Tweemaandelijksch Tijdschrift. Jaargang 5
(1899)– [tijdschrift] Tweemaandelijksch Tijdschrift– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Aus ‘Der teppich des lebens’Ga naar voetnoot1)
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Entfielen ihm die lilien und mimosen
Und als ich sie zu heben mich gebückt
Da kniet auch Er · ich badete beglückt
Mein ganzes antlitz in den frischen rosen.
II.
Entsinne dich der schrecken die dir längst
Verschollen sind seit du mir eigen bleibst
Und nur durch mich der gluten kelch empfängst
Der dich berauschen wird solang du leibst.
Du danktest damals mir als grösste gunst
Das dich mein friede nicht mehr schauen liess
Der trocknen sommer wilde feuersbrunst
Die heimatlos dich in die wüste stiess.
Als dir mein haus - so hoch - verächtlich war
‘Nur diesen einen kurzen blick der wahl
Und ich verleugne lehre und altar’
So zischte durch die nacht dein ruf der qual.
Das opfer bäumte sich am herde auf
Der purpur zündete wie leichtes stroh
Und floss in flammen um der säule knauf
Der ganze tempel wankte lichterloh.
III.
Ich bin führer dir und freund und ferge.
Nicht mehr mit zu streiten ziemt dir nun
Auch nicht mit den Weisen · hoch vom berge
Sollst du schaun wie sie im thale thun.
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Weite menge siehst du rüstig traben
Laut ist ihr sich mühendes gewimmel:
Forscht die dinge nützet ihre gaben
Und ihr habt die welt als freudenhimmel.
Drüben schwärme folgen ernst im qualme
Einem bleichen mann auf weissem pferde
Mit verhaltnen gluten in dem psalme:
Kreuz du bleibst noch lang das licht der erde.
Eine kleine schar zieht stille bahnen
Stolz entfernt vom wirkenden getriebe
Und als losung steht auf ihren fahnen:
Hellas ewig unsre liebe.
IV.
Nicht forsche welchem spruch das höchste lob
Und welchem sang der kranz gebührt am fest -
Was gestern sturm durch herbe felder schnob
Ist heut im lorbeerbusch geweihter west.
Bald war es leuchtende und reine saat
Kristalle die durch klaren morgen schien
Bald finster-ädrig fliessender achat
Dann wie ein heftig sprühender rubin.
Was als ein rieseln kam gelind und lau
In der verlassenen welkenden allee
Und mehr nicht als ein tropfen duftiger tau
Der von der blume fiel zum tiefen see:
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Ward volle feuchte die den berg durchbrach
Und die in dunkelsten mittnächten dann
Als jäher strahl ins herz der felsen stach
Wie eine rote quelle sprang und rann.
V.
‘Du sprichst mir nie von sünde und von sitte’
Ihr meine schüler sprossen von geblüt
Erkennt und wählt das edle unbemüht -
Auch heimlich bin ich richte eurer tritte.
So lieb ich dich: wie früher lehren sprach
Als märchen ehrend du in mittaglicher
Umgebung vor dich hin schaust wegessicher
Nicht weisst von scham von reue oder fluch.
Du wohntest viel in enger wahl-gemeinde
Im lieben ohne mass und ohne lass
Vorm schicksal wenig klage wenig hass
Doch lange rache nährend wider feinde
Und bei den thaten denen weder lohn
Noch busse die du strahlend rühmst vor freien
Und die nach volkes wahn zum himmel schreien
Da zuckte ich nur lächelnd: sohn! o sohn!
VI.
Seit jenem märchen wo ihr meine mündel
An leicht bewölktem sonnigem gestade
Geleitet wart auf schmale weisse pfade
Und lilien trugt und korn- und traubenbündel
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Ist dir die eine liebe unvergänglich...
So oft es auch in toll verschlungne äste
Und nebel lockte schwankender moräste
Und in das dickicht düster und verfänglich:
Du fühltest scheu wie vor dem ungestümen
Des wimmelnden und kämpfenden getreibes
Wie vor dem falschen mass unedlen leibes
Und übergliedern an den ungetümen.
Die frühe liebe blieb zum licht zu holden
Gelünden sanftem berg und schlanker pinie
Zur reinen farbe und zur klaren linie
Und zum geflüster aus den garten-dolden.
VII.
Einst werden sie in deinen schluchten spüren
Was noch darin von deiner stimme dröhne
‘Ist dies der ort von klagen thränen schwüren
O kleine tiefe’ und der eine höhne:
‘Sind dies die so gelobten hügelspitzen
Mit ihrem freudenblick in fabellande?
Sind dies die wellen die verderblich spritzen
Wir reichen mit dem finger bis zum sande’
Und jener wende sich von dir verdrossen:
‘Er gab uns nur zu staunen und zu scheuen
Wie fernab diese menschentage sprossen
Wie könnten wir uns ihrer früchte freuen’
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So sind dir trost und beispiel höchste meister
Die attischen die reinsten gottesdiener
Der Nebelinseln finstrer fürst der geister
Valclusa's siedler und der Florentiner.
VIII.
Der darf nun reden wie herab vom äther
Der neue lichter zündete im nachten
Erlösung fand aus dumpfen lebens schmachten
Der lang verborgen als ein sichrer thäter
Die toten erden hob durch neue glänze
Und seinen brüdern durch sein werk bedeutet
Wo sie vor allen wahren ruhm erbeutet
Und das geheimnis lehrte neuer tänze.
Ihm wird die ehre drum wie keinen thronen
Dem sich in froher huldigung ergaben
Die seherfrauen und die edlen knaben
Die herscher denen künftig völker frohnen.
So steigt allein den göttern opfer-brodem
Wie ihm der heiligen jugend lobesstimme
Die über seine stufen höher klimme
In ihrem odem viel von seinem odem.
IX.
Du stiegest ab von deinem hohen hause
Zum wege · manche freunde standen neben
Du suchtest unter ihnen deine klause
Und sahst dich um gleich wie in andrem leben.
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Dich werden deine gipfel nicht mehr schützen
Doch wie zuvor in lauterstem gewande
Wirst du an deines nächsten arm dich stützen
Und bleibst wie vormals gast von fernem strande
Den vielen die du fürder meiden möchtest.
Vergeblich wäre wenn sie dich umschlängen
Und thöricht wenn du zwischen ihnen föchtest
Sie sind zu fremd in deines webens gangen.
Nur manchmal bricht aus ihnen edles feuer
Und offenbart dir dass ihr bund nicht schände
Du sprichst: In starker schmerz-gemeinschaft euer
Erfass ich eure brüderlichen hände.
X.
Dein geist zurück in jenes jahr geschwenkt
Begreift es heut nicht welche sternenmeilen
Vom ort ihn trennten wo die menschen weilen
So dass sich deine stirne staunend senkt.
Als du die tempel bautest für das Vliess
Die bleiche pracht der erde übertrafen
Und alles stumm war im verwunschnen hafen
Und gold die farbe aller träume hiess
Da führte dich durch felsiges gerill
Bekannten pfad ein fruchtbeladner sommer
Die hänge lächelten dem frohen kommer
Gesichter grüssten wenn auch scheu und still.
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Dies sind die wiesen mit geblümtem sammt
Die schweren ähren auf den schwanken stengeln
Gesang der schnitter die die sensen dengeln
Dir ruft die erde zu der ihr entstammt.
XI.
Solang noch farbenrauch den berg verklärte
Fand ich auf meinem zuge leicht die fährte
Und manche stimme kannt ich im geheg
Nun ist es stumm auf grauem abendsteg.
Nun schreitet niemand der für kurze strecke
Desselben ganges in mir hoffnung wecke
Mit noch so kleinem troste mir begehr -
So ganz im dunkel wallt kein wandrer mehr
Und mit des endes ton dem lied der grille
Geht auch erinnrung sterben in der stille
Ein fahler dunst um kalte wälder braut
Verwischt die pfade ohne licht und laut.
Ein grabesodem steigt aus feuchtem bühle
Wo alle schlummern müssen · doch ich fühle
Dein wehen noch das neue glut entfacht
Und deine grosse liebe die noch wacht.
XII.
So werd ich immer harren und verschmachten?
Die sonne steigt noch · meine fahrt wird schlimm
- Gepeinigt wärest du von gleichem trachten
Auch wenn ich heut dir sagte: komm und nimm.
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Denn du gedeihst in kämpfen die dir ziemen
Du weisst dass stets ein linder balsam fliesst
Von meinem munde auf die blutigen striemen
Doch ist dir niemand der sie dauernd schliesst -
Und die verehrend an mein knie getastet
Und die ich lenke mit dem fingerzeig
Und deren haupt an meiner brust gerastet?
- Die jünger lieben doch sind schwach und feig -
So ring ich bis ans end allein? so weil ich
Niemals versenkt im arm der treue? sprich!
- Du machst dass ich vor mitleid zittre · freilich
Ist keiner der dir bleibt · nur du und ich.
XIII.
Zu wem als dir soll sie die blicke wenden
Die glühend Suchende der du zuerst
Die höhen wiesest und das glück bescherst
Das diese bunten tage nimmer senden.
Du giebst den rausch · sie schwebt zum ewigen thore
Erhoffter stralen jauchzendem gemisch
Sie gleitet durch den saal zum göttertisch
Erfüllung leuchtet · lösung schallt im chore.
Die unerreichte flur scheint ihr gewonnen
Sie überschwebt die klüfte mit dem aar
Sie schaltet mit der kleinen sterne schar
Und stürzt entgegen väterlichen sonnen.
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Nun musst du sie im irren hasten zügeln:
Du beugest dich aus deiner wolkenstadt
Und hüllst die zitternd ist und freude-satt
Getreuer geist! mit schweren traumesflügeln.
XIV.
Wir sind dieselben kinder die erstaunt
Vor deinem herschertritt doch nicht verzagt
Uns sammeln wenn dein waffenknecht posaunt
Dass in dem freien feld dein banner ragt.
Wir ziehn zur seite unsres strengen herrn
Der sichtend zwischen seine streiter schaut
Kein weinen zieht uns ab von unsrem stern
Kein arm des freundes und kein kuss der braut.
In seinen blicken lesen wir erfreut
Was uns erkannt ist im erhellten traum
Ob ehre oder dunkeln zug gebeut
Sein abgeneigter sein erhobner daum.
Was uns entzückt verherrlicht und befreit
Empfangen wir aus seiner hand zum lehn
Und winkt er: sind wir stark und stolz bereit
Für seinen ruhm in nacht und tod zu gehn.
XV.
Uns die durch viele jahre zum triumfe
Des grossen lebens unsre lieder schufen
Ist es gebühr mit würde auch die dumpfe
Erinnrung an das dunkel vorzurufen...
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Das haupt gebettet folgte noch in stummer
Ergebung alten ehren siegen straussen..
Blumen der frühen heimat nickten draussen
Und luden schaukelnd ein zum langen schlummer
Und jenes lezte schöne bild ist sachte
Zurück gesunken in der winde singen
Kein freund war nahe mehr sie alle gingen
Nur er der niemals wankte blieb und wachte.
Mit der betäubung wein aus seinem sprengel
Die dichten schatten der bedrängnis hindernd
Des endes schwere scheideblicke lindernd -
So stand am lager fest und hoch: der Engel.
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