Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
(1976)–Katharina van Bronckhorst en Batenborch– Auteursrechtelijk beschermd
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weiteres erkennen, daß es sich um einen Text ma. Ursprungs handeln muß. Derselbe ist bisher nur in zwei hd., zeitlich recht weit voneinander entfernten Fassungen bezeugt. Schon von daher muß der in Mischmundart abgefaßten Redaktion in D eine hohe Bedeutsamkeit zukommen. Die älteste bekannte Fassung steht in dem 1471 abgeschlossenen Ldb. der Augsburger Nonne Clara Hätzlerin, Nr. 41, 7:7, ababcwc. Der zweite Beleg ist in einer Flugschrift der Staatsbibl. Berlin Ye 470 enthalten: Ein schoͤn new Lied || Ich Ritt mir auß kuͤrtzweilen durch einen gruͤnen Wald... Gedruckt zu Nürnberg / durch Fridrich Gutknecht, o.J. (1. H. 16. Jh.). Abdruck: L. Röhrich - R.W. Brednich, Deutsche Volkslieder Bd. 2, Düsseldorf 1967, Nr. 35 d, S. 338-339: 11:3-5, ababb. Vom letzteren Druck existiert eine andere Auflage, vermutlich gedruckt bei Val. Newber in Nürnberg um 1550, mit anderer Zeileneinteilung, aber identischem Wortlaut 6:7, ababbcwc, Wiedergabe im Vergleich mit der Fassung der Hätzlerin bei John Meier, Kunstlieder im Volksmunde, Halle a.S. 1906, S. XXXVIII-XXXIX. J. Meier wollte durch die Gegenüberstellung ‘die Weiterbildung des Liedes und das Antreten fremder Elemente’ demonstrieren. Die gleichen Erscheinungen ließen sich auch an der neuaufgefundenen Fassung D 86 aufzeigen. Die ursprüngliche Stropheneinteilung ist darin aufgegeben, der Text zu umfangreichen Strophengebilden von 8 bis 15 Versen aufgeschwellt worden. Inhaltlich haben besonders Str. I und IV durch Anfügung von Formelgut solche Erweiterungen erfahren, wie sich leicht bei einem Vergleich mit Str. I der spätma. Fassung erkennen läßt:
Ich raitt ains tags spaciern
Für ainen grönen waldt;
Ich vand mit reicher ziere
Ain fräwlin wolgestalt.
Ich grüsset da das fräwlin zart;
Sy dancket mir mit züchten,
Gar haiß sy wainen wardt.
(Hätzlerin Nr. 41, Str. I).
Z. 3-9 von D 86 müssen als formelhafte Erweiterungen gelten, ebenso wie Z. 37-43, 48-51 von Str. IV. Die Zusätze in Str. I stammen aus dem Lied Ich ginck mit lust durch einen waldt, z.B. Mgq 612, 1568, Nr. 11, A. Kopp in Euphorion 8 (1901) S. 519. Nur Str. II-III kommen dem Wortlaut des zugrundeliegenden Liedes nahe, wobei sich aber sehr starke Abweichungen in der sprachlichen Realisierung ergeben. Hierfür nur einige wenige Beispiele: 18 [Ich überwind es nymmer mer; 24 [sy sprach: er tett mich triegen; 27 [In hat ain Eyl veriaget; 31/32 [Der valck was seins gemütes frey. / Er truog der Eylen haß; 35/36 [Die vogel hassen die eylen / Mit irem vil valschen duck. Aus diesen Hinweisen geht hervor, daß die ursprüngliche Bedeutung des ganzen Bildes (Falke = Geliebter; Eule = Nebenbuhlerin) dem Schreiber in D nicht mehr voll bewußt war und daß die einzelnen Elemente des ma. Falkenliedes hier nur noch als Leerformel gehandhabt werden, so wie es auch die spielerische Ausgestaltung des Motivs auf Bl. 95 ro (s. Abb. 9) erkennen läßt. |
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