Brieven van Julius Röntgen
(1934)–Julius Röntgen– Auteursrecht onbekend
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VIII Brieven aan Prof. EngelmannGa naar voetnoot1
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5 Dec. 1883Gestern bekam ich die erste Nachricht über die Aufführung der Brahms'schen SymphonieGa naar voetnoot2 in Wien und zwar vom alten Fürst | ||||||||||||||||||||||||||||
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ReussGa naar voetnoot1, der sie dort am 2ten Dec. gehört hat. Er ist kein sehr groszer Brahms-Freund und schreibt über Aufnahme und Inhalt der Symphonie Folgendes:
Ist das nicht originell? Immerhin hat's mich gefreut, etwas über die Symphonie zu hören, und deszhalb teile ich es auch Ihnen mit. Hoffentlich können wir bald unsern eignen Commentar dazu machen. Es wird wohl mit diesem Urtheil ungefähr so sein, als wie bei Spohr, der ja von der c-moll SymphonieGa naar voetnoot2 sagt: ‘um das Scherzo könnte man Beethoven beneiden, ‘wenn es nicht gefolgt wurde durch einen ganz banalen Marsch. u.s.w.’... | ||||||||||||||||||||||||||||
16 Dec. 1883....An Brahms ist dieser Tage geschrieben mit der Einladung die 3te Symphonie, Parzenlied und Requiem aufzuführen. Wenn er zusagte! Das könnte doch wieder 'mal eine herrliche Zeit für uns werden. Vorgestern hatten wir unsere PassionsGa naar voetnoot3 Aufführung, die wirklich ganz besonders geglückt ist. Ich hatte grosze Freude an der Orgel, die von gröszter Wirkung war und mich noch mehr als zuvor überzeugte, wie nötig und wichtig sie zu einer klangechten Aufführung | ||||||||||||||||||||||||||||
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ist. Und in der Thomaskirche hat man sie bis jetzt nur in ganz unbedeutender Weise verwendet. Unbegreiflich. Die Christus-Recitative, wo die Orgel ganz leise die Kluft zwischen der Baszstimme und den hohen Geigen ausfüllte und dem Ganzen einen wunderbar-feierlichen Klang gab, waren von gröszter und ganz neuer Wirkung. Und Bach hat ja deutlich die Orgel dabei vorgeschrieben und sogar eigenhändig die bezifferte Orgelstimme dafür ausgeschrieben.... | ||||||||||||||||||||||||||||
27 Dec. 1883....Ich komme mit der frohen Botschaft, dasz uns Brahms für den 27ten Febr. zugesagt hat, hier seine 3te Symphonie etc. zu dirigiren. Da gibt's wieder mal etwas um sich darauf zu freuen! Grieg ist seit voriger Woche bei uns und bleibt, bis zur nächsten Soirée (12 Jan.) wo er seine Cellosonate spielen wird. Er ist ein sehr lieber Mensch und wir haben angenehme Tage mit ihm. - Wie freuen wir uns auf die Brahmstage: ich hoffe, dasz Sie dann auch einmal gründlich nach der v. Baerlestraat ‘verhuizen’ werden.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Andermatt, 18 Aug. '85Wir haben his jetzt wunderbares Reiseglück gehabt; Amanda ist so tapfer, dasz wir sogar ziemlich bedeutende Gletschertouren gemacht haben. Heute von der Grimsel über den Rhônegletscher nach der Furca. Holland wird uns nach alledem wohl noch etwas flacher, als sonst vorkommen.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amsterdam, 9 Juli 1886Liebe Freunde! Zwei Tage war ich in Utrecht und konnte nicht zu Ihnen kommen. Von früh bis spät genosz ich die Freuden eines Examinators und konnte grade noch mit dem letzten Zug nach Amsterdam zurück. Und wie hätte ich mich auf Sie gefreut und auf die e-moll SymphonieGa naar voetnoot1 bei R.'s.! Ich wollte Ihnen auch so gern von den Ereignissen der letzten Tage erzählen von denen Sie nun wohl von andrer Seite | ||||||||||||||||||||||||||||
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gehört haben: Verhulst hat um seine Entlassung gebeten und ich bin statt seiner zum ‘Directeur van Toonkunst’ gewählt worden. Nun habe ich eine grosze Aufgabe vor und ohne Kämpfe wird es nicht abgehen. Ich fange sie aber mit gutem Muth und der gröszten Freude an, und hoffe, dasz es mir gelingen wird, alle guten Kräfte hier zu vereinigen. Der Anfang soll mit ‘Excelsior’Ga naar voetnoot1 gemacht werden, welche ich ganz mit ‘Toonkunst’ zu verbinden denke. Zum Herbst fange ich an mit der Bach'schen h-moll Messe, und ich hoffe, dasz Sie zu der ersten Aufführung kommen werden.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 10 Sept. 1888....Brahms habe ich auch besucht und schöne Stunden bei ihm verlebt. Er schickte mich nach Grindelwald zu seinen Freunden Widmanns, sehr liebe Menschen, bei denen ich mich sehr wohl befand. Dann kam aber von Brahms weiter geschickt, das SchreckenstelegrammGa naar voetnoot2 aus Leipzig und trotz schnellster Reise sollte ich meine Mutter nicht mehr am Leben finden. Einige Stunden vor meiner Ankunft war sie ganz ruhig eingeschlafen - Sie wissen was wir an ihr verloren haben und haben es mir in Ihrem Brief auf so tief empfundene Weise gesagt, dasz ich über meine eignen Empfindungen schweigen will....
Sie wissen wohl dasz Joachim jetzt in Amst. ist? Ich hoffe auf viel Musicieren, das ist doch immer noch das Beste in einsamen und schlimmen Tagen. | ||||||||||||||||||||||||||||
Amsterdam, 8 April 1890Liebe Frau Engelmann, Es würde mich sehr freuen, Sie morgen Abend in der Soirée zu sehen, nur mache ich Ihnen den Vorschlag, dasz wir tauschen, nämlich Sie das a-dur QuartettGa naar voetnoot3 spielen und ich zuhöre. Ich habe immer so das Gefühl von Überflüssigkeit: wenn Sie | ||||||||||||||||||||||||||||
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dabei sind, ist mein Platz an der Bratsche! Im Ernst: ist Ihnen das Programm interessant genug um herüber zu kommen? Messchaert singt wieder Archibald Douglas, ausserdem allerdings etwas ganz Neues und Apartes: alt-norwegische Volkslieder mit Männerchor Begleitung, von Grieg bearbeitet, die sehr schön klingen. Dazwischen a-dur Cello-Sonate von Beethoven und das Brahms'sche Quartett zum Schlusz.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 30 Oct. 1890Lieber Freund, Heute habe ich eine hübsche Nachricht, die hoffentlich einen Anlasz zu unserm baldigen Zusammensein geben wird: wir haben Joachim für eine Kammermusiksoirée eingeladen und er spielt am 11ten Novemb. bei uns. Er kommt schon am Sonntag 9 Nov. nach Amsterdam. Abends haben wir Probe und am 10ten musz ich leider für ein Concert nach Leeuwarden, welches ich nicht rückgängig machen kann. Sonst wäre das so ein schöner Tag für ein Amsterdamer oder Utrechter Musiciren gewesen: jedenfalls ist Joachim am 10. ganz frei und ich schreibe Ihnen dies, damit Sie sich auch frei halten. Ich denke mir fast dasz er am 10ten zu Ihnen kommen wird, und dasz ich dann in Leeuwarden Clavier anstatt in Utrecht Bratsche spiele, wurmt mich sehr!.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 17 Januar 1892....Das Bericht von HerzogenbergGa naar voetnoot1 hat mich tief ergriffen und gerührt - was hat er erleiden müszen! Möchte es ihm gelingen ‘zu arbeiten und zu schaffen’ - sein jetziger Aufenthalt in Florenz ist wohl das Beste, was er thun konnte. Dort hat er die Schwester seiner Frau und die Kinder, die er sehr liebt und seinen Freund HildebrandGa naar voetnoot2 und dann ist ein Ort wie Florenz am ehesten geeignet, eine wohltätige Wirkung aus zu üben! Das tägliche Leben geht aber | ||||||||||||||||||||||||||||
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weiter und es ist wohl gut, dasz man seine Gedanken wieder darauf richten musz.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 3 Sept. 1892Das Capitel der Sommerreisen ist vorbei und ein neues fängt an - ich hoffe, dasz es uns ein baldiges Zusammensein bringen wird!.... Ich habe allerlei Neues Ihnen zu zeigen, schöne Lieder von Sinding und höchst merkwürdige ‘Symphonische Variationen’ für Clavier und Orchester von César Franck. Ich freue mich es mit Ihrer Frau zu spielen! Ausserdem habe ich viel Neues geschrieben. Sie haben gewisz Herzogenberg gesehen. Ich schicke Ihnen einen kürzlich empfangenen Brief mit - er geht in recht traurigem Ton, - der mir aber natürlicher vorkommt, als die etwas gezwungene Stimmung in der ersten Zeit nach ihrem Tode. Ich hoffe nur, dasz wir ihn diesen Winter hier sehen werden: ich setze alles daran, das Requiem von ihm auf zu führen und denke, die Manfred-MusikGa naar voetnoot1 dazu zu geben - finden Sie das eine gute Wahl? Es wird freilich ein Abend ganz in Schwarz. Wir haben einen wundervollen Sommer gehabt - erst der Aufenthalt in dem schönen Dänischen Schlosz auf der Insel Laaland, dann in Schweden bei Amanda's Verwandten und dann meine einsame Reise in Norwegen, 3 Wochen Fjeldwanderungen. Von einem Besuch bei Björnson freue ich mich Ihnen zu erzählen! Ich habe von ihm einen groszen Eindruck bekommen. Grieg traf ich leider nicht, er ist den ganzen Sommer leidend gewesen, konnte keine Gebirgsreisen machen.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 25 Mai 1894....An den Billroth'schen BriefenGa naar voetnoot2 haben wir uns sehr erfreut, ich habe sie auch Prof. Loman zu lesen gegeben, desshalb die verspätete Rücksendung. Besonders da, wo er ernsthaft wird, finde ich seine Bemerkungen schlagend und oft geradezu vernichtend! Aber, wie Sie sagen, helfen wird's nicht und ich fürchte sogar, | ||||||||||||||||||||||||||||
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dasz sich der Magen des Publicums nach und nach an die Wagnersche Kost gewöhnt und so weit ‘entartet’, dasz die von Ihnen erwarteten Heilwirkungen nicht so bald eintreten. Auf die BéatitudesGa naar voetnoot1 bin ich sehr gespannt - beim Durchlesen hatte ich einen sehr bedeutenden, aber im Ganzen doch monotonen Eindruck.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 30 Jan. 1895....Ich hätte in Leipzig sein können, in Verbindung mit einer Reise nach Wien, die ich mit Messchaert vor hätte. Leider wurden durch Messchaert's Unwohlsein alle schönen Pläne vereitelt. Die Brahmsschen SonatenGa naar voetnoot2 sollen ganz herrlich sein, besonders von einem es-dur-Adagio erster Güte schwärmt meine Schwester. Und Brahms soll in Leipzig der reine Sonnenschein gewesen sein, sehr gemüthlich in schönster Gebe-laune. Bei WachGa naar voetnoot3 soll er eine wundervolle Rede gehalten haben, nach welcher Herzogenberg zu meiner Schwester sagte: ‘Sie schreiben ja so viel Predigten nach, nun schreiben Sie mir dies 'mal auf!’.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 24 Febr. 1895Lieber Freund, ....Frau Schumann's Brief hat mir grosze Freude bereitet: vielen Dank, dasz Sie mich ihn haben lesen lassen! Es ist herrlich, dasz sie noch so lebhaft an Allem Theil nimmt, und ich kann ihr Entsetzen über die neuesten Componisten begreifen. Freilich schrieben Männer wie Hauptmann ungefähr die gleichen Worte von ‘sich Lossagen von allen Gesetzen und von Regellosigkeit in Form und Harmonie,’ als Schumann auftrat. Ich will damit nicht das viele Häszliche und Falsche in Schutz nehmen, das unsre Zeit musikalisch zu Wege bringt (es verschwindet übrigens von selbst wieder) - nur glaube ich fest, dasz die Musik sich gerade in harmonischer, oder wenn Sie wollen, disharmonischer | ||||||||||||||||||||||||||||
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Beziehung weiter entwickeln wird, und das Viele, was uns jetzt als Disharmonie vorkommt, später dasselbe Recht bekommen wird, als das Neue, das jeder grosze Meister gebracht hat und das im Anfang stets denselben Widerspruch gefunden hat. Nun denken Sie: ich stehe unter dem frischen Einflusz der Béatidues, die für Frau Schumann ja ebenso ein Greuel sein werden, wie für Joachim und Herzogenberg. Ich möchte wohl Brahms einmal darüber reden hören - ich glaube, er würde viel mehr darin gelten lassen! Doch wohin gelange ich! Mein Vater sagte neulich bei einem Gespräch über neue Musik: ‘weiche nicht ab vom Pfade der Tugend!’ Nun hoffe ich ihn auch weiter zu bewandelen und fühle mich gegen alle schlechten Versuchungen gewappnet. Aber einen Strich durch Alles neue machen, das kann ich nicht und dasz mich eine Seite von Franck mehr interessirt als ein mir eben zugeschickten Chorwerk von Bernhard ScholtzGa naar voetnoot1 (jetzt werde ich aber sehr persönlich) welches allerdings keine harmonische oder sonstige Extravaganz enthält - das kann ich nicht leugnen!....
....In der nächsten Soirée spiele ich das Brahms'sche c-dur Trio, das mir vor Jahren nicht so lieb war als seine anderen Sachen. Jetzt finde ich's viel schöner - es scheint wie mit gutem Wein zu sein, der durch's Liegen besser wird....
....Dat deze brief aanleiding gaf tot eene interessante polemiek, behoeft geen betoog. Ik wil een der merkwaardigste brieven van Prof. Engelmann aan Röntgen daarover hier laten volgen:
....Ihr Brief sollte eigentlich ein längeres Echo finden, denn ich scheine mich das letzte Mal so ausgedrückt zu haben, dasz man mich für einen Vertheidiger der ‘Capellmeistermusik’ halten könnte und ich den Schwerpunkt ganz in der Form zu scheinen suche. Die gute Form ist mir aber weiter nichts, als der Mangel | ||||||||||||||||||||||||||||
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einer schlechten Eigenschaft, gerade wie anders herum BuschGa naar voetnoot1 sagt: ‘das Böse - dieser Satz steht fest - ist stets das Gute, das man läszt.’ Erbaulich, erquickend, im höhern Sinne schön, wird durch den Mangel schlechter Eigenschaften natürlich noch kein Kunstwerk. Wenn der Inhalt nicht genial ist, bleibt's langweilig. Genialität kann man aber nicht lernen, das Andere, die Kunst des strengen organischen Gestaltens aber wohl. Pädagogisch für die künstlerische Erziehung des kommenden Geschlechts finde ich allein die Vernachlässigung der Form gefährlich. Denn sie führt zu Liederlichkeit und überhaupt zum Anarchismus. Die schönen Gedanken und - Einfälle kommen schon nicht um - wenn sie nur überhaupt kommen! Man soll aber lernen was daraus zu gestalten!....
Röntgen schrijft hierop: ....Im Grunde sind wir ja desselben Glaubens. Bei Liszt fehlt mir beinahe noch mehr die Erfindung als die Form. Auch bei Wagner finde ich das die schwächste Seite, wenn er auch mehr Musik zu geben hat, als Liszt. Anderseits giebt es Werke, die allen Ihren Forderungen nach der formellen Seite entsprechen, und doch keine Kunstwerke sind, weil ihnen die echte musikalische Erfindung, der warme musikalische Herzschlag abgeht. Und ohne diesen ist doch auch die vollendeste Form nur eine leere Schaale? Bei Franck finde ich eben sehr viel Inspiration und echtes musikalisches Gefühl - wenn er es auch oft in einer uns Deutschen etwas fremde Sprache ausdrückt. Herzogenberg ist es freilich ‘Chinesisch’, wie er mir sagte. Vielen Dank noch, dasz Sie mir ein ‘kräftig Wörtchen’ über das neuliche Thema geschrieben haben. Wie treffen Sie wieder das Richtige mit Ihren Worten! Nun wollen wir nur hoffen, uns bald wieder an Musik erfreuen zu können, die beiden Forderungen genügt. | ||||||||||||||||||||||||||||
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Amst., 13 März 1896Lieber Freund, ....Gern wäre ich einmal zu Ihnen herüber gekommen, um Ihnen viel von Wien und von Brahms zu erzählen, wirGa naar voetnoot1 gehen nächste Woche zum dritten Mal nach Wien, geben noch zwei Concerte und das giebt mir wieder viel zu thun. Das lezte Concert war glänzend, der Saal bis zum letzten Platz gefüllt, das Publicum in genuszfreudigster Stimmung. Brahms setzte sich zu uns auf's Podium und wie er uns nach jeder Nummer mit seinen strahlenden Augen ansah, das werde ich nicht vergessen! Nach der Beethoven'schen Sonate op. 90 sagte er, als die Leute nach dem sanften e-dur Satz gar nicht still werden wollten: ‘na, da können Sie ja nächstes Mal noch was “wüschteres” spielen!’ Nach dem Concert wieder im ‘rothen Igel;’Ga naar voetnoot2 - als wir etwas später hinkamen, hatte Brahms auf meinem Platz eine Flasche Muskateller, sein Speciel-Wein, und auf Messchaerts' eine Giesshübler-Sauerbrunnen hingestellt und so für unsre beiderseitigen Bedürfnisse gesorgt. Wir blieben lang zusammen, mit einer Menge Musiker, u.A. Heuberger, Kalbeck, Mandiczewski, Door. - Brahms war von sprühender Lebendigkeit und Lustigkeit. Wieviel könnte ich Ihnen davon erzählen! Am andern Morgen waren wir wieder bei ihm, sahen die Klinger'schen PhantasienGa naar voetnoot3 an, von denen er sehr merkwürdige Entwürfe hat, gingen dann mit Brahms in's Philharmonische Concert, wo wir wieder eine Menge Menschen kennen lernten, dann Mittag im ‘rothen Igel’, nachmittags heraus nach Schönbrunn - so kam der Abend und unsere Abreise heran. Wie herrlich, Wien auf solche Weise kennen zu lernen! Könnte ich Brahms doch hieher locken. Als ersten Amsterdamer Annäherungsversuch habe ich ihm eine Flasche Wijnand Focking mitgebracht, hoffentlich hilft das!....
....Dieser Tage bekam ich von Simrock eine sehr freundliche und | ||||||||||||||||||||||||||||
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dringende Anfrage, ihm meine Orchester-BalladeGa naar voetnoot1 zu überlassen. Brahms hat es veranlaszt und Sie können denken, wie sehr mich das freut!.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 19 Dec. 1896Lieber Freund! ....Ihre Absage thut mir sehr leid! Ich hatte mich so gefreut, Sie unter den Zuhörern zu haben - so ein Werk wie die MesseGa naar voetnoot2 führt man ja nur für einige Auserwählte auf! Und ich glaube es wird sehr gut gehen, nach der gestrigen Probe zu urtheilen. Der Chor singt mit der gröszten Leichtigkeit und die Soprane erklimmen die höchsten Höhen ohne Unglück zu nehmen -! Das Soloquartett ist auch vortrefflich und so hoffe ich auf gutes Gelingen.... ....Am 26. Januar bin ich wieder in Wien mit Messchaert Unser Berliner Concert war ein groszer Erfolg, auch Hamburg war künstlerisch gut - nur fehlte das Publicum, das in der sogenannten ‘Domzeit’ (eine Art Weihnachts-Kirmesz) nicht in Concerte geht.... | ||||||||||||||||||||||||||||
Amst., 12 April 1897Ga naar voetnoot3Lieber Freund, ....Nun wissen wir Alles aus Wien; ich komme noch nicht darüber hinweg, dasz ich nicht dort sein konnte. Einige Zeitungen die Ihr aber wohl schon gelesen habt, schicke ich Dir. Perger'sGa naar voetnoot4 Worte am Grab haben mich auf's Tiefste ergriffen - schöner, als mit den Worten der ‘Feldeinsamkeit’ hätte er nicht schliessen können.... Wie schwer ist es darüber zu schreiben, - eigentlich ist hier das Beste ‘lieben und schweigen’ wie CordeliaGa naar voetnoot5. | ||||||||||||||||||||||||||||
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Ich reise Donnerstag nach Straszburg um mit Herzogenberg zusammen zu sein und seine Passion zu hören.... Das Brahms'sche Requiem wird in nächster Zeit in Leiden aufgeführt unter Dan. de Lange. Unsere Kammermusik am Sonnabend in memoriam war sehr schön und feierlich: c-moll Klavierquartett, Cellosonate e-moll und b-dur Sextett. Alles kommt Einem jetzt noch viel gröszer vor, wo der Abschlusz da ist und man dieses grosze, reiche Leben als Ganzes überschaut. Glücklich wir, die wir es mit haben erleben dürfen, und das volle Verständnisz für seine Grösze haben. Für heute leb'wohl, herzlichst Dein Julius Röntgen. |
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