Die Grenzen des Wachstums. Pro und Contra
(1974)–Willem Oltmans– Auteursrechtelijk beschermd
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Aurelio PeccieDas letzte und abschließende Gespräch wurde auf seinen Wunsch Aurelio Peccei, dem Vorsitzenden und Gründer des Club of Rome, vorbehalten. Aurelio Peccei wurde 1908 in Turin geboren. 1930 trat er in die Fiat-Automobilwerke ein, für die er vor dem Zweiten Weltkrieg nach China ging. Seit 1950 gehört er dem Vorstand von Fiat an. Unter anderem war er Direktor der lateinamerikanischen Abteilung und Aufsichtsratsvorsitzender von Fiat Concord in Argentinien, einem der größten Industriekonzerne Südamerikas. Gegenwärtig ist Peccei außerdem Vorsitzender von Italconsult, einer führenden Industrieberatungsfirma mit Sitz in Rom. Von 1964 bis 1967 war Peccei Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Olivetti GmbH, seit 1967 ist er Stellvertretender Vorsitzender. Dr. Peccei ist auch der Gründer von Adela, einer internationalen Investmentgesellschaft, die zur Förderung der Entwicklung und zur Unterstützung der Privatinitiative in Lateinamerika ins Leben gerufen wurde. Er ist Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Atlantik-Instituts in Paris.
Nach der mühevollen Arbeit, die in Die Grenzen des Wachstums investiert wurde, muß es enttäuschend für Sie gewesen sein, vor allem anfangs so viel Kritisches und Abfälliges über das Werk zu hören. Keineswegs. Nur ein Narr rechnet nicht mit Kritik und Anwürfen, wenn er selbstzufriedene Gebräuche karikiert und lächerlich macht oder falsche Werte entlarvt und sich in scharfen Gegensatz zur herkömmlichen Weisheit stellt oder es gar wagt, den Götzen Wachstum zu entmystifizieren, der über unsere merkantile Gesellschaft herrscht. In früheren Zeiten hätte uns noch Schlimmeres gedroht - Steinigung oder Kreuzigung. Dabei fühlt sich der Club of Rome keinesfalls zum Märtyrer berufen. Er ist bloß entschlossen, mit der Selbstgefälligkeit und Kurzsichtigkeit aufzuräumen, die unseren kollektiven Wettlauf zu immer ernsteren Krisen begleiten. Als der Club das Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit diesem Projekt beauftragte, handelte er aus der Überzeugung, daß es höchste Zeit sei, die öffentliche Meinung und die Entscheidungsträger mit den extremen Alternativen unserer Epoche zu konfrontieren. Ich für meine Person begrüße auch die bitterste Kritik als Teil jener Prüfung, der sich unsere Generation unterziehen muß, um zu einer realistischen Neueinschätzung der veränderten Lebensbedingungen des Menschen in seiner Welt zu gelangen; ich bedaure nur, daß sich die Kritik bis jetzt nur mit Randerscheinungen und Teilaspekten des Berichts befaßt hat. Kein Kritiker hat die Tatsache des funda- | |
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mentalen Mißverhältnisses zwischen ungezügelter menschlicher Vermehrung und Unersättlichkeit - beherrschende Züge unserer heutigen Gesellschaft - und der begrenzten und gefährdeten Aufnahmefähigkeit unseres Planeten leugnen können. Ich möchte darüber hinaus behaupten, daß keine Kritik die Bedeutung des ersten Weltsimulationsmodells des MIT als Instrument zur Überwindung von Stagnation und Wunschdenken in irgendeiner Weise geschmälert hat. Der Club of Rome plante dieses Projekt als Kommandooperation, dem eine größere Reihe weiterer Vorhaben folgen sollen. Im erwähnten Sinn ist es unleugbar ein Erfolg. Nachdem der erste Schock verflogen ist, wird die Diskussion in praktisch allen Teilen der Welt auf einer neuen Ebene geführt; unser Denken wurde um neue Dimensionen und eine Dynamik bereichert, die vor etwa einem Jahr noch unvorstellbar waren. Am meisten Hoffnung macht mir die wirklich erstaunliche Tatsache, daß sich an der ernsthaften und profunden Erörterung der modernen Weltproblematik Persönlichkeiten beteiligen, die in Politik, Industrie und Wissenschaft höchste Verantwortung tragen, beispielsweise in Ihrem eigenen Land, Holland, wo die Club of Rome-Studie eine erhebliche Rolle bei der Wahl im November 1972 spielte.
Sie erwähnen Politiker und Führungsgruppen. Aber an der Basis aller Gesellschaften finden wir Arbeiter. Die Jugendorganisation des holländischen Gewerkschaftsverbandes hat einen Sonderkongreß zur Diskussion über Die Grenzen des Wachstums abgehalten. Sie sind der Ansicht, daß es ihre Aufgabe ist - im Gegensatz zu Ihnen und dem Club of Rome, die Sie von oben nach unten zu wirken scheinen - zur Veränderung der sozialen Infrastruktur der Gesellschaft beizutragen, ohne die die Problematik, die Sie und Ihre Kollegen der Menschheit ins Bewußtsein gerufen haben, nie wirklich bewältigt werden kann. In Wirklichkeit haben wir uns über die Köpfe des Weltestablishments und auch der akademischen Kreise hinweg direkt an die Menschen gewandt. Der ungeheure Erfolg des Buches in vielen Sprachen, die Hunderte und Tausende von Konferenzen, Artikel und öffentlichen Veranstaltungen, wodurch die die innerhalb weniger Monate in allen Erdteilen entfachte Diskussion Leben gewonnen hat, beweisen, daß es kein Gipfelunternehmen ist; und daß die öffentliche Meinung, obzwar noch verwirrt, in Bewegung geraten ist. Der Club of Rome hat immer die Ansicht vertreten, daß eine von der breiten Masse der Menschen getragene Änderung des Denkens und Fühlens notwendig ist - sicher nicht nur in den Ländern des westlichen Kulturkreises -, wenn sich die Menschheit und die verschiedenen, voneinander abhängigen Gesellschaften, die sie bilden, aus ihrem gegenwärtigen Dilemma befreien und einen neuen, sicheren und vernünftigeren Weg einschlagen sollen. Dies | |
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erfordert eine kulturelle und gesellschaftliche Metamorphose, die sich auf das weitverbreitete Bewußtsein gründen muß, daß ein Richtungswechsel unabdingbar geworden ist, wenn wir einigermaßen die Kontrolle über unser Schicksal behalten und unsere Kinder und Enkel nicht ihrer Chance berauben wollen. Lassen Sie mich aber hinzufügen, daß sich Arbeiter- und Jugendführer nicht immer in einer Weise verhalten, die geeignet wäre, dieses neue Bewußtsein unter den Menschen zu fördern, die von ihnen Inspiration, wenn nicht Führung erwarten.
Der Club of Rome könnte damit zur Förderung einer neuen Art von menschlicher Solidarität beigetragen haben? Das ist eines unserer Ziele. Die begrenzten Bereiche der Solidarität, die heute noch als Erbe der Vergangenheit existieren und die gewöhnlich die Dimension einer Stadt, einer Nation, einer Rasse, einer Religion haben, entsprechen dem technischen Zeitalter, das gerade begonnen hat, nicht mehr. Der Gedanke, daß die Menschheit als Einheit begriffen werden muß - eine Erkenntnis, die früher bestimmten liberalen Geistern vorbehalten war -, dämmert heute, dank der Arbeit von Gruppen wie der unseren, jungen und alten Männern und Frauen verschiedener Kulturen, Sprachen und Traditionen, die fühlen, daß sie zum Guten oder Schlechten mit dem gesamten Leben auf dieser kleinen Erde organisch verbunden sind, auch mit Menschen anderer Kultur, Sprache und Tradition. Alle von ihnen beginnen zu verstehen, daß das Motto der Weltföderalisten, ‘Eine Welt oder keine Welt’, einen wahren Kern hat und keine bloße Phrase ist.
Sie sagten, die Lebensbedingungen des Menschen hätten sich geändert. Was meinen Sie damit? Ja, die Lebensbedingungen des Menschen haben sich fundamental verändert. Er ist jetzt aufgerufen, eine neue kybernetische Rolle in der Welt zu spielen. Einerseits hat er eine so dominante Position im Ökosystem erlangt, daß er gezwungen ist, regulative und normative Funktionen auf sich zu nehmen, die bisher dem unerforschlichen Walten der Natur und der Vorsehung überlassen waren. Dies erfordert außerordentliche neue Qualitäten ‘ökologischer Weisheit’, beide Begriffe im weitesten Sinn verstanden. Andererseits hat der Mensch ein so intergriertes und komplexes System des Zusammenlebens geschaffen, daß dessen Regelung und sein Funktionieren nicht länger automatischen Mechanismen überlassen werden können. Der Mensch selbst muß das System regeln und dabei bisher unvorstellbare Qualitäten ‘soziopolitischer Weisheit’ entwickeln. ‘Seine Rolle, ob er sie will oder nicht’, wie Sir Julian HuxleyGa naar eind1 gesagt hat, ‘ist es, Anführer des evolutionären Prozesses auf Erden zu sein, und seine Aufgabe ist es, ihn in Richtung auf Verbesserung zu lenken und zu leiten.’ Er muß sich | |
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seiner Verantwortung als ‘Kybernetes’, als Pilot und Steuermann des ‘Raumschiffs Erde’ bewußt werden, das gegenwärtig gefährlich dahintreibt. Das ist die eigentliche Herausforderung für unsere Generation. Je länger wir uns ihr verschließen, desto mehr verengt sich der Spielraum, der uns und den kommenden Generationen bleibt. In bezug auf unsere Umwelt müssen wir uns mit Selbstbeherrschung und Selbstdisziplin wappnen und unser Wissen und unsere Technologie mehr zum Schutz der Natur - oder was von ihr übrig ist - und anderen Formen des Lebens als zu ihrer ungezügelten Ausbeutung einsetzen. Auf gesellschaftlichem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet müssen wir dem allgemeinen Wohl Vorrang geben. Individuelle Initiative und Profit haben sich dem unterzuordnen.
Hier scheinen Sie sich einem sozialistischen Gesellschaftskonzept anzunähern und vielleicht auch SkinnersGa naar eind2 Idee der Neubewertung so abgenutzter Begriffe wie ‘Freiheit’ und ‘Würde’. Wessen ‘Freiheit’ und ‘Würde’ übrigens? Welchen Sinn haben Begriffe wie ‘Freiheit’, ‘Würde’, ‘Demokratie’, ‘Selbstverwirklichung’ und viele andere, wenn man sie auf die Hunderte von Millionen analphabetischen, arbeitslosen, hungrigen und verwirrten, ‘am Rande’ lebenden Männer und Frauen anwendet, die dazu verdammt sind - sie und ihre Nachkommen -, in diesem goldenen Zeitalter menschlicher Herrschaft ohne Hoffnung zu leben, sich zu vermehren und zu sterben? Wenn jeder Mensch ein elementares Recht auf ein Minimum an Freiheit, Bildungschance, Selbstverwirklichung und einen anständigen Lebensstandard haben soll, was ich für unabdingbar halte, dann müssen nicht nur Werte und Ziele der Gesellschaft, sondern auch ihre Struktur radikal verändert werden. Ich fürchte jedoch, daß, bevor diese Veränderung herbeigeführt werden kann, die Situation noch schlimmer werden wird, schon aus dem einen Grund der überwältigenden, nicht eindämmbaren Vermehrung der Weltbevölkerung. Keine Maßnahme, die wir heute ergreifen könnten, und nicht einmal unsere neuen ökologischen oder soziopolitischen Erkenntnisse wären imstande, allen Menschen zu dem Glück der Freiheit und Selbstverwirklichung zu verhelfen, solange das Bevölkerungswachstum nicht unter Kontrolle gebracht ist. In den kommenden Jahrzehnten wird ein großer Teil der menschlichen Energien von der ungeheuren Aufgabe absorbiert werden, eine in Großstädten zusammengeballte Massengesellschaft zu organisieren, in der sich die Probleme, die uns schon heute schwierig oder unlösbar erscheinen, vervielfachen und durch neu hinzugekommene potenzieren werden. Wenn wir daher unseren Kurs nicht sehr bald ändern, wird sich die Lage in bezug auf Lebensqualität und auch bürgerliche Freiheiten zwangsläufig verschlechtern, bevor sie verbessert werden kann. | |
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Professor Dschermen GwischianiGa naar eind3 findet, daß Jay W. ForresterGa naar eind4 ‘sehr interessante Arbeit’ geleistet habe. Er sagte zu mir: ‘Besonders angetan bin ich von Forresters Studien über die Verwendung von Management-Informationssystemen zur Entscheidungsfindung und Prognostik in allen Bereichen der Unternehmensführung.’ Obzwar die Sowjets fast alle Werke Forresters übersetzt haben, mahnte Gwischiani gleichzeitig zur Vorsicht: ‘Leider wissen wir kaum etwas darüber, mit welchen Resultaten Forresters Ideen oder seine Hauptkonzeptionen in die Praxis umgesetzt wurden. Man muß sich klar darüber sein, daß gesellschaftliche Systeme ungeheuer komplex sind und multidisziplinärer Ansätze bedürfen, um zu einer einigermaßen befriedigenden Erklärung so komplizierter Phänomene zu kommen.’ Ich glaube, Gwischiani hat recht. Ich habe großen Respekt vor seiner Kultiviertheit, seinem Wissen und Urteil. Ich würde es jedoch begrüßen, wenn sich die sowjetischen Wissenschaftler, Denker und Humanisten wesentlich intensiver an der gegenwärtigen Wachstumsdebatte beteiligten. Es ist eine Diskussion von wirklich übernationalem und überideologischem Charakter, der in allen übrigen Teilen der Welt wie ein Lauffeuer um sich gegriffen hat. Die ganze Weltgemeinschaft muß sich heute dieser philosophischen und intellektuellen Herausforderung stellen, und es ist bedauerlich, daß viele sozialistische Länder nur so zögernd ihren Beitrag leisten.
Wenn unser Denken und Planen für die Zukunft, wie Sie sagten, mehr sein muß als die Summe von Einzelprojektionen in einer Reihe lebenswichtiger Gebiete wie Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften, Bildung, Wirtschaft oder Sicherheit, wie sollen wir dann mit unserem Erkenntnisapparat diesen Dimensionen gerecht werden? Um mit unserer Analyse nicht bei Einzelfragen stehenzubleiben, sondern ganze Systembündel menschlicher Aktivitäten und Erwartungen zu erfassen, müssen wir systematisch vorgehen. Wir müssen die Wechselbeziehungen dieser Aktivitäten untereinander und mit ihrer natürlichen Umwelt studieren sowie das Gewirr von Problemen, die von ihren vielfältigen Interaktionen herrühren. Nachdem so viele der Hauptprobleme so angewachsen sind, daß sie nationale und regionale Grenzen sprengen, muß dieser Ansatz außerdem global sein. Unser ‘räumlicher Horizont’ darf nicht enger sein als der Umfang unserer Probleme, die Konsequenzen unserer Handlungen. Ebenso darf unser ‘zeitlicher Horizont’ nicht begrenzter sein als die Zyklen der Phänomene, die wir unter Kontrolle halten wollen; und unser Ansatz muß diachronisch sein, das heißt alle Momente dieses Zeitkontinuums erfassen. Und last but not least sollte er zielbezogen sein, normativ, wie man sagt. Die Menschheit muß sich langfristige und globale Ziele setzen, die sowohl erreichbar als allgemein akzeptabel sind. Das ist die schwierigste | |
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aber auch die vitalste Herausforderung, der wir uns in diesem kritischen Moment der menschlichen Evolution konfrontiert sehen.
Forrester sagte zu mir: ‘Ein Auto zu lenken ist so ungefähr das komplexeste System, das der menschliche Verstand gründlich meistern kann.’ Wieviel Hoffnung haben Sie denn, daß der Mensch in seinem gegenwärtigen traurigen Zustand zerebraler Unterentwicklung auch nur ein Zehntel des Programms bewältigen wird, das Sie eben skizziert haben? Im Grunde bin ich ein Optimist. Ich glaube an den Menschen. Wenn er eine Situation, eine Schwierigkeit erfaßt hat, dann ist er einfallsreich und erfinderisch genug, um eine Lösung oder eine Umgehungsmöglichkeit zu finden. Als Industrieller sage ich immer, sobald ein Problem klar definiert ist, wird auch ein mittelmäßiger Manager damit fertig. Ist es aber nicht klar definiert, dann scheitert auch der beste Mann daran. Deshalb besteht der erste Schritt darin, den Leuten die komplizierte Funktionsweise des menschlichen Regelkreises und seiner Interaktionen mit dem Ökosystem nahezubringen, damit sie allmählich wenigstens die allgemeine Richtung begreifen, in die unsere kollektiven Anstrengungen gehen sollten. Das von MIT realisierte Projekt des Club of Rome hat dazu wesentlich beigetragen.
Sowohl Wissenschaftler als auch Humanisten zweifeln allerdings an der Brauchbarkeit des Computers als Erweiterung des menschlichen Gehirns. Auch Margaret MeadGa naar eind5 stellte die Frage, ob und in welchem Ausmaß Maschinen die menschliche Intelligenz simulieren können: ‘Wenn man einen Computer mit den allgemeinen Regeln versieht, nach denen Beethoven eine Sonate komponierte’, sagte sie zu mir, ‘dann kann er meines Wissens Tonfolgen produzieren, die wie Beethoven klingen, aber er kann nicht eine Sonate zu Ende schreiben. Was dem Computer fehlt, ist die schöpferische Phantasie, die ein Ganzes hervorbringt.’ Das stimmt. Margaret Meads Computer ist bloß ein Werkzeug, ebenso wie Forresters Auto. Das gleiche gilt für einen Fernseher, einen Laserstrahl und eine Druckerpresse. Der Mensch kann sie gebrauchen oder mißbrauchen; sie können seine Möglichkeiten enorm erweitern, oder er kann so berauscht werden von der relativen Macht, die sie ihm verleihen, daß er die Kontrolle über sie verliert und sie zuerst gegen andere Menschen und schließlich gegen sich selbst verwendet. Das geschieht heute. Was speziell die Computer betrifft, so haben sie natürlich keine Intelligenz. Es sind dumme, aber loyale Maschinen, wenn sie so wollen; und sie sind ein getreuer Spiegel der Intelligenz oder Stupidität der Menschen, die mit ihnen umgehen, die sie instruieren und ihnen Aufgaben stellen. | |
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In Ihrem Buch The Chasm Ahead reflektieren Sie über die Zukunft und bemerken unter anderem: ‘Die entscheidende Frage wird sein, ob und wie die hochentwickelten Nationen des technischen Zeitalters die Welt für die neue Art von spannungsgeladener Massengesellschaft organisieren wollen und können, mit der wir es in den siebziger und achtziger Jahren zu tun haben werden.’ Wir gehen auf die Mitte der siebziger Jahre zu. Wie haben wir bisher abgeschnitten? Schlecht. Es stimmt zwar, daß zu Beginn dieses Jahrzehnts der siebziger Jahre bedeutsame Dinge passiert sind, die uns hoffen ließen: Die Europäische Gemeinschaft hat einen entscheidenden Schritt in Richtung Gesamteuropa getan und versucht mit einer einzigen Stimme zu sprechen; die lang erwartete Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) ist endlich zusammengetreten und hat nicht weniger als 34 Nationen an einem Tisch vereint; in der gleichen Periode haben sich die beiden deutschen Staaten ebenso miteinander arrangiert wie Nord- und Südkorea; in Vietnam ist endlich ein Waffenstillstand in Sicht und der Beginn eines neuen Lebens für dieses und andere Länder Indochinas; zu China wurden funktionsfähige Verbindungen hergestellt und das Land nicht ohne Mühen in die UNO eingegliedert; die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion schlossen Teilabkommen zur Begrenzung der nuklearen Rüstung, und man begann mit Verhandlungen über gegenseitige und ausgewogene Truppenreduzierung (MBFR) in Europa. Aber auch auf der Soll-Seite sind schwerwiegende Dinge zu verzeichnen. Das Pulverfaß Naher Osten ist noch nicht entschärft, und so viele Menschen versinken dort in Verzweiflung. Und das ist nur ein Symptom einer tiefsitzenden, schmutzigen Krankheit. Im Jahre 1971 erreichten die globalen Rüstungsausgaben eine Rekordhöhe von 216 Milliarden Dollar, in der ganzen Welt standen mehr als 23 Millionen Männer unter Waffen. Rechnet man Zivilpersonen im Dienste des Militärs hinzu, so waren es an die 60 Millionen Menschen. Es ist nur ein schwacher Trost, daß sich dieser irre Wettlauf zur Selbstvernichtung jetzt wahrscheinlich verlangsamen wird - jetzt, da das nukleare Vernichtungspotential der Welt pro Kopf bereits 15 Tonnen TNT entspricht. Dies ist reiner Wahnsinn. Und jeder ist damit beschäftigt, sein Arsenal nach besten Kräften zu erweitern: Die ‘entwickelten’ Länder sind dabei, neue nichtnukleare, aber ebenso tödliche Waffen einsatzbereit zu machen, und die ‘Entwicklungsländer’ stocken ihre Investitionen in die konventionellen Waffensysteme weiter auf, die sich von 1961 bis 1971 bereits um 114 Prozent erhöhten. Die Gesamtausgaben für Bildung betragen nur etwa 80 Prozent der Rüstungsausgaben. Dabei kann die Hälfte der erwachsenen Weltbevölkerung nicht lesen und schreiben. Beunruhigende Meldungen kommen aber auch aus der Landwirtschaft. Obwohl im Jahre 1971 immer noch zwischen 300 und 500 Millionen Menschen in unserer kleinen Welt an | |
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Hunger und Unterernährung litten, erhöhte sich die landwirtschaftliche Produktion gegenüber dem Vorjahr nur um ganze 3 Prozent - und in den Entwicklungsländern, wo es am nötigsten wäre, nur um 1 bis 2 Prozent. Das ist weniger als die Wachstumsrate ihrer Bevölkerung, die bei etwa 2,5 Prozent pro Jahr liegt, und weit weniger als das strategische Ziel für die zweite Entwicklungsdekade, 4 Prozent pro Jahr. Inzwischen ist der allgemeine Abstand zwischen den Armen und den Reichen der Welt noch größer geworden. Eine Minderheit baut ihren Wohlstand weiter aus, aber für etwa zwei Drittel der Menschheit erhöhte sich der Lebensstandard in den letzten zwanzig Jahren um weniger als einen Dollar pro Jahr. Der gegenwärtige Pro-Kopf-Zuwachs an Bruttosozialprodukt in den Vereinigten Staaten entspricht in einem Jahr dem, was Indien unter den jetzigen Gegebenheiten in hundert Jahren zu erwarten hat. Viele andere Beispiele könnten angeführt werden. Nur noch eines: Eine Weltenergiekrise gegen Ende dieses Jahrzehnts wirft drohend ihre Schatten voraus; schon heute haben Teile der Welt mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Und lassen Sie mich auch an einer anderen Front die merkbare Verschlechterung der Beziehungen zwischen den entwickelten Ländern des marktwirtschaftlichen Bereichs - den USA, der Europäischen Gemeinschaft und Japan - erwähnen. Sie haben ständig schwierige Fragen vor sich hergeschoben, in der Hoffnung, sie 1973 oder 1974 oder 1975 lösen zu können. Das Resultat ist, daß sie jetzt vor einem Berg komplexer, verflochtener und nahezu unlösbarer Probleme stehen. Dazu gehört nichts weniger als die Neuordnung des internationalen Währungssystems, der Rolle des Dollars, der Sonderziehungsrechte nd vielleicht des Goldes, Kernfragen des multinationalen Handels, der Handelsblöcke, der Anreize, Präferenzen, Reziprozität, der Zölle und nichttarifären Handelshemmnisse sowohl für Industrie- wie für Agrarprodukte, Fragen der staatlichen Bedarfsdeckung und der Diskriminierung gegen ausländische Arbeiter, der Zahlungsbilanz, der internationalen Investitionen, der Kapitalbewegungen, der Fiskalpolitik; Teilung der Verteidigungslasten, Angleichung der Umweltschutznormen und -bestimmungen, die Zukunft des multinationalen Unternehmens plus viele andere damit zusammenhängende Fragen und natürlich das Problem der Hilfe für die weniger entwickelten Nationen. Leider gibt es noch keine Anzeichen, daß die Verhandlungspartner die dringende Notwendigkeit erkannt hätten, jetzt das Fundament für die Weltwirtschaft in den kommenden Jahrzehnten zu legen, die Regeln aufzustellen und das Instrumentarium zu schaffen. Sie scheinen die Verhandlungsrunden von 1973/74 als gigantische technische Übung anzusehen, die man von Gesichtspunkten innenpolitischer Relevanz oder Opportunität angehen könne. Sie verstehen nicht, daß die Probleme, die nach Lösung verlangen, eminent politisch in einem weiten, internationalen Sinn sind und in ihrer Gesamtheit einen Prüfstein | |
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darstellen, an dem die Fähigkeit der industriellen Zivilisation, ihr Haus in Ordnung zu bringen, gemessen werden wird. Der Mangel an Weitblick und Führungsqualitäten, den die mächtigsten Nationen unserer Zeit an den Tag legen, ist einfach erschreckend. Dies ist das Bild, das unsere Welt heute bietet. Sie, ich, jedermann kann sich die Folgen ausrechnen.
Sie haben ein eindrucksvolles Bild gezeichnet. Hängen alle diese Probleme miteinander zusammen? Was könnten die Folgen sein? Die Gesamtsituation, gründlich betrachtet, ist alarmierend. Der Mensch hat es nicht mehr mit isolierten Problemen zu tun, sondern mit einem Geflecht höchst dynamischer, miteinander verwobener Probleme von nie dagewesener Komplexität und Größenordnung. Der Club of Rome nennt es die ‘moderne Problematik’. Und zum erstenmal sind die Herausforderungen und Gefahren wirklich global. Der Mensch ist so verwirrt und überwältigt, daß er, um der Verstrickung zu entkommen, in die falsche Richtung läuft. Er sucht das Heil in beschleunigter Vermehrung oder in wirtschaftlichem Wachstum und vertraut im wesentlichen auf die Wunder seiner Technik. Diese tödlichen Fehler haben die Geschicke der Menschheit bereits auf einen Katastrophenkurs geleitet. Folgt sie diesem Kurs, wird eine nicht abreißende Kette von immer ernsteren Krisen die Folge sein. Sie mögen einmal ökologischer, dann wieder politischer, sozialer, wirtschaftlicher, militärischer oder psychologischer Natur sein, letzten Endes aber wird es sich in Wirklichkeit um die Krise einer Zivilisation handeln. Im Gegensatz zu früher erfaßt die Krise, deren Zeugen wir heute sind, den gesamten menschlichen Regelkreis, dessen Größen- und Machtzuwachs die degenerativen Züge des Gigantismus aufweist. Wenn nicht rechzeitig Abhilfe geschaffen wird, kann dies zu einer Schicksalskrise der Menschheit werden.
Gibt es einen Ausweg aus dem schrecklichen Dilemma, das Sie geschildert haben? Ich glaube fest daran. Wie ich schon sagte, müssen wir zuerst die veränderte menschliche Situation begreifen und dann eine leidenschaftslose Diagnose unserer Krankheiten erstellen, so beklemmend dies auch sein mag. In dieser Hinsicht sind wir, glaube ich, schon auf dem richtigen Weg, und wenn wir nicht lockerlassen, dann wird dieses einzigartige und merkwürdige Geschöpf, der Mensch, intelligent reagieren und sich retten. Eine profunde und gründliche Erneuerung der Gesellschaft von innen heraus ist notwendig, und ich glaube, sie wird eintreten; neue Werte, die mit der neuen Weltrealität in Einklang stehen, sind unumgänglich, und ich glaube, sie werden sich durchsetzen. Dieser Prozeß wird jedoch schmerzlich und wahrscheinlich gewaltsam sein. Ich glaube aber, daß er so fundamental notwendig ist und eine | |
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so große regenerative Kraft haben wird, daß sich ihm die überwältigende Mehrheit der Menschen in aller Welt anschließen wird, Menschen, die ihn auf entschlossene, aber humane Weise vollenden werden.
Ich weiß, daß Sie im Auftrag von Fiat vide Jahre in China und in Lateinamerika zugebracht haben. Ich kenne Ihre tiefe und aufrichtige Sorge um die Entwicklungsländer. Wenn man sich Robert McNamarasGa naar eind6 Zahlen darüber ansieht, was die reichen Nationen eigentlich tun, um den armen zu helfen - in Verhältnis zu ihrem eigenen Bruttosozialprodukt -, glauben Sie dann wirklich daran, daß unser Teil der Erde aus eigener Weisheit beschließen wird, seinen Reichtum freigiebig mit unseren Mitmenschen in jener riesigen armen Welt Afrikas und Asiens zu teilen? Dazu bedarf es einer Prämisse. Die hochtechnisierte Gesellschaft braucht soziale Gerechtigkeit und Frieden dringender als jede Gesellschaft der Vergangenheit. In einer Epoche erhöhter menschlicher Macht und extremer Alternativen behalten soziale Gerechtigkeit und Frieden nicht nur ihren ursprünglichen und dauerhaften ethischen Wert, sondern erweisen sich als Angelegenheit von großer politischer, ökologischer und existentieller Tragweite. Weiteres Wachstum von Bevölkerung, Wirtschaft und Technik wird diese Interdependenz nur noch stärker akzentuieren. Die menschliche Gesellschaft wird in immer größerer Gefahr sein, wenn es nicht gelingt, die gegenwärtigen unerträglichen Unterschiede zwischen reich und arm, zwischen Gebildeten und Analphabeten, zwischen jenen, die alle Lebenschancen und jenen, die keine haben, zu beseitigen oder wenigstens entscheidend zu verringern. Sobald man diese Wahrheit begriffen hat, wird man das Problem anders sehen. Es wird dann nicht mehr darum gehen, unseren Reichtum mit anderen Leuten aus Wohltätigkeit oder Großzügigkeit zu teilen, sondern darum, ihn auf bestmögliche Weise zu verwenden, um uns und anderen ein sicheres Leben zu garantieren - sei es aus Gemeinschaftsgeist oder dem Prinzip der Risikoversicherung.
Die Grenzen des Wachstums hat die öffentliche Meinung ungemein stimuliert, jedenfalls in Holland und in vielen anderen Ländern. Hat der Bericht Druck auf die Politiker und Entscheidungsträger ausgeübt, diese Probleme ernster zu nehmen? Ohne Zweifel. Sie selbst planen, ein zweites Buch über Wachstum zu schreiben. Wenn Sie soweit sind, werde ich Ihnen von konkreten Schritten berichten, die jetzt im Planungsstadium sind.
Was für die Zusammenarbeit zwischen dem Club of Rome und der Basis der Gesellschaft, den Gewerkschaften, gilt, spricht ohne Zweifel auch für eine enge Kooperation zwischen reichen und armen Nationen. | |
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Manche sind der Ansicht, der Club of Rome sei bisher zu ausschließlich ein Club der Reichen gewesen. Die Reichen, die Mächtigen, die technisch Fortgeschrittenen sind schwerer zu überzeugen, sie haben mehr zu verlieren und müssen die größten Anstrengungen unternehmen. Es ist nur logisch, daß der Appell zum Handeln zuerst oder hauptsächlich an sie ergeht. Aber der Club of Rome ist ein mikrokosmischer Querschnitt der Gesellschaft, wie sie ist, und hat sich zum Ziel gesetzt, Kräfte aus allen Kreisen zu sammeln, um Degenerationserscheinungen abzuwenden und eine harmonische Erneuerung aller Teile der Gesellschaft herbeizuführen.
Wie sieht es mit den Zukunftsplänen aus? Der Club of Rome hat in Europa, Japan, Lateinamerika und den Vereinigten Staaten eine Reihe von Studien der ‘zweiten Generation’ in Auftrag gegeben. Bei einigen davon handelt es sich um Ableger des ursprünglichen Forrester-Meadowsschen Weltmodells. Andere werden sich eingehender mit Teilaspekten des Systems befassen, wie etwa mit dem Komplex Bevölkerung-Nahrungsmittel-Landwirtschaft oder den globalen Rohstoffvorräten. Wieder andere werden neue Methoden zur Untersuchung des gesamten Weltsystems zu erarbeiten suchen.
Kein einzelner, keine Gruppe, keine Kommission prominenter Staatsmänner, Wissenschaftler und Techniker, keine Konferenz von Handels- und Industrieführern könne den geschichtlichen Prozeß im Atomzeitalter bremsen oder dirigieren, hat Martin Heidegger gesagt. Wieviel Hoffnung haben Sie, daß Ihre unermüdlichen Anstrengungen und die Ihrer Mitstreiter und Kollegen Früchte tragen werden, bevor es für uns alle zu spät ist? Ich stimme diesem fatalistischen Urteil nicht zu. Ich glaube daran, daß der gegenwärtige Kollisionskurs geändert werden kann - durch uns, die aktiven Segmente der heutigen Generation, die die Hauptverantwortung für eine rechtzeitige Korrektur tragen. Ich habe schon darauf hingewiesen. Lassen Sie es mich abschließend noch einmal bekräftigen. Zugegeben, alle Untersuchungen und Überlegungen, so nötig sie sind, reichen nicht aus, um die Menschheit von dem Abgrund fernzuhalten, in den sie zu stürzen droht. Der höhere Bewußtseinsstand und der erweiterte Blick, den sie breiten Schichten verschaffen, sowie die supranationale Diskussion über die Dimensionen der Weltproblematik sind zwar Entwicklungen von allerhöchster Bedeutung, aber sie genügen nicht, um den Verlauf der Geschichte zu ändern. Etwas Tiefgreifenderes und Umfassenderes muß geschehen, etwas, das an unsere kulturellen Grundlagen rührt und mit unserem Selbstverständnis und unserer Weltsicht zusammenhängt. Ohne die Revolution des Fühlens und Denkens, von der ich vorher gesprochen habe, eine Revolution, die | |
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unser individuelles und kollektives Urteil und Verhalten verändert und eine profunde Transformation unseres gesamten Wertsystems bewirkt, wird jede andere Veränderung rein mechanistisch sein und vielleicht sogar die Gefahr der technokratischen Verirrung in sich bergen. Ich behaupte jedoch, daß diese kopernikanische Wende im Kommen ist. Sie hat eben begonnen und wird an Kraft gewinnen. Ich gebe ihr eine Erfolgschance von mindestens fünfzig zu fünfzig. Zu allen Zeiten war das Wertsystem oder Ethos das, was die Menschen nach ihrem eigenen Urteil für ‘das Gute’ hielten - oder vielleicht unter dem Einfluß ihrer Führer, sei es Arzt, Medizinmann, Astrologe, Weiser, Prophet, König, Priester, Minister, Wissenschaftler, Staatsmann oder die politische Klasse insgesamt. ‘Das Gute’, entweder spontan von den Menschen empfunden oder ihnen suggeriert, steht immer in Beziehung zu realen oder transzendenten Situationen, die sie zu verstehen glauben, und hängt stets mit der Idee des individuellen oder kollektiven Überlebens zusammen. Nachdem die Orientierungsgrundlage, die in der Vergangenheit Meinungen und Werte getragen hat, hinweggefegt wurde, ist es unumgänglich geworden, Bestandteile einer neuen Orientierungsbasis zusammenzufügen und miteinander in Beziehung zu setzen, ein Prozeß, der meiner Ansicht nach bereits begonnen hat. Gleichzeitig entdecken wir in dieser Generation, die wir uns einer neuen, harten Realität konfrontiert sehen, daß fundamentale Dinge in Vergessenheit geraten oder materiellen Werten geopfert worden sind. Wir beginnen zu begreifen, daß unser Menschsein in der Tat einen essentiellen Sinn hat, daß es aber nur aus der Existenz nichtmenschlicher Formen des Lebens und unseren Beziehungen zu ihnen abgeleitet werden kann, während wir fortfahren, sie skrupellos, eine Gattung nach der anderen, auszurotten. Wir verstehen auch, daß unser Gerechtigkeitssinn gerade jetzt verlorenzugehen droht, da wir ihn ungehindert und zu geringen Kosten auf unsere Zeitgenossen anwenden können. Wir empfinden schaudernd, daß das Bewußtsein der Gefahr, das unsere Vorfahren immer wachhielt, durch unsere Arroganz und unser Vertrauen auf die Maschinen verdrängt wurde, obwohl die Gefahr heute um ein Vielfaches größer ist. Und wir erkennen mit Beklemmung, daß wir auf dem Gipfel unserer Macht nicht einmal mehr auf ein Schicksal vertrauen können; die Zukunft hängt allein von uns ab, aber wir plündern und verseuchen die Erde und hinterlassen den Ungeborenen eine Wüste. Diese Erkenntnis ist schockierend, aber letzten Endes heilsam. Wir müssen erwachen und die Welt um uns und in uns gründlicher erforschen. Wir müssen die Herausforderung unserer Zeit, den totalen Charakter dieser Herausforderung begreifen. Wir müssen wissen, daß uns unsere Antwort teuer zu stehen kommen wird, aber daß es nicht möglich ist, sich um den Preis zu drücken. Vor allem aber muß uns klar | |
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werden, daß ohne eine tiefgreifende ethische Erneuerung und einen neuen Humanismus die Gesellschaft in Gefahr geraten und unsere Zukunft düster sein wird, wie groß unsere Macht und unsere Fähigkeiten auch sein mögen. Keine unerfüllbaren Aufgaben werden von uns verlangt. Die Menschheit beginnt bereits, sich auf sie vorzubereiten. Je weiter wir auf diesem Wege vorankommen, desto klarer werden wir vielleicht erkennen, daß der Mensch viel besser werden muß, wenn er das nächste Jahrhundert erleben will - ein Lernprozeß ist bereits im Gange, der zeigt, daß er ein rationales und geistiges Wesen ist, das zu retten sich lohnt. |
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