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Onze dichters vertaald.
Im Beichtstuhl, Nach dem Flämischen des Pol. de Mont, von Heinrich Flemmich.
Abend dämmert und die letzten Strahlen
Aus dem West auf Ulmenkronen zittern,
Die ums Kirchlein grünen, - siehe zaghaft
Schreitet hin zum Beichtstuhl, um das Köpfchen
Ein rotfarb'nes Tüchelchen geschlungen,
Leisen Schritts des Pachters ros'ge Tochter
Heimlich öffnet sich der kleine Schalter,
Und der Pfarrer, seines Schäfchens harrend,
Schaut mit Doppelkinn und greisen Wimpern
Salbungsvoll und lächelnd durch die Offnung.
‘Monde, Vater, hab ich nicht gebeichtet,
Oft und tief und schwer hab ich gesündigt!’
Seufzend sagt sie's und der güt'ge Pfarrer
Sprach: ‘So red', mein Kind, befrei' dein Herze,
Gotte ist gut, Vergebung schenkt sein Segen.’
Zögernd hebt sie an: ‘Ich Schwör' es, Vater,
Schwachheit war's allein. Den langen Wannes
Hab geküszt ich, - einmal nur, mein Vater,
Auf die Hand, - nur einmal - weiszt der Wannes
Wuchs mit mir heran auf Vaters Hofe,
Ist verwais't, mein Vetter. - Wohl war's Sünde.
Doch ich schwöre, Schwachheit war's, nicht Bosheit.
Wannes in dem Hof beschnitt die Bäume,
Traf ihn dort, ein Dorn hatt' ihn geritzet
Und er blutete. Mit Gras und Spinnweb
Hemmte ich den Strom und - Sünd' war's, Vater -
Küss't die Wunde selbst, die Pein zu stillen.’
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‘Ist das alles, Kind,’ so fragt die Baszstimm'
In dem Beichtstuhl, Schamhaft sagt die Büsz'rin:
‘Vater, Schwachheit war's, ich schwör's, nicht Bosheit.
Einmal, Vater, hab' ich, zürn' nicht, Wannes
Auf die Wang' gekuszt, die linke war es. -
Fleiszig schafft' er um die Mittagsstunde
Und zum Essen rief ich ihn, die Sonne
Hatte seine linke Wang' versenget.
“Klärchen,” sagt er, “Uff! was sticht die Wange,
Als ob hundert Amei's darin wühlten!”
Und mein Händchen legt er auf die Wange,
Und er sagt', die Hand sei kühl, erfrischend,
Und er zog so sacht mein Köpfchen nieder,
Und er sprach so viele sanfte Worte,
Dasz ich, - doch nur einmal war's, ich schwör' es,
Ihm die linke Wange küszte, - einzig -
Klingt es dumpf, ‘fahr' fort in deiner Beichte.’
Und ihr Köpfchen neigt' sich, ‘guter Vater,
Zürne nicht, ich hätt' es fast vergessen,
Auch die rechte Wange Wannes küszt' ich;
Nicht aus Bosheit, Gottes Engel wissen's.
Als mit Wannes ich nach Hause kehrte,
Muszten an dem Brunnen wir vorüber,
Klar wie Silber rieselte das Wasser.
Und der Jünhling neigt sich, um zu trinken,
Sagte: “Klärchen, Dank dir für das Küszchen,
Doch noch röter färbtest du die Wang' mir.
Schau die rechte. Bleich und blutlos scheint sie,
Vater wird's bemerken, wird dich strafen
Um den Kusz! Die Mägde werden spotten!
Küsz' die rechte auch, bis rot sie glühet.”
Konnt' ich ihn des Unrechts zeihen, Vater?
Konnt' ich weigern? Argernis bereiten
Knecht und Mägden? Gar zu leicht geschäh' es
Durch die rote Wang' und sünd'ges Beispiel. -
Darauf küszte ich die rechte Wang' so feurig,
Dasz wie rote Kirschen sie erglüh'te.’
Wieder neigte sich des Pfarrers Antlitz
Zu dem blonden lieben Mädchenköpfchen.
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‘Tochter,’ klingt die Baszstimm', ‘grosze Fehle
Ist die deine, - grosze ist Gottes Gnad' auch,
Schöpfe Mut!’ - Und als das liebe Blondchen
Noch gestand, dasz Wannes oft gekuszt sie, -
Erst die linke Hand, die linke Wang' drauf,
Später zärtlich auch die rechte Wange,
Und dann tausendmal die link' und rechte,
Ohne, dasz die Sonn' etwas verschuldet, -
Sprach der Pfarrer von der mächt'gen Wasse
Gegen Satans List, dem ‘Vater Unser.’
Mut sprach er ihr ein und dann zum Schlusse
Sagt er: ‘Liebes Kind, dir sei vergeben!
Sag, von Herzen nur, dasz du bereueft.’
Als der Greis die Hände still gefalten,
Aufwärts schlug das Aug', sprach leis das Mädchen:
‘Guter Gott! sie thut mir leid die Sünde,
O wie schmerzt mich, dasz ich dich so kränkte!
Hassen will das Böse ich und meiden!...’
Eine Weile schwieg sie. Plötzlich rollten
Aus den Augen Thränen auf die Wangen.
Und als nun der gute Beicht'ger segnend
Seine Recht' erhob, da dacht' sie, Wannes
Stünde da mit sonn'verbrannten Wangen,
Bittend um ein einz'ges Labeküszchen...
Lispelnd klang es unbewuszt dazwischen:
‘Mein, nicht sünd'gen will ich, - lieber sterben,
Als dich. Wannes, ungelabt zu lassen!’
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