Horae Belgicae
(1968)–A.H. Hoffmann von Fallersleben– Auteursrechtelijk beschermd¶ Nr. 105.
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frisch over die heiden,
nog drinken den koelen wyn.
4.[regelnummer]
Wy drinken den wyn er uit schalen
en 't bier ook zoo veel ons belieft:
daer is het zoo vrolyk te leven,
frisch over die heiden,
daer woont er myn zoete lief.
Vlämisch: Willems Nr. 19. an der Spitze der geschichtlichen Lieder, mit der Überschrift: ‘Uitwykelingslied (XIIe of XIIIe eeuw.)’ Willems bemerkt dazu: ‘Aus dem Munde des Volks in Brabant stückweise gesammelt, Musik und Worte. Man singt jährlich dies Lied dort bei den Bauern um Johanni im Monat Juni bei dem sogenannten Overhalen (Einholen) der Bauerndienstmägde, und somit als ein Übersiedelungslied. Dies Einholen geschieht in Wagen, die mit Blumen und Flittergold geschmückt sind und von vier oder sechs Pferden gezogen werden, die so schnell traben als sie nur können. Die singende Gesellschaft sitzt im Wagen auf den Kleiderkisten der neugemietheten Dienstboten, und diese werden bei jedem Wirthshause am Wege und bei der Ankunft im Pachthofe vom Mannsvolke beschenkt. Wenige Bauern können mehr als drei oder vier Strophen, gewöhnlich nur die erste, weil der Wagen sehr oft stillhält zu einem Trunke u. man beim Weiterfahren immer wieder das Lied von vorn beginnt, doch alle erklären und singen, dass sie nach Ostland fahren, ohne eigentlich zu wissen wo Ostland liegt; einige halten es für das Rosenland. Gewiss ist, dass man dies Lied seit undenklichen Zeiten in den brabantischen Kämpen hört und es leidet somit keinen Zweifel, dass uns dasselbe aus den Zeiten überliefert ist, als tausende Vläminger und Brabanter nach Ostland d.i. nach dem Norden von Deutschland auswanderten und dort Niederlassungen für den Ackerbau gründeten. Bis in unsere Tage haben sie dort ihre vlämischen Rechte und vlämische Sprache (vom 12. und 13. Jahrh. her) mehr oder minder bewahrt.’ Willems verweist nun auf die bekannten Schriften von Eelking, Hoche und Wersebe über die niederländischen Niederlassungen in Deutschland. | |
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Ik hebbe de groene straten
zoo dikwyls ten einde gegaen
ist der Anfang eines anderen Liedes, so wie die 6. Strophe nebst den folgenden wieder zu einem ganz anderen Liede gehört. Schon Snellaert hat dies gefühlt und in seinen ‘Oude en nieuwe liedjes’ Nr. 75. Willems' Str. 5-13. als besonderes Lied mitgetheilt, freilich mit dem nicht dazu gehörigen Anfange: Ik hebbe de groene straten.
¶ 1, 1. Oostland erklärt Willems seiner Deutung des Liedes zu Liebe durch Küstenländer der Ostsee. Oostland, oosterland ist jede einem Volke östlich gelegene Gegend; so nannten die Niedersachsen das mit ihnen östlich grenzende Land Osterland, die Osterfürsten sind die sächsischen u. meißnischen Herzöge; ebenso verstanden die Baiern unter Osterland hauptsächlich nur Österreich. u. Osterfranken hieß in der alten Sprache das östliche Franken. - Das Streben, alles in ein graues Alterthum zurückzuführen, um dadurch den Glanz des Volksstammes, dem man eben angehört, zu erhöhen, scheint mir nur dann gerechtfertigt, wenn sich unbestreitbare Beweise dafür ergeben, sonst lasse man die Sache lieber dahingestellt sein, denn für das Verständniss wird dadurch oft doch nichts gewonnen und jede Forschung verwirrt und erschwert. |
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