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Anmerkungen
Die Anmerkungen folgen kapitel- und innerhalb der Kapitel abschnittsweise dem Text, ohne sich auf genau fixierte Stellen zu beziehen. Dieses Verfahren wurde gewählt, um die den Leser störenden Anmerkungsziffern zu vermeiden. Knappe Lebensdaten der erwähnten Personen finden sich auch im Personenregister.
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Erstes Kapitel: Kindheit und Schulzeit
Vater: Guillaume Charles van de Velde, geboren in Brüssel am 19. Juli 1825, gestorben in Antwerpen am 19. Dezember 1901. Mutter: Jeanne Aimée Aurore van de Velde, geb. de Paepe, geboren in Gent am 29. Februar 1826, gestorben in Bouchot (Antwerpen) am 22. Juli 1888. Weder väterlicher- noch mütterlicherseits existiert ein Stammbaum.
Orangiste: Anhänger des Fürstenhauses Oranien.
Peter Benoît (1834-1901), Komponist, seit 1867 Direktor der Flämischen Musikschule Antwerpen. Freund der flämischen Kultur, stand der deutschen Musik nahe. Festival Charles Gounod 1879, Festival Franz Liszt 1881. Literatur: C. van den Borren, Peter Benoît, Antwerpen 1943.
Max Elskamp (1862-1931), flämischer Dichter französischer Zunge, Sammler flämischer Volkskunst. Zeichner, Bastler. Porträt Elskamps von van de Velde in der ersten Ausstellung der Vereinigung ‘L'Art Indépendant’, Antwerpen 1887; verschollen. Porträtradierung in der Sammlung Thyl van de Velde, Brüssel. Literatur: Robert Guiette, Max Elskamp, Choix de poèmes, inédits, bibliographie, portraits, documents. Nr. 45 der Sammlung Poètes d'aujourdhui, Paris 1955, mit Reproduktionen nach Holzschnitten Elskamps. - Van de Velde verließ das ‘Athenée’ in Antwerpen mit Diplom ‘Pour Etudes d'Humanités’ vom 15. April 1880.
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Zweites Kapitel: Als junger Maler in Antwerpen und Paris
Charles Verlat (1824-1890), Historien- und Tiermaler, Naturalist, war in Paris mit Courbet in Kontakt. 1869-1874 Leiter der Kunstschule in Weimar, 1877 Leh- | |
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rer, 1885 Direktor der Akademie Antwerpen. Gehörte nicht zu den fortschrittlichen belgischen Malern jener Zeit. Gedankenreicher, aggressiver Nachruf auf Verlat von van de Velde in der Zeitschrift ‘L'Art Moderne’, Brüssel, 2. November 1890, S. 348: ‘An der Spitze dieser Klinik’ - gemeint ist die Akademie - ‘starb der Maler Verlat an der Krankheit, die er lehrte.’
Emile Auguste Carolus-Duran (1838-1917), virtuoser Pariser Maler, halb auf der Seite der Akademie, halb auf der der Jugend. Literatur: A. Alexandre, Carolus-Duran, Paris 1902.
Ernest Meissonier (1815-1891), Historien- und Schlachtenmaler, einer der höchstbezahlten Maler seiner Zeit.
Charles Gounod (1818-1893), Komponist, Antipode Wagners, seine erfolgreichste Oper ‘Margarethe’ nach Goethes ‘Faust’.
Cholera - ‘petite épidemie’ - in Paris im Herbst 1884.
Jacques Offenbach (1819-1880), Komponist, Meister witzig-poetischer musikalischer Charakterisierung. ‘Fortunios Lied’, eines seiner besonders liebenswerten Meisterwerke, wurde auf Offenbachs Wunsch bei seinem Begräbnis gesungen. Van de Velde trifft sich in der hohen Schätzung Offenbachs mit Karl Kraus, der eine Reihe von Operetten Offenbachs übersetzt und bearbeitet hat.
Jean-François Millet (1814-1875), poetischer Realist. Laut einem in Brüssel befindlichen, vor 1947 entstandenen Entwurf zu den Memoiren hielt sich van de Velde wenige Wochen in Barbizon auf. Die Zeitangaben über die Rückkehr nach Antwerpen (aus familiären Gründen) differieren, es ist anzunehmen, daß van de Velde schon in den letzten Monaten des Jahres 1885 zurückkehrte.
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Drittes Kapitel: Wieder in Belgien - Probleme und Krisen
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S. 32 Jahre der Einsamkeit
Datum der Rückkehr nach Antwerpen vgl. Anmerkung zum zweiten Kapitel.
Luministen: belgische (und holländische) Pleinair-Maler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die sich vorzüglich mit den Problemen des abgestuften Lichtes befaßten. Literatur: Luc et Paul Haesaert, Flandre, Essai sur l'Art Flamand depuis 1880, Paris 1931.
Jacques Rosseels (1828-1912), Florent N. Crabeels (1829-1896), Adrien-Joseph Heymans (1839-1921), Emile Claus (1849-1924). Eine Studie van de Veldes über Heymans - van de Veldes erste gedruckte Arbeit - in: Revue Générale, Brüssel, September 1889, Hinweis auf die impressionistische Haltung Heymans.
Wechel der Zande, kleines Dorf von einigen hundert Seelen in der Antwerpener Kempe (Heide). Van de Veldes Unterkunft, das Gasthaus ‘De Keizer’ (nach freundlicher Mitteilung von Herrn Thyl van de Velde), noch ungefähr im früheren Zustand erhalten.
‘Les Vingt’, Brüsseler Vereinigung von Künstlern und Kunstfreunden zur Pflege internationaler moderner Kunst; Ausstellungen, Konzerte, Vorträge. Bevollmäch- | |
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tigter Sekretär: Octave Maus (1856-1919), Advokat, Kunst- und Musikkritiker. 1893 ‘Les Vingt’ aufgelöst, von 1894 bis 1914 unter eigener Verantwortung von Maus als ‘La Libre Esthétique’ weitergeführt. Literatur: Madeleine O. Maus, Trente Années de Lutte pour l'Art 1884-1914, Brüssel 1926, mit vielen Dokumenten und Bildern.
‘Du paysan en peinture’, Vortrag van de Veldes in Antwerpen 1889 im Kreis des ‘Jeune Barreau’, und Februar 1891 bei den ‘Vingt’ in Brüssel. Erschienen in: L'Avenir Social, Jahrgang 1900. ‘Eine der schönsten Konferenzen van de Veldes, eine unbewußte Berufung auf van Gogh.’ (Julius Meier-Graefe, Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst, 1904, Bd. 1, S. 116.)
Trotz des zurückgezogenen Lebens in Wechel der Zande blieb van de Velde in steter aktiver Verbindung mit dem Kunstleben Antwerpens und Brüssels. Mitglied der 1883 gegründeten Vereinigung ‘Als ik kan’. Nimmt an deren konventionellen Ausstellungen teil.
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S. 39 Kontakt mit neuen Ideen
Georges Seurat (1859-1891), ‘Dimanche de la grande Jatte’, entstanden 1884 bis 1886, heute im Art Institute, Chicago.
Über Seurat, Signac, die Neo-Impressionisten und die Farbtheorien der Physiker siehe John Rewald: Von van Gogh zu Gauguin, 1957, Kapitel II, 1886-1890: Seurat und sein Kreis, mit Abbildungen von Gemälden Seurats, Signacs, Finchs, Lemmens, van de Veldes und anderen.
Ein Aufsatz über Seurat von van de Velde in der Zeitschrift ‘La Wallonie’, 6. Jahrg., Nr. 3 und 4.
Über den Physiker Charles Henry, auf den sich van de Velde auch in späterer Zeit gestützt hat, siehe: Cahier de l'Etoile, Sondernummer ‘Hommage à Charles Henry’, Januar/Februar 1930.
Alfred William (Willy) Finch (1854-1930), Maler und Kunsthandwerker englischer Herkunft, Mitbegründer der ‘Vingt’. Seit Ende der achtziger Jahre Neo-Impressionist, seit Anfang der neunziger Jahre auch Keramiker. Von 1897 an als Keramiker und Maler in Finnland.
Georges Lemmen, Maler und Graphiker (1865-1916), auch Kunstschriftsteller. Siehe: Julius Meier-Graefe in der Zeitschrift ‘Dekorative Kunst’ (II. Jahrg., Heft 12) mit vielen Abbildungen kunstgewerblicher Arbeiten, und Marcel Nyns: Georges Lemmen, Antwerpen 1954, mit Abbildungen nur nach Gemälden.
Die von van de Velde und seinen Freunden 1887 gegründete Antwerpener Künstlervereinigung hieß: ‘L'Art Indépendant’. Das ausführliche Vorwort im Katalog zur ersten Ausstellung von 1887, in der sich sieben Bilder und drei Skizzen van de Veldes befanden, schrieb Camille Lemonnier, belgischer Schriftsteller und Kunstkritiker (1845-1913). Von Camille Lemonnier: L'Ecole belge de Peinture, Brüssel 1906.
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S. 45 Als junger ‘Vingtiste’
‘L'Art Moderne’ - Halbmonatsschrift für bildende Kunst, Literatur, Musik und Theater, geleitet von Edmond Picard, Octave Maus und Emile Verhaeren 1881 bis 1914. Wichtigste Quelle für die künstlerischen Vorgänge in Belgien. Siehe auch: Gustave Charlier und Joseph Hanse: Histoire illustrée des lettres françaises de Belgique, Brüssel 1958. Wichtiges, reich illustriertes Buch über die Aktivität der jungen belgischen Literaten und ihre interessanten Zeitschriften.
Emile Verhaeren (1855-1917), Dichter, Freund van de Veldes, auch als Kunstkritiker tätig. In Brüssel, später in Paris lebend.
Edmond Picard (1836-1924), Jurist, Politiker, Schriftsteller, militanter Sozialist, großbürgerliche Lebensführung.
Charles van Lerberghe (1861-1907), bedeutender Dichter neben Maurice Maeterlinck (1862-1949), jedoch ohne dessen Radius. Siehe: Charlier et Hanse, a.a.O., und Lucien Christophe: Jeunesse et grace de Charles van Lerberghe, in: Le Phare, 22. Oktober 1961.
Misia Godebska (Sert) (1872-1944), eine der umschwärmten, magnetischen Frauen jener Zeit. Vgl. Misia Sert, Misia. Pariser Erinnerungen. Insel-Verlag, o.J. Misia Sert stellt das Zusammentreffen mit van de Velde in anderer Version dar.
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S. 53 Calmpthout - ‘Vogelenzang’
Neurasthenie: verbreitete Intellektuellenkrankheit jener Zeit. Siehe: Erich Schwinge: Welt und Werkstatt des Forschers, Wiesbaden 1957, mit Beschreibung der Symptome bei Louis Pasteur und Max Weber. Während der Krankheit, von der sich van de Velde auch später gelegentlich bedroht fühlte, behielt er seine geistige Aktivität.
Der erste Holzschnitt van de Veldes erschien als Titelschmuck von Max Elskamps Gedichtsammlung ‘Dominical’, 1892.
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S. 56 Verzicht auf die Malerei - Der Weg zur angewandten Kunst
Firma Liberty: Londoner Möbel- und Stoffgeschäft, das mit dem Arts and Crafts Mouvement zusammenarbeitete und zu Beginn der neunziger Jahre japanische Produkte importierte. Organ der englischen kunstgewerblichen Aktivität war die Zeitschrift ‘Studio’, ab 1893 erscheinend.
Jules Chéret (1836-1932), bahnbrechender Pariser Plakatzeichner, ‘verbindet Grazie des Rokoko mit moderner Eleganz’ (Thieme-Becker, Künstlerlexikon Bd. VI, 1912).
Walter Crane (1845-1915), Zeichner, Illustrator und Pädagoge in der Nachfolge von William Morris. Siehe: Walter Crane: An Artist's Reminiscences, 1907.
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S. 59 ‘Van nu en straks’
Auguste Vermeylen (1872-1945), flämischer Schriftsteller und Kunsthistoriker,
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Ende der zwanziger Jahre erster Rektor der flämischen Universität Gent. Siehe: Charlier et Hanse, a.a.O.
Van nu en straks: laut Vorbemerkung ‘die Zeitschrift der Jungen aus Südniederlande. Ohne ästhetische Dogmen, ohne schulmeisterliche Absichten; ein freies Organ der Vorhut, der Kunst von Heute gewidmet, neugierig auf die werdende Kunst, die von Morgen, hier und im Ausland’. Der erste Jahrgang 1893 umfaßt zehn Hefte, darunter ein Doppel- und ein Tripelheft. Am Buchschmuck arbeiteten neben van de Velde mit: Georges Lemmen, Willy Finch, Théo van Rysselberghe, Jan Thorn Prikker, Jan Toorop, R.N. Roland Holst, Georges Morren, Richard Baseleer, Victor Hageman und Gustav Dijsselhof. In Heft II ein Beitrag von van de Velde über die ‘Vingt’; die Einleitung zu den van Gogh-Briefen in Heft III, unsigniert, vermutlich von van de Velde.
Auch für den Jahrgang 1896 hat van de Velde an der graphischen Ausstattung mitgearbeitet.
Siehe: Roswitha Riegger-Baurmann: Schrift im Jugendstil, in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 14. Jahrg., 21. April 1958, Nr. 31 a, S. 510 ff., mit vielen interessanten Abbildungen und einigen Irrtümern.
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S. 64 Die ‘Engelswache’
Die in Calmpthout entstandenen Gemälde und Pastelle sind nicht mehr nach den Prinzipien des Neo-Impressionismus gemalt. Der lineare Charakter tritt in den Vordergrund: die Lehre der Bäume und Sträucher des Gartens von ‘Vogelenzang’ und das Erlebnis der linearen Arabesken, die der Wind in den Sand des Meeres und der Dünen zeichnet. Nur die bemalten Bilderrahmen - z.B. ‘Garten in Calmpthout’ im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen - zeigen noch Reste der neo-impressionistischen Punkttechnik.
Der Karton zur ‘Engelswache’ war im Salon der ‘Vingt’ des Jahres 1892 ausgestellt. Nach den Beschreibungen van de Veldes möglicherweise eine Art Collage mit ausgeschnittenen farbigen Papieren als Grundlage. Der Karton ist verschollen.
Die im Salon von 1893 ausgestellte Tapisserie der ‘Engelswache’ hat in der Zeitschrift ‘La Société Nouvelle’, 1893, S. 441, und in ‘L'Art Moderne’, 1893, S. 66, ausführliche Besprechungen gefunden. ‘L'Art Moderne’ hebt den archaischen Stil hervor, der in bezug auf die Farben durch die neuen Theorien der komplementären Wirkungen und in bezug auf die Form durch die modernen Entdekkungen über den Rhythmus der Linien verjüngt sei. ‘Ein Strom von Licht umgibt die Gestalten. Die Wirkungen der Töne und die Einflüsse des Lichtes, die sorgfältig mit Hilfe der seidenen Fäden wiedergegeben sind, verleihen dem Werk, das seinen Schöpfer enorme Arbeit gekostet haben muß, besonderen Reiz und machen es zu einem Kunstwerk erster Ordnung.’
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S. 68 Begegnungen mit Mallarmé und Verlaine
Stéphane Mallarmé sprach im Februar 1890 im Kreis der ‘Vingt’ über Villiers de l'Isle-Adam. ‘Rêve parlé... comme une cérémonie pieuse... avec une solennité si grave et si pacifiante’ (L'Art Moderne, 23. Februar 1890). Mallarmés geistiger Einfluß auf van de Velde war außerordentlich groß.
Über Mallarmé und Belgien siehe: José Camby: Stéphane Mallarmé en Belgique 1890, Empreintes, November/Dezember 1948.
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Viertes Kapitel: Die künstlerische Mission
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S. 78 Freundschaft und Ehe mit Maria Sèthe
Maria Sèthe, geboren in Paris 1867, gestorben in Brüssel 1942, entstammt väterlicher- und mütterlicherseits einer ursprünglich deutschen Familie. Direkte Vorfahren: Christoph Sethe (1767-1855), von Napoleon I. ‘l'avocat du Rhin’ genannt, und Christian Sethe (1798-1857), Mitschüler und intimer Freund Heinrich Heines (Allg. Deutsche Biographie Bd. 34). Die Mutter, Louise Fréderique Sèthe, geb. Seyberth, fortschrittliche Kunstfreundin.
‘Auf Grund ihrer ausgeprägten, starken Persönlichkeit blieb sie für mich wie für ihre Freunde stets Maria Sèthe’, schreibt van de Velde über seine Gattin im frühen Brüsseler Entwurf zu den Memoiren (Archiv Brüssel).
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S. 83 Vorlesungen in Antwerpen und Brüssel
Wortlaut der Einleitungsvorlesung an der Akademie Antwerpen: ‘Première Prédication d'Art’ in: ‘L'Art Moderne’ 1893, S. 420, und 1894, S. 20 und 27.
John Ruskin (1819-1900). Ausgewählte Werke in deutscher Übersetzung, 1900 bis 1906.
William Morris (1834-1896); kunstgewerbliche Schriften (deutsch), 1901-1903. Vortrag van de Veldes über Morris, gehalten Januar 1898 im ‘Volkshaus’ Brüssel, erschienen in der Zeitschrift ‘L'Avenir Social’, Brüssel, Februar 1898, auch als Broschüre. Deutsch in: ‘Kunstgewerbliche Laienpredigten’, 1902. Auszug in Henry van de Velde, Zum Neuen Stil, München 1955.
Über das englische ‘Arts and Crafts Mouvement’ siehe: Pevsner a.a.O.
‘Déblaiement d'Art’, Vorlesung bei den ‘Vingt’ am 6. März 1894, erschienen in der Zeitschrift ‘La Société Nouvelle’, April 1894; als Broschüre mit Initialen und Vignetten van de Veldes im August 1894 in Brüssel.
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S. 89 Besuch bei Madame Théo van Gogh
Théo van Gogh (1857-1891), Bruder und aufopfernder Helfer Vincent van Goghs.
H.P. Bremmer (1871-1956), Maler und Pädagoge, erkannte frühzeitig die Bedeutung van Goghs, Berater des Ehepaars Kröller-Müller, 1951 Ehrendoktor der Universität Groningen.
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S. 92 Erste kunstgewerbliche Arbeiten
Abbildungen der frühen kunstgewerblichen Arbeiten van de Veldes bei Julius Meier-Graefe: Henry van de Velde, in: ‘Dekorative Kunst’ II, 1898/99, S. 2 ff.
Georges Serrurier-Bovy (1856-1910), siehe Aufsatz von van de Velde in ‘Innendekoration’ 1902, Februar, mit vielen Abbildungen.
Paul Hankar (1861-1901), führender belgischer Architekt der neuen Schule.
Über die Kolonialausstellung in Tervueren siehe: Henry van de Velde in ‘Dekorative Kunst’ I, 1897/98, Februar, mit Abbildungen.
Victor Horta (1861-1947), führender belgischer Architekt der neuen Schule. Haus ‘Rue de Turin’, heute 6 Rue Paul Emile Janson, in Brüssel für Emile Tassel, erbaut 1893. Lit. R.L. Delevoy, Victor Horta, Brüssel 1958.
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S. 94 Als Lehrer an der ‘Université Nouvelle’
Über die Kurse vgl. Edmond Picard ‘L'Institut des Hautes Etudes à l'Université Nouvelle de Bruxelles’, Sonderdruck der Zeitschrift ‘L'Humanité Nouvelle’, Paris 1897, Wortlaut der Eröffnungsvorlesung Camille Lemonniers vom 25. Oktober 1894 in der Zeitschrift ‘L'Université Nouvelle’, Nr. 4, 18. November 1894; van de Veldes Mitarbeit besonders hervorgehoben. Titel des Kurses van de Veldes: ‘Les arts industriels et d'ornementation’. Wortlaut in ‘La Société Nouvelle’, 1895, II, S. 733, 1896, II, S. 54.
Elisée Reclus (1830-1905), französischer Geograph, aus politischen Gründen (Anarchist) aus Frankreich verbannt. Elie Reclus, sein Bruder, Soziologe und Religionsphilosoph. Über die beiden Reclus vgl. Edmond Picard a.a.O.
‘Aperçus en vue d'une Synthèse d'Art’ 1895, in deutscher Übersetzung ‘Allgemeine Bemerkungen zu einer Synthese der Kunst’ in der Zeitschrift ‘Pan’ 1899, Heft 4. Auszüge daraus in Henry van de Velde ‘Zum Neuen Stil’, 1955.
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S. 100 Der Schritt zur Architektur
Originalpläne für Haus ‘Bloemenwerf’ im van de Velde-Archiv Brüssel.
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S. 102 Samuel Bing, Julius Meier-Graefe und die ‘Art Nouveau’-Ausstellung in Paris 1895/96
Samuel Bing (1838-1905), in Hamburg geboren, Japankenner und Kunsthändler in Paris. Herausgeber der sechs Prachtbände ‘Japon artistique’, 1888-91, Verfasser der Broschüre ‘La Culture artistique en Amérique’, 1896, und der Aufsätze ‘Wohin treiben wir’, in: Dekorative Kunst, 1897/98, S. 1 ff. und S. 68 ff.
Julius Meier-Graefe (1867-1935), Kunstschriftsteller. Mit Otto Julius Bierbaum Redakteur des ersten Jahrganges der Zeitschrift ‘Pan’. Vgl. Karl H. Salzmann: Pan, Geschichte einer Zeitschrift, Archiv für Geschichte des Buchwesens, Bd. I, 1958.
Die ‘Art Nouveau’-Ausstellung bei Bing, Paris, Rue de Provence 22, am 26. Dezember 1895 eröffnet. Der seltene Katalog der Ausstellung in der Biblio- | |
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thèque Nationale, Paris. Vgl. Robert Koch: Art Nouveau Bing, in ‘Gazette des Beaux Arts’, März 1959, mit weiterer Literatur.
Edmond de Goncourts (1822-1896) Kritik in: Journal, 30. Dezember 1895, eine der letzten von Goncourt verfaßten Kritiken.
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S. 111 Haus ‘Bloemenwerf’ - Besuch Toulouse-Lautrecs
Entwurf des Hauses 1895, Vollendung und Einzug: Frühjahr 1896. Noch heute in ungefähr originalem Zustand, renoviert, Farben verändert. Neue Veröffentlichung: Zeitschrift ‘AC’, Heft 3, Juli 1956, mit Texten von Henry van de Velde und Hans Curjel.
Jan Thorn Prikker (1868-1932), Maler. Intimer Freund van de Veldes. Zahlreiche Briefe Thorn Prikkers an van de Velde im Archiv Zürich. Lit.: B.H. Polak, Het Symbolisme in de Nederlandse Schilderkunst 1890-1900, s'Gravenhage 1953.
Georges Minne (1866-1941), Bildhauer, in den frühen Werken Vorläufer Wilhelm Lehmbrucks. Siehe: Meier-Graefe, Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst, 2. Bd., erste Auflage, 1904, S. 539.
Von Meier-Graefe zwei größere Arbeiten über van de Velde: in der Zeitschrift ‘Dekorative Kunst’ II, 1898/99, mit vielen Abbildungen aus allen Schaffensgebieten van de Veldes, und ein Abschnitt in der ‘Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst’, 1904, Bd. II, S. 664-673, beide aus unmittelbarer Nähe geschrieben.
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S. 125 Ein Brief Camille Pissarros
Der Brief Pissarros (1831-1903) im van de Velde-Archiv, Zürich.
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Fünftes Kapitel: 1897 - Dresden und Berlin
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S. 127 Die Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung 1897
Woldemar von Seidlitz (1850-1922), Generaldirektor der Museen in Dresden, einer der zahlreichen, an der modernen Entwicklung leidenschaftlich interessierten deutschen Museumsleute. Siehe: W. von Seidlitz: Das neue Kunstgewerbe und die Ausstellungen, Pan 1899, S. 45.
Über die Dresdner Ausstellung siehe: Meier-Graefe, Dekorative Kunst, 1. Jahrg. 1897/98, Februarheft 1898, S. 202, mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß bei der Abbildung des van de Veldeschen Ruheraums (vgl. unsre Abb. 43) die Bilder, die Pflanzenarrangements und andere Gegenstände fehlen, der Raum also ‘sozusagen nackt’ ist. Ausführliche Beschreibung der van de Veldeschen Räume in ‘Deutsche Kunst und Dekoration’ Bd. I, Oktober 1897, S. 12 ff.
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S. 129 Mit Constantin Meunier in Dresden
Constantin Meunier (1831-1905), erst Bildhauer, dann Maler, seit 1887 endgültig der Skulptur zugewandt. Ein Hochrelief-Porträt Meuniers, van de Velde darstellend, im Musée de l'Art Moderne in Brüssel. Für eine Aufstellung von Meuniers
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Denkmal der Arbeit 1924 in Gent durch Louis van der Swaelmen hat van de Velde architektonische Anregungen gegeben.
Die unter musikalischer Leitung Ernst von Schuchs stehende Dresdner Hofoper zu jener Zeit eines der angesehensten deutschen Operntheater.
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S. 134 Mit Meunier in Berlin
Curt Herrmann (1854-1929), nach konventionellen Anfängen einer der Hauptvertreter moderner Malerei in Deutschland um 1900. Mitbegründer der Berliner Sezession (1899). Siehe: Curt Herrmann: Der Kampf um den Stil, Probleme der modernen Malerei, 1911. Gedächtnisausstellung 1954 in der Galerie Wolfgang Gurlitt, München.
Obwohl vom Berliner Hof abgelehnt, war Max Liebermann (1847-1935) ein Mittelpunkt künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens in Berlin.
Nach Tagebuchaufzeichnungen Graf Kesslers (Abschrift von Kesslers Schwester Wilma de Brion im Archiv Zürich) waren Meunier und van de Velde auch im November 1897 in Berlin; sie fuhren am 21. November nach Brüssel zurück.
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Sechstes Kapitel: Frühe Resonanz - erweiterte Arbeitskreise
Geschichte der Zeitschrift ‘Pan’, siehe: Karl Salzmann, a.a.O., S. 212 ff.
Der Aufsatz über ‘Künstlerische Tapeten’ nicht im ‘Pan’ erschienen, sondern in der Zeitschrift ‘L'Art Moderne’, Jahrg. 1893, S. 193 und 202, ‘Artistic Wall Papers’ von Henry van de Velde.
Die ‘Pan’-Aufsätze van de Veldes (‘Ein Kapitel über den Entwurf moderner Möbel’, sowie ‘Allgemeine Bemerkungen zu einer Synthese der Kunst’, in: ‘Pan’ 1897, Heft 4, und 1899, Heft 4) auszugsweise in: Henry van de Velde: ‘Zum Neuen Stil’, München 1955.
Über Hermann Paechter in novellistischer Form siehe: Julius Meier-Graefe: ‘Geschichten neben der Kunst’, Berlin 1933, S. 87 ff.
Über Bodenhausen siehe: ‘Eberhard von Bodenhausen, Ein Leben für Kunst und Wirtschaft’, herausgegeben von Dora Freifrau von Bodenhausen-Degener, 1955. S. 201-222 Briefwechsel mit Henry van de Velde. Der gesamte Briefwechsel, 136 Briefe van de Veldes und deren 120 von Bodenhausen, heute im Schiller-National-Museum, Marbach.
Tropon-Werke: heute noch in Köln-Mülheim bestehend. Das gesamte Material (Verpackungsmuster, Inserate, Plakate, Patentschriften) bei den Tropon-Werken erhalten. Van de Velde arbeitete im August 1898 am Tropon-Plakat; Brief an Bodenhausen vom 15. August 1898.
Sitz der Ateliers van de Velde befand sich in Ixelles, 53 Rue de Gray. Es existiert ein opulenter Katalog, 1899/1900 erschienen, Volume I: Meubles.
Der erste Besuch Bodenhausens bei van de Velde mit Morton Graf Douglas im Mai 1897. Van de Velde lieferte die Möbel Ende 1897.
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S. 145 München 1898 - Besuch beim Prinzregenten
Georg Fuchs, geboren 1868, Kunstschriftsteller, Verfasser dramatischer Werke, Vorkämpfer der Theaterreform, zeitweise Direktor des Münchner Künstlertheaters.
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S. 151 Reform der Frauenkleidung
Van de Velde führte geradezu einen Kreuzzug zur Reform der Frauenkleidung. 1898: Vortrag im Museum in Krefeld; 1900 die Broschüre Henry van de Veldes: Die künstlerische Hebung der Frauentracht, erschienen in Krefeld; 1902: umfangreicher Aufsatz van de Veldes in ‘Deutsche Kunst und Dekoration’, 1902, Heft VIII; von 1900 an zahlreiche Vorträge in Berlin, Dresden, Hamburg, Wien und anderen Orten; Rezensionen der Vorträge in der Sammlung der Zeitungsausschnitte im Archiv Zürich, darunter auch Karikaturen und Spottgedichte.
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Siebentes Kapitel: Zwischen Brüssel und Berlin
Das erste Heft der Zeitschrift ‘Dekorative Kunst’ erschien Oktober 1897; die Jahrgänge liefen stets von Oktober bis September. Meier-Graefes reich illustrierter van de Velde-Aufsatz steht im ersten Heft des zweiten Jahrgangs, Oktober 1898; der Aufsatz wirkte sich als wahrer Schrittmacher für van de Velde aus.
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S. 158 Erste Begegnung mit Harry Graf Kessler
Zu Harry Graf Kessler (1868-1937) siehe: Harry Graf Kessler: Gesichter und Zeiten, 1935; bezieht sich nur auf die Jugend Kesslers vor der Begegnung mit van de Velde; sodann: Harry Graf Kessler, Tagebücher 1918-1937, Insel-Verlag 1961, mit nur wenigen Erwähnungen van de Veldes. Zahlreiche Briefe Kesslers an van de Velde, zum größeren Teil aus den Jahren 1899 bis 1914, im van de Velde-Archiv Zürich. Kessler war am 31. Oktober 1897 zum ersten Mal in ‘Bloemenwerf’, Eintrag im unveröffentlichten Tagebuch Kesslers.
Kessler hatte die ‘Poseuses’ von Seurat für 1200 Goldfranken erworben.
Henry Thode (1857-1920), Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg, Schwiegersohn Richard Wagners, als solcher Herold moderner Kunst des Wagnerschen Bereiches; zu seinen Vorlesungen fanden wahre Wallfahrten statt.
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S. 164 Vorträge im Hause Cornelia Richter
Die Vorträge erschienen im Mai 1901 in Buchform: Henry van de Velde: Die Renaissance im modernen Kunstgewerbe, bei Bruno und Paul Cassirer. Übersetzer unbekannt. Manuskripte verschollen. Beschreibung des Hauses Cornelia Richter siehe: Helene von Nostitz, Aus dem alten Europa, Berlin 1933, S. 50.
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S. 169 Brüssel oder Berlin?
Ein Teil der Einrichtung des Berliner Friseursalons Haby ist in Ost-Berlin erhalten; freundliche Mitteilung von Herrn Klaus-Jürgen Sembach.
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S. 172 Cobden-Sanderson in Brüssel
T.J. Cobden-Sanderson (1840-1922), Buchbinder, Illustrator und Drucker, Freund William Morris', legendäre Gestalt des englischen Arts and Crafts Mouvement.
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S. 174 Erste Begegnung mit Karl Ernst Osthaus
Karl Ernst Osthaus (1874-1921), Sohn eines vermögenden Bankiers, kunst- und kulturpolitische Interessen. Siehe: Die großen Deutschen (Text von Lorenzen), Bd. IV, S. 438, und Herta Hesse-Frielinghaus: Karl Ernst Osthaus (Broschüre). Osthaus wurde auf van de Velde durch Meier-Graefes Aufsatz in der ‘Dekorativen Kunst’ aufmerksam. Publikation des Folkwang-Museums (mit vielen Abbildungen) durch van de Velde selbst in ‘Innendekoration’, XIII. Jahrg., Oktober und November 1902. Die künstlerischen Bestände des Hagener Folkwang-Museums, nach Osthaus' Tod van der Stadt Essen erworben, bilden den Grundstock des Folkwang-Museums Essen. Der Bau van de Veldes in Hagen (Westfalen) heute teilweise in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt.
Karl Ernst Osthaus: Van de Velde, Folkwang-Verlag 1920, erster Band einer nicht weitergeführten Reihe ‘Die Neue Baukunst’.
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Achtes Kapitel: Um die Jahrhundertwende in Berlin
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S. 180 Die Berliner Atmosphäre
Zur kulturellen und gesellschaftlichen Situation in Berlin siehe: Max Halbe: Jahrhundertwende, 1935, Carl Sternheim: Berlin oder juste Milieu, 1920, und Karl Scheffler: Die fetten und die mageren Jahre, 1946, Kapitel I.
‘Die Zukunft’, Herausgeber: Maximilian Harden (1861-1927), politische, kulturelle und wirtschaftliche Halbmonatszeitschrift fortschrittlichen, polemischen Charakters, erschienen von 1892-1922. Siehe: Fritz Schlawe: Literarische Zeitschriften 1885-1910 (in der Reihe ‘Realienbücher für Germanisten’), 1961.
‘Henry van de Velde’ von Karl Scheffler, in: ‘Die Zukunft’, 15. Dezember 1900, nachgedruckt in: Karl Scheffler: Henry van de Velde - Vier Essays, Insel-Verlag, Leipzig 1913.
Drei größere Beiträge van de Veldes in der ‘Zukunft’: 6. Oktober 1900 und 2. Februar 1902: Pariser Eindrücke (über die Weltausstellung 1900) und 6. September 1902: Die Linie.
Die Erwähnung Diaghilews, der Pawlowa und Nijinskijs bezieht sich auf spätere Besuche in Berlin. Die ersten Aufführungen des Russischen Balletts unter Diaghilew in Paris 1909, zum ersten Male in Berlin 1912. Siehe: Arnold Haskell: Diaghileff, his artistic and private life, London 1935.
Eintrag im Berliner Adreßbuch 1900: ‘Henry van de Velde G.m.b.H. Kunstwerkstätten, Berlin W, Linkstraße 1’; im Adreßbuch von 1901 ist der Eintrag verschwunden.
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Aus dem Geburtstagsbrief Bodenhausens an van de Velde, 5. April 1901: ‘... ich hoffe, dieses Jahr möge Ihnen eine klarere Entscheidung bringen als das letzte, und daß Sie endlich Ruhe und diese Stille des Geistes finden, die alle Schätze, die in Ihnen sind, auf friedliche Weise entwickeln, ohne die Schmerzen, die Sie im heutigen Leben ertragen müssen. Bei Ihrer Rückkehr aus Wien habe ich Ihr Leiden an diesem Leben aufs innigste mitgefühlt...’
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S. 187 Besuch bei Elisabeth Förster-Nietzsche
Aufforderung Elisabeth Förster-Nietzsches (1846-1935) an van de Velde zum Besuch in Weimar in einem Brief vom 25. Juli 1901 (van de Velde-Archiv Zürich); an der geistigen Redlichkeit von Nietzsches Schwester zweifelte zu jener Zeit niemand außer Rudolf Steiner (1861-1925), der spätere Begründer der Anthroposophie.
Der Besuch van de Veldes in Weimar um diese Zeit wird durch Aufzeichnungen Kesslers in seinem unveröffentlichten Tagebuch (teilweise Abschrift von Kesslers Schwester Wilma de Brion im van de Velde-Archiv Zürich) bestätigt. Laut diesen Aufzeichnungen ging der Gedanke, van de Velde nach Weimar zu ziehen, ursprünglich von Elisabeth Förster-Nietzsche aus: ‘Frau Förster hat in diesen Tagen den Vorschlag gemacht, daß van de Velde sich als Direktor der Kunstschule in Weimar anstellen lasse. Er sagte, er würde gerne die Stelle annehmen, wenn sie ihm angeboten würde.’ (Kesslers Tagebuchnotiz vom 28. August 1901.)
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S. 195 Die Berufung nach Weimar
Großherzog Wilhelm Ernst bestieg nach dem Tode seines Großvaters, Großherzog Karl Alexander - sein Vater, Erbgroßherzog Karl August, war vorzeitig schon 1894 gestorben -, als Vierundzwanzigjähriger im Januar 1901 den sachsenweimarischen Thron.
Details zur Berufung van de Veldes nach Weimar in den erwähnten Tagebuchnotizen Kesslers vom 27. August bis zum 22. Dezember 1901 sowie in Briefen Kesslers an van de Velde vom 22. Oktober bis zum 6. November 1901 (van de Velde-Archiv Zürich).
Der große Teil der Tagebücher Kesslers aus den Jahren seiner engen Beziehungen zu van de Velde scheint mit Ausnahme von Abschriften Wilma de Brions heute verschollen oder unzugänglich. Die Neuausgabe der Tagebücher Kesslers (Insel-Verlag 1961) beginnt erst merkwürdigerweise mit dem Jahr 1918.
‘Großherzoginmutter’ Pauline, die Gattin des 1894 verstorbenen Großherzogs Karl August, ist dynastisch ‘Erbgroßherzogin’ gewesen.
Schloß Belvedere, der Wohnsitz der Großherzoginmutter, vier Kilometer südlich Weimars, erbaut 1724-1732.
Maximilian Harden hatte mehrfach wegen Majestätsbeleidigung Festungshaft zu verbüßen.
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Neuntes Kapitel: Weimar I - Auf der Höhe des Schaffens
Der schwedische Zeichner Hugo Westberg, gelernter Kunsttischler, war van de Veldes Mitarbeiter bis Ende der zwanziger Jahre.
Van de Veldes Häuser für Herbert Esche in Chemnitz und Dr. Leuring in Den Haag sind erhalten. Sie sind die beiden Hauptbeispiele des Durchbruchs van de Veldes zur eigentlichen Architektur.
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S. 209 Das ‘Kunstgewerbliche Seminar’
Auszug aus van de Veldes Anstellungsvertrag vom 15. Januar 1902: ‘... hat sich über die Verhältnisse und Bedürfnisse der gewerblichen und kunstgewerblichen Industrieen des Großherzogtums, über ihre wirtschaftlichen und Produktionsbedingungen, die bestehenden Absatzverhältnisse und Handelsbeziehungen, sowie über den Stand der gewerblichen und kunstgewerblichen Technik zu unterrichten.... auf Verlangen des Großherzogs und des großherzoglichen Staatsministeriums Gutachten über Angelegenheiten des Kunstgewerbes, der Architektonik, der dekorativen Kunst und dergleichen zu unterrichten.... den Gewerbetreibenden und Industriellen... sachlichen Beirat erteilen... durch Anfertigung von Musterzeichnungen, Modellen, Vorbildern und dergleichen unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse und der Eigenart der örtlichen Kunstübung künstlerisch Anregungen geben... sich an der Veranstaltung von Fach- und Musterausstellungen zu beteiligen, durch Vorträge anregend zu wirken suchen.’ Siehe: Karl-Heinz Hüter: ‘Henry van de Velde als Künstler und Erzieher bis zum Ende seiner Tätigkeit in Weimar’, ungedruckte Dissertation, Weimar 1961.
Jean Baptiste Colbert (1619-1683), Generalkontrolleur der Finanzen unter Ludwig XIV. Über Colberts Gründung von Manufaktur-Schulen siehe: Heinrich Waentig: Wirtschaft und Kunst, Jena 1909, S. 143 und S. 354 ff.
Hüter, a.a.O., hebt hervor, daß schon 1881 in Weimar eine ‘Großherzoglich Sächsische Zentralstelle für Kunstgewerbe’ gegründet worden ist, die allerdings nach wenigen Jahren wieder einschlief. Der Idee nach war sie die unmittelbare Vorstufe des van de Veldeschen Seminars.
Eröffnung des ‘Kunstgewerblichen Seminars’ am 15. Oktober 1902.
Ausführliche Rapporte über die Tätigkeit des Seminars seit Oktober 1901 im van de Velde-Archiv Zürich.
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S. 213 Jugendstil
Van de Velde hat sich zeit seines Lebens gegen den Begriff und die Formulierung ‘Jugendstil’ verwahrt.
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S. 216 ‘Laienpredigten’ und Folkwang-Museum
Die ‘Laienpredigten’, 1902 bei Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig, erschienen, enthalten drei frühere Aufsätze (bzw. Vorträge), von denen ‘Wie ich mir
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freie Bahn schuf’ (Übersetzung von ‘Déblaiement d'Art’ von 1894) irrtümlich als 1890 entstanden bezeichnet ist. Das vierte Kapitel ‘Prinzipielle Erklärungen’ ist eine Zusammenfassung von Vorträgen, die van de Velde um 1900 gehalten hat. Der oder die Urheber der Übersetzungen ist unbekannt.
Über das Folkwang-Museum siehe Anmerkung zu Kapitel 7.
Nach den fragmentarischen Tagebuch-Aufzeichnungen Kesslers besuchte van de Velde zusammen mit Kessler vom 31. August bis zum 2. September 1901 die Ausstellung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt: ‘Wir waren beide vollkommen degoutiert, namentlich über diese geschmacklose Selbstverspottung. Van de Velde war... zuerst wie betäubt, faßte sich aber dann und sagte:... ‘Was diese Leute da gemacht haben, ist genau das Gegenteil dessen, was wir wollen... es fehlt der Sinn für das Organische, es fehlt der Respekt gegenüber den verwendeten Materialien’... 2. September... Er war wieder sehr aufgebracht: ‘Nein, wie abstoßend. Zwei Jahre lang werde ich kein Ornament mehr machen. Ich bin froh, das gesehen zu haben. Man merkt, was man nicht tun darf. Ich werde noch einfacher werden - ich werde nur noch Form suchen.’’
Im van de Velde-Archiv Brüssel kurze Notizen van de Veldes über die Darmstädter Ausstellung.
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S. 222 Graf Kessler in Weimar
Beschreibung der Kesslerschen Wohnung Cranachstraße 15 in Weimar in Helene von Nostitz: Aus dem alten Europa, Berlin 1933. Die Beschreibung bezieht sich auf die Jahre 1908-1910.
Helene von Nostitz-Wallwitz, geb. von Hindenburg (1878-1944), Gattin des Sächsischen Gesandten in Weimar. Von Rodin porträtiert. Typische Vertreterin der adligen deutschen Intelligenz zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
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S. 228 Geistiges Leben in Schloß Belvedere
Schloß Belvedere (G. Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bd. 1, 1914): ‘1724-1732. Äußeres in symmetrischer Anlage, bedeutsam gegliedert, in der Behandlung einfach, ländlich. Inneres: bescheidenes Rokoko.’
Edvard Munch (1863-1944) schuf bei einem späteren Aufenthalt in Weimar (1906) ein lithographiertes Porträt von van de Velde (Schiefler 246). In Weimar ist auch Munchs gemaltes Porträt Kesslers entstanden; Kesslers Kopf hatte Munch schon 1895 lithographiert (Schiefler 29 und 30).
André Gide (1869-1951) sprach in Weimar über das Thema ‘De l'importance du public’. Der Vortrag ist mit dem Datum 5. August 1903 und einer Widmung an Graf Kessler in Paris im Druck erschienen.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) hatte schon 1898 (Wiener Rundschau, 2. Jahrg., Nr. 23, S. 889 ff.) begeistert über van de Velde geschrieben: ‘Von allen, welche den Dingen zu sich selber helfen, begreift sie keiner so wie van de Velde. Er kennt sie
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alle ganz genau und weiß ihre heimlichsten Wünsche. Er hat die echte Liebe zu ihnen: er verzärtelt sie nicht, er erzieht sie.’ (Freundlicher Hinweis von Dr. Joachim W. Storck, Freiburg i. Br.)
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S. 233 Schiffsbaupläne und Orientreise für die ‘Hamburg-Amerika-Linie’
Van de Velde trat die Orientreise an Bord der ‘Augusta Victoria’ im Februar 1903 an.
Briefe van de Veldes an seine Frau mit Berichten über die Reise im Besitz von Fräulein Nele van de Velde in Oberägeri.
Die tiefen Eindrücke der Reise spiegeln sich noch 1933 in der Rede ‘La Voie Sacrée’, die van de Velde in Brüssel an seinem siebzigsten Geburtstag hielt: ‘Im Lauf einer Reise nach Griechenland und dem Orient reiften bei mir die ästhetischen Gesetze, die für das Programm meiner Weimarer Schule grundlegend wurden.’
Der Bericht van de Veldes an die Direktion der ‘Hamburg-Amerika-Linie’ existiert nicht mehr (Auskunft der Direktion der hapag).
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S. 237 Affront des Kaisers
Van de Velde wurde (1901, zur gleichen Zeit wie Peter Behrens) vom preußischen Landratsamt beauftragt, für Höhr-Grenzhausen neue keramische Modelle zu entwerfen; siehe E. Pazaurek in ‘Die Kunst’, XIV, 1911, S. 177.
Abbildungen der Abteilung van de Velde der Düsseldorfer Ausstellung von 1902 in der Zeitschrift ‘Innendekoration’, November 1902.
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S. 240 Die junge Großherzogin
Das Tafelsilber, das van de Velde als Hochzeitsgeschenk des Staates Sachsen-Weimar für das Großherzogspaar entwarf - Hochzeitsdatum 30. April 1903 - umfaßte 335 Teile. Es wurde im Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Weimar sowie in der Galerie Arnold in Dresden ausgestellt und war Gegenstand lebhaftester Diskussionen. Heute verschollen. Van de Velde in einem Brief vom 24. Februar 1903 an Bodenhausen: ‘Je travaille frénétiquement... au service complet d'argentière...’
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S. 242 Gründung des ‘Deutschen Künstlerbundes’ 1903
In europäischer Sicht war der ‘Deutsche Künstlerbund’ eine künstlerisch provinzielle Vereinigung.
Über Leopold Graf von Kalckreuth (1855-1928) - etwa gleichen Alters wie van Gogh oder Hodler! - siehe: ‘Die Schwäbische Kunst im 19. und 20. Jahrhundert’ von Werner Fleischhauer, Julius Baum, Stina Kobell, Stuttgart 1952, S. 163 ff.
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S. 244 Das Nietzsche-Archiv
Über den Umbau des Nietzsche-Archivs durch van de Velde siehe Paul Kuehn, Das Nietzsche-Archiv zu Weimar, Verlags-Anstalt Alexander Koch - Darmstadt o.J.
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Nach Kesslers fragmentarischen Tagebuch-Aufzeichnungen beschäftigte sich van de Velde schon 1898 gemeinsam mit Kessler mit einer Nietzsche-Buchausgabe (Kessler, Tagebuch-Notiz vom 22. März 1898).
Eröffnung des umgebauten Nietzsche-Archivs am 15. Oktober 1903. Die Schreinerarbeiten und die Möbel führte Scheidemantel, Weimar, aus.
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S. 245 ‘Das neue Weimar’
Der Aufsatz des Kritikers Hans Rosenhagen erschien in der Berliner konservativen Zeitung ‘Der Tag’ am 15. Juli 1903.
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S. 251 Ein adliges Original
Franz Liszts (1811-1886) Aufenthalt in Weimar - 1848-1861 als Hofkapellmeister und in seinem letzten Lebensjahrzehnt alljährlich einige Monate als Klavierpädagoge - ist an Bedeutung nicht mit der Funktion Goethes in Weimar zu vergleichen.
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S. 253 Das tragische Ende der Großherzogin
Das Ausstellungsprogramm Kesslers, der mit van de Velde und seinen Kenntnissen und Beziehungen zur wirklichen Moderne eng zusammenarbeitete, zielte auf die Realisierung eines internationalen Niveaus in Weimar.
Van de Velde gelangte, entsprechend seiner dem Pädagogischen zugeneigten Natur, folgerichtig zu dem Gedanken der Errichtung einer eigentlichen Schule. Am 21. März 1903 Vorschlag der Gründung eines Ateliers für kunstgewerbliches Modellieren (‘weil modellieren allen Industrien zugrunde liegt’); im Sommer 1904 Vorlage von Plänen für eine Kunstgewerbeschule, deren Bau 1906 realisiert wurde und deren Eröffnung im Herbst 1907 erfolgte. Ausführliche Darstellung dieses Verlaufes bei Hüter, a.a.O.
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S. 255 Das Projekt eines Theaters für Louise Dumont
Louise Dumont (1866-1932), aus dem Rheinland stammende Schauspielerin, Regisseurin und seit 1905 zusammen mit ihrem Gatten Gustav Lindemann Leiterin des Düsseldorfer Schauspielhauses; auf ihrem Gebiet eine Parallelgestalt zu van de Velde. Erster Kontakt van de Veldes mit Louise Dumont im Februar 1903. Entwurf der Pläne im Spätherbst 1903; kurz nach Neujahr 1904 gelangte der Plan an die Öffentlichkeit. Van de Velde bewies in seinen Ideen zum Theaterbau außerordentlichen Scharfsinn und Kenntnis der damals aktuellen Veränderungsvorgänge im Bereich des Theaters. Am 10. April 1904 schreibt van de Velde an Bodenhausen, daß Louise Dumont auf ihre Idee verzichtet hat.
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S. 258 Sigurd Frosterus
Abschriften der an seine Mutter gerichteten Briefe Sigurd Frosterus' (1876
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bis 1956) aus seinen Weimarer Monaten im van de Velde-Archiv Zürich. Jeweils nur verhältnismäßig kurze Aufenthalte in Weimar, aber Mitarbeit an entscheidenden Architektur-Entwürfen van de Veldes. In den Briefen treffende Charakterisierungen: ‘Man muß diesen van de Velde bewundern, seine immer bis zum äußersten in Spannung befindliche Energie und Intelligenz. Trotz seiner Kultur, seines Raffinements ist er eine Naturkraft, wie ein Sommertag: mild, belebend, großzügig und fruchtbar.’
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S. 264 Ein neues Hoftheater?
Die Hoftheaterfrage wurde Anfang des Jahres 1905 akut; dazu folgende Stelle aus einem Brief van de Veldes an Frosterus vom 17. Februar 1905: ‘Der Museumsbau ist zurückgestellt, die Theaterfrage in den Vordergrund gerückt worden. Die Idee meiner Schule ist akzeptiert und scheint sich einer definitiven Lösung zu nähern. Die Theater-Neubaufrage ist brennend - wer mag sich wohl die Finger verbrennen? Ich arbeite an einem Gutachten über das Theater für den Großherzog.’
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S. 267 1905 in Paris - Gordon Craig in Weimar
Edward Gordon Craig (geb. 1872), Sohn der großen englischen Schauspielerin Ellen Terry, ist wie Louise Dumont als Bahnbrecher eine Parallelgestalt zu van de Velde. Erstes Zusammentreffen der beiden 1904. Eine Gordon Craig-Ausstellung in Weimar fand im Mai 1905 statt. Ein sehr schön gedrucktes Geleitwort zum Katalog - ‘Edward Gordon Craigs Entwürfe für Theater. Dekorationen von Harry Graf Kessler’ - im van de Velde-Archiv Zürich.
Auf verschiedenen Photos, die van de Veldes Weimarer Atelier wiedergeben, sind die Theatermodelle zu erkennen, im einzelnen jedoch nicht zu identifizieren.
Der Verlauf der Verhandlungen über den eventuellen Neubau für die Kammerspiele in Berlin ist ein kulturhistorisches Faktum, das zeigt, in welchem Maß van de Velde von der Elite getragen war. Die auf S. 271 reproduzierte Adresse an Max Reinhardt ist von den führenden Persönlichkeiten der damaligen deutschen Kultur, Kunst und Literatur unterzeichnet. Die Adresse - heute im van de Velde-Archiv Zürich - liegt in einem raffinierten Silberpapier-Portefeuille. Gordon Craig hat die Adresse unter ausführlicher Begründung (van de Velde-Archiv Zürich) nicht unterzeichnet.
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Zehntes Kapitel: Weimar II - Entscheidende Arbeiten
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S. 273 Die Künstlerbund-Ausstellung in London 1906
Ausstellung in der Galerie Druet, Paris, vom 18. Dezember 1905 bis zum 13. Januar 1906. 26 Silberschmiedearbeiten nach Entwürfen von van de Velde, ausgeführt von Juwelier Müller, Weimar. Katalog der Ausstellung im van de Velde-Archiv Zürich.
Die Londoner Künstlerbund-Ausstellung - ‘Exhibition of Modern German
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Art’ -, Mai und Juni 1906, fand im Vorfeld der politischen Spannungen statt, die zum Krieg 1914 führten.
Katalog der Ausstellung, die viele konventionelle Werke enthielt, im van de Velde-Archiv Zürich. Van de Veldes Rede in französischer Sprache in ‘The Lyceum, The Monthly Journal of the Lyceum Club’, Vol. II, Nr. 20, Juni 1906.
Lord Haldane, literarisch hochgebildeter englischer Kriegsminister.
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S. 277 Polemik um die Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung 1906
Eröffnung der Ausstellung am 12. Mai 1906. Siehe: ‘Das Deutsche Kunstgewerbe 1906 III. Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906’, herausgegeben von der Direktion der Ausstellung, München 1906.
Van de Velde griff in die Polemik um seine Arbeit selbst ein: ‘Pro Domo’, Deutsche Kunst und Dekoration, November 1906, S. 49 ff., mit Abbildungen und technischen Zeichnungen.
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S. 282 ‘Hohenhof’
Über den von Karl Ernst Osthaus an van de Velde erteilten Auftrag und die Ausführung siehe: Karl Ernst Osthaus, Henry van de Velde, Leben und Schaffen des Künstlers, Folkwang-Verlag, Hagen 1920, S. 61 ff., mit vielen Außen- und Innenansichten.
Das Gebäude (nur mit Fragmenten der Einrichtung van de Veldes) in Hagen erhalten; steht unter Denkmalschutz.
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S. 284 Kesslers Sturz
Kesslers Sturz war das Ergebnis einer allgemeinen reaktionären Strömung in Weimar und Deutschland, die Rodin-Ausstellung - Rilke hielt am 18. März 1906 in Weimar einen Vortrag über Rodin - nur der Anlaß. Rücktritt Kesslers am 7. Juli 1906. Darstellung der Vorgänge aus damaliger Sicht siehe: ‘Die Zukunft’, XV. Jahrg., 26. Januar 1907, S. 153, vermutlich von Maximilian Harden.
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S. 290 Die Weimarer Kunstgewerbeschule
Die Geschichte der Bauten - Neubau Kunstschule 1904, Kunstgewerbeschule 1906/07 - siehe Hüter, a.a.O.
Vor Gründung der Weimarer Schule informierte sich van de Velde (It. Hüter, a.a.O.) über den Stand anderer fortschrittlicher Schulen in Deutschland. Vor allem über die in den von Obrist und Debschitz 1902 in München gegründeten ‘Lehrund Versuchsateliers für freie und angewandte Kunst’ (später Debschitz-Schule) verfolgten ähnlichen Ziele und Methoden. Siehe Joseph Aug. Lux: ‘Das neue Kunstgewerbe in Deutschland’, Leipzig 1908, Abschnitt: Zehn Jahre Kunstunterricht. Vorstufe in England u.a. die Kunstschule in Glasgow, deren 1897-1899 von Charles R. Mackintosh errichteter Bau auch architektonisch für van de Velde zum Vorbild
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geworden ist. Siehe Thomas Howarth: ‘Charles R. Mackintosh and the modern Movement’, London 1952.
Über Programm und Entwicklung der Weimarer Schule siehe die 1908-1914 erschienenen ‘Jahresberichte der großherzoglich sächsischen Kunstgewerbeschule zu Weimar’. Als Ergänzung eine von van de Velde im April 1914 verfaßte Denkschrift, die im Rahmen eines vertraulichen Rapportes im Oktober 1915 im Druck erschien (Archiv Zürich).
Siehe auch Charles Edouard Jeanneret (Le Corbusier): ‘Etude sur le Mouvement d'Art décoratif en Allemagne’, 1912, mit Hervorhebung der dominierenden pädagogischen Stellung van de Veldes.
Beim Farbkurs Rückgriff van de Veldes auf Erfahrungen als neo-impressionistischer Maler. Die Forschungen der Farbtheoretiker M.-E. Chevreul (1786-1889), James C. Maxwell (1831-1879) und N.O. Rood (1831-1902) lagen damals zum Teil schon Jahrzehnte zurück.
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S. 297 Haus ‘Hohe Pappeln’
Beschreibung des Lebens in dem heute noch bestehenden Haus siehe Helene von Nostitz: ‘Aus dem alten Europa’, Berlin 1933, S. 93 ff.
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S. 298 Frauen in Weimar
Über die Atmosphäre und das gesellschaftliche Leben in Weimar siehe Helene von Nostitz, a.a.O., sowie Karl Scheffler: ‘Die fetten und die mageren Jahre’, 1946, S. 31.
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S. 303 Wanderausstellungen
Das Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum Trondheim erwarb aus der Wanderausstellung eine Reihe von Möbeln und Objekten, die den Grundbestand eines van de Velde-Raumes bilden.
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S. 304 Kunsttheoretische Schriften
Abgesehen von Karl Boettichers Werk: ‘Tektonik der Hellenen’, 2 Bde., Potsdam 1844-1852, stützte sich van de Velde auf folgende ästhetische Schriften: A.G. Baumgarten (1714-1762): Ästhetica, 2 Bde. 1750-1758; Arthur Schopenhauer (1788 bis 1860): Die Welt als Wille und Vorstellung, 1819; Theodor Lipps (1851-1914): Ästhetik. Psychologie des Schönen und der Kunst, 1903; Paul Souriau (1852-1926): La Beauté rationelle, 1904.
‘Vom Neuen Stil’, Insel-Verlag, Leipzig 1907, nach typographischen Angaben van de Veldes gedruckt. Titelseite mit Ornament.
Mit Anton Kippenberg (1874-1950) stand van de Velde bis zu dessen Tod in freundschaftlicher Verbindung. Zahlreiche Briefe Kippenbergs und Katharina Kippenbergs im Archiv Zürich.
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Schloß Schwarzburg und das in der Nähe gelegene Hotel ‘Weißer Hirsch’ - nicht zu verwechseln mit dem Luftkurort Weißer Hirsch bei Dresden - im Thüringer Wald im Tal der Schwarza gelegen. Erster Besuch van de Veldes im Sommer 1906.
Günther Fürst zu Schwarzburg-Rudolstadt, geb. 1852 - seine Gattin Anna Luise Prinzessin von Schönburg-Waldenburg -, einer der kulturell interessierten deutschen Kleinstaatfürsten. Schloß Schwarzburg erbaut 1726.
‘Amo’: erste Ausgabe des französischen Textes 1909 im Insel-Verlag. Erste Veröffentlichung in deutscher Sprache in: Henry van de Veldes ‘Essays’, Insel-Verlag, Leipzig 1910, S. 114 ff. im Kapitel ‘Vernunftgemäße Schönheit’. Später Nr. 3 der Insel-Bücherei mit großer Auflage. Neudruck 1954.
Der Titel der Umfrage der ‘Frankfurter Zeitung’ lautete: ‘Die Zukunft unsrer Kultur. Stimmen über Kulturtendenzen und Kulturpolitik’, erschienen am 11., 14., 15. und 16. April 1909. Es äußerten sich: Peter Altenberg, Ferdinand Avenarius, Peter Behrens, Alfred von Berger, Richard Dehmel, Georg Göhler, Ludwig Gurlitt, Julius Hart, Karl Lamprecht, Helene Lange, Kurt Lasswitz, Friedrich Naumann, Georg Simmel, Karl Scheffler, Bertha von Suttner, Henry van de Velde. Interessante zeitgeschichtliche Publikation.
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S. 314 Das Abbe-Denkmal in Jena
An dem von van de Velde erwähnten Wettbewerb beteiligte sich (erfolglos) u.a. Adolf von Hildebrand. Auftrag an van de Velde Herbst 1908. Enthüllung des Denkmals am 30. Juni 1911; siehe Schomerus: Geschichte des Jenaer Zeiss-Werkes, S. 109. Ausführliche Würdigung durch den für moderne Kunst außerordentlich interessierten Jenaer Archäologen Botho Graef (1857-1917) in der Zeitschrift ‘Kunst und Künstler’, Jahrg. X, S. 219 ff., mit guten Abbildungen. Das Denkmal ist unversehrt erhalten.
Die Villa Romana in Florenz wurde als Aufenthaltsort für deutsche Kunst-Stipendiaten am 16. Dezember 1906 eröffnet. Das Archivmaterial ist laut freundlicher Auskunft von Hans Purrmann verlorengegangen.
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S. 320 Werkbund
Der Deutsche Werkbund wurde im Oktober 1907 von zwölf Künstlern und zwölf Firmen der Kunstindustrie in München gegründet. Van de Velde nahm an der Gründungsversammlung nicht teil. Erste Jahresversammlung in München 1908. Zweite Jahresversammlung, bei der van de Velde über ‘Kunst und Industrie’ sprach, in Frankfurt, am 30. September bis 2. Oktober; gedruckter Verhandlungsbericht im van de Velde-Archiv Zürich. Abdruck des Vortrages in van de Veldes ‘Essays’, 1910, S. 137-164.
Siehe: Zeitschrift ‘Die Form’, 7. Jahr, 1932, Heft 10 und 11. ‘Die Gründung des Deutschen Werkbundes am 6. Oktober 1907’ von Peter Bruckmann (Industrieller, 1865-1933) und das Buch ‘50 Jahre Deutscher Werkbund’. Im Auftrag des
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Deutschen Werkbundes herausgegeben und bearbeitet von H. Eckstein, Berlin 1958.
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Elftes Kapitel: Weimar III - Enttäuschungen und Katastrophe
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S. 322 Weltausstellung Brüssel 1910
Siehe den Katalog: ‘Exposition Universelle Bruxelles 1910. Section Allemande, Catalogue officiel, L'Industrie d'Art en Allemagne’, S. 27: Aufsatz von Karl Scheffler.
König Albert I. von Belgien (1875-1934), als ‘Roi Chevalier’ Symbol des Widerstandes gegen Deutschland im Krieg 1914-1918, und Königin Elisabeth, Tochter von Karl Theodor, Herzog in Bayern (Augenarzt); mit Königin Elisabeth stand van de Velde bis zu seinem Tod in freundschaftlicher Beziehung. Nach der Verleihung des Ordens Leopold I. richtete van de Velde einen als Luxusdruck erschienenen Brief an König Albert I. (Exemplar im Archiv Zürich); typisch für den Respekt und das Selbstbewußtsein van de Veldes. Als Beispiel der französischen Diktion van de Veldes folgen Anfang und Schluß dieses Briefes:
Au roi des Belges, Albert Ier
Sire
Je porte le poids du retard que j'ai mis à présenter à Sa Majesté les humbles remerciements que je Lui devais à l'occasion de la distinction que Sa Majesté daigna m'accorder d'une façon qui en augmentait d'autant plus pour moi le prix que pour tous elle en soulignait l'honneur. Mais au moment oû je fus l'objet de cette distinction, mes forces m'avaient trahi et alors qu'elles eussent suffi néamoins pour l'accomplissement de remerciements banaux, il m'en restait trop pourtant pour ne pas désirer d'être reçu en audience par Sa Majesté et de Lui exprimer ma gratitude pour un geste sur l'effet duquel Sa Majesté ne s'était pas trompée qu'il devait me rappeler que j'avais à rester attaché à mon Pays et à Sa Personne.
Mais les circonstances disposent sans réplique de moi et de mon temps et la lutte, Sire, une lutte de tous les jours, de tous les instants, une lutte à laquelle j'ai voué toutes mes pensées et toutes mes forces - qui est avide des unes et des autres autant qu'une femme qui veut tuer, par haine ou par amour, celui qu'elle retient - une lutte de près de vingt ans dont dix à l'étranger, sur le terrain de la Beauté et du Style, dans les domaines de l'architecture et des arts industriels, a fait de moi un être auquel on peut bien demander à répondre de ce qu'il a fait mais non de ce qu'il n'a pas pu faire.
Je lutte, Sire, pour une Idée dont l'application mettait en cause toutes les formes et tous les ornements des Styles anciens auxquels, jusqu'à présent, les architectes et les artisans avaient puisé pour leurs créations, qui loin de renouveller ainsi l'esprit des exemples desquels elles s'inspiraient, en y greffant la vertu de réflexions ou d'une sensibilité personnelles, épuisaient la source autant qu'elles stérilisaient leur propre invention.
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Sire, en Allemagne, l'appui de quel ques Princes-régnants a puissamment contribué à la Renaissance des arts industriels et de l'architecture et dans tous les Etâts de l'Empire sont appelés de préference à la direction des Ecoles et des Instituts d'arts industriels des artistes qui se sont résolument voués à la recherche des formes et de expressions nouvelles. Une organisation puissante travaille, par tous moyens, à coordonner les efforts des artistes, des artisans et des industriels. Les divers gouvernements appuient ces efforts par la création ou la réorganisation d'Ecoles, par des encouragements constants et conséquents qui permettent aux artistes, aux artisans et aux industriels de participer avec éclat aux Expositions ou l'Allemagne a mis son point d'honneur de triompher. L'exemple ne peut manquer d'être suivi et dans tous les pays d'Europe nous allons voir les chefs d'Etât et les gouvernements s'inspirer de pareils exemples.
C'est qu'il y va de la suprématie du goût autant que de la conquête du marché commercial. Les succès remportés par l'Allemagne ne laissent aucun doute sur la valeur et l'efficacité des mesures prises mais je n'exprimerais pas entièrement ma pensée si je n'insistais sur ma conviction que la plus méthodique et la plus réfléchie des organisations de tous les facteurs qui peuvent contribuer à une Renaissance des arts industriels et de l'architecture, au relèvement du niveau artistique des produits de l'industrie resterait sinon inefficace du moins privé de son auxillaire le plus effectif et le plus puissant si Celui auquel sont confiés les droits de Souverain ne manifestait de Son intérêt personnel et n'usait des prérogatives que Lui octroie Son poste pour encourager ce qui ne peut atteindre son apogée que si les Pouvoirs publics marquent leur confiance en confiant des travaux - monuments autant qu'objet d'art - à ces artistes qui peuvent apporter des créations et des idées en rapport avec la mentalité et la sensibilité du moment ainsi que cela fut le cas aux plus glorieuses époques de l'antiquité, du moyen âge et de la Renaissance, ainsi que cela fut le cas jusqu'au moment où ‘la Commission’ accapara tous les droits et tous les pouvoirs qui étaient jusque là dévolus aux Rois, aux Princes et aux chefs d'Etât!
Sire,
c'est dans le domaine des arts et du goût que les peuples sont le moins jaloux des droits et des prérogatives de la couronne et c'est mon sentiment que par l'action qu'un Prince peut exercer sur son peuple dans le domaine de tout ce qui a rapport à la Beauté, IL le soumet autant qu'IL se l'attache, plus facilement et plus sûrement, que dans le domaine des choses qui sont à la merçi de la Politique.
Humblement
Henry van de Velde
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S. 325 Das Pastorat in Riga
Der Grundriß des Gebäudes sichtbar auf Abb. 104. Einweihung des Pastorates am 30. März 1912. Manuskript der Ansprache van de Veldes bei der Einweihung im Archiv Zürich.
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S. 327 ‘Théâtre des Champs-Elysées’ in Paris
Die Geschichte dieses umstrittenen Gebäudes, dessen Grundkonzeption durch van de Velde ebenso feststeht wie die im 20. Jahrhundert erstmalige Anwendung der dreigeteilten Bühne beim Entwurf des Dumont-Theaters für Weimar (1903/04) und beim Kölner Werkbundtheater, ist außerordentlich verwickelt. Daß Auguste Perret in beiden zur Frage stehenden Fällen der Konzeption van de Veldes nachfolgt, steht außer Zweifel.
Siehe: Paul Jamot: Le Théâtre des Champs-Elysées, in: Gazette des Beaux Arts, April und Mai 1913; Pascal Forthuny: Le Théâtre des Champs-Elysées, in: Les Cahiers de l'Art Moderne, 15. September und 30. Oktober 1913; Jacques Mesnil: Henry van de Velde et le Théâtre des Champs-Elysées, Bruxelles et Paris 1914; Henry van de Velde: Le Théâtre de l'Exposition du ‘Werkbund’ à Cologne 1914 et la Scène tripartite, Anvers 1925; Brief van de Veldes an Edward Léonard vom 10. September 1925 mit ausführlicher Darstellung der Angelegenheit (Archiv Brüssel, Abschrift in Zürich); Marie Dormay: L'Histoire vraie du Théâtre des Champs-Elysées, in: Le Figaro littéraire, Samedi 21 janvier 1961 (vertritt hartnäckig den Standpunkt Perrets).
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S. 340 Zusammentreffen mit Gabriele d'Annunzio
Van de Velde, der seine Jugendschrift ‘Déblaiement d'Art’ (1894) mit einem Gedicht d'Annunzios eingeleitet hatte, reagierte schon kurz darauf negativ auf den Schwulst des italienischen Dichters.
Über den Dichter und Schöngeist Robert de Montesquiou (1855-1921) siehe Helene von Nostitz, a.a.O., S. 62 ff.
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S. 344 Vor Beginn des Ersten Weltkrieges
Van de Velde hatte Osthaus veranlaßt, für den ‘Hohenhof’ Hodlers Gemälde ‘Der Auserwählte’ zu erwerben. In der Zeitschrift ‘Die Weißen Blätter’, Jahrg. 5, 1918/19, S. 125-137, ein ausgezeichneter Nachruf auf Hodler von van de Velde.
Erster Eintrag van de Veldes im Gästebuch Dr. Ludwig Binswangers in Kreuzlingen am 19. August 1909.
Ansprache in deutscher Sprache bei der Feier zum 50. Geburtstag in der Kunstgewerbeschule Weimar am 3. April 1913 (unabgeänderte Diktion van de Veldes)
‘Ich hätte nie gewagt zu denken, daß die Äußerung Ihrer Liebe und Bewunderung für mich einen solchen Umfang und das Zeichen solcher Begeisterung annehmen könnte.
Mein Dank ist darum um so gerührter und um so tiefer empfunden!
Sie geben mir heute die beste Gelegenheit Ihnen auszusprechen, wieviel Bedauern und Sorge es mir während der letzten Monate verursacht hat, daß ich nicht in unseren Beziehungen zueinander das alles mit Ihnen teilen und nicht in dem
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Maß und fröhlich mit Ihnen teilen konnte - das alles, was mein Glaube mir ermöglicht Ihnen mitzuteilen - mein Glaube an eine Schönheit, die ihre Quelle in Werten hat, die wir mehr in der Gegenwart als in der Vergangenheit entdeckten und die wir denen, die nach uns kommen, zu überliefern suchen mit dem Stempel unserer Eigenart und unserer Zeit.
Meine nächsten Mitarbeiter wissen, daß die Kämpfe, die ich zu bestehen hatte, um unser Ideal durchzusetzen, in letzter Zeit besonders schwierig waren - aber der Grund zu diesen vermehrten Schwierigkeiten lag vielleicht nur darin, daß sich die Arbeitsaufträge vermehrt hatten!
Meine Schüler selbst wissen vielleicht weniger um die Sorgen, die ich mir mache, daß ich mich nicht viel mehr ihnen widmen konnte, und sie wissen auch nicht, daß, wenn ich in Weimar bin, viele Stunden mir genommen und verdorben werden durch die Sorge, die die Zukunft unsrer Schule und aller derer, die in ihr angestellt sind, mir macht.
Sie wissen weniger, wie ich kämpfe, um für Sie noch mehr Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, d.h. mehr Werkstätten, in welchen Sie ein Handwerk erlernen könnten, durch welches Sie für Ihr ganzes Leben zu dem Stolz gelangen könnten, der dem eigen ist, der schöne Dinge schafft, den Stolz, der denen eigen ist, die fühlen, daß sie ein Handwerk heben, welches nur in Verfall geriet, weil es nur noch von Solchen betrieben wurde, die in ihm keines der wesentlichen Elemente der menschlichen Würde mehr erkannten.
Unser Institut ist jung - es ist eine Werkstatt, die noch mit Versuchen arbeitet, die nach der Richtung sucht, in welcher sie sich am besten für das Wohl aller, die sich ihm anvertrauen, entwickeln könnte.
Und wenn ich Ihnen mehr von der Schule als von mir selbst rede, liebe Schüler und Schülerinnen, liebe Mitarbeiter, heute, wo Sie nur daran denken, mich zu feiern, so ist es, weil ich den meisten von Ihnen ohne Schule nur ein Beispiel gewesen wäre, aber daß ich durch die Schule ein Lehrer und ein Freund für Sie geworden bin.
Was Sie für die Schule tun, tun Sie für mich, und Sie können nur meine Freundschaft erwerben durch das, was Sie in der Schule und für die Schule leisten.
Ich fühle heute wohl an dem Grad, wie Sie alle, Schüler, Schülerinnen, Lehrer, Ihrer Anhänglichkeit Ausdruck geben, daß Sie mir meine häufige Abwesenheit nicht nachtragen, daß meine Mitarbeiter an privater Arbeit mir meine besorgte Stimmung nicht nachtragen, und daß Sie alle fühlen, daß jedes Mal, wenn ich mich Ihnen nähern kann, ich versuche, ohne Rückhalt das Beste, was in mir ist, zu geben, d.h. alles, was mir der Glaube an Grundsätze, die für die Zukunft das Reich einer fleckenlosen Schönheit zusichern - ebenso wie das Reich eines Styls ohne Lüge und ohne Anhängsel von Dingen ohne Sinn!
Ihre Absichten für mich sind so großherzig, liebe Schüler und Schülerinnen, liebe Mitarbeiter, Ihre Gaben so kostbar, Ihre Worte so begeistert, daß ich wünschte,
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daß eine Fee es ermöglichen könnte, daß ich in Zukunft mehr mit Ihnen leben und arbeiten könnte und auf eine Art, wie es mein einfacher und starker Glaube an das, was uns verbindet, eingibt.
Ich glaube so fest daran, daß ein heiliger Widerschein der Schönheit uns alle besonders umstrahlt, daß ich zugeben muß, was die anderen von uns sagen: ‘daß wir nicht wie die anderen sind’, was sie uns nicht ohne Verachtung und Spott fühlen lassen!
Der in uns wohnende Gedanke kann uns um so besser, als wir inniger an ihn glauben, gegen alles schützen; durch ihn erhoben, werden wir in Wirklichkeit unerreichbar für Angriff und Spott!
Ich danke Ihnen nochmals von Herzen, Ihnen und den abwesenden Schülern für die schönen Gedanken, die Sie trieb, mir das Beste als Andenken zu geben, was Sie leisten konnten; - Herrn Dorfner, Herrn Feinauer und Herrn Schmidt, Fr. Wibiral und Fr. Seeligmüller für den neuen Beweis Ihrer hervorragenden künstlerischen Leistung. Herrn Schmidt nochmals besonders für seine ergreifenden Worte.
Was uns vor allem vereint, das Wertvollste ist die Gabe von Kräften, die Sie mir anbieten und die es mir ermöglichen werden, freudiger und mutiger neuen Kämpfen entgegenzusehen und die Last neuer Sorgen zu tragen und denjenigen, die es mir verderben möchten, zu trotzen!
Stützen wir uns mehr aufeinander, mehr wie wir es bisher getan haben, so werden wir uns besser lieben lernen - Sie, weil Sie mir etwas zu schulden glauben, und ich, weil ich heute so tief fühle, daß ich Ihnen eben so viel schulde, weil Sie mir Kräfte widmen und ein Vertrauen mir entgegen bringen, die mir erlauben werden, weiter das zu erfüllen, was das Schicksal noch von mir zu fordern hat!’
Über die Geburtstagsfeier im Nietzsche-Archiv siehe: Karl Scheffler: ‘Die fetten und die mageren Jahre’, 1946, S. 32 f., und: Karl Scheffler: ‘Henry van de Velde - Vier Essays’, Insel-Verlag, Leipzig 1913.
Ein Geburtstagsartikel von Theodor Heuss in der Zeitschrift ‘Die Hilfe’ vom 3. April 1913.
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S. 349 Ein geplantes Nietzsche-Denkmal
Zahlreiche Briefe Elisabeth Förster-Nietzsches in der Angelegenheit des Denkmals im Archiv Zürich.
Abbildungen der Entwürfe zum Nietzsche-Denkmal bei Osthaus, a.a.O., S. 135 bis 139.
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S. 354 Werkbundtheater in Köln 1914
Kommentar van de Veldes zum Werkbundtheater im offiziellen Katalog der Kölner Werkbundausstellung.
Eröffnungsvorstellung am 18. Juni 1914 ‘Faust I’, Regie: Viktor Barnowsky,
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Dekorationen von Svend Gade, Musik von Clemens Schmalstich. Der im Text zitierte Artikel von Ernst Hardt erschien im ‘Berliner Tageblatt’ vom 28. Juni 1914. Das Werkbundtheater rief eine wahre Flut von Abhandlungen in Zeitungen und Zeitschriften hervor.
1920 wurde das seit Kriegsbeginn 1914 seinem Zweck entfremdete, langsam verfallende Theatergebäude abgerissen.
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S. 360 Werkbund-Diskussion
Die Diskussion anläßlich der 7. Jahresversammlung des Deutschen Werkbundes vom 2. bis 6. Juli 1914 in Köln ist zuerst publiziert in der Broschüre Hermann Muthesius: ‘Die Werkbundarbeit der Zukunft’, Friedrich Naumann: ‘Werkbund und Weltwirtschaft’ bei Eugen Diederichs in Jena, 1914.
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S. 370 Zweifel nach allen Seiten
Aus Briefen an Charles Lefébure (Archiv Zürich) geht hervor, daß sich van de Velde schon 1910 mit dem Gedanken der Rückkehr nach Belgien beschäftigt hat. Eine Gruppe von jungen Künstlern und Architekten wünschte die Rückkehr; siehe Huib Hoste: ‘Henry van de Velde’ in der Zeitschrift ‘Bouwkundig Werkblad, Orgaan van den B.N.A.’, 5. Juli 1924.
Über die Brüsseler Vorlesungen von 1913 siehe den Bericht in der Brüsseler Zeitung ‘Le Peuple’ vom 26. Mai 1913.
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S. 373 Rücktritt, Kriegsbeginn und Ende der Weimarer Zeit
Erste Schritte, van de Velde als Leiter der Kunstgewerbeschule zu verdrängen, im Sommer 1913; in einem Telegramm bittet Staatsminister Rothe den Maler Fritz von Mackensen, Direktor der Kunstschule, um Vorschläge zu anderweitiger Besetzung des Direktorpostens der Kunstgewerbeschule; die Verhandlungen zogen sich bis in den Sommer 1914 hin (siehe Hüter, a.a.O.). Erste Rücktrittsgedanken von van de Veldes Seite im Brief an Bodenhausen, datiert ‘Ostern 1914’.
Paul Schultze-Naumburg (1869-1949), Architekt und Publizist, Gegner van de Veldes, später Anhänger des nationalsozialistischen Regimes.
Die Deklarierung van de Veldes als deutscher Staatsangehöriger mit der staatsrechtlich merkwürdigen Verklausulierung ‘belgischer Nationalität’ - die möglicherweise nur eine Redensart war - erfolgte auf Veranlassung der Weimarer Freunde van de Veldes, um ihn zu schützen und seine Lage dadurch zu erleichtern. In Wirklichkeit wirkte sie erschwerend und wurde die Ursache der von van de Velde immer wieder erwähnten ‘tragischen Situation’, die ihn jahrelang in ein oft mißverstandenes Zwielicht rückte.
Das Sanatorium Dr. Kohnstamm in Königstein im Taunus war Zufluchtsort vieler Intellektueller; auch E.L. Kirchner hielt sich in den Jahren 1915 und 1916 dort auf.
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Im Anschluß an die Belästigungen van de Veldes durch die Behörden und Bewohner Weimars veröffentlichte Karl Ernst Osthaus in der ‘Frankfurter Zeitung’ vom 12. Dezember 1914 zum Schutz van de Veldes einen offenen Brief an van de Velde, in dem er unter Hervorhebung der flämischen Herkunft van de Veldes, dessen entscheidende Verdienste für die Hebung der künstlerischen Kultur in Deutschland betont. Zweischneidige Hilfe für van de Velde.
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S. 378 Der Tod Alfred Walter Heymels
Dr. Wilhelm Solf (1862-1936), vor und während des Ersten Weltkrieges Staatssekretär des Reichskolonialamtes, Gegner der absoluten Kriegführung. Siehe Eberhard von Vietsch: Wilhelm Solf, Botschafter zwischen den Zeiten, Tübingen 1961.
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S. 378 Alfred Walter Heymel (1878-1914),
mit Rudolf Alexander Schröder Begründer der Zeitschrift ‘Die Insel’ (1899-1902), exklusives Organ für geistiges und künstlerisches Leben. Aus der Zeitschrift entstand schon 1899 durch Heymels Initiative der Insel-Verlag. Siehe Fritz Schlawe: Literarische Zeitschriften, a.a.O., S. 55 ff. Als Intellektueller (selbst auch Dichter) war Heymel ein freier Geist, mit Kriegsausbruch erlag er einem romantischen Patriotismus. Heymel starb Ende November 1914. Van de Velde pflegte ihn während einer Woche.
Im Frühjahr 1915 Besuch van de Veldes bei dem nach Bergen op Zoom (Holland) geflüchteten Max Elskamp, den er nach Intervention bei den deutschen militärischen Behörden zur Rückkehr nach Antwerpen veranlaßte.
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S. 381 Während des Krieges in Weimar
Im April 1915 Fühlungnahme mit Walter Gropius (geboren 1883) wegen der Nachfolge an der Weimarer Kunstgewerbeschule. Dazu Briefe van de Veldes an Gropius, deren Kenntnis der Herausgeber der Freundlichkeit Walter Gropius' verdankt:
‘Sonntag, 11. April 15
Zwei Fragen möchte ich Ihnen, lieber Herr Gropius, kurz stellen!
1. Würden Sie geneigt sein die Stelle eine Directors der Kunstgewerbe-Schule in Weimar anzunehmen? (Ich habe meine Entlassung für den 1. April eingereicht; nun bin ich gebeten worden bis 1. October 15 in Stellung zu bleiben!)
2. Wo und in welchen Zeitschriften kann ich Abbildungen Ihrer Werke finden?
Ich habe, als meinen Nachfolger bei dem Ministerium, Sie, Obrist und Endell empfohlen!
Sie sind, lieber Herr Gropius, zwischen den Menschen von welchen ich stets hoffe, daß es Ihnen gut geht und daß sie die Welt behalten werden mögen.
Ihr aufrichtig ergebener
van de Velde’
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Ein weiterer Brief van de Veldes an Gropius in dieser Angelegenheit trägt das Datum 5. Juli 1915. Beide Briefe in Photokopie im Archiv Zürich.
Les Formules, Weimarer Druck: ‘Les Formules de la Beauté architectonique moderne. Ce livre contient et résume des Essays, se rapportant au ‘Style Nouveau’, paru dans l'intervalle des années 1902 à 1912. Par Henry van de Velde.’ Das Impressum lautet: ‘Imprimé sur presse à la main privée, au cours des années de guerre 1916 et 1917 à Weimar. Tiré à trois cent exemplaires numérotés.’ Graf Kessler gewidmet.
Spätere Neuausgabe: ‘Formules d'une esthétique moderne’ im Verlag L'Equerre, Brüssel 1923, flämische Ausgabe im Verlag De Sikkel: ‘Formules van een moderne esthetiek’, 1933.
Das Material zum Manuskript über ‘die Linie’ im Archiv Zürich. Zur Psychologie der Linie siehe Honoré de Balzac (1799-1850): ‘Seraphita’: ‘Keiner eurer Gelehrten hat den Schluß gezogen: die Kurve ist das Gesetz der materiellen Welten, die gerade Linie regiert in den spirituellen Welten - die erste ist die Theorie des Endlichen, die zweite die Theorie des Unendlichen.’
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S. 383 Das Ende der deutschen Periode
Wilhelm von Bode (1845-1929), Generaldirektor der Berliner Museen. Siehe: Scheffler, ‘Die fetten und die mageren Jahre’, a.a.O., S. 229 ff.
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Zwölftes Kapitel: Intermezzo in Der Schweiz 1917-1920
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S. 387 Begegnungen mit Künstlern und Intellektuellen in Bern und Zürich - René Schickele
Datum der Ankunft in der Schweiz nicht feststellbar; ‘avril ou mai 1917’ notiert van de Velde in einer Skizze zu den Memoiren.
Van de Veldes Wohnung in Bern: Junkerngasse 37.
Lenin verließ am 9. oder 10. April 1917 - die Angaben schwanken - Bern. Diesen Daten als Ankunftstermin van de Veldes widersprechen die Darstellungen am Schluß von Kapitel 11.
Über René Schickele (1883-1940), an den van de Velde durch Graf Kessler empfohlen war, siehe René Schickele: ‘Werke’, herausgegeben von H. Kesten, 3 Bände 1959, Einleitung. In den Tagebuchauszügen, ‘Werke’ Bd. 3, nur wenige Erwähnungen van de Veldes.
Paul Cassirer (1871-1926), Verleger, Kunsthändler, auf allen künstlerischen Gebieten interessiert; siehe ‘Abschied von Paul Cassirer’ von René Schickele, Berliner Tageblatt, Januar 1926, Wiederabdruck in ‘Werke’ Bd. 3, S. 914.
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S. 391 Besuch bei Ernst Ludwig Kirchner
Die Darstellung widerspricht in bezug auf Daten und Inhalt zum Teil den Briefen Kirchners an van de Velde. Siehe ‘E.L. Kirchner, Briefe an Nele und Henry
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van de Velde’ mit einem Bericht Nele van de Veldes über ihren Besuch auf der Staffelalp und einem Nachwort von Mary van Deventer, Piper Verlag 1961. Kirchner war von der menschlichen Persönlichkeit van de Veldes aufs stärkste beeindruckt.
Im Anschluß an den (oder die) Besuche van de Veldes entstanden die beiden Holzschnitte Kirchners ‘van de Velde Kopf hell’ (Sch. 286) und ‘van de Velde Kopf dunkel’ (Sch. 287). 1918 entstanden in Kreuzlingen Kirchners Holzschnitte ‘Paar im Sessel’ (van de Velde und Nele) (Sch. 309) und ‘Mädchen mit Zigarette’ (Nele) (Sch. 310).
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S. 392 Zusammentreffen mit dem Sozialisten Camille Huysmans, Annette Kolb, Ferruccio Busoni, Graf Kessler und anderen
Der erste Teil des Stockholmer Sozialistenkongresses fand im Sommer 1917 statt; van de Velde sympathisierte mit der Gesinnung Camille Huysmans, der unter seiner Ministerschaft van de Velde 1925 nach Belgien zurückberief und ihn gegen heftige politische Angriffe verteidigte.
Ferruccio Busoni (1866-1924), Komponist und kunsttheoretisch höchst interessiert, schrieb 1916 in Zürich ein Fragment ‘Gedanken über den Ausdruck in der Architektur’, siehe Ferruccio Busoni: ‘Von der Einheit der Musik - Verstreute Aufzeichnungen’, Max Hesses Handbücher Bd. 76, Berlin o.J., S. 229 ff. 1918 beschäftigte sich Busoni - wohl auf Anregung durch van de Velde - mit der Frage der dreifach geteilten Bühne; siehe im oben genannten Band S. 268, mit Zeichnung. Busoni und van de Velde sind in mancher Beziehung typenverwandt.
Über Kessler siehe den Essay Schickeles in: ‘Werke’ Bd. 3, S. 911.
Werkbundausstellung in Bern, Sommer 1917. Wortlaut der im Text erwähnten Berichtigung, Zeitung ‘Der Bund’, 2. Juli 1917, Abendblatt: ‘In Nr. 298 des “Bund” berichten Sie in einer Mitteilung über dieses Ausstellungsgebäude, daß ich durch eine spezielle Ausstellung in diesem Hause vertreten sein werde. Ich nehme an, daß dies auf einer irrtümlichen Information beruht, da ich mich seit Beginn des Krieges entschlossen habe, prinzipiell von jedem öffentlichen Auftreten, sei es persönlich, sei es durch meine Werke, abzusehen, und ich gedenke dies auch, solange der Krieg dauert, weiter zu tun. Ich bitte Sie sehr, dies richtig stellen und meinen Standpunkt Ihren Lesern baldigst mitteilen zu wollen. Mein Name ist ohne mein Wissen auf die Pläne des Herrn Prof. Behrens gekommen.
gez. van de Velde.’
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S. 399 Vorträge in Bern und Zürich - Übersiedlung nach Clarens
Neben den Vorträgen ‘La triple offense à la Beauté’ in Bern und Zürich sprach van de Velde am 20. Februar 1918 in Zürich beim Schweizerischen Ingenieur- und Architekten-Verein (SIA) über ‘La Conception rationelle et conséquente’, im Wortlaut erschienen in der ‘Schweizerischen Bauzeitung’ vom 30. März und 16. April 1918.
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Der handschriftliche Entwurf zur Gründung von Werkstätten in der Schweiz - ‘Projet de reconstitution - en Suisse - des “ateliers van de Velde” pour la production d'objets dans toutes les branches de l'art industriel’, unterzeichnet ‘août 1917’, befindet sich im Archiv Zürich. Van de Velde legte den Entwurf dem belgischen Militärattaché Oberst Lefébure, dem Bruder seines Brüsseler Freundes, vor, der jedoch ausgesprochen kühl antwortete.
Über die literarische Situation in der welschen Schweiz gegen Ende des Ersten Weltkrieges siehe: H.R. Lenormand: Confessions d'un auteur dramatique, Paris 1949, Bd. 1, S. 233 ff.
Über Georges Pitoëff (gest. 1939) und seine Frau Ludmilla siehe: H.R. Lenormand: ‘Les Pitoëff’, Paris 1943.
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S. 402 Frans Masereel - Romain Rolland
‘La Feuille, Journal d'idées et d'avant-garde’ erschien als Tageszeitung in Genf von August 1917 bis August 1920. Siehe: ‘Bibliographie der Schweizerischen Presse’ von Blaser, Basel 1956, Bd. 1, S. 389. Zahlreiche Briefe Masereels (auch aus späterer Zeit) an van de Velde im Archiv Zürich.
Romain Rolland. Der von van de Velde erwähnte Aufsatz ‘La Présence du Coeur’ erschien in der von René Schickele herausgegebenen Zeitschrift ‘Die Weißen Blätter’, 5. Jahrg., Juli 1918, S. 37 ff. Rolland hat das Manuskript van de Veldes stilistisch überarbeitet. Diesbezüglicher Brief van de Veldes an Rolland vom 9. Mai 1918 im Archiv Zürich.
Über Rolland siehe auch van de Veldes Beitrag im ‘Liber Amicorum’, Zürich 1926, in deutscher Übersetzung in dem Sammelband: Henry van de Velde ‘Vom Neuen Stil’, Pieper 1955, S. 217 ff.
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S. 406 Uttwil
Uttwil - Dorf am schweizerischen Ufer des Bodensees, vier Kilometer von Romanshorn. Das seinerzeit von van de Velde bewohnte bürgerliche Herrschaftshaus ist erhalten.
Die Schwierigkeit, genaue Daten zu erfahren, wird durch die offenbar verspätete Anmeldung bei der Gemeinde - Anmeldedatum der 26. Mai 1919, Abmeldedatum (‘nach Holland’) der 11. Januar 1921 - vergrößert. Das gleiche gilt übrigens auch für die Anmeldedaten in Bern und Clarens.
Reise nach Weimar. In einem Brief in deutscher Sprache an Walter Gropius, damals Leiter des Staatlichen Bauhauses in Weimar, datiert ‘Uttwil, 6. Juni 19’, schreibt van de Velde:
‘Vermutlich werde ich in der allernächsten Zeit nach Weimar kommen müssen wegen dem Mietsvertrag meines Hauses und die Ausräumungsarbeiten, welche ich dort vornehmen muß. Dieser Arbeit wird mir dadurch erschwert, daß ich dabei
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einen schweren Seelelast empfinden werde, desto schwerer daß ich nicht weiß, wohin mit vielen dieser Sachen, was die weitere Entwicklung der Dinge mit sich bringen wird und wo ich in der nächsten Zukunft verbleiben werde!
Hoffentlich treffen wir uns in Weimar, lieber Gropius, und es ist mir vergönnt Sie - nachdem die augenblicklichen Schwierigkeiten überwunden, in aller Seelenruhe bei der Arbeit zu finden, in mitten ergebener Mitarbeiter und enthousiastischen Jüngern, welche das was groß und edel in Ihren Plänen ist anerkannt haben.
In aufrichtiger Freundschaft
Ihr van de Velde’
Sperrung des finanziellen Besitzes van de Veldes in Weimar. Während die kaiserliche beziehungsweise großherzoglich sachsen-weimarische Regierung den Besitz van de Veldes während des Krieges nicht antastete - vermutlich weil van de Velde formell als deutscher Bürger geführt wurde -, sperrte die republikanische Regierung den finanziellen Besitz aus nicht ersichtlichen Gründen.
Die von van de Velde erwähnte Sitzung des deutschen republikanischen Parlaments in Weimar fand am 25. Juli 1919 statt. Siehe Harry Graf Kessler: ‘Tagebücher 1918 bis 1937’, herausgegeben von Wolfgang Pfeiffer-Belli, Insel-Verlag 1961, S. 190 ff., mit dramatischer Beschreibung dieser Sitzung. Unter dem 23. Juli 1919 notiert Kessler, daß van de Velde ‘seit kurzem wieder hier (in Weimar) ist’. In einem nach Uttwil gerichteten Schreiben vom 30. Dezember 1919 erklärte das Ministerium des Innern des Freistaates Sachsen-Weimar-Eisenach seine Bereitschaft zur Rückberufung van de Veldes nach Weimar (Archiv Zürich).
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Dreizehntes Kapitel: In Holland bei Kröller-Müller
Über das Ehepaar Kröller-Müller und seine künstlerische Aktivität: Salomon van Deventer: ‘Aus Liebe zur Kunst - das Museum Kröller-Müller’, Köln 1958. Dieses auf Erfahrungen aus nächster Nähe, auf dokumentarischem Material und auf persönlicher Freundschaft beruhende Buch enthält die ausführliche Darstellung der Beziehungen van de Veldes zum Ehepaar Kröller-Müller und über seine architektonische Tätigkeit jener Jahre. Laut brieflicher Mitteilung van Deventers an van de Velde fand die erste Zusammenkunft van de Veldes mit dem Ehepaar am 19. Oktober 1919 statt. Formeller Antritt der Arbeit Februar 1920. Ende der Tätigkeit im Juni 1926, nach dem Beginn der neuen Wirksamkeit van de Veldes in Belgien.
Van Deventer hebt die Bedeutung der auch von van de Velde hochgeschätzten Persönlichkeit des Kunstschriftstellers H.P. Bremmer hervor, dessen künstlerischen Einsichten in erster Linie Entstehung und Ausbau der Sammlung Kröller-Müller zu danken ist. Aus einem Schreiben Frau Kröllers an die holländische Regierung, 26. April 1935: Bremmer ‘ist für die Niederlande eine Kulturtat’.
Haus ‘De Tent’: in der ersten Niederschrift zu den Memoiren erwähnt van de Velde als Lieferant des praefabrizierten Hauses eine Firma im Schwarzwald; nach Auskunft von Herrn van Deventer stammt das Haus jedoch aus einem Werk in
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Schlesien, vermutlich von Christoph & Unmack in Herrnhut, Oberlausitz. Bezug des Hauses durch die Familie van de Velde zu Beginn des Jahres 1921 (polizeiliche Abmeldung in Uttwil am 11. Januar 1921).
Das geplante große Museum: das gesamte Planmaterial und Perspektiven befinden sich im Museum Otterlo. Ein Album mit zahlreichen Photos nach Modellen im Archiv Zürich.
Das heute bestehende Museum: zur Vorgeschichte siehe das ausführliche Exposé Frau Kröllers an die holländische Regierung im Anschluß an die Schenkungsakte vom 26. April 1935, bei van Deventer, a.a.O., S. 160ff. Der erste Spatenstich am 18. Mai 1937, Beginn der Einrichtung am 4. Juni 1938, Eröffnung des ursprünglich ‘Übergangsmuseum Kröller-Müller’ genannten Gebäudes von van de Velde am 13. Juli 1938. Nach Kröllers Tod (1941) - Frau Kröller war schon 1939 gestorben - langsamer, durch die Kriegsereignisse verzögerter Ausbau unter Leitung van Deventers, der als Auftraggeber die Nachfolge Kröllers angetreten hatte; zeitweise Stillegung. Während des Krieges mehrfache Aufenthalte van de Veldes an der Baustelle. Letzter Aufenthalt van de Veldes in Otterlo im Juni 1953 zu Besprechungen über die Ausführung der Aula des Museums.
Vorfeld der Rückkehr van de Veldes nach Belgien: Begegnung mit Emile Vandervelde bei einem Empfang im Hause Kröller anläßlich eines am 10. Dezember 1922 eröffneten Internationalen Gewerkschaftskongresses in Den Haag; Vandervelde kurz vorher belgischer Justizminister. Bei diesem Zusammentreffen der alten Freunde offenbar Gedankenaustausch über die Möglichkeit der Rückkehr van de Veldes nach Belgien. Dazu ein Artikel Emile Vanderveldes in der Brüsseler Tageszeitung ‘Le Peuple’, 17. Dezember 1922: ‘Lettre de la Haye - Vincent van Gogh et Henry van de Velde’, in dem der Gedanke der Rückberufung berührt wird, ‘pour rendre justice’ (um Gerechtigkeit walten zu lassen). Über van de Velde in jenen Tagen siehe Kessler, ‘Tagebücher’, a.a.O., S. 353.
1923 Neuausgabe der ‘Formules’ van de Veldes im Rahmen der ‘Equerre’, Brüssel mit Begleitwort des modernen belgischen Architekten Victor Bourgeois, der auf van de Velde als einen der Begründer der neuen Architektur hinweist.
Vortrag van de Veldes in Brüssel am 24. Januar 1924 im Kreis junger, moderner Architekten, enthusiastisch begrüßt, ein Tag, ‘qui marque le véritable retour de l'émigré dans notre vie nationale’ (‘der die Rückkehr des Emigrierten in unser nationales Leben bedeutet’). Bei einem anschließenden Souper hielt der Städteplaner und Landschaftsarchitekt Louis van der Swaelmen eine zündende Ansprache, in der er van de Velde um seine Rückkehr ersuchte, van de Velde (nach van der Swaelmens Worten) ‘Maître d'énergie, Maître de lucidité et Maître d'Amour’. Siehe: Louis van der Swaelmen, 1883-1929, Semeur d'idées, Traceur d'Espaces, Editions Art et Technique, Brüssel 1960.
Im Anschluß an den Brüsseler Vortrag von 1924 und die darauf folgende Bewegung pro van de Velde lebhafte Polemik wegen der Nichtbeschäftigung van de
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Veldes an der belgischen Abteilung der Kunstgewerbe-Ausstellung Paris 1925. Siehe Zeitschrift ‘La Cité’, August und September/Oktober 1925 (Le Procès de la Participation Belge), mit Verteidigungen van de Veldes durch Louis van der Swaelmen und Edward Léonard.
In den ‘Kleinen Classeuren’ zusätzliche Notizen über Reisen van de Veldes während der holländischen Periode:
Reise nach Italien (Genua, Rom, Florenz, Siena usw.) mit der Familie; Datum nicht feststellbar.
Verschiedene Besuche bei Max Elskamp in Antwerpen. Bericht in der seltenen Broschüre: ‘Henry van de Velde entretient ses Collègues de l'Académie libre Edmond Picard de la formation poétique de Max Elskamp...’, Druck eines am 15. Juni 1933 gehaltenen Vortrages.
‘Im Laufe eines der Besuche, die ich ihm regelmäßig von Holland aus machte, wo ich mich nach dem Krieg niedergelassen hatte, übergab mir Max Elskamp vier umfangreiche Manuskripte mit den Titeln “Les Heures Jaunes”, “Revisions”, “Fleurs Vertes” und “Joies Blondes”. Aber in diesen Manuskripten wie auch in den beiden letzten gedruckten Büchern zeigen sich an vielen Stellen Zeichen des Zerfalls, Wiederholungen und offenbare Lücken.
Die ersten Spuren der Geisteskrankheit hatten sich 1924 gezeigt, und bald danach traten schwere Bewegungsstörungen auf. In dieser Zeit wechselten Tobsuchtsanfälle mit Stunden totaler Depression.
Unter der Pflege seines Dieners Victor, der während dreiunddreißig Jahren mit unvergleichlicher Aufopferung, die nicht hoch genug gerühmt werden kann, für ihn sorgte, und Dr. Poiriers, der ihm während langer Jahre täglich seine Hilfe und seinen Trost angedeihen ließ, lebte Max Elskamp in seinem Zimmer dahin. Mit Hilfe eines Krankenwärters setzte Victor ihn in einen Sessel vor einem kleinen Tisch. In der Schublade befanden sich Zigaretten, einige Menükarten und gleichgültige Gegenstände, denen er besonderes Interesse entgegenzubringen schien und die er sorgfältig in der Schublade verwahrte. Nacheinander nahm er sie zur Hand, ließ von ihnen ab und betrachtete mit erloschenem Blick einige Zeitungsausschnitte oder Bilder illustrierter Zeitschriften.
Außer mir und dem Advokaten Henri Damien, der mit liebevollem Takt seine Pflicht als Vormund ausübte, empfing Max Elskamp niemanden mehr. Bei jedem meiner Besuche stellte ich den fortschreitenden Verfall fest, und während der langen Jahre habe ich die Schwelle seines Zimmers, wo ich ihn immer im Bett vorfand, stets in der Befürchtung überschritten, es könne sich etwas ereignen, was einen Schatten auf unsre von Kind auf bestehende Freundschaft werfen könne. Ich fürchtete, die Heftigkeit, die er in meiner Gegenwart anderen entgegenbrachte, oder die Ungerechtigkeiten, mit der er seinen Diener oder seinen Krankenwärter behandelte, würden sich auch einmal gegen mich wenden. Ich fürchtete auch, obzwar
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weniger, er würde mich eines Tages nicht mehr erkennen. Ein glückliches Geschick hat mich vor all dem bewahrt. Trotzdem fühlte ich mich vor solchen Befürchtungen und von dem Gewicht, das auf meinem Herzen lastete, erst an jenem Tag befreit, an dem ich wußte, daß ich meinen Freund und Bruder stumm vorfinden würde, regungslos auf seinem Bett, vom Tod befreit und gerüstet für die letzte Reise.
(1932-33) Mürren-Bel-Alp’
Verscheidene Reisen nach London im Auftrag der Firma Kröller-Müller zur Überwachung der Einrichtungen im Kröllerschen, von Berlage erbauten ‘Holland-House’.
Reise nach der Tschechoslowakei im Frühsommer 1924 und Vortrag in Prag. Bericht van de Veldes über seine Eindrücke in der Zeitschrift ‘La Cité’ vom Oktober/November 1924: ‘L'Architecture en Tchéco-Slovaquie’.
Reise nach Paris zur Kunstgewerbe-Ausstellung 1925. Berichte in den Zeitschriften ‘Europäische Revue’, Jahrg. I, Siebentes Heft, 1. Oktober 1925, und ‘Die Neue Rundschau’, XXXVI. Jahrg. der Freien Bühne, Berlin, Oktober 1925.
Reise nach Stockholm zur Rückbegleitung des erkrankten Hugo Westberg, der auf van de Veldes Wunsch als sein Mitarbeiter bei Kröller-Müller engagiert worden war.
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Vierzehntes Kapitel: Rückkehr nach Belgien: öffentliche Ämter
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S. 421 Das Institut in Brüssel (ISAD)
Camille Huysmans (geb. 1871) war von 1925-1927 belgischer Minister des Unterrichts und der Künste; von 1946-1947 belgischer Ministerpräisdent, anschließend bis 1949 wieder Unterrichtsminister. Gewerkschaftskongreß in Den Haag: siehe Anmerkung zu Kapitel 13.
Datum der Ernennung van de Veldes zum Professor der Universität Gent: 7. Oktober 1925; Emeritierung: 1. August 1936.
‘Alles, nur das nicht’ - war das Stichwort zu einer wahren polemischen Treibjagd gegen van de Velde, die im Frühjahr 1927 begann, als König Albert I. ihn mit dem Entwurf einer königlichen Villa in Lombartzijde bei Westende beauftragte; der Bau wurde nicht ausgeführt.
Das Original des von Albert I. handschriftlich geschriebenen Briefes an Camille Huysmans befindet sich im Archiv Zürich.
Ausstellung Galerie Dietrich in Brüssel, 1926: Entwurf für den Ausbau des linken Schelde-Ufers in Antwerpen im Archiv Brüssel; Abbildung in der Broschüre: Maurice Casteels: Henry van de Velde, 1932.
Das Institut(ISAD): ins Leben gerufen durch Arrêté Royal vom 30. November 1926, unterzeichnet von Albert I. und Camille Huysmans. Artikel I lautet: ‘Il est fondé à Bruxelles, un Institut Supérieur des Arts Décoratifs pour l'enseignement des matières suivantes: L'Architecture, l'architecture des jardins et l'urbanisme,
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l'ornementation, la sculpture et la peinture décorative et monumentale; le dessin technique (mobilier, ferronerie, céramique etc.); les arts du métal, les arts textiles, la reliure; la typographie, l'ornementation du livre et la publicité, la mode, le théâtre et le cinéma, l'esthétique des machines, des constructions métalliques et navales et des instruments de musique. La durée des études dans chaque atélier est fixée à deux ans.’
Kurze Darstellung der Vorgeschichte und der Gründung im Vorwort Camille Huysmans’ in: ‘Premier numéro des Cahiers de l'Institut Supérieur des Arts Décoratifs Bruxelles’, erschienen 1931 anläßlich der ersten Ausstellung des Instituts. Siehe auch die Ansprache van de Veldes beim ersten Besuch der Presse am 27. April 1928, in: Zeitschrift ‘La Cité’, 1928, Heft 3/4, S. 34.
Die ‘Zitadellen’: als das Staatliche Bauhaus Weimar im Sommer 1924 mit Schließung bedroht wurde, setzte sich van de Velde in einem Schreiben an den Weimarischen Staatsminister a. D. Hartmann für die Erhaltung des Institutes ein. Kopie des Schreibens im Archiv Brüssel, dort auch ein Dankesbrief von Walter Gropius vom 23. Oktober 1924. Photokopie des Schreibens vom 26. September 1955 an Inge Aicher-Scholl anläßlich der Eröffnung der Hochschule für Gestaltung in Ulm im Archiv Zürich.
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S. 429 Der siebzigste Geburtstag
Manifestation Henry van de Velde am 8. April 1933. ‘Das Organisationskomitee dieser Manifestation ist der Meinung, daß die Aktivität und der jugendliche Geist des Meisters sich schlecht für eine zeremonielle Feier eignen. Es hat ihn deshalb gebeten, selbst das Wort zu ergreifen.’
Van de Veldes Rede ‘La Voie Sacrée’ ist als privater Luxusdruck, hergestellt im Institut, 1933 erschienen.
Ansprachen Camille Huysmans' und van de Veldes bei einer Geburtstagsfeier in Antwerpen - beide flämisch - in der Zeitschrift ‘K.M.B.A.’, 4. Jahrg., Nr. 4, April 1933, S. 72 ff.
Weitere Veröffentlichungen zum Geburtstag: Gedenkbuch für Henry van de Velde, herausgegeben (flämisch) von Jan van de Voort, Gent 1933, mit vielen Beiträgen von Freunden und Schülern und zahlreichen Abbildungen. Spezialnummer der Zeitschrift ‘La Cité’, XI. Jahrg., April/Mai 1933, mit Würdigungen u.a. von K. Moser, Zürich, P.H. Berlage, Den Haag, J.J.P. Oud, Rotterdam, Le Corbusier, Francis Jourdain, Paris, Josef Hoffmann, Wien, Karl Scheffler, Erich Mendelsohn, Mies van der Rohe, Adolf Behne - die letzteren Berlin. Mit vielen Abbildungen der Werke bis 1932. - Zeitschrift ‘Opbouwen’, Nr. 4 vom 1. Mai 1933, mit Beiträgen von Jan van de Voort und Huib Hoste.
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S. 430 Hendrik de Man und das OREC
Hendrik de Man (1885-1953), sozialistischer Politiker und Publizist. Von 1935
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bis 1940 belgischer Arbeitsminister. 1946 in die Schweiz emigriert, im gleichen Jahr in Brüssel wegen Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht Deutschland verurteilt. Exposé Hendrik de Mans über die Aufgaben des orec; Broschüre von 1936 im Archiv Brüssel.
Vertrag van de Veldes mit der ‘Société Nationale des Chemin de Fer Belge’ - Auftraggeberin für die Gestaltung von Eisenbahnwagen und Postschiffen - ist datiert 15. April 1933. Siehe Zeitschrift ‘Bâtir, Revue mensuelle illustrée d'architecture, d'art et de décoration’, 1934, 15. November, S. 932 (Beschreibung des Postschiffes ‘Prince Baudouin’ mit zahlreichen Abbildungen, Interview van de Veldes).
Van de Velde hatte schon kurz vor 1930 eine Jacht, ‘Ingorata’, für Eberhard Osthaus entworfen. Siehe: Innendekoration, Mai 1930, S. 213. Die Taufrede hielt der damalige deutsche Reichskunstwart Edwin Redslob.
Raoul Grimard: nach seinem Tode erschien 1939 bei Buschmann in Antwerpen der Band ‘Essais’, höchst bemerkenswerte philosophische, ästhetische und soziologische Betrachtungen. Im Archiv Zürich zahlreiche Briefe Grimards an van de Velde.
Abbildungen der späten belgischen Bauten (zum Teil mit Grundrissen und Einrichtungsdetails) im ‘Album Vlaamse Kunst’, 1952.
Huib Hoste (1881-1956), moderner flämischer Architekt, zeitweise Lehrer am isad; von van de Velde besonders geschätzt. Siehe Zeitschrift ‘La Maison’, 1958, Heft 1, S. 27 Nachruf von Pierre-Louis Flouquet.
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S. 433 Die Pariser Weltausstellung 1937
Jean-Jules Eggericx, belgischer Architekt; Raphael Verwilghen, belgischer Diplom-Ingenieur, Architekt, Städteplaner und Publizist, Nachbar van de Veldes in Tervueren.
Text einer Ansprache van de Veldes anläßlich der Pariser Ausstellung im Archiv Zürich.
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S. 436 Weltausstellung New York 1939/40
Die zum Team van de Veldes gehörenden belgischen Architekten Victor Bourgeois und Léon Stynen - letzterer heute van de Veldes Nachfolger in der Leitung der ‘Ecole Nationale Supérieur d'Architecture et des Arts Décoratifs’ (früher isad), - sind Repräsentanten des Neuen Bauens.
Der belgische Pavillon von 1939/40 wurde nach Schluß der New Yorker Ausstellung abgebrochen und als Stiftung der belgischen Regierung auf dem Schulgelände der Virginia Union University in Richmond (Virginia) wieder aufgerichtet. Der Bau beherbergt heute u.a. die Bibliothek der Universität.
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S. 439 Bau der Genter Universitätbibliothek
Der Auftrag an van de Velde war gleichsam ein Geschenk der belgischen Regierung zu seinem siebzigsten Geburtstag. Die Leidensgeschichte dieses Bauwerks,
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über dem der Unstern der Bürokratie und der Kriegsereignisse stand, erfordert eine Spezial-Studie.
Der für den Kongreß in Washington vorbereitete Vortrag ‘L'Architecture d'aujourd'hui en regard de celle du passé’ zuerst in der Zeitschrift ‘Reconstruction’ 1940, Nr. 1, S. 15, später in van de Veldes Sammelband ‘Pages de Doctrines’, Brüssel 1942, S. 104.
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S. 443 Der Zweite Weltkrieg - Ausklang in Belgien
Im Rahmen des orec war van de Velde als ‘Conseiller esthétique de la reconstruction au Commissariat Général de la Restauration du Pays’ tätig. Definitiver Rücktritt von dieser Tätigkeit am 14. Oktober 1944. Siehe: Raphael Verwilghen, ‘Waar staan wij met de Stedebouw in Belgie’, Zeitschrift ‘Bouwen en Wonen’, nr. 3, maart 1960.
H.R. Rosemann, heute Professor der Kunstgeschichte an der Universität Göttingen, während des Zweiten Weltkrieges Leiter des Referates Kunstschutz Belgien/Nordfrankreich. Zusammenarbeit bei Wiederaufbaufragen unter dem Zeichen der Achtung und der Sachlichkeit mit einem Regime, ‘das van de Velde grundsätzlich ablehnte’ (freundliche Mitteilung von Prof. Rosemann).
Das Verfahren gegen van de Velde wurde am 20. Oktober 1945 als gegenstandslos eingestellt; Mitteilung an ihn durch das ‘Ministère de l'Instruction Publique’ erst am 6. Dezember 1946!
Vor der Abreise nach der Schweiz vernichtete van de Velde viel bisher aufbewahrtes Material. ‘Wir - Schoder und ich (Thilo Schoder, früher Schüler van de Veldes in Weimar) - verbrannten während mehrerer Tage Hunderte von Blättern, die mein Mitarbeiter Hugo Westberg, der meine Möbelentwürfe technisch ausarbeitete, in natürlicher Größe aufgezeichnet hatte’ (Classeur XIII der ersten Niederschrift, Blatt 1127).
Ankunft van de Veldes in Basel am 4. September 1947.
Alfred Roth (geb. 1903), Professor für Architektur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, war in der letzten Lebensperiode van de Veldes sein intimer Freund und Berater.
In Oberägeri wohnte van de Velde zunächst in der Pension ‘Lohmatt’. Im Frühjahr 1948 Umzug in das kleine, von Alfred Roth 1939 erbaute Haus Fräulein Dr. Marie Meierhofers, das van de Velde ‘le Bungalow’ nannte. Ankunft in Oberägeri am 6. September 1947.
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Fünfzehntes Kapitel: Epilog in Oberägeri 1947-1957
Abschlußdatum auf Blatt 1233 des Classeurs XIII: le 8 oct. 50.
Paul Geheeb (1870-1961), einer der Begründer moderner Jugenderziehung, langjähriger Freund van de Veldes.
Vorabdruck aus den Memoiren in Morton Shands Übersetzung - im Text einige
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Abweichungen gegenüber dem ‘Grand Manuscrit’ - in der Zeitschrift ‘The Architectural Review’, Vol. 112, 1952, S. 143-155, mit Abbildungen von Frühwerken van de Veldes (zum Teil irrtümlich beschriftet).
Ausstellung ‘Um 1900’ im Kunstgewerbemuseum Zürich vom 28. Juni bis 28. September 1952.
Johannes Itten (geb. 1888), Maler, Farbtheoretiker, Pädagoge und Museumsleiter.
Handschriftlicher Entwurf der Ansprache van de Veldes in der Ausstellung ‘Um 1900’ im Archiv Zürich.
Der neunzigste Geburtstag am 3. April 1953: Sammlung der Ansprachen (vervielfältigtes Schreibmaschinen-Manuskript) im Archiv Zürich. Die Sprecher (in der Reihenfolge der Ansprachen): Hans Finsler, Léon Stynen, Hans Hildebrandt, Ernesto Rogers, Hans Curjel, Sam van Deventer, Alfred Roth, Werner M. Moser - Henry van de Velde. Eine Serie von Photos der Geburtstagsfeier von Werner Bischof.
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Ansprache Henry van de Veldes bei der Feier zum neunzigsten Geburtstag in Zug, Hotel Aklin (übersetzt von Hans Curjel):
‘Die Wahl des Ortes, an dem wir uns befinden, meine lieben Freunde und Kollegen, ein Restaurant, läßt keinen Zweifel, daß es sich um ein intimes Zusammensein handelt. Um meine Gefühle auszudrücken, um Sie an der Bewegung teilnehmen zu lassen, die mich erfüllt, werde ich mich einfacher Worte bedienen können, während ich - hätten wir uns nicht in Zug zu einem einfachen Mahl versammelt - in einer akademischen Veranstaltung Worte aus den hohen Sphären der Redekunst hätte wählen müssen.
Ich würde weit mehr als eine Stunde für die Aufstellung und Prüfung der ‘offenen Rechnungen’ benötigen, um - Ihnen wie mir - die Höhe der Schuld klarzulegen, die zwischen dem einen und dem anderen entstanden ist. Der ‘andere’ bin in diesem Falle ich.
Bei jeder Regulierung von Rechnungen gibt es Gläubiger und Schuldner, und es müßte auf beiden Seiten des Rechnungsbuches sorgfältig vermerkt werden, was der eine gegeben und was der andere erhalten hat. Was unsere Beziehungen und Rechnungen betrifft, meine Freunde und Kollegen, so haben Sie einzuschreiben versäumt, was Sie geben, wogegen der gewissenhafte Schuldner nichts zu notieren vergißt, was er erhält.
Um kurz zu sein und kategorisch zu erklären, was ich denke: Sie wissen nicht, was Sie mir geben, aber ich weiß, was ich Ihnen schulde.
Um die Höhe meiner Dankesschuld festzustellen, die ich auf mich genommen habe, müßte ich auf meine ersten Auftraggeber und Kritiker hinweisen, deren erste mir Vertrauen entgegengebracht und deren zweite meine frühen Arbeiten enthusiastisch verteidigt haben - aber das würde ins letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zurückführen. Ich würde zwei autobiographische Bände benötigen, um die Liste meiner Gläubiger aufzustellen.
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Meine lieben Gläubiger der letzten Zeit: ich werde nie die ganze Schuld begleichen können, die sich in fast sechzig Jahren angehäuft hat. Ich kann mich nur durch laufende Teilbeträge entlasten, und der, den ich heute bereit habe, besteht nicht aus klingender Münze - er besteht nur aus einem Wort: Dank - ein bewegter Dank wie ein Ruf der Freude und Erleichterung, funkelnd wie die Feuer eines wertvollen Steins.
Ihnen vor allem Dank, mein lieber Freund Alfred Roth, und Ihnen allen, die Sie zu diesem denkwürdigen Rendezvous aus den Kunstzentren der Schweiz, Deutschlands, Belgiens und Italiens gekommen sind.
Dank für die schmeichelhaften Worte, für die Blumen und für die Geschenke.
Bis ich auf die eine oder andere Weise meine Schuld abtragen kann, will ich Ihnen wenigstens ein Glas Champagner reichen, das ich Sie zu leeren bitte, mit dem Blick zum Himmelsgewölbe, dem Sitz des allmächtigen Schicksals. Möge der Wunsch zu ihm aufsteigen, daß demjenigen eine gütige Frist gewährt werde, der nichts anderes mehr tun kann, als die ‘Geschichte seines Lebens’ zu vollenden, einen Beitrag zum schließlichen Sieg seiner ‘Sache’, die nach dem Bruch mit der Imitation der Stile zur Entstehung des Stils des 20. Jahrhunderts geführt hat.’ |
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