siert vom Subjekt aus, nichts Psychologisches und folglich individuell an sich als Kunstwerk, als Mikrokosmos. In der Kritik ist es notwendig, sich durch Gegensätze auszudrücken, die im Kunstwerk nur als Mechanismus des Ausdrucks anwesend sind. Die geschaffene Einheit ist wieder nur durch Differenzen auszudrücken, welche dann nicht mehr diese Einheit, sondern subjektiv ihre Elemente oder Folge sind. Sein, Erscheinung; Einheit, Pole. Anadyomene. Als Individualität ist das Kunstwerk ein primäres, undifferenziertes Ganzes. Im Mechanismus seines Ausdrucks muß diese Individualität sich durch Differenzen, Gegensätze, Pole manifestieren. Differenz als sinnliche Veräußerlichung des Indifferenten. Das mystische Quid, die Ursache und die Folge der Beziehungen zwischen den Gegensätzen ist indifferent. Diese ‘schöpferische Indifferenz’ manifestiert sich in den Arbeiten Campendonks durch eine phantasmatisch-beruhigende Polarisation. Phantasmatisch, weil die banalen Objekte in ihren abstrakten Beziehungen gegeben sind, sozusagen ohne ihren Platz in einer biologischen Umwelt zu haben. Malerisch: ohne Atmosphäre, was nur einen Aspekt, die Einheit aber der Bilder nicht erschöpfend ausdrückt. Man könnte sagen, ohne subjektive Affektation. Was falsch ist, insofern die subjektive Affektation gerade diese Pietät ist, die Dinge in ihren Beziehungen, in ihrer Beziehungslosigkeit, in ihrer Aseität und ihrem Ohne-Umwelt-Sein zu lassen. Die subjektive Affektation ist diese ursprüngliche Überraschung gegenüber einer unbekannten Wirklichkeit. Die Objekte auf den Bildern Campendonks sind zum ersten Male existierend, ohne daß man um ihre Bestimmung weiß. Ihre Anwesenheit allein ist das Erlebnis. Vor allem ist es
die Aseität, das Für-sich-konzentriertsein der Objekte, ohne Beziehungen zueinander, welche die Bilder Campendonks in ihre ideale Einheit setzen. Andererseits: beruhigend, weil diese überraschung gegenüber einer unbekannten Realität durch ein anderes Element ausgeglichen wird. Platonisch: intuitive Erinnerung der Idee und ihrer reinen Form. Die Objekte zeigen eine unbekannte Realität und zu gleicher Zeit diesem Unbekannten gegenüber die Intuition als beruhigendes Element. Durch die Überraschung des Unbekannten, Aktivierung der intuitiven Erinnerung. Nichts ist so überraschend als der wieder neu-erkannte Gegenstand. Und wieder intuitiv nichts so selbstverständlich als die Überraschung.
Diese Überraschung gegenüber der unbekannten Realität gewährt den verschiedenen und zufälligen Aspekten dieser Realität keinen Platz. Diese Überraschung muß sich durch das Elementare und Primitive ausdrücken. Diese Eigenschaften im Expressiven sind der Überraschung im Visionären parallel. In den neuesten Arbeiten Campendonks scheint der Ausdruck mühelos gewonnen, weil der Ausdruck etwas in der Vision Fertiges ist, ohne substrahierende Synthesis. D.h. daß, um zu dem spiritualistischen Inhalt zu gelangen, der Zuschauer nicht versucht wird einem induktiven Weg zu folgen. Bei Campendonk scheint die ausschaltende und gruppierende Synthesis überflüssig, weil die Überraschung die empirischen Aspekte gar nicht kennt. Diese Aspekte sind nicht entfernt worden, sondern sie haben nie existiert. Ähnliches bei den bayrischen Bauernmalern, bei Rousseau. Keine empirisch-metaphysische Antithese und keine Substraktion; die Erscheinungen so wie sie sind, sind das ganze Erlebnis. Aber die daraus - intuitiv-gewachsene Erfahrung kann auch nie Veranlassung zu naturalistischer Darstel-