***
Die Unkenntnis der vlämischen Sprache bei höheren Staatsbeamten macht sich noch immer recht fühlbar und verursacht manchen Nachteil.
Eine merkwürdige Historie spielte sich dieser Tage in der vlämischen Gemeinde Assenede ab bei Gelegenheit der staatlichen Abnahme von Bauten. Der Staatsbaumeister erschien mit gewichtiger Miene und begann im schönsten belgisch-französisch zu parlieren, bekam aber keine Antwort, da der Unternehmer und der Schöffe der Gemeinde kein Sterbenswörtchen verstanden hatten. So standen die Herren sich anstaunend gegenüber. Man schrie oder suchte vielmehr nach Hülfe im ganzen grossen Orte, vergebens. Der Staatsbeamte musste mit langer Nase abziehen! - Wer ist nun im Unrecht? Der Staat! da er nicht dafür sorgt, dass seine Organe sich verständlich machen können. Beamte sind dazu da, um die Geschäfte des Staates zu besorgen und dazu müssen sie unter allen Umständen und bei jeder Gelegenheit fähig sein.
***
Das Unterrichtswesen. Das böse Unterrichtswesen macht Vielen, viele und grosse Sorgen. Der Kampf, der sich hier abspielt, wird von beiden Seiten, den Vlamen und Wallonen, in hartnäckigster Weise geführt. Jeder Zoll muss mühsam erobert und mit äusserster Anstrengung behauptet werden. Es gehört die ganze Zähigkeit des vlämischen Wesens dazu, um nicht zu ermatten, um gegenüber der Schlauheit der vielfach französisch gesinnten Behörden nicht den Kürzeren zu ziehen und um die stets neuen Intriguen zu vereiteln. Die einfachste natürlichste Forderung der Vlamen wird höhnisch begrüsst, kritisirt und meist abgelehnt, zumal der mächtige Verbesserungsrat im Unterrichtsministerium aus 2 vlämisch gesinnten Mitgliedern und 7 mehr oder minder heftigen Gegnern der Vlamen besteht. Unerhört und gradezu unglaublich klingt es, dass die Mehrheit der belgischen Bevölkerung die Verbesserung des Unterrichtswesens im germanischen Sinne diesem Rate gradezu bettelnd abringen muss. Was geht's denn die Wallonen an, wenn die Vlamen und die Deutsch-Belgier für sich Verbesserungen wünschen, für sich in den betreffenden Städten und Provinzen? Das natürliche Rechtsgefühl weist klar darauf hin, dass die germanischen Belgier einen eignen Verbesserungsrat für ihr Schulwesen haben müssen.
Welche Verbesserungen darf man wohl von seinen Gegnern erwarten?
Der ‘Nationaal Verbond’ hat hier ein Arbeitsfeld, das schon allein bedeutend genug ist, um ihn ganz und vollauf in Anspruch zu nehmen.
Leider ist uns heute der Raum versagt um über diese wichtige Frage so zu berichten, wie sie es verdient und wie dies in unserer Absicht liegt.