Germania. Jaargang 1
(1898-1899)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Rollo von Moorland.Ga naar voetnoot(1)
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Personen.
1stes Jahrhundert nach Christus.
Ort der Handlung: Moorland, (das heutige Flandern). | ||||||||||||||||
Iter Aufzug.Die Scene stellt Thor's heiligen Hain an der Küste von Moorland vor. Links und rechts Hochwald; links im Hintergrund Aussicht auf die Dünen und das Meer, zu beiden Seiten ein Weg; in der Mitte Thor's Eiche, davor der steinerne Opferaltar, An den Bäumen, die Umzäunung bildend, hängen Schädel von Pferden, Böcken. Rindern und Ebern. Abenddämmerung. | ||||||||||||||||
1ter Auftritt.Zu beiden Seiten des Hintergrunds treten zwei Dünenwächter auf, Moorländer von welchen der Eine, eine vollständige Rüstung, der Andere Teile einer solchen trägt. | ||||||||||||||||
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Erster Wächter
(dickleibig)
Verwünscht sei's Schildern hier auf diesen Hügeln!
So schmutz'ge Küsten hab ich nie bewacht!
(Der Wind erhebt sich und fängt sich in seinem Mantel)
Zweiter Wächter.
Du hast auch recht, 's ist hier ein schrecklich' Loch!
Sieh nur, es ballt sich was in jenem Winkel;
Gleich wird der Tanz hier losgehn!
Erster Wächter.
's Wird schön giessen!
Und an die Ablösung gar nicht zu denken!
Zweiter Wächter.
Dein Herzlein seufzt nach dem sonnigen Süden!
Erster Wächter.
Du schweig' und spott nicht! Hätt'st Du's je geseh'n,
Welch' Macht der Erde hielt Dich länger hier!
Wär nur die Strafzeit aus, so flöhe ich
Zur Stund das Land, wo Dreck und Nebel herrscht.
Zweiter Wächter.
Was konnt'st Du schnell, dem Vaterland entsagen!
Dem Lande deiner Brüder, deiner Götter!
Erster Wächter.
Beim Mars! gar eilig! Südland sehn, genügt!
Und .... ubi bene ibi patria!- - -
Zweiter Wächter.
's Muss wahrlich schön sein!
Erster Wächter.
Schön! Ein Wunderland
Man steht entzückt, berückt von solcher Pracht,
Von so viel Wohlstand! Welches Leben, Kerl!
Kein' Arbeit und kein' Armut! Keine Sorgen!
Der Kaiser wacht und sorgt für Jedermann;
Bei Brod und Wein kommt dann noch Spiel hinzu,
Und alles frei, und ein Tag gleicht dem andern!
(Ein Blitz).
Da hast Du's schon! Welch lieber Seewind, gelt?
Wie 's durchdringt und dir in die Rippen schneid't
Und durch die Röhren deiner Knochen pfeift.
(Ferner Donner und Blitze.)
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2ter Auftritt.
Die Vorigen.
Ein Mann eilt rechts herbei, sieht sich wild um. Links kommt ebenso ein zweiter.
Erster Moorländer.
He, Bursch', kein Priester hier! Der Himmel grollt
Und droht mit Untergang!
(Blitz und Donnerschlag.)
Zweiter Moorländer.
Im ganzen Leben
War ich noch niemals Zeuge solchen Sturm's!
Sieh', Thor besteigt die Wolke, von dem Hammer,
Dem schweren, dröhnt es durch den heil'gen Wald!
Erster Wächter.
Ich hör' eurn Thor, der berstet aus vor Lachen!
Erster Moorländer.
Sei nicht so witzig, schön geschmückter Civis
Du weisst wohl nicht, das Thor's Arm ferne reicht?
(Blitze.)
Zweiter Moorlânder.
's Gerippe grinst und wackelt an den Bäumen!
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3ter Auftritt.
Die Vorigen.
(Von den Dünen kommen eilig zwei Moorländer auf die Scene.)
Beide.
Oh, Freunde, was verheisst dies grässlich Donnern?
Womit wohl haben wir den Gott erzürnt?
Erster Wächter.
Noch zwei! 's Wird gut!
(Er lacht - Lauter, kurzer Donnerschlag - Er springt erschreckt zurück.)
Ha! Mars! steh' Du mir bei!
Erster Moorländer.
Weil solch Gesindel wir im Lande dulden,
Verspottend unsern Gott und Art und Sprach'
Das weckt mit Recht der Götter grimmen Zorn.
Zweiter Moorländer.
Komm gieb' nicht acht! Nur flink die Priester holen!
Ich lauf voraus! Komm schnell, komm schnell! 's Ist Zeit!
(Die Moorländer ab.)
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4ter Auftritt.
Die Vorigen.
Erster Wächter.
Da laufen sie die rohen Lümmel, dumm
Wie Hämmel all', der Ein' dem Andern nach!
Bald kommen sie mit Feuer; werd's verhindern!
Zweiter Wächter.
Nein thu' das nicht! Du büsst es mit dem Tod!
Erster Wächter.
Die Lumpen! Ich sollt' weichen, ich, der Römer?
Die Drohung bringt mich nur zu hellem Lachen,
Wie glücklich, dass sie Caesars Sonn' bescheint,
Zu viel Ehr' für dies Volk, das sie verkennt,
Die sollten's wagen! Die!
Zweiter Wächter.
Ja, Ja, sei still!
Erster Wächter.
Der Pro-Consul verbot das Licht im Wald,
Desshalb ist's Pflicht.
(Blitze)
Zweiter Wächter.
Vorsichtig wär' es nicht!
Bemerkst Du nicht seit kurzem umgewandelt,
Schon mehr als Einen der Bevölkerung?
Seit Ankunft jenes schönen Jünglings hier,
Des wackern Helden, den sie Rollo nennen?
Erster Wächter.
Warum? Wer ist der Rollo?
(Blitze)
Zweiter Wächter.
'n Sohn von Kurt
Dem letzten König, den wir überwunden,
Entfloh'n, man weiss nicht wie zu seinem Ohm. -
Dies ist so was wie zwanzig Jahre her,
Der alte Harald dort, der war sein Freund.
Erster Wächter.
Du Narr! Ein Nichts genüget dem Legat
Um dieses ganze Land in Brand zu stecken,
Das Bündniss kehrend in den röm'schen Frieden.
(Blitz und Donner.)
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Zweiter Wächter.
Da sind sie schon! Entsetzen treibt sie fort
Und alle laufen, einer Heerde gleich.
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5ter Auftritt.Vier Priester kommen von links. Die beiden ersten tragen einen grossen Kessel; zwei andere folgen, Einer mit der goldenen Sichel, der Andre mit einem Bündel Rosmarin, dann der Oberpriester, der Aelteste; Alle in weiss, mit Eichenlaub im Haar. Zwei und zwei gehen kreuzweise über die Bühne, nachdem der Aelteste alles auf dem Altar geordnet, bleibt er davor stehen, legt feierlich die Hände darauf, die er vorher bittend erhoben hatte. Die andern vier gehen jeder auf einen der vier Endpunkte der Scene und wechseln gegenseitig ihren Platz. Dann geht der Aelteste rings herum, legt jedem die Hand auf die Stirne. Die Menge steht erwartungsvoll links in dem Hintergrund.
Erster Dünenwächter
(auf die Menge zutretend.)
Im Namen des Legaten, sei's Verbot
Den Brand im Wald zu zünden wiederholt.
(Gemurr in der Menge, die Priester treten erregt am Altar zusammen.)
Einer aus der Menge.
Fort mit dem Mastvieh!
Ein Anderer.
Schnürt ihm den Schlund zu
Dass er nicht auswirft, was er drin' müsst' halten!
(Blitz - sie wollen ihm zu Leibe.)
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6ter Auftritt.
Vorige
(Wolfert stürat vor.)
Wolfert.
Halt ein!
(Man hört auf ihn)
(zum Dünenwächter)
Allein das Neun-Waldfeuer meint
's Verbot von dem Legaten, anders nichts!
Dünenwächter.
Du bist's, Freund Lupe! Meine Pflicht nur wollte ich...
Wolfert.
Verstehst sie schlecht! Hinweg!
Dünenwächter.
Verzeih', ich geh'!
(Dünenwächter ab.)
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7ter Auftritt.
Vorige.
Die Priester kehren auf ihren Platz zurück. Der Aelteste geht, wie vorher, rings herum; nimmt von dem Altar die Sichel, reibt mit dem Büschel darüber und beschreibt einen Kreis um den Altar. Dann pflücken die Priester, auf seinen Wink, hinten einige Zweige Rosmarin. Der Reihe nach tritt jeder hervor und giebt sie ab, an einer Ecke des Altars stehen bleibend. Der Oberpriester beschreibt um jeden einen Kreis. Alle fünf stehn nun innerhalb des heiligen Rings, während die Menge sich in der Runde aufgestellt hat. Voran rechts der alte Harald und Ada seine Tochter mit Ude ihrer Gefährtin; hinter ihnen Frauen und Männer; ihnen gegenüber Andere mit Wolfert und Stur an der Spitze. (Fortwährender Donner.)
Der Oberpriester streut die abgepflückten Zweige auf den Altar, legt das Büschelchen in den Kessel und stellt ihn links auf die Erde; nimmt die Sichel aus seinem Gürtel und segnet die Umstehenden, indem er einen Kreis über sie hinweg beschreibt. Heilige Stille. Der Oberpriester steckt die Sichel ein und hebt die Hände zum Himmel empor.
Oberpriester.
Thor Allweiser,
Thor Allmächt'ger,
Thor Allgüt'ger.
Die vier andern Priester.
Thor Allweiser,
Thor Allmächt'ger,
Thor Allgüt'ger.
Die Menge.
Thor Allweiser,
Thor Allmächt'ger,
Thor Allgüt'ger.
Oberpriester.
Thor, wir kommen
Vor Dein Angesicht.
Behüte uns
Vor Blitzeslicht.
Die vier Andern.
Thor, wir kommen
Vor Dein Angesicht.
Behüte uns
Vor Blitzeslicht.
Die Menge.
Vor Blitzeslicht.
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Oberpriester
stellt den Kessel auf den Altar und giebt mit der Sichel langsam drei Schläge drauf. Thor, wünscht Du fette Böcke?
(Blitz und Donnerschlag,)
Nein?
(Drei Schläge auf den Kessel.)
Weiss gefederte Gänse?
(Donnerschlag.)
Nein!
(Drei Schläge auf den Kessel.)
(gerührt)
Goldgehörnten Stier?
Erklär' dem Diener,
Dem bebenden, bittenden Diener
Deinen Will',
O Thor!
(Donnerschlag,)
Nein!
(Drei Schläge auf den Kessel.)
(mit steigender Rührung:)
O Thor,
Bleib still
Und thu zur Stund'
Durch Deines bebenden Dieners Mund
Uns kund
Deinen Will',
O Thor!
Wünscht Du den stachlichen Eber,
Belohn mit Segen dann den Geber,
Bleibe Hüter
Unsrer Güter.
Man hört blasen im Wald. Alle horchen überrascht auf. Nochmals längeres Blasen.
Stur zu Wolfert.
Kennst Du 's Blasen?
Wolfert.
Und ob! Verflucht' Geblas'!
Man hört näher kommendes Rufen und leichten Donner in der Ferne.
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8ter Auftritt.
Vorige.
Balde kommt rufend angelaufen von rechts und stürzt dicht an dem Altar auf die Kniee. | ||||||||||||||||
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Balde.
Macht Platz! macht Platz!! Ich bringe Nachricht euch!
Er folgt mir nach! Ich lief hierher! Er kommt!
Seid ohne Sorgen! Hört! Er kommt, er kommt!
Aus der Menge.
Wer?... Wer?...Wer?...
Balde zeigt in den Wald. Alle sehen erwartend hin.
Wolfert.
Hört! hört! was fährt mir plötzlich durch den Sinn!
Der ist die Beut', dünckt mich, die Thor verlangt!
Er eignet sich noch besser als der Eber.
Ein Fremdling hier zu Land, in unserm Wald.
An 's Werk! Wir schlachten ihn und das sogleich.
(Unwilliges Gemurmel in der Menge.)
Balde.
O heilge Priester! Edle Männer, Frauen,
Vergiesst mein Blut nicht, das ich für Euch wagte
In Eurem Dienst, und in dem Dienst des Thor.
Wolfert.
Verfiel er nicht dem Gott da er den Kreis
Vermessen stört?
Balde.
Ich stört' ihn nicht! Erbarmen!!
Wolfert.
Erbarmen mit solch hässlich krummer Brut,
Die sicher Holle's düsterm Sumpf entstieg.
(Beim Hören dieses Namens, erschrickt die Menge. Nahes Blasen.)
Balde.
O Rollo, Rollo, komm, ich bin in Noth!!
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9ter Auftritt.
Vorige.
Rollo kommt von rechts, einen Eber mit gebundenem Maul auf den Schultern tragend. Balde springt auf ihn zu und umfasst seine Kniee.
Balde.
Ach, kommst Du endlich, endlich mein Beschützer!
Aus der Menge.
's Ist Rollo!
Id.
's Ist der tapfre Seeheld!
Id.
Rollo!
(Viele Hände erheben sich Freudiges Geflüster.)
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Rollo.
Thatst brav die Botschaft, Balde! Bin bei Dir!
Balde.
Man will mich schlachten auf dem Opferstein!
Rollo.
Du weisst, so weit mein Arm reicht, bist Du sicher!
(Stolz zur Menge.)
Wer 's wagt ihn zu berühren, rührt mich an!
(Drohendes Gemurmel gegen Wolfert.)
(Zu den Priestern.)
Ehrwürdge, wie ihr seht, war Thor mir günstig!
Nach fruchtlos langem Pürschen, trieb er mir
Den Eber in den Weg; er will entfliehen!
Ich setz ihm nach und fass ihn an den Borsten,
Dacht' Eurer Noth, und bring' ihn lebend an!
Oberpriester.
Gegrüsst sei dein Erscheinen in dem Lande,
In dir führt Thor uns reichen Segen zu!
Die Priester legen das Thier auf den Altar, jeder eine Pfote haltend. Der Kopf hängt herab. Der Oberpriester stellt sich davor, schwingt die Sichel über der Menge und in engerem Kreis über das Thier, nachdem er den Kessel unter den Kopf gestellt hat. Dann schneidet er den Kopf ab und fängt das Blut in dem Kessel auf; öffnet Leib, nimmt Herz und Leber heraus, sowie die Zunge aus dem Kopf, legt dies ebenfalls in den Kessel, steckt dann die das Opfer umgebenden Kräuter an; zwei Priester unterhalten das Feuer mit Kräutern und Holz. Die andern nehmen den Kessel auf. Der Oberpriester taucht den Büschel in das Blut, besprengt damit das Thier und den Altar, nähert sich der heiligen Thoreiche, hängt den Kopf des Thieres an den Stamm, besprengt diesen reichlich, bekränzt ihn mit Blumen und Kräutern, die ihm durch die Frauen gereicht werden. Dann geht er langsam herum und bespreng die Menge. Der Mond ist mittlerweile aufgegangen und blickt durch die sich sanft bewegenden Blätter der hohen Eichen und Buchen. Inzwischen ist das Feuer erloschen und das Opfer verbrannt. Dann nimmt der Oberpriester mit Hülfe der Sichel Asche, streut sie in einem Kreis um den Alter, und weiterschreitend über die Umstehenden. Dann bleiben sie zu Fünfen vor der Eiche stehen. (Ada und Ube ab.)
Oberpriester.
Allmächt'ger, gütiger Thor,
Wir hatten Dich empört;
Wir sagen bittend Dank,
Da Du uns hast erhört!
Möchst' immer so wie eben
Gehör den Bitten geben.
Dann gehn sie nochmals um die Scene herum und verschwinden feierlich, links. Die Menge will ihnen folgen, kehrt aber die Blicke nach recht. | ||||||||||||||||
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Eine Stimme.
Der Skalde kommt!
Andere Stimme.
Was mag er wollen nur?
Andere Stimme.
Er wird durch zwei geführt.
Erste Stimme.
Ich kenne sie!
Zwei Männer aus der Schorre.
Zweite Stimme.
Ihm entgegen!
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10 ter Auftritt.
Vorige. - Skalde.
(Blinder Greis, in der einen Hand eine Harfe, in der andern ein Schwert haltend .. gestützt auf zwei Männer.
Skalde.
Wo ist er, das Kind meines heissen Sehnens?
O führt ihn her, und mich zum alten Stamm.
Unter dem heil'gen Laube will ich sterben?
Rollo.
Wen suchst Du? Ist 's dein treuer Rollo, sprich?
Skalde
(bebend vor Rührung.)
O Thor, gieb mir noch einmal 's Licht zurück?
Dass ich ihn sehn darf, mit den Augen sehn!
Es wich das Augenlicht und auch die Kräfte,
Lass mich Dich anschau'n mit den hagern Fingern,
Entzücken meine Seele durch dein Bild.
(Er betastet Rollo; dessen Hände, Arme, Wangen, Haupt und langes Haar.)
O herrlich Bild! Ich lob' und rühm' Dich, Thor!
Dass Du mir schenkst noch diese seel'ge Stund.
Nimm jetzt getrost mein Leben! Nimm es hin.
Will 's gerne dankend Dir als Opfer geben. -
Du würd'ger Sohn meines verstorbnen Königs,
Des guten, tapfern, edlen, grossen Königs!
In deiner Kraft begrüss ich ihn auf's neu'.
Er war der König unsres Moorenlands,
Des Lands der stolzen Stämme, ewiger Eichen.
Er stritt und fiel und mit ihm fiel das Land.
Mit ihm und durch ihn wird es bald erstehen.
Dies meine Kraft, mein Trost, mein fest Vertrauen.
Ich dank' Dir, Thor, Du hast Dich mir bewährt!
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(Schwächer werdend, sucht nach einem Halt.)
Ich geb' mit diesem teuren Schwert, dem Sohn
Das höchste Pfand zum Angedenken hin;
Dies führte er mit Ehr' und ohne Schmach,
Der Feinde Schreck, der Schwachen Schutz und Schirm.
Als Herzensgab' mein eigen Saitenspiel.
Die Harf gehört zum Schwert! Im Moorenland
Umschlingt ein unzerreissbar Band die beiden.
Den Ahnen gleich, lass den Gebrauch bestehn.
Gesang erwecket Thaten, Thaten Sang!
Wo beide sich verschmelzen, jauchzt die Seel!
(Noch schwächer werdend.)
Lass mir den letzten Rest der Kraft noch, Thor,
Um meine treuen Runen zu befragen.
(Nimmt das Säckchen mit den Runenzeichen sich vom Hals)
Beweist mir noch zum letzten Mal den Dienst,
Enthüllt dem Geist, was in der Zukunft liegt.
(Bückt sich zitternd nieder und schüttet die Stäbchen aus.)
(Erhebt sich.)
Verlieren zeugt Gewinnen, zeugt Gewinnen!
Noch seh ich schwarze Wolken festgeballt,
Dahinter steht, ich fühl's, die Ruhmessonn'
Den Streiter stärkt die Gluth und wird sein Sporn.
(Bückt sich zu Rollo nieder. Dieser senkt ein Knie)
(Schwach-feierlich.)
Verlieren zeugt Gewinnen - - - Untergehn
Um aufzustehn! - - - Beginn mit mir..., mit... mir!
(Fällt zurück.)
Rollo fängt ihn auf und übergiebt ihn den Führern. Man bricht ein paar Stöcke ab und bildet aus Reisern eine Tragbahre. Die Leiche wird darauf niedergelegt. Die Umstehenden drängen sich heran um den Skalden noch einmal zu sehen und Blumen auf ihn zu streuen.
Harald.
(Nachdem er nochmals die Hand des Skalden berührt hat.)
Getreue Brüder, unser Skald' ist tot.
Sein tiefes Wissen, edel Herz und Sinn
Sie blieben bis zuletzt dem Volk geweiht.
Zum ersten Mal seit langen, trüben Jahren
Die seine grosse Seel' in Trauer hüllten,
Drang uns von ihm ein Mahnruf tief in's Herz.
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Noch nie hat uns sein Wahrspruch irrgeführt,
Seid dessen eingedenk, hört auf sein Wort.
Die Treue, die Ihr ihm gehalten, schenkt
Sie Diesem,
(Giebt Rollo die Hand.)
der ihn ganz allein beerbt.
Er war der Freund des Königs, war mein Freund,
Den tiefsten Schmerz litt er um's Vaterland,
Als Dichter fühlt' er unser Aller Leid.
Schenkt dankbar Eure Liebe Diesem hier,
Dem Auserkornen einer grössern Zeit,
Die er geahn't und nicht mehr sah. Er fiel
Als erstes Opfer seines Seherwort's,
Im Leben gross, und gross im Tod! Heil ihm!
Rollo.
(Die Männer umringen ihn und reichen ihm die Hände.)
O alter, treuer Freund, hab' innig Dank!
Denn dir war lieb, was mir das Liebste ist.
Du fielst gelassen auf der Schwelle nieder
Von einer grossen Zeit, die ich Dir wünschte.
Dein Geist erfülle uns mit strenger Zucht!
Zu fallen für das teure Vaterland
Ist gross, ja grösser; ist das höchste Loos!
Ob stehn ob fallen, hör' den Eid: Wir folgen,
O Skald, das Aug' auf Dich, die Hand am Schwert!
(Die Leiche wird aufgenommen und alle gehn rechts im Zuge ab. Wolfert blickt nach und tritt heftig an Stur heran.)
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11ter Auftritt.
Wolfert - Stur.
Wolfert.
O Stur, was geht hier um in diesem Land?
Ein neuer Geist kommt über unser Volk,
Seit dieser Gimpel kam, der Fratzenmacher.
Und jener Narr, der stickt' am alten Gift,
Das er zu lang gewürgt, bevor er's spie,
Er ging vorsichtig vor der grossen Zeit
Und überliess den Träumern seine Last.
Wohlan ich nehm es auf mit dir, ich, Freund
Von Rom, im Dienst des grossen Fortschrittswerks.
Die Ruhmessonn wovon Du faseltest,
Ist die des warmen, lichten, gold'nen Südens!
Verlieren zeugt Gewinnen!! ... Wohl, so sei es!
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[pagina 589]
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Stur.
Sei nicht so überschwänglich! Sahst Du wohl
Wie Ada gleich in Thränen schwamm und floh
Von hier als plötzlich sie den Rollo sah?
Wolfert.
Willst Du mich rasend machen? Ich verbiss
Mir kaum den Schmerz, der mir das Herz durchschnitt!
(zieht sein Schwert.)
O spotte nicht, wenn Dir Dein Leben lieb!
Stur.
Sei still! Hab' nichts gesehn, hab' nichts gesagt!
Wolfert.
Auch sie verstockt, freiwillig taub und blind!
O Mars, o Jupiter, wollt' mich beschützen!
Eint Eure Macht mit meiner Kraft! Ich schwör
Bei Euch in der Barbaren Heiligthum,
Vereitelt nicht den lang gehegten Plan,
Erhört mich: Ich für Euch, das Land für mich!!
(Beide links ab.)
(Fortsetzung folgt.).
Clara von Ziegesar. |