Nr. 44
Die Niederschrift dieses von Liebesleid und Frauenlob singenden Liedes durch einen Angehörigen der Adelsfamilie von Westrem verweist in das westliche Westfalen. Der zehnstrophige Text ist als Ergänzung unserer bisherigen Kenntnis der Geschichte des Liedes willkommen. Es liegen nicht sehr viele gedruckte Fassungen vor, außerdem ist das Lied bisher in einer so vollständigen Fassung noch nicht aufgetaucht:
1. Pal. 343, Nr. 165 (7 Str.). - 2. Berl. Hs. Mgf 753 (1575), Nr. 13; Abdruck des Textes bei A. Kopp, AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 14 f. (7 Str.). - 3. Benckhäuser Ldhs. der Anna Lüning (1573-1588), Nr. 23, s.P. Alpers in NdZsfVk 1 (1923) S. 112 (4 Str.). - 4. v.d. Aelst 1602, S. 146, Nr. 156, Neudruck 1912, Nr. 157 (6 Str.).
Der Vergleich mit der zeitlich nahestehenden Niederschrift in Pal. 343 (1) aus der gleichen Zeit offenbart eine Übereinstimmung der ersten sechs Strophen und darin kaum ins Gewicht fallende Abweichungen. Schriftliche Vermittlung des Textes ist naheliegend, worauf auch einige nachträglich verbesserte Abschreibeversehen hindeuten. Eine gedruckte Vorlage ist jedoch bisher nicht bekannt. Nur an einigen Stellen bewahrt Pal. 343 den besseren Text, weil D 44 durch geringfügige Änderungen z. . den Reim verloren hat.
Lesarten von 1: 6 dach und nacht [nacht und tag; 20 [deine schöne weis und zier; 22 verlangen [begir; 26 gefleckt [clare; 37 truwe [treuw inn ehren; 42 pracht [guet; 51 holt [wol. Str. VII ist identisch mit Str. VII in 2. Str. VIII und IX in D stehen für sich. Str. X korrespondiert mit Str. VI in 4. - Bedeutsam ist das Lied in unserer Hs. deshalb, weil es das Akrostichon KATARINA B aufweist. 1 hat nur KATRIN, in 2 ist das Akrostichon verwischt. D erweist sich somit eindeutig als Widmung an die Besitzerin des Liederstammbuches, Str. X könnte als Neudichtung von Westrems betrachtet werden. Sprachlich fällt bei D 44 auf, daß für die Niederschrift so gut wie keine unverschobenen Formen Verwendung fanden (vgl. höchstens Z. 60 bruyckest), sondern der hd. Sprachstand dominiert, jedoch treten viele nichtdiphthongierte Formen an Stellen auf, an denen 1 die diphthongierte Schreibung bevorzugt: z.B. 13 dyner hulff und schyn [dein hilf und schein u. ö. Daß der Schreiber jedoch ndt. sprach und sich bei der Abschrift des Liebesliedes in fremdem Milieu bewegte, erkennen wir deutlich an den ndt. Schreiberversen, zu denen ich keine Parallelen beizubringen vermag.