Germania. Jaargang 1
(1898-1899)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd1ter Auftritt.Soldaten säubern den Platz, scherzen mit einander und schlagen sich mit ihren Besen. Andre bilden eine Anhöhe aus Grasstücken mit einigen Stufen. Soldaten bringen einen curulischen Stuhl mit Decke darauf, wie im zweiten Aufzug.
Rollo
(als alter Skalde vermummt).
(mit Harfe, langem, braunem Mantel, lange, graue Haare und Bart herab wallend - einen Spiess als Stab - gebückt und hinkend.)
Rollo.
He, Freunde, wie geschäftig seid ihr heut?
Was geht denn vor, wird hier ein Fest gefeiert?
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Soldat.
Wer wird dem krummen Hunde Rede stehen,
(Lachen.)
Andrer.
S'ist sicher einer, den wir noch vergessen!
Andrer.
Ein schöner Kerl! 'ne wahre Vogelscheuche!
(Lachen.)
Andrer.
Ein Schreckgespenst!
Andrer.
Das sich verkrochen hat,
Als wir da drüben haben aufgeräumt!
Andrer.
Nun alles still, da schlupft es wieder 'raus
Und lungert 'rum, grad wie ein Leichenhund!
Andrer.
Ei bravo, Rhetor, für dies treffend Bild!
Rollo
(zu den ihn umgebenden Soldaten).
Seid ihr wohl Römer, die den Greis verhöhnen?
Soldat.
Nun, Kerls, hört auf und lasset ihn in Ruh!
(zu Rollo)
Du scheinst weit her zu kommen, Alter, he?
Rollo.
Nein, Freund, ich that nur einen langen Schlar.
Andrer.
Mich dünkt, er hätte jahrelang geschlafen
Andrer.
Glaub's nicht, dazu hat er zu wackre Augen!
Andrer.
Sie funkeln ungewöhnlich!
Andrer.
Wahre Kohlen!
Soldat.
Nun ja, wir haben gestern Fest gehabt,
S'ist lustig hergegangen in dem Moor!
Rollo.
Im Moor, sagst du, im Moor beim alten Harald?
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Soldat.
Ganz recht! Der Wühlgeist, der mit Lug und Trug
Die Freundschaft der Verbündeten belohnte.
Doch nicht auf ihn war es vorall' gemünzt.
Rollo
(eilig).
Auf wen?
Soldat.
Auf Rollo mit dem grossen Maul.
Der Lupe, jener neugeback'ne Freund,
Hat uns geführt, ich sag' dir, s' war ein Tanz
Verloren zwanzig Mann, darunter Stur.
Rollo.
Und Rollo, habt ihr den?
Soldat.
Unglücklich nicht,
War fort zu seinem Ohm! Wie Lupe schäumte
Rollo.
Weiss er von nichts, so kommt er noch zurück.
Soldat.
O weh, dann ist's ein Vogel für die Katz!
Rollo.
Gab's keine Weiber?
Soldat.
Weiber, na und ob,
Die feinste Waare, aber nur zu wenig,
Ein paar entkamen, die andern sitzen warm.
Rollo.
Vernehmt ihr nicht ein laut' Gemurr im Land?
Soldat
Was kümmert's uns!
Andrer.
Ja diesen Morgen noch.
Machten die Blonden ihrem Unmut Luft.
's Wird Zeit, dass von dem Consul Hilfe kommt.
Soldat.
Ist's Haupt gefällt, rührt auch der Rumpf nicht mehr!
Rückt einmal die Legion des Consuls an,
Dann fort mit ihnen nach dem fernen Süden.
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(Trompeten schmettern in der Ferne.)
Hinweg, German! Denn der Legat empfängt
Sogleich Gesandte aus dem Moorenland.
Der sagt es ihnen, wo sie's nötig haben.
(Rollo rechts ab).
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2ter Auftritt.Soldaten treten auf. Germanen folgen halb und halb römisch gekleidet. Zwei Lictoren stellen sich von beiden Seiten des curulischen Stuhles auf. Wolfert. Centurio mit der gefangenen Ada. Ada rechts im Vordergrund.
Wolfert.
(Giebt Centurio einen Wink, dieser tritt zwei Schritt zurück.)
zu Ada)
Ich hoff' du kommst nun endlich zur Vernunft.
Du bist in meiner Macht; ich will dich retten,
Will eine schöne Zukunft dir bereiten,
Wenn du Gehör willst geben meinem Fleh'n.
(Ada steht unerschütterlich.)
Du wirst entweder Sklavin oder mein!
Die Schönheit weckt Begierde, bringt zu Fall -
Wenn du dich weigerst, Glück, nimmst du mich an.
Lass sie der Lohn sein meiner langen Liebe!
(Ada kann kaum ihre Abneigung verbergen, blickt thränenvoll zum Himmel.)
Vernimm: In diesem Land werd' ich Legat,
Und alles bückt vor meinem, deinem Willen,
Wenn du verständig bist und wirst mein Weib.
Ist's Rührung, Ada, die dich weinen macht
Bei dem Gedanken an das schöne Loos,
Das dir dein Wolfert liebend zuertheilt?
Ada.
O Rollo!
(Trompeten. - Centurio tritt zwischen Beide mit einigen Männern. Wolfert rechts ab dem Legaten entgegen.)
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3ter Auftritt.
Vorige. - Legatus gefolgt von Wolfert. - Liktoren, gehen voraus. -
Soldaten. - Legatus schreitet stolz über die Bühne, nimmt auf dem curulischen Stuhle Platz. - Ihm zur Seite steht Wolfert.
Legatus.
Man hat mir heute morgen angemeldet,
Es sei'n Gesandte hier vom Moorenland.
Ein Glück, dass sie ihr Unrecht eingesehn,
Ich will sie hören. Das Signal, Trompeten?
(Trompeten.)
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Centurio.
Gesandte sind noch nicht hier eingetroffen,
Doch hat man ihre Ankunft angezeigt.
(Auf Ada deutend)
Das ist eine Gefangene vom Moor.
Legatus.
Was will sie?
Centurio.
Nennt sich röm'sche Bürgerin
Und wünscht von dir sogleich gehört zu werden.
Legatus.
Römische Bürgerin? O welch ein Hohn!
Ada.
War's Unrecht, Herr, dass ich au[f] dich gehofft?
Legat.
Sieh', sieh, ist das nicht Haralds stolze Tochter,
Die zu der Lüge ihre Zuflucht nahm?
Ada.
Ach Herr, vergieb'! Ich that's in grösster Noth,
Mein höchstes Gut zu retten, meine Ehr'.
Legatus.
Du hattest Recht, für jene passt du nicht.
Ada.
Und deshalb, Herr, vertraute ich auf dich.
Legatus.
Das spricht für dich, das zeugt von viel Geschmack.
Wolfert.
Legat, mein Freund, ich nahm die Frau in Haft.
Legatus.
Das Kriegsglück war dir günstig, ich bekenn's
Lass ab von ihr; denn sie ist meine Braut.
Legatus.
Begreife schon - ein Leckerbissen, hm!...
Wolfert
(lebhaft)
Versteh' mich recht, hör wohl, sie ist mein Lieb
Ada
(aufschnellend).
Legat ich schwör', ich schwör', es ist nicht wahr!
Legatus.
Hoho! Kam'rad! Soweit sind wir noch nicht.
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Wolfert.
Legat, sie ist verwirrt, sie ist beschämt,
Ich rede Wahrheit!
Ada.
Es ist Lüge, Herr!
O! rette mich vor ihm!
Legatus.
Ich werd' dich retten!
(zu Centurio)
Bring' diese Frau in das Praetorium,
Centurio! Man gebe Nahrung ihr
Und was sie sonst bedarf zu ihrer Pflege,
Ich will sie munter finden, wenn ich komm'
Um meine Aufwartung zu machen. Geh!
Wolfert.
Das nimmermehr! Ich bring' sie lieber um!
(Centurio hält ihn zurück auf einen Wink des Legaten. Ada rechts ab, gefolgt von Centurio und zwei Soldaten.)
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4ter Auftritt.
Vorige. - Ohne Ada und Centurio.
Legatus.
Komm' Lupe, sei vernünftig!
Wolfert.
Was vernünftig?
Ich scheer' mich viel um dich und deinen Rath.
Legatus.
Wenn man erreichen will, wonach du strebst,
Ist Ungeduld das grösste Hinderniss.
Wolfert.
Weisst du, wonach ich strebe, was ich will?
Legatus
(spottend).
Vertraue nicht dem Zorn, er macht dich blind.
Ich weiss doch ungefähr, wonach du strebst.
Hör' zu und sage mir, ob ich mich irre:
Dein Wunsch, der Grund von allem Thun und Lassen
Ist der, Legat zu werden in dem Land.
Doch merkst du nicht, was dir dazu noch fehlt,
Das Ränkeschmieden thut es nicht allein.
Wolfert
(spottend).
Du bist gut auf der Höh'!
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Legatus.
Mehr als du denkst!
Darum Freund Lupe sehwärztest du mich an
Beim Proconsul, verrietest Land und Volk.
Noch dies: Verrat belohnt sich nach Verdienst.
Wär's mir der Mühe wert, ich nähm dich fest,
Doch will ich gnädiglich dich laufen lassen.
Wolfert
(bitter).
Nimm meinen Dank für so viel Grossmut, Herr.
Den Dienst sag' ich dir auf und künd'ge Rom
Die Freundschaft, die wir schlossen. Sei gegrüsst!
Bis später, bis ich Abschied nehm'.
Legatus
(lachend).
Bis später!
(Wolfert rechts ab. Trompeten.)
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5ter Auftritt.
Vorige. - Centurio.
Die Abgesandten wünschen Einlass, Herr!
Legatus.
Was wollen sie?
Centurio.
Dich um Verzeihung bitten
Der Uebelthaten wegen, die geschehn.
Legatus.
So lass sie vor, die Bitte sei gewährt.
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6ter Auftritt.
Vorige. -Bor.- Widolf. - Moorländer.
Bor.
Hab' Dank Legat, dass du uns vorgelassen,
Zur Aufklärung den jüngsten Streit betreffend,
Um fern'res Blutvergiessen zu vermeiden.
Wir meinen...
Legatus.
Nutzlos alles weit're Reden,
Solang ihr keine Unterwerfung bringt.
Die Uebereinkunft zwischen Rom und euch
Habt plötzlich und verräth'risch ihr gebrochen.
Dies fordert strenge Strafe, nicht Gehör.
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Bor.
Erlaube Herr! Die Sach' verhält sich anders!
Legatus.
Sich anders! Wie? Bezweifelt ihr mein Wort
Bor.
Erkennen keineswegs dass wir sie brachen.
Die Waffen in der Hand griff man uns an,
Und boten Einzelne auch Widerstand,
Geschah's im vollen Recht der Gegenwehr.
Legatus.
Wir fanden euch gewaffnet und verstärkt,
Also von Ueberraschung keine Red'.
Bor.
Das Schwert verlässt Germanen nie, Legat,
Wie Ehr' und Freiheit halten sie es hoch.
Legatus.
Ihr nährtet Argwohn gegen uns, die Freunde,
Beweist dies nicht genugsam den Verrat?
Bor.
Beweist's auch nicht, dass er begründet war?
Legatus.
Doch, was für einen Ton gebrauchst du?
Bor.
Deinen!
Der Ueberraschung nur sind wir erlegen.
Die armen Freunde fielen durch Gewalt.
Die Frauen wurden unschuldig ermordet,
Entführt, entehrt.
(Gemurr unter den germanischen Soldaten)
Legatus.
So ist es Kriegsgebrauch!
Bor.
Dies war kein Krieg, der Speer ward nicht geworfen!
Legatus.
War auch nicht nötig, da Verrat im Spiel.
Bor.
Und wurden wir nicht in der letzten Zeit,
Oftmals behandelt wie besiegtes Volk?
Verhöhnt, verachtet, was uns heilig ist?
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Verspottet ihr selbst uns're Götter nicht,
Das heil'ge Pfand, die Sprache, die wir reden
Das einz'ge Merkmal der Selbstständigkeit?
Klingt sie auch rauh und fremd in euren Ohren,
Uns klingt sie süss, uns ist sie lieb, ja lieb.
Weil sie die unsre, nicht die eure ist.
(Zustimmung.)
Legatus.
Ihr schändetet die Freundschaft, die euch ehrt -
(nach links)
Ihr dort, schweigt still, sonst fühlt ihr noch die Ruthe.
(Das Gemurr dauert fort.)
Ihr seid undankbar, seid vollkommen blind.
Verdient des grossen Volkes Liebe nicht,
Das euch teilhaftig macht des hohen Glück's,
Genossen seines Weitenruhms zu sein!
Bor.
Wozu das Brod, wenn uns der Hunger fehlt?
Bedürfen nicht, was ihr uns schenken wollt,
Es kränkt, beleidigt uns und thut uns weh.
Wir wollen blęiben was wir sind, - Germanen!
Wenn ihr wollt Freunde heissen - seiet Freunde,
Beweisst uns Freundschaft, führt sie nicht im Mund.
Sorgt, dass sie Wurzel fasst in unserm Herzen
Und wie des Waldes Eichen fest drin steht.
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4ter Auftritt.Vorige â Rollo
(als Skalde)
Rollo
Ich bin so alt, komm von so weit, o Herr!
Legatus.
Was will denn der? Sprich schnell, ich hab' nicht Zeit.
Rollo
Nicht Zeit, gestrenger Herr, da du das Haupt
Vom edelsten auf Erden bist, dem Volk?
Legatus.
Schiesst denn die Redekunst hier aus der Erd'?
Gleich jenen Bäumen, die da stehn und blühn.
Rollo.
Du sprichst von blühen, will dir 'was erzählen.
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Legatus.
Nun ja erzähle, bis ich Hunger krieg'.
Rollo.
Nach meiner Rede wird er dir vergehn!
Legatus.
Zur Sache Mann, spar' uns die Einleitung.
Rollo
(feierlich.)
Ich kenn' ein Kraut, ein wunderbares Kraut,
Es wächst und grünet ewig, tief und hoch.
In tiefster Tiefe birgt es seine Wurzeln,
Unendlich tief und zahlreich, fein und klein.
Und badet sich's im goldnen Sonnenlicht
Dann formt sich eine Krone herrlich schön.
Aus ihr entfaltet sich als Krön' der Krone
Das edelste des Wunderkrauts die Blume...
- Es wächst und grünet ewig, tief und hoch -
Es treibt und drängt der Saft nach oben hin,
Bringt reiche Nahrung jener Blüthenkron'.
Doch haftet ihr ein seltsam Uebel an.
Nach warmem Sonnenschein allein verlangend,
Geblendet von dem eig'nen hohen Glanz
Missachtet sie den arbeitsamen Saft,
Verschliesst ihr Herz und wendet stolz sich ab.
Dann kommt ein Wühlen in die vielen Kräfte,
Die steigen wollen, müssen und nicht können,
Ein Liebesdrang, der kalt zurückgewiesen,
Hinunterflutet zu dem Urquell hin - -
Ein mächtig Kochen brodelt in der Tiefe,
Ein Beben - Fasern reissen! Kronen krachen!
Des hohen Glanzes baar, der Pracht beraubt,
Versinkt die Wunderblum' in Blut und Schlamm!
Legatus
(spottend)
Die Red' ist wunderlich wie's Wunderkraut,
Begreife nicht das Eine, nicht das Andre!
Rollo.
Wohl dir, wenn du es fassen kannst! Das Kraut,
Legat, ist's edle Volk, die Blum' - sein Haupt!
Legatus.
In deinem Land blüht diese Wunderblume?
Im Land der Elenden, im Land der Krüppel?
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Rollo.
Im Land, wo Eichen wachsen und auch Männer!
Legatus
(lachend.)
Kommst du von da und hast du sie gehegt?
Rollo.
Ich komm' daher. Ihr Hüter ist der Skalde.
Die Sonne, die sie liebkost, seine Seele
Ein schneidend Messer ist sein scharfes Wort,
Aus seiner Harfe fliesst der reine Quell
Des edlen Sanges, der sie labend stärkt!
(Die Germanen jauchzen auf.)
Legatus.
Dies Kräutlein ist wohl schöner als der Hüter?
Rollo.
Und hörst du nicht der Kräfte dumpfes Wühlen?
Das Gähren, Gischen nicht vom Saft, der steigt?
Legatus
(achselzuckend.)
Hier seh' ich Eichen nur, doch Männer nicht.
Rollo.
Ich fürcht', du siehst den Wald vor Bäumen nicht.
Legatus.
Hier wachsen Eichen, Buchen und auch.... Rohr. -
Rollo
(fortfahrend.)
Hör in des Volkes Herz die Fasern reissen.
Legatus
Mein schwach Gehör verhindert mich daran.
Rollo.
Das unheilvolle Beben, hoher Herr?
Legatus.
Mein Stuhl hat, wie der Skalde, krumme Beine,
Doch steht er darum um so fester da.
Rollo.
Und hast du ...
Legatus
(spottend.)
Ja ich hab' gewaltigen Hunger!
Wenn der in's Spiel kommt, hört das Spassen auf.
Rollo
(umherzeigend.)
Dies Volk schreit hungernd nach der Freiheit jetzt.
Legat von Rom, im Namen unsrer Götter,
Befehl' ich dir, befehl' ich, gieb es frei!
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Legatus.
Nun wirst du drollig Bursch, in Wahrheit drollig.
Rollo
(feierlich.
Die Götter sprechen und die Völker lauschen!
Legat dein letztes Wort!
Legatus.
Ich lach' dich aus!
Rollo.
Wohlan mein Speer, lass sehn was du vermagst.
Er wirft seinen Spiess dem Legaten in's Herz, der getroffen auf die Stufen niederfällt. Rollo springt schnell über ihn hin und steht dann als Rollo oben in stolzer Haltung, links die Harfe, rechts das Schwert haltend.
Rollo.
Mein Volk, mein edles Volk, ich mach' dich frei!
(Allseitiges Erschrecken. - Die Liktoren fliehen. - Centurio giebt Bef[e]hle rechts und links. Die Gesandten ziehen ihre Schwerter. - Durcheinanderschreien.)
Bor.
Bei Thor! Seht Rollo! Männer, Brüder kommt!
Hoiho! Hoiho! Wir haben Rollo wieder!
(Alle rufen Hoiho.)
Centurio.
(bestürzt mit gezogenem Schwert)
Verrath! Ich rette was zu retten ist!
Rollo
(gen Himmel.)
O Skalde, sieh zu Wahrheit wird dein Wort!
Die Harfe ging voran, es folgt mein Schwert,
Gesang erwecket Thaten, Thaten Sang'!
Hört! Ihr und ich, wir sind vom Moorenland!
Ich fällte den Tyrann, das Land ist frei!
Ich hab gethan, was ich nicht lassen konnte!
Gefällt's euch nicht, hier steh ich, nehmt mein Leben!
(Wirft sein Schwert zu ihren Füssen.
Ich weiht' es euch, es steht in eurer Macht!
Bor
(begeistert.)
Kommt her! Genossen, tretet dicht heran!
Bei Thor! Was Rollo that, ist wohlgethan!
Er wagte und gewann, was wir verloren.
Ich bin's gewiss, mein Herz schlägt wie das eure,
Ihr fühlt Bewundrung für so grosse That,
Drum stimmet ein mit mir in diesen Rut:
Heil Rollo! Heil dem Retter dieses Lands!
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Stimmen.
Heil Rollo!
Stimmen.
Heil! Heil! Heil!
Stimmen.
Dem Retter Heil
Bor.
Zu unserm Dank geselle sich der Wunsch:
Er nehm' das Schwert zurück, das uns geehrt,
Kein edler Held trug je ein edler Schwert!
(Bor überericht Rollo das Schwert).
Rollo.
Kein edler Volk wird jemals es beschirmen.
Und jetzt, hinweg ihr Zeugen unsrer Schmach!
(Stösst die Beilbündel um. Man hört Lärmen.)
Ein Mann.
's Ist Lupe, der mit Brüdern aus dem Lager
Gewaffnet auf uns zu marschirt.
Rollo.
Was Wolfert
Bor.
Ha, der Hallunke, der Verräther, Mörder
Von Harald - -
Rollo.
Und von Balde - unser Feind.
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8ter Auftritt.
Vorige- - Wolfert mit Germanen in römischer Kleidung.
Wolfert
(zu den Männern im Hintergrund):
Ihr alle könnt's bezeugen und ihr auch,
Dass ich beleidigt ward
(zu den Gesandten) durch den - - -(sieht Rollo.)
Was seh' ich!
Bei Mars! Ich bin verloren, fort von hierł
(will fliehen, kann nicht.)
So muss das Letzte ich, das Schlimmste wagen!
(will sich töten.)
Mars!
(wird entwaffnet)
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Bor.
Wir haben dich und nun empfang den Lohn!
Leg' Rechnung ab dem Volk, das du verkauft,
Das wieder Volk geworden, wieder frei
Durch Rollo, seinen edlen Retter, dort.
Ihr Männer, ihr allein sollt Richter sein,
Die bösen Thaten dieses Schurken strafen.
Wolfert.
Willst du mich diesen überliefern, Rollo?
Rollo.
Das Volk, das nun sich wieder selbst gehört,
Es zeige dies durch selbstbewusstes Thun.
Nichts steh' ihm höher als die eigne Stimme!
Das Volk, es spreche!
Bor.
Jetzt nicht lang gezögert!
Ein Strick, ein Ast und dann Garaus!
Stimmen.
Garaus!
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9ter Auftritt.(Rechts im Hintergrund Bewegung, während man sich bemüht Wolfert festzunehmen und zu hängen. Ada erscheint auf einer Bahre getragen. Sie hat sich tötlich verwundet, um ihre Ehre zu retten.)
Rollo.
O Ada! Ist es möglich, meine Ada!
O, was bedeuten diese fahlen Wangen,
Geschloss'nen Augen und entfärbten Lippen?
Was seh' ich? Götter! Blut an deinen Locken!
An deiner Brust, an deinem Halse Blut!
Und klaffend diese stumme breite Wunde!
(zu den Männern, die sie brachten)
Steht nicht so still, so unbeweglich still!
Entsetzt euch nicht der Anblick dieses Opfers?
Wer war's? Wer übte den verruchten Mord?
Holt Wasser, fliegt, schafft Mittel, helft mir Armen!
Sie war mein Lieb, mein auserkoren Weib!
O Götter, konntet ihr so grausam treffen?
(Man bringt Wasser, Rollo netzt damit ihr Gesicht.
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Ada.
Wer stört die Ruh', die mich so sanft umschwebte?
O Schrecken, dass ich wieder leben muss.
Rollo.
O Ada! Du geliebte, theure Braut!
Ada
(auffahrend).
Was hör ich, Rollo, Rollo, Rollo ist's?
Rollo.
Um dich zu retten, Liebste mein!
Ada.
Zu spät
(bricht in Weinen aus.)
Rollo.
Zu spät! Zu spät! O sprich das Wort nicht aus!
Das Wort jagt mir den Tod, den Tod ins Herz!
(lässt sich auf ein Knie nieder.)
Du stirbst nicht, nein, du darfst nicht, du musst leben!
Jetzt leben! Jetzt vor allem Liebste, leben!
Denn ich bin hier, das Land, das Volk ist frei
Stimmen.
Heil Rollo! Heil! Du hast das Land befreit!
Ada.
Das Land, das Volk ist frei und ich muss scheiden.
O Rollo, Rollo kamst du früher nur!
Die Wunde, die Verzweifeung sich bohrte,
Aus der des jungen Lebens Kraft entflieht,
Schliesst du mit deiner Liebe nimmermehr.
Rollo.
Kannst du an meiner Liebe Zweifel hegen?
Ada
(ihre Hand auf seine Lippen legend).
An deiner Liebe nicht, wohl am Geschick!
Zwei Männer stritten sich um mich als Beute -
Ich dacht an dich und an des Vaters Wort,
Er lehrte mich, wie man die Ehre schützt.
Den Einen hat die Rache schon ereilt.
(deutet auf die Leiche des Legaten.)
Des Andern Strafe, fürcht ich, bleibt nicht aus.
Rollo.
Des Andern? Nenn' ihn, war es Wolfert nicht
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[pagina 795]
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Ada.
Er trägt die Schuld von allen meinen Leiden!
Bor.
Auch wird er deiner Rache nicht entgehn!
(Man zerrt Wolfert.)
Wolfert.
O Ada, dich hab' ich verfolgt - geliebt!
Verzeih mir durch ein Wort, bevor ich sterbe.
Ada.
Wer spricht zu mir, wer ruft mich, fleht mich an?
Rollo.
Es ist der Elende, den du verfluchst!
Ada.
O Rollo, ich verfluch ihn nicht, ich flehe
Meinerseits und mit der letzten Kraft,
Ums Leben dieses Mann's, ihm sei verziehn!
Bor.
Was Rollo! Dem verzeihn! Das wär ein Frevel!
Ada.
(zu Rollo).
Die letzte Bitt' gewähre mir! Ich sterbe!
Rollo.
Ada bedenk', was er dir angethan!
Er war der Mörder dein und meines Glücks.
Wolfert.
(zu Ada).
Nimm meinen Dank für deinen Edelmut,
Ich weiss, ich hab' ihn nicht um dich verdient.
Bor.
Schweig still und stirb'! Treuloser Schurke, schweig!
Ada.
Mein Rollo, der du's reinste Glück mir schenktest,
Das ich gefunden hab' in deiner Liebe,
Ein doppelt gross Verlangen fühlt mein Herz.
Ich that's Gelübde, dass ich einst wie du,
So gross, so gut und edel wollte sein.
Jetzt kann ich es zum ersten letzten Mal.
Wozu du Lust gegeben, gieb auch Macht!
O Rollo, Bor, ihr alle meine Brüder,
Erhöret mich, ich frag' für mich dies Leben!
Gewährt's! Es ist die Sterbende, die fleht!
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[pagina 796]
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Bor.
So lass ihn leben, Rollo!
(Rollo legt schluchzend das Haupt auf den Rand der Bahre; Ada küsst seine Stirn und streicht, glücklich lächelnd, über sein Haar.)
Stimmen.
Lass' ihn leben!
Andre.
Ja leben in Verbannung! Lasst ihn los!
(Man befreit Wolfert; er entfernt sich schnell.)
Ada.
Reich mir dein Schwert, ich will es segnen, Rollo!
(Rollo erhebt sich langsam und reicht ihr das Schwert. Sie legt es auf ihre Brust und küsst es.)
Vollbringt das Werk, das ihr begonnen habt,
Mir ist den Sieg zu feiern nicht vergönnt -
‘Auch fallen für das Vaterland ist süss!’
(gibt Rollo das Schwert zurück.)
Ich hab's berührt mit meinem letzten Hauch,
Wie meine Ehre bleibt es unverletzt,
In deiner Hand, mein Rollo wird's besiegeln
Die Treu', die du dem Land und mir geweiht.
O Vaterland, gesegnet Vaterland!
Nimm mich in deinen Schoss - blieb deiner werth - -
Ich sterbe - unbesorgt - denn Rollo wacht. -
(stirbt.)
Rollo.
O edle Ada! Vorbild für uns Alle,
Jetzt wird des Skalden schrecklich Wort mir klar. -
‘Verlieren bringt Gewinnen - Untergehn
Um Aufzustehn’. - Der Götter Will gescheh'!
Ruh' sanft und sicher jetzt im freien Grund!
Du bist dahingegangen, doch dein Geist,
Die edle Seele, leuchtet uns voran.
O klopfend Herz, halt aus in meiner Brust!
Das Vaterland braucht meinen Arm, mein Schwert.
Ist's einmal frei, dann brich, dann ist's vollbracht!
Wohlan! Im Angesicht der edlen Todten
Geloben wir auf das geweihte Schwert:
Es sei das Moorenland auf ewig frei! -
(Rollo, links Ada's Hand haltend, rechts das ausgestreckte Schwert. Bor und die Uebrigen erheben ihre Schwerter über Rollo's Haupt und Schwert.)
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Bor.
Wir schwören es! Sei König!
Rollo.
Seid mein Volk!
Bor.
Dem König und dem Vaterlande treu!
Es sei das Moorenland auf ewig frei!
Stimmen.
Auf ewig frei!
Alle.
Auf ewig, ewig frei!
CLARA VON ZIEGESAR. |
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