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Die ichthyologische Illustration
Es dürfte wenig Kulturgebiete geben, auf denen die antike Tradition so stark unterbrochen ist, wie gerade in der Kenntnis und bildlichen Wiedergabe von Fischen. Auf Mosaiken und Wandgemälden aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten - in der Casa del Fauno in Pompeji etwa, oder in Populonium in Etrurien oder in Leptis Magna - treten sie uns noch neben anderen Seetieren in vollendeter Naturtreue entgegen. Demgegenüber geben die spärlichen Darstellungen des frühen und hohen wie noch des späten Mittelalters kaum mehr als den Begriff ‘Fisch’ wieder, ohne auf irgendwelche Details einzugehen. Vierfüsser und Vögel wie Pflanzen hatte man, bei aller Abneigung gegen Anschauung und Naturstudium, nicht so zusammenstreichen können - obwohl auch sie bei dem ewigen Kopieren und Wiederkopieren genugsam stilisiert und vereinfacht worden waren - wie gerade die so wenig differierenden Fische, die sich dem ungeschulten Auge fast als einheitliche Form darbieten. Vor allem die Farbe, das eindringlichste, aber auch so ungemein verletzliche Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Arten, wurde, wenn überhaupt, rein symbolisch und ohne realistischen Sinn wiedergegeben. So war man, als sich das Interesse für die Aussenwelt erneuerte, gezwungen, ganz von vorne zu beginnen.
Zunächst versuchte man es mit einer Art philologischer Konjektion, indem man einfach manche der von Aristoteles und seinen Zeitgenossen lediglich allegorisch gemeinten Namen - wie Seehase, Seehund, Seepfau - wörtlich nahm und in Anlehnung an antike Fabelwesen phantasiereiche Figuren für sie entwarf. Diese ergötzliche Gesellschaft wurde nicht nur in die Frühdrucke übernommen, insbesondere den ‘Hortus Sanitatis’, sondern findet sich noch fast vollzählig um die Mitte des 16. Jahrhunderts im Thierbuch Alberti Magni (Frankfurt: Cyr. Jacobi 1545), in der Historia de gentibus septentrionalibus von Olaus Magnus (Romae 1555) oder dem von Jost Amman und Virgil Solis illustrierten Plinius, den Feyerabend 1565 in Frankfurt herausbrachte. Sogar Gessner (1558) und Aldrovandi (1612/13) geben der Vollständigkeit zuliebe noch viele dieser Phantasiegestalten wieder. Während die menschliche Gestalt und ihre Anatomie, die höheren Tiere und die Pflanzen bereits generationenlang im Brennpunkt des künstlerischen Ringens standen, bevor sie unter das Seziermesser der Wissenschaftler fielen, hatte bis dahin den Fischen noch kein Künstler von Bedeutung sein Interesse zugewandt.
So fällt denn der Beginn der wissenschaftlichen Ichthyologie mit dem Beginn ihrer naturgetreuen Wiedergabe zusammen: Die Werke von Belon (1551, 1553), Rondelet (1554) und Salviani (1554- | |
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58) enthalten auch die ersten nach der Natur neu gezeichneten Fischbilder. Doch wäre es verfrüht, von ihnen bereits eine genaue Identifizierung der Arten zu erwarten. Das ging noch über das Können, nicht der Künstler, wohl aber dieser Pioniere der Wissenschaft hinaus. (Diese Tatsache zeigt einmal mehr, dass eine wissenschaftliche Zeichnung das geistige Eigentum des Wissenschaftlers, nicht des Künstlers ist. Nur selten wird dieser mehr sehen, als ihm der Forscher zeigen kann). Dasselbe gilt von Gessner, auch wo er sich nicht mit Kopien nach seinen Vorgängern begnügt hat. Nur bei den meisterhaften Holzschnitten im Fischbuch Aldrovandis hat man öfter das Gefühl, als wären die Zeichner ihrem allzu philologisch eingestellten Herrn und Meister in mancher Detailkenntnis voraus gewesen. Dagegen liegt in der Historia naturalis Brasiliae von Piso und Marcgrave (Lugduni Bat. 1648) die Schuld ausschliesslich bei der mangelhaften Wiedergabe durch den inzwischen unmodern gewordenen, daher nicht mehr von namhaften Künstlern gepflegten Holzschnitt. Zwar haben sich nicht die direkten Vorlagen erhalten, aber genug andere Bilder der an dieser - durch den Statthalter Johann Moritz von Nassau-Siegen veranlassten - Forschungsreise beteiligten Künstler Albert Eeckhout, Frans Post und Zacharias Wagener. Aus ihnen erhält man, zoologisch wie künstlerisch, eine weit bessere Anschauung der Gegenstände, sodass sie noch 150 Jahre später Bloch als Vorlagen dienen konnten.
Erst die Historia piscium von Francis Willughby - 1685/86, posthum wie seine Ornithologie, von seinem Freunde John Ray herausgegeben - genügt auch in ikonographischer Hinsicht modernen Ansprüchen. Die Herstellung der Tafeln wurde von Martin Lister überwacht, dessen eigenes grosses Conchylienwerk eben damals zu erscheinen begann. Die Stecher wird man unter den niederländischen Künstlern suchen müssen, die damals den Kupferstich in England heimisch zu machen suchten, bezw. unter ihren englischen Schülern. Ihre Namen finden sich am vollzähligsten in dem botanischen Gegenstück, Rob. Morison's Historia plantarum universalis, die wie Willughby's Werke im Theatrum Sheldonianum zu Oxford erschienen ist: Abrah. Blooteling, M. Burghers, Will. Faithorne, Fred. Hendr. van Hove, Dav. Loggan, Hub. van Otteren, John Savage, Will. Sonmans, Rob. Vaughan, Rob. White. Die Vorlagen waren von den Forschern auf ihren Reisen in England und auf dem Kontinent zusammengetragen. So weiss man, dass die oberrheinischen Fische auf Abbildungen des Strassburger Fischers Leonhard Baldner zurückgehen, von dessen Vogel-, Fisch- und Thierbuch (Hrsg. von Rob. Lauterborn 1903) sie eine Abschrift erwarben (Heute im Brit. Museum, eine andere in Kassel). Auch Joh. Nieuhof's China-Reise wurde von Ray im Appendix noch verwertet.
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Mit diesem Werk war ein Standard gesetzt, hinter dem man in wissenschaftlicher Hinsicht nicht Zurückbleiben durfte, den man nur an künstlerischem Aufwand noch überbieten konnte. In dieser Linie liegen die beiden amerikanischen Reisewerke von Sir Hans Sloane (1707-25), mit Tafeln von John Savage und Michiel van der Gucht, und von Marc Catesby (1731-43), mit von ihm selbst gezeichneten und radierten Figuren; in dieser Linie liegt auch Marsili's Naturgeschichte der Donauländer, die 1725 im Haag erschien, deren Druck jedoch bereits um 1700 in Bologna und Nürnberg begonnen war. Wer als Autor dieser kaum je wieder übertroffenen Figuren anzusehen ist, liegt trotz dreier neuer Biographien dieses in österreichischen Diensten stehenden bologneser Edelmannes im Dunkeln. Bekannt ist nur der Name eines Raimondo Manzini, von dem die Vögel des 5. Bandes herrühren, und des Stechers Francesco Maria Francia für die Mineralien des 3. Bandes. Auf einigen Bergwerkszeichnungen nennt sich auch der Niederländer Matthys Pool, der später Marsili's Histoire physique de la mer gestochen hat. - Vorzüglich sind auch die Stiche von Jan Schenk, C. Fritzsch, J.W. Stör u.a. in Jak. Theod. Klein's Historia piscium (Danzig 1740-49), vielleicht nach Vorlagen desselben Sam. Niedenthals, der als Vogelmaler für Klein tätig war.
Man merkt es all diesen Figuren auf Schritt und Tritt an, dass sie unter ständiger Aufsicht kundiger Zoologen entstanden sind. Was dies bedeutet, lehrt ein Vergleich mit den viel malerischeren, doch unzuverlässigen und oft phantastischen Bildern in Louis Renard's Histoire naturelle des plus rares curiositez de la mer des Indes, Amsterdam 1718/19. Ihnen liegen Vorlagen zugrunde, die von eingeborenen Künstlern für interessierte Laien hergestellt wurden, zu Bd. 1 für Cornelis de Vlaming, ‘eertijds raad en equipage meester op de kust van Bengaalen, naderhand de retour vloot in den jaare 1715 als admiraal begeleid hebbende’ (Zee-T ooneel, verbeeldende een wonderbare verscheidenheit van swemmende en kruipende zeedieren, behorende tot de geslachten der visschen, kreeften, krabben en andere water-schepselen, die merendeels de Indische Zeen, of liever de wateren welleken de eilanden der Moluccos bespoelen, opleveren. Ms 339 des Muséum National d'Histoire Naturelle zu Paris, 52 Bl., 435:290 mm, 93 Fig.), zu Bd. 2 für Samuel Fallours, einen Arzt auf Amboina (Ms 326 der Landesbibliothek Hannover, 20, 108 Bl. mit 434 Fig.). Ihre Unzulänglichkeit ist umso mehr zu bedauern, als sie sowohl in Frans Valentijn's Oud en nieuw Oost Indien Verwendung gefunden haben wie im Theatrum animalium (1718) von Hendrik Ruysch, einer Neuauflage der alten Historia naturalis von John Johnston, und als damals im Rumphius ein so viel besserer Naturforscher in jenen Gegenden lebte.
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Die zahlreichen Kupferstichfolgen wie mit Blumen, Vögeln oder Insekten so auch mit Fischen, die es aus jener Zeit von Alb. Flamen, Nic. de Bruyn, Cl. J. Visscher, Adrian Collaert u.a. gibt, und die man hier vielleicht nennen möchte, gehören insofern in einen anderen Zusammenhang, als sie kaum zoologischen, sondern ornamental-künstlerischen Zwecken dienen sollten, als Vorlagen für Teppichweber oder Kunststicker.
Die Jahrzehnte um 1800 brachten dann, wie den anderen Sparten der Naturgeschichte, auch der Ichthyologie ihre grossen Kupferstich-Tafelwerke, zunächst Markus E. Bloch's Allgemeine Naturgeschichte der Fische, Berlin 1782-95, mit 432 Foliotafeln von Krüger jun. und Joh. F. Hennig; Karl v. Meidinger's Icones piscium Austriae indigenorum, Wien 1785-94, mit 50 in Gouache kolorierten Tafeln von J. Lachenbauer und Martin Sedelmayer; M. de Savigny's Histoire naturelle des dorades de la Chine (Paris 1780, 48 mit Gold und Silber gehöhte Tafeln von Martinet) und schliesslich die grundlegenden Werke von Lacépède (1798-1803, 129 Kupf. von J.E. de Sève), Edward Donovan (1802-08) und Patrick Russell (1803, mit 198 Taf. von Reeve, einem der späteren Inhaber der Lithographischen Anstalt Reeve Bros.).
Doch war damit die Entwicklung keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil, die künstlerisch wie wissenschaftlich bedeutendsten Leistungen liegen erst um die Mitte und gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Es hängt dies mit dem Aufkommen spezialisierter wissenschaftlicher Zeichner zusammen, die sich diesem entsagungsvollen Beruf aus innerer Neigung widmen und dadurch viel aktiver zu Mitarbeitern der Forscher werden als es bis dahin der Fall gewesen war. In Frankreich sind es Künstler wie Paul Louis Oudart, Alphonse Prévost, Acarie Baron, Jean Charles Werner, alle aus de Schule des Muséum National d'Histoire Naturelle hervorgegangen. Ihnen sind die Tafeln zur 22-bändigen Histoire naturelle des poissons, 1828-49, von Cuvier und Valenciennes zu danken wie zu den grossen Reisewerken, an denen Frankreich in jenen Jahrzehnten so reich war. In Deutschland kann man Seb. Minsinger nennen, der die brasilianischen Fische für Spix und Martius gemalt hat (1829-31) und später auch für Agassiz gearbeitet hat, in der Schweiz A. Lunel, der für seinen Vater Godefroy Lunel die Fische des Genfer Sees abgebildet hat, in Skandinavien Wilh. v. Wright (für Fries, Ekstroem & Sundevall, 1836-48) und Gösta Sundman (für Reuter und Mela, 1883-93), in den Niederlanden J.P. Berghaus (für Siebold's Fauna Japonica, 1842-50) und L. Speigler (für P. Bleeker's grossen Atlas ichthyologique des Indes Orientales Néerlandaises, 1862-78).
Am konsequentesten hat man sich jedoch in England um eine exakte und zugleich lebenswahre Wiedergabe bemüht. Ihren Aus- | |
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gang nahmen diese Bestrebungen zunächst aus dem Kreise um Will. Jardine und Will. Swainson, die schon Audubon's grosse Vogelbilder mit Begeisterung aufgenommen und ihre Herausgabe unterstützt hatten. Jardine's eigene Salmoniden-Bilder wie die unter seinen Augen entstandenen Fischbilder des begabten James Stewart für die Naturalist's Library haben richtungweisend gewirkt. Mit ihnen wetteifern die Bilder von J. Swaine (für Hamilton 1822), von Bennett (1828/30), Francis Day (1865 bezw. 1878-88), Francis Lydon (für Couch 1862-65, für Houghton 1879, beide gedruckt von Benj. Fawcett, Driffield) und Rob. Mintern, einem Mitinhaber der Lithographischen Anstalt Mintern Bros, später vor allem George H. Ford, James Green und Pierre Jacques Smit. Ford, ein gebürtiger Südafrikaner, war von Sir Andrew Smith für seine Zoology of South Africa entdeckt worden und hat danach am Britisch Museum für J.E. Gray und Alb. Günther gearbeitet; Green, 1859 in London geboren, setzte mit Rob. Mintern, dann mit Smit, diese Tätigkeit fort für Günther und vor allem für G.A. Boulenger, lithographierte und druckte nach dem Eingehen der Firma Mintern seit 1906 auch die Tafeln in eigener Werkstatt. P.J. Smit, geboren am 17.10.1863 in Leiderdorp, Holl., ist ein Sohn von Jos. Smit (1836-1929), der mit Jos. Wolf und Keulemans zusammen die wissenschaftliche Darstellung der höheren Tiere auf eine früher ungeahnte Höhe geführt hat.
Auch der Sohn, der heute noch hochbetagt in Port Elizabeth, Südafrika, lebt, hat sich nicht auf die Ichthyologie beschränkt, sondern Vögel und Grosswildtiere ebenso vollendet dargestellt, während Ford und Green in der Wiedergabe von Reptilien ihr Bestes geleistet haben.
Die Reproduktion ihrer Figuren ist, soweit man nicht bei der Handkolorierung geblieben ist, durchweg im lithographischen Farbdruck erfolgt. Die Firmen Mintern Bros. und. M. & N. Hanhart, C.W. Mieling, Th. Fischer und Werner & Winter haben darin Vorzügliches geleistet, während die Chromoxylographie lediglich von ihrem Erfinder Benj. Fawcett erfolgreich gehandhabt werden konnte. Werner & Winter haben es dann 1908/09 gewagt, die Süsswasserfische von Mittel-Europa für Vogt und Hofer photomechanisch nach den Präparaten wiederzugeben; doch ist man heute wieder zur Künstler-Vorlage zurückgekehrt. Zwischen den Kriegen sind jedoch kaum grössere Abbildungswerke herausgekommen, weder in England noch auf dem Kontinent, trotz des Wirkens tüchtiger Künstler wie Ray Nyst in Brüssel, Paul Flanderky in Berlin oder Curt Bessiger in Leipzig. Lediglich die Süsswasserfische von Karl Rühmer, Ebenhausen 1934, mit schönen, in farb. Buchdruck vollkommen reproduzierten Tafeln von Rich. Wagner (1874-1947) sind erwähnenswert, ferner der Iris-Druck Ver-
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zauberte Tiefen des Westschweizers Paul A. Robert. Dass jedoch keineswegs das Interesse an diesem reizvollen Sujet erloschen ist, beweisen zwei Neuerscheinungen, die mir freilich noch nicht zu Gesicht gekommen sind: Die Game Fish of the world (London: Nicholson & Watson 1949) von Brian Vesey-Fitzgerald und Francesca La Monte mit 80 Farbtafeln von A. Fraser-Brunner, sowie das Kleine Aquarium von Joseph Weiss (München 1951), eine Foliomappe mit 8 handkolorierten Holzschnitten.
Dr. Claus Nissen.
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Stereotypographie
Sallustius, C. Crispus. Belli Catilinarii et Jugurthini Historiae. Edinburgh, William Ged, 1739, 12mo. In a contemporary red morocco binding, gilt, g.e., with the original orange and gold end-papers still preserved.
g.u.l.
To William Ged, an Edinburgh goldsmith, must be credited the invention of stereotypography, the means by which a book could often be reprinted without the trouble of resetting the type. This edition of Sallust is the first book to be printed from stereotype plates.
In the Biographical Memoirs of William Ged (p. 25) a curious account of the production of this little volume is related: ‘His [i.e. Ged's] friends... were anxious to have a specimen of his performance printed here; which was at last done by subscription. But the difficulty of a compositor still remained, and none could be got to do it; his son James Ged being then about ten or twelve years old, it was thought proper to breed him a printer; and he was not much above a year in the business, when... he was allowed to come in the night-time, when all the other compositors were gone, and set up the formes for his father to cast off the plates from, bij which means Sallust was finished.’
From the catalogue of the Festival Exhibition ‘18th century Scottish Book’.
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