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Urheimat, Vorgeschichte, Stammbaum und Ausbreitung der Germanen.
Von Dr. Ludwig Wilser.
Spät zwar, hoffentlich aber nicht zu spät, beginnen die Germanen ihrer gemeinsamen Abkunft, Stammesverwandtschaft und Zusammengehörigkeit sich bewusst zu werden. Ihre Geschichte lässt sich vergleichen mit einem Hause, in dem eine blühende Schar kraftvoller, selbstbewusster und thatendurstiger Söhne heranwächst: im engen Raume stossen die harten Köpfe oft genug zusammen, werden die derben
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Fäuste handgemein, und im Gefühl strotzender Jugendkraft trägt Selbstsucht und Eigensinn nur zu leicht den Sieg über die brüderliche Liebe davon. In die weite Welt verschlagen, mit enttäuschter Hoffnung und gebrochener Kraft gedenkt vielleicht mancher von ihnen mit Wehmuth des engen Vaterhauses und der blühenden Brüderschar und überlegt, was sie, statt neidisch sich zu befehden, mit vereinten Kräften hätten leisten können. Stammeshader und Sonderbündelei waren von je die schlimmsten Feinde der Germanen, die vereint weder das Römerreich noch sonst eine Macht der Welt zu fürchten brauchten; so wenig als ihre Tugenden ist auch dieser Erbfehler dem Scharfblick des grossen Sittenschilderers unserer Ahnen entgangen, und als Römer ist er zu dem Ausruf berechtigt: ‘Maneat, quaeso, duretque gentibus, si non amor nostri, at certe odium sui.’ Wenn trotzdem den Germanen die Erbschaft des römischen Weltreiches zugefallen ist, so hat dies seinen natürlichen Grund darin, dass sie als letzte der sprachverwandten Völker aus der edelsten und höchststehenden Menschenrasse, der nordeuropäischen (Homo europaeus dolichocephalus flavus) hervorgehend, sich am längsten den Adel ihres Blutes rein und unverfälscht erhalten haben. Nur diese Auffassung, die ich zuerst im Jahre 1881 ausgesprochen, gestattet ein wirkliches Verständnis der Bedeutung und weltgeschichtlichen Stellung der Germanen. ‘Mich dünkt’, sagt v. Wietersheim (Zur Vorgeschichte deutscher Nation, Leipzig 1852) mit Recht, ‘Wesen und Weltberuf des germanischen Volksstammes könne nicht richtig erkannt werden, ohne dessen Ursprung erforscht zu haben,’ und liefert dafür selbst den besten Beweis; denn obgleich er schon vor Gobineau die Germanen
für die vornehmsten Vertreter der ‘aktiven’ Rasse und ‘prädestinirt’ zur Weltherrschaft, Europa aber für den von der Natur gegebenen ‘Sitz’ derselben hält, führt ihn doch sein Festhalten an der ‘Einwanderung der Germanen aus Asien’ zu ganz ungeheuerlichen und unmöglichen Schlussfolgerungen, wie z. B. dass ‘Mischung des Blutes’ zur ‘höchsten Ausbildung’ der Rasse nötig sei.
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So lange man an die ‘Wiege der Menschheit’ in Asien, an die ‘arische Urheimat’ im fernen Osten, an die ‘Pflanzschule’ aller Gesittung im Morgenlande glaubte, blieb die Vorgeschichte der europäischen Völker in Dunkel gehüllt, die Sprache der dem heimischen Boden entnommenen Altertümer unverstanden, mussten die übereinstimmenden Berichte der alten Geschichtschreiber für ‘Lügen der Sage’ erklärt werden. Mit der Widerlegung dieses folgenschweren, das Selbstbewusstsein unseres Volkes niederdrückenden Irrtums können wir hier, wo wir nur Ergebnisse bringen, keine Zeit verlieren; die wissenschaftliche Entwickelung der letzten Jahrzehnte berechtigt uns, ihn als überwunden zu betrachten.
Die Eröffnung der deutschen Geschichte durch welterschütternde Wanderzüge und Heerfahrten zeigt, dass damals die Germanen in lebhafter Bewegung und bestrebt waren, sich Luft zu machen und für die wachsende Volkszahl neue Wohnsitze mit der Schärfe des Schwertes zu gewinnen. Hauptsächlich gallische Völkerschaften am Nieder- und Oberrhein und in Böhmen sind es, von deren Verdrängung wir hören, und hätte nicht Roms grösster Feldherr und Staatsmann ein gebieterisches ‘Halt’ geboten, so wäre schon damals, ein halbes Jahrtausend vor Chlodwig, ganz Gallien die Beute eines kühnen germanischen Heerkönigs und seiner kriegsgewohnten Scharen geworden. Der überlegenen römischen Kriegs- und Staatskunst, der aber seit Cäsar stets germanische Söldner als Kerntruppen dienten, gelang es zwar, durch Einrichtung des Zehntlandes und Anlage des Grenzwalles die germanische Völkerflut für einige Jahrhunderte einzudämmen, aber unaufhörlich brandeten deren wilde Wogen gegen das beengende Bollwerk. In dieser Zeit bis zur eigentlichen ‘Völkerwanderung’, sassen die Germanen von der Schelde bis zur Weichsel in einem weiten Halbkreis, dessen Mittelpunkt auf der skandinavischen Halbinsel lag. Da wenige Jahrhunderte vorher - zu Pytheas' Zeit schied die Elbe Kelten und Skythen - der grösste Teil des heutigen Deutschlands noch von anderen Völkern bewohnt
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wurde, so drängt sich die Frage auf, welches Land imstande war, immer neue Wanderscharen der früher unbekannten, kriegerischen Völker ‘gleich Bienenschwärmen’ über unsern Weltteil ausströmen zu lassen. Die älteste Kunde weist nach Norden: von der kimbrischen Halbinsel waren die ersten Heerfahrten ausgegangen, und ebendaher stammten nach Ptolemäus und der Inschrift von Ancyra auch die in Ariovist's Heer kämpfenden Haruden. Noch weiter zurück aber, über den Oeresund hinüber, führen die übereinstimmenden Wandersagen und geschichtlichen Ueberlieferungen aller Germanenstämme, und merkwürdigerweise hat auch dort, auf der skandinavischen Halbinsel, die erwähnte Menschenrasse ihre Merkmale am reinsten bewahrt, d.h. ihr Verbreitungszentrum. Dies Zusammentreffen geschichtlicher und naturwissenschaftlicher Gründe ist von der grössten Bedeutung und schliesst für den denkenden Forscher jeden Zweifel aus. Dort haben die Germanen, deren Vorposten, Teutonen und Goten, zu Pytheas' Zeit erst die Nord- und Ostseeküsten besetzt hatten, eine lange und ungestörte Entwickelung durchgemacht, denn bei ihrem Eintritt in die Geschichte waren sie mit wohlgeschmiedeten eisernen Schutz- und Trutzwaffen ausgerüstet, und hatten Steinzeit, Kupfer- und Erzalter längst hinter sich. Die falsche Vorstellung, unsere Vorfahren seien vom Osten her als ‘rohe Natursöhne’, Jäger und Wanderhirten in ihre europäischen Wohnsitze eingerückt, machte selbstverständlich ein Verständnis ihrer Kultur in den ersten Jahrhunderten deutscher Geschichte unmöglich.
Wie die geistige ist auch die sittliche Tüchtigkeit vom Menschen nur ganz allmälig erworben und gesteigert worden, und Rassenmischungen haben meist bedenkliche Rückschläge, besonders auf sittlichem Gebiet zur Folge. Daher beweist die von keinem anderen Volke erreichte Höhe und Reinheit der sittlichen Anschauungen, wie sie nach der Germania, der ‘Morgenröte’ deutscher Geschichte, unsern Vorfahren schon vor zwei Jahrtausenden eigen war, nicht nur eine sehr lange,
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sondern auch von fremden Einflüssen freie Entwicklung. Das von den meisten germanischen Völkern in der dem ursprünglichen Gehalt am nächsten stehenden Gestalt des Arianismus angenommene Christentum konnte deshalb auch keine weitere sittliche Hebung zur Folge haben. Wir sehen im Gegenteil, besonders bei den in römische Provinzen Eingewanderten, dass trotzdem durch die Loslösung von der heimischen Ueberliefe- rung, Berührung mit fremdem Wesen und Blutmischung in der kraftvollen germanischen Natur gewaltige Leidenschaften entfesselt wurden, sie sich in ungeheuerlichen Frevelthaten entluden.
Ein sittlich hochstehendes Volk hält auch auf sein Aeusseres; die in zahlreichen altgermanischen Gräbern gefundenen Kämme, Scheeren, Haarzängchen, zeugen von sorgfältiger Körperpflege. Der häufige Gebrauch warmer und kalter Bäder, das Kämmen, Salben und Flechten des langgetragenen Haupthaares wird uns mehrfach berichtet. Die Tracht, ebenso kleidsam wie zweckmässig, bestand aus Hemd, Hosen, Leibrock, Mantel und Schuhen, hat die ganze Welt erobert und bildet die Grundlage unseres heutigen Anzuges. Schon die von Plutarch so anschaulich geschilderten kimbrischen Reiter gleichen mit ihren glänzenden Brünnen, weissen Schilden und hochragenden, federgeschmückten Helmen ganz den Rittern des Mittelalters, und diese Art der Rüstung hat sich bis zur Erfindung des Schiesspulvers kaum geändert. Die Schmiedekunst stand in hohen Ehren, und treffliche Waffen galten als schönster Schmuck des Mannes, den er auch im Tode nicht ablegte. Schwertklingen und Speerspitzen wurden durch eingelegtes Silber und Gold, Scheiden, Griffe, Beschläge und Schnallen mit Gold und Edelsteinen kunstvoll verziert. Frauen und Mädchen webten und wirkten die Gewänder und schmückten sie mit buntgestickten Borten und Säumen. Sie trugen zierliche Gürtelgehänge und kunstvolle Halsringe, Armbänder, Ohrringe und Fusspangen. Der Stil all dieser Schmuckstücke ist bei allen Germanen der gleiche und muss sich daher schon
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vor der Trennung der Stämme ausgebildet haben; er macht einen durchaus eigenartigen und ursprünglichen Eindruck und war allen Volksgenossen so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sich in den geringsten Erzeugnissen des Kunstfleisses ausprägt. Die letzten Nachwirkungen erkennen wir in der häuslichen Kunstübung der Bauern, besonders im Norden und in den Bergländern.
Wenn auch der Steinbau im germanischen Altertum nur wenig entwickelt war, so muss doch der Holzbau schon in früher Zeit eine hohe Stufe der Schönheit und Vollendung erreicht haben. Aus der Beschreibung von Attila's Hof, von der Königshalle im Beowulfslied, aus den in den nordischen Holzkirchen, den Bauernhäusern der Bergländer, den Fachwerkbauten altdeutscher Städte noch erkennbaren Nachklängen dürfen wir schliessen, dass diese Baukunst durch Anwendung von Schnitzwerk, Bemalung, Säulen, Laubengängen eine eigenartig reizvolle Wirkung zu erzielen verstand. Dass die Zweckmässigkeit und künstlerische Ausgestaltung des germanischen Holzhauses selbst auf die Römer einen grossen Eindruck gemacht hat, zeigen die kunst- und kulturgeschichtlich höchst bemerkenswerten, bezeichnenderweise aber bisher in keinem der einschlägigen Werke angeführten Verse des Dichters Fortunatus Venantius, der im 6. Jahrhundert unter den Franken lebte:
Weichet, ihr Wände, gemauert aus steinernen Blöcken, ich ziehe
Dank Baumeisters Geschick vor euch das hölzerne Haus.
Trefflich verwahren vor Wind und vor Wetter getäfelte Stuben,
Wo nicht klaffenden Spalt duldet des Zimmermanns Hand;
Schutz, wie ihn sonst nur gewähren Stein, Mörtel und Sand im Vereine.
Einzig erbaut und allein ihn uns der gütige Wald.
Luftig umgeben den Bau im Geviert hochragende Lauben,
Zierlich vom Meister geschnitzt, reizvoll in spielender Kunst.
Der durch den Ausdruck ‘spielende Kunst’ (lusit in arte faber) treffend gekennzeichnete germanische Stil hatte demnach schon damals seine volle Ausbildung erreicht, und durch
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das von ihm auf den Steinbau übertragene Zierwerk ist der ‘romanische’ Baustil entstanden. Aber auch die ‘gothische’ Kunst wäre ohne Voraussetzung der ‘romanischen’ undenkbar, und ihre Spitzbogen und Strebepfeiler haben augenscheinlich in den kühnen Sprengwerken germanischer Holzdächer ihr Vorbild; der Zimmermann aber war bei dem Schiffbauer in die Lehre gegangen.
Bei aller Freiheitsliebe lebte in den Herzen unserer Ahnen ein warmes Rechtsgcfühl. Nicht ging Macht vor Recht, sondern auch der Stärkere beugte sich. wo er im Unrecht war, ‘sie nennen das Treue’. Bei allen Stämmen finden wir Rechtsbücher, die in der jetzigen Fassung zwar erst nach der Völkerwanderung niedergeschrieben sind, aber nach dem Ausspruch eines Lehrers des germanischen Rechts ‘einen Jahrtausende alten Entwickelungsgang’ voraussetzen. Die Rechtsprechung war nicht der Willkür eines Einzelnen überlassen, sondern erfolgte nach gemeinsamer Beratung. Entehrende Strafen wurden nur über Solche verhängt, die sich durch die Art ihres Verbrechens schon selbst geschändet.
Nicht in letzter Reihe zeugt auch die reichentwickelte Sprache und die unerschöpfliche Fülle ebenso klangvoller wie sinnreicher Eigennamen von einem gesitteten, geistig hochstehenden Volke. Und noch eines darf nicht unerwähnt bleiben, die Buchstabenschrift. Die augenfällige Aehnlichkeit der Runen mit den südeuropäischen, besonders den altrömischen Buchstaben, kann nur durch gemeinsamen Ursprung erklärt werden, und nach den früher herrschenden Anschauungen war es ganz selbstverständlich, dass man die Volksschrift der Germanen von den griechischen oder lateinischen Buchstaben abzuleiten suchte. Hauptsächlich die letztere, von dem dänischen Runenforscher Wimmer vertretene Ansicht hat viel Anklang gefunden; mehr und mehr aber stellt es sich heraus, dass eine solche Ableitung unmöglich ist. So bleibt nur der umgekehrte Weg übrig, und in der That erhält man durch Ausscheidung offenbar späterer, durch Abänderungen, Verdoppelungen u. dgl.
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entstandener Zeichen aus der gemeingermanischen Runenreihe einen Bestand von 18 Urzeichen mit dem Lautwert:
phutharch: hnijms: peto1q, die einerseits ihre Entstehung aus einer Bilderschrift noch deutlich erkennen lassen, anderseits die entwickelungsgeschichtliche Ableitung jedes einzelnen Schrittzeichens aller europäischen und kleinasiatischen Schriftarten gestatten. Die Herausschälung dieses Kerns aus dem germanischen Runen Futhark von 24 Zeichen ist mir im Jahre 1888 gelungen, und ich glaube nicht zuviel gesagt zu haben, wenn ich ihm den Namen ‘urarische Schrift’ gegeben, denn nur auf diese Weise werden alle Zeichen der alten Alphabete nach Gestalt und Lautwert verständlich. So werden wir auf einem ganz neuen Wege, durch die vergleichende Schriftforschung, nach der skandinavischen Halbinsel, wo sich die Urformen am längsten erhalten haben, als der Urheimat der arischen Völker hingeführt.
Da man die Wurzel am falschen Orte suchte, mussten auch alle früheren Versuche, einen allen geschichtlichen und sprachlichen Thatsachen gerecht werdenden Stammbaum der Arier aufzustellen, scheitern; geht man aber von Skandinavien als Mittelpunkt strahlenförmiger Ausbreitung aus, so ergiebt sich der Zusammenhang ganz ungesucht und aus der richtigen Wurzel wächst der Stamm mit all seinen Aesten und Zweigen wie von selbst heraus. Wir müssen aber hier darauf verzichten, denselben bis ins Einzelne auszumalen, sondern wollen nur die Stammeseinteilung der Germanen, die als letzte aller Arier die Urheimat verlassen haben und zum Teil noch bewohnen, ins Auge fassen. Auch sie konnte, so lange man den Ursprung unseres Volkes im Osten wähnte, nicht verstanden und mit der Überlieferung in Einklang gebracht werden. Nach Tacitus und Plinius, wie nach den mundartlichen Verhältnissen lassen sich die zahllosen germanischen Völker und Völkchen in vier Hauptstämmen unterbringen, die sich von West nach Ost in folgender Reihe an- | |
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einanderschliessen: 1. der kimbrisch-ingävonisch-frisische Stamm, der von allen Germanen die nächste Verwandtschaft mit den Kelten zeigt - auch gallische Völker führen den Namen Cymbri - und Kimbern, Teutonen, Dänen und Frisen umfasst. 2. Der marsisch-istävonisch-fränkische Stamm, zu dem Sigambern, Brukterer, Chatten, Chamaven, Cherusker, Bataver und als Hauptvolk die Chauken gehören und aus dem die späteren Franken, die ‘einst alle Hugen hiessen’, hervorgegangen sind; 3. der suebisch-herminonische Stamm, der grösstenteils aus den grösseren und kleineren schwäbischen Völkern besteht, zu dem aber auch die Lugier gehören, die den Übergang zu den Goten bilden
und nach ihren Wohnsitzen im Lande Baias auch Baiovaren genannt wurden, die Stammväter der Baiern; 4. der vandilisch-gotische Stamm, der Verwandtschaft mit den östlichen Nachbarn der Germanen, den slavischen und litauisch-thrakischen Völkern - auch diese führen ja die Namen Wenden, Goten, Geten - erkennen lässt und Wandalen, Goten, Burgunden, Rugier, Gepiden in sich schliesst. Nach dem Sturz des Weströmischen Reiches erfolgte eine allgemeine Verschiebung nach Süden, wobei im allgemeinen der Zusammenhang bewahrt wurde: wie im Norden Chauken, Semnonen, sonstige Sueben, Lugier, so folgten sich im Süden Franken, Alemannen, Schwaben und Baiern. Nach dem Abzug dieser Völker wurde die niederdeutsche Ebene grösstenteils von den Sachsen besetzt, teilweise da inzwischen die Slaven westwärts vorgedrungen waren, zurückerobert. Von all den von Tacitus genannten Völkern gehören nur die Angrivarier, die späteren Engern, zu den Sachsen, das Hauptvolk wohnte damals noch auf der kimbrischen Halbinsel. Sie bilden die Verbindung zwischen Deutschen und Skandinaviern und zeigen nach verschiedener Richtung Verwandtschaft, so dass sie schwer in einem der vier Hauptstämme des Stammbaums unterzubringen sind. Sprachlich am nächsten stehen sie den Alemannen und Langobarden, was auf lange Nachbarschaft in den Ländern um die Niederelbe schliessen lässt. Durch
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die Auswanderung der Völker gotischen Stammes wurde zum grossen Nachteil für das Deutschtum der linke Flügel der germanischen Schlachtreihe den Slaven preisgegeben. In der alten Stammesheimat sind die Teile aller Stämme zurückgeblieben und im Laufe der Zeit zu einem sprachlich einheitlichen Volke verschmolzen. Noch lebt dort der Goten berühmter Name fort, und in ‘Schweden’, d.h. Sveothiuda, dem Volk der Sveonen, neben Sveones in alten Handschriften auch Suevones oder Suevi genannt, hat sich der uralte Volksname der Schwaben erhalten. In den Niederlanden hat sich seit alten Zeiten eine Mischung von germanischen Völkern verschiedenen Stammes, darunter auch versprengte (erronei) Schwaben, vollzogen, doch überwiegen wohl fränkische, sächsische und frisische Bestandteile.
Aus kleinen Splittern des germanischen Hauptstamms, Sachsen, Schwaben und Frisen, ist das englische Volk, das britische Weltreich erwachsen, ein Zeichen von der Vermehrungskraft und Ausdehnungsfähigkeit germanischen Volkstums. Hauptsächlich von England aus, aber mit starker Unterstützung von Nordeuropa, besonders Deutschland und Skandinavien, sind Nordamerika und Australien besiedelt und zu Pflanzstätten europäischer Kultur gemacht worden. Die heutigen Verkehrsmittel, hauptsächlich durch germanische Geistesarbeit und Thatkraft geschaffen, haben der nordeuropäischen Rasse den ganzen Erdball geöffnet. Wie lange wird es noch dauern, bis er ganz unter der Herrschaft europäischer oder von Europäern abstammender Völker steht? Allen voran und überlegen im Kampf ums Dasein und die Weltherrschaft sind, weil von edelster Rasse, die Germanen und die von ihnen gegründeten Reiche. An ein Zusammengehen, einen Zusammenschluss aller Germanen ist wohl unter den heutigen Verhältnissen nicht mehr zu denken. Die seemächtigen Engländer und die durch ihre letzten Erfolge übermütig gemachten Nordamerikaner werden ihre eigenen Wege gehen und den Stammverwandten auf dem alteuropäischen Festlande den schärfsten Wettbewerb
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machen. In der Stammesheimat zeigen sich die verderblichen Wirkungen des germanischen Erbfehlers in dem bedauerlichen Streit der Schweden und Norweger aufs neue. Ist es aber unmöglich und undenkbar, dass, von der Geschichte belehrt, die festländischen Germanen, voran als Vormacht das Deutsche Reich, dann Österreich-Ungarn, Holland, Belgien, die Schweiz und dann vielleicht, alten Groll und Hader vergessend, Dänemark und Schweden-Norwegen zunächst zu einem Zollverein, später zu einem Schutz- und Trutzbündnis sich zusammenschliessen? Thun sie dies, so sind sie Herren von Europa und können mit ihren angelsächsischen Vettern als Gleichstehende, wenn nicht Überlegene, wegen der Weltherrschaft sich auseinandersetzen.
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