Horae Belgicae
(1968)–A.H. Hoffmann von Fallersleben– Auteursrechtelijk beschermd
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haben, wenn diese statt Milch nur Wasser geben. Durch Einverständniss mit dein Teufel wissen sie auch die Butter zu stehlen. Lutgart sah so eine alte Hexe auf einer Wegscheide sitzen mit Butter vor sich; ‘ich glaube, sagt sie (34), sie beschwor den Teufel und der schaffte die Butter herbei.’ ‘Ja, erwiedert Machtelt, die hat sie mir gestohlen.’ Daher heisst denn überhaupt in Deutschland eine Hexe: Milchdiebin, Milchzauberin, Molkenstehlerin, Molkentöversche (Brem. Wb. V, 93), s. Grimm, Mythol. 605. 5,26: die helsche cater. Die Vorstellung des Teufels in Thiergestalt ist alt und weitverbreitet. Im deutschen Hexenwesen und heutigen Aberglauben erscheint er meist als Bock, s. Grimm, Mythol. 557. Dagegen war der Teufel in Kalergestalt bei den Niederländern wol die gewöhnlichere Vorstellung, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich das duivekater! (vgl. übrigens Kil. h. v.) ein Ausdruck der Verwunderung, den ich in Leiden oftmals hörte, eben darauf bezicht. 5, 31: op ene vierwechstede, auf einer Wegscheide, da ist nämlich der Teufel zu errufen, s. Grimm, Blythol. 607. Anm. 1. 5, 48: ende heeft haer cne ore verloren van quader dieften. Ohrenabschneiden als Strafe des Diebstahls war noch im 16. Jahrh. üblich, s. die Urkunden iu Hasselt's Arnh. oudheden II, 60. In derselben Zeit ward diese Strafe zu Gent auch noch ausgeführt an allen rabauwen, loddeghen, truwanten, cocquinen und botters, wenn sic sich Verbannung zugezogen hatten, s. Cannaert hijdr. 35. Schr naiv hiess es dann gewöhnlich in den Erkenntnissen: ‘op een merckelyck stick van uw oore.’ 5, 59: in enen put onder die galghe vaste ghedolven metten balghe. Dazu gehört noch 1, 156 und 380 in enen put versmoren, in einer Grube umkommen, und hier kurz vorher 51 ghe- | |
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bannen op den pit, oder wie es in alten Keuren heisst: op den pit levende te delvene. Diese schreckliche Strafe, das lebendig begraben werden, war in den Niederlanden uralt und allgemein; sie wurde nur an Franen vollzogen und zwar meist für Verbrechen, um derentwillen die Männer gehängt oder verbrannt wurden. Noch im J. 1539 erneute sie Karl V. durck eine Verordnung vom 4. October. Frauen aus allen Ständen, geringe sowol als die angesehensten, jung und alt ohne Unterschied, wurden auf diese Weise in den vornehmsten niederl. Städten ums Leben gebracht. Gross ist die Zahl der Schlachtopfer, welche in den Jahren 1540-97 für ihre Ketzereien (voor heure dwalingen) auf Befehl des Kaisers und in Folge richterlichen Erkenntnisses zu Gent, Doornik, Douais, Mons, Herzogenbusch, Brüssel u.s.w. lebendig begraben wurden. S. Cannaert bijdr. 16. Grauen und Entsetzen ergreift einen, wenn man liest wie Anneken van den Hove, nachdem sic zu Brüssel zum Tode verurtheilt war, 19. Juli 1597 hingerichtet wurde: - ‘Sy werdt alvolghens uytgeleyt tusschen twee jesuyten, gevolgd door eenige minderbroeders, tot op eene plaetse genaemt Vaeren-heyvelt, liggende tusschen Brussel en Leuven, daer een kuyl in de aerde gemaeckt was, daer in de beul haer geleyt heeft, ende naer dat hy haer met aerde bedeckte, het selve beginnende van hare voeten af, soo hebben haer de jesuyten altyd gevraeght of sy nog niet en wilde afstaen; eyndelick tot den mont komende, hebben sy haer wederom gevraeght. Daer na heeft de beul den mont met aerde bedecht ende oock het hooft, alsoo dat haer geheel lichaem in den kuyl vast met aerde besloten wert. Dit gedaen synde, spronck de beul seer geweldigh op haer toegedeckte lichaem, waer op sy seer erbermelicke onder de aerde riep, haeren geest opgevende.’ Cannaert bijdr. 312. 313. (Ich citiere überall die neueste Ausgabe: Gent 1835, welche mir der Vf. zum Andenken verehrte.) 5, 61 und 73: oosters bier. In einer Genter Keure vom J. 1371 (Lenz in den Nouvelles Archives hist., philos. et littér. T. I. p. 105): ‘Dat men geen | |
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ocstersch bier diere en vercoepe dan 2 groten den stoop up tien pont etc.’ - wahrscheinlich das welches von Ostern his Fastnacht gebraut wird und bei uns Märzenbier heisst. 5, 69: sente Bride. Es kann hier nur die heilige Jungfrau Brigida aus Schottland gemeint sein. Ihr Fest fällt auf den 1. Februar und wird in mehreren Ländern bei den Landleuten noch heutiges Tages sehr feierlich begangen. Von Irland und Schottland verpflanzte sich ihre Verchrung schon frühzeitig in die Niederlande. Die Bollandisten bemerken zu ihrer Lebensbeschreibung, Acta Sanct. Febr. T. I. p. 100: ‘inde sanctae illius virginis propagata huc veneratio est, ad populos tunc, ut plurimum, pascuariae et agrariae rei deditos, neque tamen diu unquam ab usu tractationeque armorum otiosos, sed eiusmodi tamen, ut eorum simplicitas illius emereri opem et niteretur et posset: quippe quae plurima olim circa rusticanam annonam, lac, butyrum, lardum, mel circaque ipsa armenta, aut alioquin in agrestium hominum levamentum, miracula patraverit et professa sit, uti vitae 1. cap. nr. 60. refertur, proniorem se esse ad beneficiendum plebeiis ac tenuibus, quia plebeii cuncti serviunt Deo, omnesque Patrem poscunt, cum potentes exceptis paucis electis a Deo, serpentes sint et filii sanguinum filiique mortis; neque ideo tamen iusta bella aversata sit aut rogata destituerit ope. Eo aucta in illam pietas novis identidem in varios beneficiis, ut pleraeque Belgieae ecclesiae illius festum officio ecclesiastico celebrare consueverint, uti cernere est in veteribus canonicarum precum breviariis, Antverpiensi an. 1496 excuso, Bruxell. 1516, Audomarensi 1518, Leodiensi ac Brugensi 1520, Morinensi 1542, Ultrajectensi aliisque.’ Gäbe es nur Eine heilige Brigitta, und zwar die spätere schwedische, so wäre das für unsere Schauspiele höehst wichtig; die aber war damals gewiss noch nicht einmal canonisiert. 5, 80: set ons hi den viere; vgl. 6, 23. 204. Der Kamin ist noch heutiges Tages in den meisten Häusern der Sammelplatz der Familie und der Gäste, wie wir es vielfach | |
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dargestellt finden auf niederländischen Bildern des 16. und 17. Jahrhunderts. In früherer Zeit war, wie es scheint, der nächst und beste Sitz am Kamin ein Ehrenplatz (wie noch in England), welchen der Wirth demjenigen seiner Gäste anbot, den er am meisten ehren wollte. Darum rechnet auch der Nachbar, wie er zu Jan geht, auf diese Ehre, 6, 279: men sal ons setten bi den viere, und Jan ladet auch gleich seine eintretenden Gäste auf diesen Ehrenplatz ein, 6, 298: sit daer ende uw weerdinne hier; er aber selbst will sich bescheiden daneben setzen: ende ic sal sitten neven tfier. 5, 98: die hant van enen dief. Nach dem deutschen Aberglauben bedarf's nicht erst der ganzen Hand eines Diebes, worüber noch dazu neun Messen gehalten sind, schon ein Finger genügt, z. B. Chemnitzer Rockenphilosophic: ‘Diebsdaumen bei sich getragen, oder bei die Waare gelegt, macht, dass sie gut abgeht’, s. Grimm, Myth. LXXV. Nr. 201. |
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