Germania. Jaargang 1
(1898-1899)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Staffelung indirekter Steuern als Mittel zur Erhaltung lebensfähiger Klein- und Mittelbetriebe.Seit einigen Jahren greift in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz bei Neueinführung oder Neuordnung indirekter Steuern überall dort, wo neben Grossbetrieben Klein- und Mittelbetriebe bestehen, das Bestreben Platz, durch Bestimmungen der Steuergesetze den Klein- oder Mittelbetrieben zu Hilfe zu kommen und, soweit solche bestehen, ihre Vernichtung durch die Grossbetriebe zu verhindern. Auf dem Gebiete der Bierbesteuerung hat dieses Bestreben in Bayern zu der Brausteuer-Novelle von 1889 geführt und nach dem Vorgange Bayerns ist das System der ‘Staffelung’ der Malzsteuer auch in Württemberg durch die Gesetze vom 28. April 1893 und vom 8. Juli 1895, sowie in Baden durch das Gesetz vom 13. Juli 1896 zum Durchbruch gekommen. In Bayern steht die Staffelsteuer nun über sieben Jahre in Kraft und sie gibt danach bereits Möglichkeit zu prüfen, ob und in wieweit ihre Absichten durch den Gang der Dinge verwirklicht worden sind. Der Aufgabe, dies zu untersuchen, hat sich vor einiger Zeit in dem von Georg Schanz herausgegebenen ‘Finanzarchiv’ der bayrische Oberzollinspektor Graf unterzogen, aber mit dem Erfolg, sich nunmehr durch den Bundesratsbevollmächtigten und Ministerialrat im bayrischen Finanzministerium von Geiger, einen der besten Kenner des Gebiets der indirekten Steuern, berichtigen lassen zu müssen. Letzteres ist im Jahrgang 1897 des Finanzarchivs S. 285 ff. geschehen. Der Steuersatz für das zu aufschlagpflichtigen Zwecken bestimmte Malz hat in Bayern bis zum 31. Oktober 1879 4 M. vom Hectoliter betragen. Dieser Satz wurde durch Gesetz v. 31. Okt. 1879 zunächst bis zum 31. Dez. 1881 auf 6 M. erhöht, dann aber durch spätere Gesetze in diesem Betrage fort bewilligt. Die Erhöhung der Steuer um die Hälfte war durch die Lage des Staatshaushalts erfordert worden. Schon bald nach Erhöhung des Steuersatzes von 4 auf 6 M. waren nun in den Kreisen des Braugewerbes Stimmen laut geworden, welche eine Abstufung dieses Einheitssatzes zu Gunsten der Klein- und Mittelbrauer verlangten. Diese Bestrebungen fanden auch Vertretung in der Kammer der Abgeordneten, indem gelegentlich der Beratung über die vorerwähnten Gesetze von verschiedenen Abgeordneten Anträge auf Staffelung des Malzsteuersatzes eingebracht wurden. Die Anträge gingen bei grosser Mannigfaltigkeit im einzelnen sämtlich dahin, den geringeren Jahresmalzverbrauch | |
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mit einem niedrigeren, den grösseren Verbrauch mit einem höheren Steuersatze zu belegen. Die bayrische Regierung machte auf die der Abstufung entgegenstehenden Bedenken mehrmals aufmerksam. Sie hielt besondere Vorsicht für geboten, weil ähnliches bis dahin auf dem Gebiete der Bierbesteuerung noch nirgends versucht worden war, Erfahrungen also nicht vorlagen. Nachdem indessen einerseits der Einheitssatz von 6 M. vom Hektoliter Malz auf die Mittel- und Kleinbrauereien zugestandenermassen einen ungünstigen Druck ausübte, die Grossbrauereien dagegen sich ständig ausdehnten und namentlich zahlreiche kleine und mittlere Betriebe auf dem Lande durch immer zunehmende Konkurrenz in ihrem Fortbestande bedrohten, und nachdem anderseits die Lage des Staatshaushaltes sich gebessert hatte, entschloss sich die Regierung zur Vorlage eines auf diesen Verhältnissen aufgebauten die Staffelung des Malzsteuersatzes bezweckenden Gesetzentwurfs. Derselbe wich in mehreren, sehr wesentlichen Punkten von den früher im Landtag gemachten Vorschlägen ab. Die hauptsächlichsten Unterschiede bestanden darin, dass nicht für alle Brauereien von bestimmter Grösse die Zulassung zu den ermässigten Steuersätzen von 5 M. und 5 M. 50 Pf. in Aussicht genommen wurde, sondern nur für diejenigen, welche im Jahre 1888 bereits vorhanden und betrieben waren. Neu entstehende Brauereien sollten also von der Begünstigung des Gesetzes ausgeschlossen bleiben. Schliesslich wurde im Landtag noch die Zwischenstufe von 5 M. 50 Pf. gestrichen und die Anwendung des niedrigeren Steuersatzes von 5 M. auf die ersten 2000 hl des von den Mittel- und Kleinbrauereien in einem Jahre verwendeten Malzes beschlossen. Die Kleinbrauereien (Betriebe bis zu einem Jahresmalzverbrauche von je etwa 300 hl) wurde also nicht eines Vorzugs vor den Mittelbrauereien teilhaftig, und zwar darum, weil sie in der Regel ihr gesamtes Erzeugnis selbst zum Ausschanke bringen und infolge des Schankgewinnes verhältnismässig günstiger gestellt schienen als die mittleren Betriebe. Die Frage ist nun: ‘Welche Wirkung hat das Gesetz bisher auf die mittleren und kleinen Betriebe ausgeübt?’ Herr von Geiger teilt darüber folgendes mit: Die Mittelbrauereien sind nach Zahl und Malzverbrauch in Zunahme begriffen, ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Brauereien hat sich gebessert. Die Kleinbrauereien haben die durch die Staffelung des Steuersatzes erzielten Ersparungen vielfach zu Bestriebsverbesserungen benützt; sie sind dadurch in den Stand gesetzt, mit den Erzeugnissen anderer Brauereien erfolgreicher in Wettbewerb zu treten, als dies unter dem ihre Lage immer mehr gefährdenden Einheitssatz der Fall war. Es ist daher auch eine Verlangsamung des früheren Rückganges in dieser Brauereienklasse herbeigeführt worden. Bei Bereitung der Novelle waren von Seite der Grossbrauer Befürchtungen geäussert worden, die am schärfsten der Justizrat Dr. Hermann | |
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Pemsel in München in einer Broschüre ‘die Abstufung des Malzaufschlags’ wie folgt zum Ausdruck brachte: ‘Was immer aber an Stelle der Regierungsvorlage beschlossen werden mögen, kann niemals so unheilvoll für das bayrische Brauwesen werden, als irgend ein System der Abstufung des Malzaufschlags. Sie ist eine Saat von Drachenzähnen, aus der nur Zwietracht, Hass und Verwirrung aufgehen kann’. Diese - übrigens verständlichen - Befürchtungen haben sich nicht verwirklicht. Dagegen ist selbstvertändlich nicht zu verkennen, dass der Erlass eines Teiles der Steuer für die mittleren und Kleinbetriebe eine Subventionierung derselben aus der Tasche der Steuerträger - Minus an Steuer! - bedeutet. Durch den Verzicht auf einen Teil der Steuer werden die höheren Produktionskosten der Klein- und mittleren Betriebe ausgeglichenGa naar voetnoot1). Würde dieser Verzicht nicht geleistet, so würden die Klein- und mittleren Betriebe im Kampf mit der Grossbrauerei zu Falle kommen, und ihre gegenüber der Grossproduktion minder wirtschaftliche, weil mit höheren Kosten verbundene Produktion aus der Volkswirtschaft ausscheiden. Dem social etwa verhandenen Gewinn steht also ein ökonomischer Verlust gegenüber. LetztererGa naar voetnoot2) kann um jenes willen vielleicht getragen werden, wenn den in Frage stehenden kleineren Betrieben auf diese Weise ihre Existenzfähigkeit dauernd garantiert wird. Würde ihre Begünstigung aber nur die Verlängerung eines Todeskampfes bedeuten, so wäre sie in höherem Grade irrationell. Im übrigen handelt es sich bei Vergleichung des socialen Gewinns mit dem wirtschaftlichen Verlust selbstverständlich auf Seiten des Ersteren um eine inponderable Grösse. Ein exaktes Urteil über die Berechtigung jener auf längere oder dauernde Erhaltung kleiner bereits bestehender Betriebe gerichteten Politik ist daher nicht zu gewinnen. Unter allen Umständen stellt aber die Staffelung der indirekten Steuern einen interessanten Versuch auf dem socialpolitischen Gebiet dar und lässt es, wenn er im Falle der indirekten Steuer unterworfenen Gewerbe als berechtigt erkannt wird, fast als bedauerlich erscheinen, dass die indirekte Steuer nicht auf eine weit grössere Zahl Objekte der inländischen Erzeugung ausgedehnt ist. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen vermag jene Socialpolitik doch nur auf einen überaus kleinen Ausschnitt der nationalen Produktion angewandt werden. Professor Julius Wolf. |
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