feldern pflügt der Landmann mit seinem Gespann. Jenseits unserer | |||||||||||
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Vorposten hingegen liegt eine selbstgeschaffene Wüste von verlas senen Häusern, zerstörten Villen, in Brand geschossenen Palästen und umgehauenen Wäldern. Man sieht was in der Umgegend von Paris verwüstet oder niedergebrannt worden ist, das haben die französischen Freischaaren selbst gethan. Innerhalb der deutschen Vorpostenkette war die friedliche Arbeit des französischen Bürgers überall geschützt. Man muss diese altbekannten Thatsachen heute thatsächlich wieder hervorsuchen, weil Herr Chamberlain sie nicht kennen will. Wie weit übrigens die deutsche Heeresleitung von den Principien der englischen Mordbrenner entfernt gewesen ist, ergiebt sich daraus, das humanitäre Einflüsse es zu Stande brachten dass zur Verproviantirung des Aushungerten Paris in Erwartung der nahen Kapitulation ganze EisenbahnzügeGa naar eindnoot32 Lebensmittel herauschafften, die für die Pariser Bevölkerung wochenlang lagerten, während die deutschen Truppen sich geduldig monatlich dreissig Mal mit Belagerungshammel begnügten. Die Anfuhr dieser Lebensmittel wurde übrigens bald in Paris bekannt und veranlasste die dortigen Machthaber, die Kapitulation bis zum letzten Augenblick hinauszuschiebenGa naar eindnoot33 Diese deplacirte Humanität auf deutscher Seite hat uns manche Million und, was mehr ist, das Leben manches wackeren Soldaten gekostet. Fürst Bismarck, der doch s. Zt. sich auch in England einer gewissen Autorität erfreut hat, und Herrn Chamberlain doch auch wohl bekannt ist, ässert sich in seinen ‘Gedanken und Erinnerungen’ (II, 112 f.) folgendermassen: ‘Die schleunigeGa naar eindnoot34 Anfuhr von schwerem Geschütz und von der Masse schwerer Munition, ohne welche die Beschiessung nicht begonnen werden durfte, hätte durch den vorhandenen Eisenbahnpark jedenfalls schneller, als der Fall war, bewirkt weiden können. Es waren aber wie Beamte mir meldeten, circa 1500 AxenGa naar eindnoot35 mit Lebensmitteln für die Pariser beladen, um ihnen schnell zu helfen, wenn sie sich ergeben würden, und diese 1500 Axen waren deshalb für Munitionstransport nicht verfügbarGa naar eindnoot35a. Der auf ihnen lagernde Speck wurde später von den Parisern abgelehntGa naar eindnoot36 und nach meinem Abgange aus Frankreich, in Folge der durch General v. Stosch in Ferrères bei Sr. Majestät veranlasstenGa naar eindnoot37 Aenderung unseres Staatsvertrages über die Verpflegung deutscher Truppen, diesen überwiesenGa naar eindnoot38 und mit Widerstreben verbraucht wegen zu langer LagerungGa naar eindnoot39 .... Die Vorstellung, das Paris, obwohl es befestigt und das stärkste Bollwerk der Gegner war, nicht wie jede andere Festung angegriffen werden dürfe, war aus England auf dem Umwege über Berlin in unser Lager gekommen, mit der RedensartGa naar eindnoot40 von dem ‘Mekka der Civilisation’ und andern in den cant der öffentlichen Meinung in England üblichenGa naar eindnoot41 und wirksamen Wendungen der | |||||||||||
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Humanitätsgefühle, deren BethätigungGa naar eindnoot42 England von allen anderen Mächten erwartet, aber seinen eigenen Gegnern nicht immer zu Gute kommen lässt. Von London wurde bei unseren massgebenden Kreisen der Gedanke vertreteGa naar eindnoot43, dass die Uebergabe von Paris nicht durch Geschütze, sondern nur durch Hunger herbeigeführt werden dürfe. Ob der letztere Weg der menschlichere war, darüber kann man streiten, auch darüber, ob die Greuel der Commune zum Ausbruch gekommen sein würden, wenn nicht die Hungerzeit das Freiwerden der anarchischen Wildheit vorbereitet hätte. Es mag dahingestelltGa naar eindnoot44 bleiben, ob bei der englischen Einwirkung zu Gunsten der Humanität des Aushungerns nur EmpfindsamkeitGa naar eindnoot45 und nicht auch politische Berechnung im Spiele war.’ Währendes also feststeht, dass wir 1870/71 auf Kosten unserer eigenen Soldaten dem Feinde gegenüber Milde haben waltenGa naar eindnoot46 lassen, wagt Herr Chamberlain unser braves Heer mit semen Söldern zu vergleichen, unsere Heeresleitung mit einem Kitchener und Roberts, die in den Gefangenenlagern monatlich anderthalbtausend Menschen verhungern lassen. Fürwahr, es gehört die ganze Unverschämtheit und DreistigkeitGa naar eindnoot47 eines Gewissenlosen Lügners dazu, durch solche bewusste EntstellungGa naar eindnoot48 der Wahrheit sein eigenes schamloses Thun zu beschönigen. Aber unsere Ehre, unsere ehrenhaften Traditionen zu beschimpfen, ist so Einer überhauptGa naar eindnoot49 nicht im Stande. | |||||||||||
IIIm AnschlüsseGa naar eindnoot50 an die am Vergangenen Sonntag hier abgehaltene Frauenversammlung, in der gegen die Behandlung der Buren-Frauen und Kinder durch die Engländer Einspruch erhobenGa naar eindnoot51 wurde, hatte, wie wir schon kurz berichtet haben, die Ortsgruppe Leipzig des Alldeutschen Verbandes am Montag Abend eine Männerversammlung gleichfalls nach der Alberthalle des Krystallpalastes einberufen, um gegen die Beschimpfnung des deutschen Heeres von 1870 und 1871 durch den englischen Colonialminister Chamberlain und zur Haltung der europäischen Mächte gegenüber der VerletzungGa naar eindnoot52 des Völkerrechts dürch die Engländer in Südafrika Stellung zu nehmen. Obwohl ein Eintrittsgeld von 50 pfg. erhoben wurde, so hatten sich doch gegen 2500 Personen eingefunden. Zunächst ergrift der Leiter der Versammlung, Herr Kaufmann Zeiss, Vorsitzender der Ortsgruppe Leipzig des Alldeutschen Verbandes, das Wort und führte Folgendes aus: Ein gewaltiger Sturm der EntrüstungGa naar eindnoot53 gehe obGa naar eindnoot54 der SchmähungenGa naar eindnoot55 der deutschen Armee durch Chamberlain durch alle Gaue Deutschlands. Ueber- | |||||||||||
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all im Deutschen Reiche erhebe sich das Volk, um gegen die frechenGa naar eindnoot56 Lügen Chamberlains zu protestiren und auch die gut nationale Stadt Leipzig wolle daher mit ihrem Unwillen nicht zurückhalten. Zwar gebe es im deutschen Reiche noch Stimmen, die da meinten, ein Mann wie Chamberlain, der nur aus gemeinen Trieben den Krieg veranlasstGa naar eindnoot57 habe, könne die Deutschen nicht beleidigen, es sei aber zu erwägen, dass er diese Aeusserungen als Minister öffentlich im Bewusstsein seiner Verantwortlichkeit gethan habe und dass seine Infamien von seinem Monarchen, vom Ministerpräsidenten, dem englischen Volke und der englischen Presse unwidersprochen geblieben seien. Deutsche Krieger hätten 1870/71 in ehrenhaftem Kampfe gegen Krieger, nicht gegen wehrlose Frauen und unter BeobachtungGa naar eindnoot58 der Genfer Convention Krieg geführt. Dagegen brennten und mordeten feile, aus Gefängnissen und von der Gasse zusammengefuchte Söldnerschaaren in Südafrika, während Englands Heldensöhne, an der Spitze Minister und König, ruhig zu Hause blieben. Da diese englischen Söldner den Feind im ehrenhaften Kampfe nicht besiegenGa naar eindnoot59 könnten, so mordeten und sengtenGa naar eindnoot60 sie hinter der Front. FeigeGa naar eindnoot61 verschanze man sich 1 inter den Buren-Frauen, um auf deren Männer zu schiessen. Man habe Roberts einen Orden gegeben, sollte auch Kitchener decorirt werden, so müsste dessen Orden die Devise tragen: ‘Dem HenkerGa naar eindnoot62 von Transvaal, dem Alba Südafrikas’. Abscheu und EkelGa naar eindnoot63 erfülle die Deutschen vor solcher Armee und solcher Kriegsführung, und solche Mordbrenner wage ein englischer Minister gleich zu stellen mit unseren Volkessöhnen, er wage es, die deutsche Armee und die deutsche Standesehre zu besudeln (Zurufe: das ist eine Schmach!). Wo bleibe hier die officielle Stelle im Reich, die den Lügner züchtigeGa naar eindnoot64, wo sei hier der Bismarck (langanhaltendes Bravorufen), der Hüter der deutschen Ehre? Habe man noch nicht genug an Samoa? Was zwinge uns, dauernd vor England auf den Knieen zu liegen. Die Völker Germaniens möchten sich ihre heiligsten Güter selbst bewahren. 53 Millionen Deutsche würden nicht den Staub von den Pantoffeln schütteln, der Wille des Volkes sei doch schliesslich das höchste Gesetz. Die Parole laute: ‘Los von England!’ (Langanhaltender Beifall). Herr Reichstagsabgeordneter Professor Dr. Hasse, Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes, verlas und begründete hierauf folgende Entschliessung, um deren Annahme er bat: ‘In dem Crystallpalaste zu Leipzig am 18 November 1901 versammelte 2500 deutsche Männer
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Herr Prof. Dr. Hasse hob ganz besonders hervor, dass man an massgebender Stelle nicht genügend unterrichtet sei von dem, was im Volke vorgeheGa naar eindnoot70 und dass unsere verantwortlichen Minister ihrer Pflicht nicht nachkämen (allgemeine Zustimmung). Die Sachlage zwinge uns, uns mit diesem minderwerthigen Menschen Chamberlain zu beschäftigen (Bravo!)... Er - der Redner - sei in der Lage gewesen im deutsch-französischen Kriege als Gendarmerie-Officier das verhalten unserer Truppen hinter der Front zu beobachtenGa naar eindnoot71 und er bezeuge hiermit, dass die gegen die deutschen Truppen erhobenen VorwürfeGa naar eindnoot72 unberechtigtGa naar eindnoot73 seien, Chamberlains Angriffe richteten sich aber nicht gegen den einzelnen deutschen Soldaten, sondern zunächst gegen die Führer unserer Armee und daher liege doppelter Grund vor zu protestiren. Man sage, wegen der fünf ZeilenGa naar eindnoot74, die die Schmähungen der deutschen Armee enthielten, solle man sich nicht so aufregenGa naar eindnoot75. Das würde auch nicht geschehen, wenn der deutsche Reichsanzeiger oder die ‘Nordd. Allg. Zeitung’ ebenfalls mit fünf Zeilen diese Anschuldigungen zurückgewiesen hätten. Die ganze AngelegenheitGa naar eindnoot76 gewinne erst grössere Bedeutung, wenn man sie neben ähnliche Vorgänge früheren und neueren datums stelle. Wir hätten nicht nur die Angriffe auf die Ehre unserer Armee, sondern überhaupt den Vergleich der deutschen Armee mit den englischen Söldnern zurückzuweisen. Wären diese Dinge vor 1890 geschehen, so hätte sich das deutsche Volk nicht brauchen aufzuregen, damals sei ja noch der ‘Handlanger’ dagewesen, die jeden- | |||||||||||
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falls deshalb zwar nicht an Krieg gedacht, aber einen kalten Wasserstrahl über den Kanal geschickt hätte. Man mache immer vor einem Kriege graulichGa naar eindnoot77, das sei ein schlechtes Zeichen für unsere Diplomatie, die dazu da sei, Kriege zu verhindern, aber unsere Ehre zu wahren. Wir müssten wünschen, dass unsere Gesammtpolitik England gegenüber zunächst RücksichtGa naar eindnoot78 auf unseres eigenes Wohl und unsere eigene Ehre, nicht aber Rücksichten auf England nehme. Höfische und dynastische Rücksichten kämen hierbei nicht in Frage, die hohe Staatskunst habe vielmehr die Staatsmänner gezwungen, den gagenwärtigen Curs zu steuern (Wiederspruch). Aber halte man sich nicht für verpflichtet, den alten Ohm Krüger zu empfangen, dann müsse man es mit Anderen auch so halten. Der Redner verlas hierauf mehrere Artikel der Haager Convention und wies nach, dass die Engländer alle diese von ihren VertreternGa naar eindnoot79 mit unterzeichneten Beschlüsse nicht einhieltenGa naar eindnoot80. Er schloss mit der Bemerkung: Wir halten die Rube nicht für die erste Bürgerpflicht, sondern wir wollen unabhängig nach oben und unten die Meinung offen aussprechen. (Stürmischer Beifall.) Während einer jetzt eintretenden Pause gingen junge Mädchen mit SchulterschleifenGa naar eindnoot81 in den Burenfarben mit Sammelbüchsen herum. In der Tags vorher stattgehabten Frauenversammlung waren, wie bekannt gegeben wurde zum Besten der Buren über 800 Mark gesammelt worden. Der Burenkämpfer und Führer Herr Banks beklagte sich namentlich darüber, dass die europäischen Staaten, insbesondere auch Deutschland, die Neutralität nicht wahrten, er bezeichneteGa naar eindnoot82 es als eine grosse Schmach, dass aus Deutschland Pferde und Kriegsmaterial zur Bekämpfung der Buren nach Südafrika gesandt würden. Er meinte, wenn die Engländer keine Pferde aus Europa bekämen, wäre der Krieg längst zu Ende. Der Redner verbreitete sich dann ausführlich über seine Erlebnisse auf der Reise nach Südafrika und während seines Aufenthaltes daselbst, sowie über seine Verwundung (es ist ihm ein Bein amputirt worden). Gefangennahme und Behandlung seitens der Engländer und schloss mit einem Hoch auf Dewet. Der politische Redacteur der ‘Leipziger Neuesten Nachrichten’ Herr Dr. Grautoff wendete sich hierauf gegen die laut gewordene BehauptungGa naar eindnoot83 die Begeisterung für die Buren beruhe auf einer Stimmung der KinderstubeGa naar eindnoot84. Die Betheiligung der Leipziger Bevölkerung an der Bewegung zeige, dass dies nicht zutreffeGa naar eindnoot85. Aber auch die BegeisterungGa naar eindnoot86 der Jugend sei ein mit in Berechnung zu ziehender Factor. Es sei ein bekanntes Wort, dass es für einen Kammerdiener keinen Helden gäbe, da dürfe man sich nicht wundern, wenn ein Mann, der diesen schönen Namen trage (Chamberlain zu deutsch: Kammerdiener), für die Heltenthaten unserer Krieger von 1870/71 kein Verständ- | |||||||||||
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niss habe. Die neuerdings beliebte Leisetreterei gegenüber Herrn Chamberlain sei durchaus unangebracht. Der mann habe es doch schon ertragen müssen, von Deutschland und Amerika Ende 1899 öffentlich als Lügner hingestellt zu werden. Und das sei spurlos an ibm vorübergegangen, Der Freiheitskampf der Buren lehre von Neuem, dass die Weltgeschichte nicht am grünen TischeGa naar eindnoot87 oder in der Wechselstube der Banken, sondern auf dem freien Schlachtfelde entschieden werde. Ueber zwei Jahre lang hätten sich zwei Staaten, deren gesammte weisse Bevölkerung noch nicht so gross sei, wie die Leipziger Einwohnerschaft, gegen das grosse Weltreich gewehrt. Das Burenvolk allein sei im Stande, der verkehrten englischen Colonialpolitik EinhaltGa naar eindnoot88 zu thun. SiegeGa naar eindnoot89 England, so müsse die Anarchie in Südafrika nothwendig die Folge sein. Der Deutsche möge sein Pulver trecken halten, denn es könne die Zeit kommen, dass England, wie es sein Heer an der Transvaalgrenze versammelt habe, auch einmal in der Nordsee seine Flotte zusammenziehe. Darum müssten wir auf der Wacht sein. (Beifall.) Hierauf wurde obige Resolution einstimmig angenommen. Mit dem allgemeinen Gefange des niederländischen Dankgebets erreichte die Versammlung ihr Ende. |
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