Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jaargang 41
(1922)– [tijdschrift] Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Ein Fragment vom mittelniederländischen ‘Renout van Montalbaen’ in der Rigaschen Stadtbibliothek.Das aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammende Gedicht ist nur in geringen Resten erhalten. Bekanntlich gelangte Hoffmann von Fallersleben vor nunmehr einem Jahrhundert in den Besitz von 10 Blättern einer Pergamenthandschrift saec. XIV mit insgesamt 2007 Versen (von ursprünglich ca. 20.000). Die bis jetzt massgebliche Ausgabe veranstaltete, freilich auch nur nach Hoffmanns Abschrift, J.C. Matthes, te Groningen 1875. Die Handschriftbruchstücke selbst gelangten aus Hoffmanns Nachlass in die Kgl. Bibliothek zu Berlin (MS. Germ. Fol. 751). Aus dem mnl. Renoutgedicht (jedoch nicht der Hoffmannschen Handschrift) flossen sowohl die mhd. sogenannte Heidelberger Übersetzung ‘Reinolt von Montelban’ vom Ende des 15. Jahrhunderts, wie das niederländische Prosavolksbuch ‘De vier Heemskinderen’ des 16. Jahrhunderts. Die erstere gab Fr. Pfaff 1885 in der ‘Bibliothek des literarischen Vereins zu Stuttgart’ Bd. 174, das letztere J.C. Matthes, Groningen 1872 heraus. ‘Die Heidelberger Übersetzung an sich’, sagt Pfaff, ‘wäre ganz unwichtig, besässen wir den vollständigen Renout. Aber ihn werden wir auf kritischem Wege niemals wiedergewinnen. Dies gewiss sehr beachtenswerte Gedicht bleibt verloren, wenn nicht ein glückliches Geschiek noch eine vollständige Handschrift zutage fördert’. Das ist allerdings noch nicht eingetreten, aber in der Stadtbibliothek zu Riga ist wenigstens ein neues Bruchstück des mnl. Renout aus einer anscheinend noch nicht bekannten Handschrift des XIV. Jahrhunderts aufgetaucht. Stadtbibliothekar Nikolaus Busch, dessen systematischer Untersuchung alter Bucheinbände schon mancher wertvolle Fund zu verdanken ist, entdeckte in | |
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in dem sehr schadhaften Einbande eines Exemplars der ‘Institutiones imperiales’, Lugduni Batavorum 1513 (Jus No 437a) Reste einer deutschen Lukasübersetzung des 15. Jahrhunderts und fand beim Auseinandernehmen des Einbandes auf den in üblicher Weise über den Rücken des Buchkörpers geklebten Pergamentstreifen Fragmente von Versen, deren Zugehörigkeit zum mnl. Renout er feststellte. Wegen Amtsüberlastung überliess er die Veröffentlichung mir. Es handelt sich um 8 Bruchstücke, die zusammengenommen etwa die Hälfte eines Blattes aus einer Pergamenthandschrift saec. XIV bilden. Dazu kommt noch ein ganz kleines Pergamentstückchen. Die 8 Fragmente haben durch Zerschneiden und Verkleisterung stark gelitten, doch liess sich feststellen, dass das Blatt ursprünglich ca. 20-21 cm. hoch und wohl ca. 15 cm. breit war und insgesamt 132 Verse (in 2 Kolumnen auf jeder Seite) enthielt. Die Schrift ist durchgängig schwarz und von einer Hand. Korrekturen kommen nicht vor. Die etwas grösseren Anfangsbuchstaben der Zeilen sind, ohne Trennungslinie, herausgerückt, also nachträglich eingeschrieben; der erste Anfangsbuchstabe der Seite (auch jeder Einzelkolumne?) ist grösser und mehr verziert, als die übrigen. Ein noch grösseres rotes Initial findet sich nur an einer Stelle (V. 7611), ohne aber in unserem Blatt einen Abschnitt zu bezeichnen, ist also mechanische Herübernahme aus einer Vorlage, wo dieser Vers eine neue Seite oder Kolumne einleitete. Der ursprüngliche Inhalt dieses Blattes einer mnl. Renouthandschrift entsprach den Versen 7489-ca. 7620 der von Fr. Pfaff herausgegebenen mhd. Heidelberger Übersetzung und gehörte in die grosse Lücke zwischen Hoffmanns 4. und 5. Bruchstück des mnl. Renout, d.h. entsprechend zwischen V. 2937 uimd 9643 der mhd. Heidelberger Übersetzung, oder auf S. 112 der Mathesschen Ausgabe von den mnl. ‘Heemskinderen’. Aber leider bilden die erhaltelnen Verse alle zusammen etwa nur ein halbes Blatt. Die andere Hälfte mag in irgend einem andren Bucheinbande stecken. | |
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Die Frage nach einem etwaigen Zusammenhang der Rigaschen Fragmente mit den ebenfalls aus Büchereinbänden herausgelösten Hoffmannschen Blättern liegt nahe. Auf eine von Photographien begleitete Aufrage an die Handschriftenabteilung der Berliner Bibliothek erfolgte auch die Antwort, dass die Rigaschen Bruchstücke ‘unzweifelhaft von derselben Hand geschrieben wären’, wie die Hoffmannschen Renoutblätter. Dennoch ist nicht ersichtlich, dass beide Funde ursprünglich einer und derselben Renouthandschrift angehört haben. Die Hoffmannsche Handschrift war von grösserem Format und hatte auf jeder Seite in 2 Kolumnen je 50, also zusammen 100 Verse, und auf jedem Blatt im ganzen 200 Verse, gegenüber den Kolumnen zu 33, der Seite zu 66 und dem Blatt zu 132 Versen des Rigaschen Handschriftbruchstückes. Dieses stammt also aus einer anderen, bisher unbekannten Renouthandschrift - oder aber, man müsste, falls die Identität der beiden Schreiber wirklich erwiesen ist, zu der Annahme greifen, dass in der vollständigen Hoffmannschen Handschrift Pergamentlagen von grösserem und kleinerem Format gewechselt haben. Was den Inhalt der Rigaschen Fragmente betrifft, so fehlen, gemessen an dem von Pfaff edierten mhd. Heidelberger Gedicht, infolge von arger Zerschneidung des Blattes, folgende Renout-Verse vollständig: 7504. 7507-7509. 7515-7518. 7522-32. 7547-7565. 7580-7587. 7596 und 7597, zusammen 48 Verse, ausserdem sind offenbar auch V. 7613-7617 weggeschnitten, während die Reste von V. 7618-7620 gansz unentzifferbar sind, so dass der Gesamtverlust von diesem einen Blatt 56 Zeilen beträgt. Uuverletzt erhalten sind die Verse 7533-7539. 7573-79, und mit Hülfe von Reagenzmitteln liessen sich auch V. 7540-7546 und 7566-7572 grösstenteils entziffern. Alle Zeilen sind in verticaler Richtung durchschnitten. Das sind zusammen 28 ganze Verse (V. 7533-7546. 7566-7579). Ferner sind erhalten: die Versanfänge 7489-7503 (z.T. auch mit ihren Versschlüssen), weiter die Versschlüsse | |
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7505. 7506. 7510-7514. 7519-7521. 7588-7595 und 7598, endlich die Versanfänge 7599-7612 (z.T. auch mit ihren Versschlüssen). Das sind 48 Zeilen, die sich aus den beiden Ableitungen des Renoutgedichtes mehr oder weniger vollständig ergänzen lassen. So ergeben die Rigaschen Fragmente als Ertrag 76 bisher unbekannte Renoutverse. - Das schon erwähnte Pergamentstückchen, das linke untere Eckstück eines Blattes, weist eine ganz andere, grössere Schrift auf, längs deren Anfangsbuchstaben eine schwarze senkrechte Linie lief. Zu lesen ist noch der Versanfang: betr..., und auf der Rückseite der Versschluss:... tuch. Ob aber dieses Blättchen auch zum Renout gehört, und an welche Stelle, vermag ich nicht zu erkennen. Übrigens wechseln auch in den Hoffmannschen Blättern die Hände, und in manchen Blättern sind die Anfangsbuchstaben durch eine senkrechte rote Linie abgetrennt. Meine Aufgabe bestand im buchstabengetreuen Abdruck der in Riga aufgetauchten Renoutfragmente. Die Abkürzungen der Handschrift sind aufgelöst. Fehlende Versteile sind nach Möglichkeit aus den beiden Ableitungen des mnl. Renout ersetzt worden, von denen die sog. Heidelberger Übertragung nach Pfaffs Urteil zwischen sklavischer Übersetzung, Kürzungen und häufigem Missverstehen der Vorlage wechselt, während das nl. Volksbuch sich eng an seine Quelle anschliesst und ihre getreueste, freilich in Prosa aufgelöste Überlieferung ist. Für die Rigaschen Fragmente trifft diese Feststellung allerdings nicht durchgängig zu. Ergänzungen aus der mhd. Übersetzung stehen in dem folgenden Abdruck zwischen eckigen Klammern [], Ergänzungen aus dem nl. Prosavolksbuch in gebrochenen Klammern < >. Diese Einsätze wollen natürlich keine wirkliche Wiederherstellung der Textlücken sein, sondern nur den Zusammenhang verdeutlichen; erstere ist Sache der Germanisten. - Trotz Anwendung von Reagenz waren manche Buchstaben garnicht, andere nicht mit Sicherheit zu entziffern. Punkte und Fragezeichen zeigen das an. Die Versziffern entstammen der Pfaffschen Ausgabe der Heidelberger | |
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Übertragung. Die einzelnen Rigaschen Fragmente (Fr.) sind von 1-8 durchnummeriert; r. bedeutet recto, v. - verso; die senkrechten Durchschneidungen der Bruchstücke sind durch senkrechte Striche ❘ gekennzeichnet, ausser in den ergänzten Versen. 7489.[regelnummer]
Ga naar margenoot+DieGa naar voetnoot1) coninc y[ve der det]
7490.[regelnummer]
Ga naar margenoot+doe ten tiden [alle gar mit]
sijn arnase [zu hauff bereyden]
te reinoude [zu thun ein bose geleyde]
aldusGa naar voetnoot2) voer yv[e die weg die da lagen]
te montal[bane geslagen]
7495.[regelnummer]
als yue doe v[ernam]
dat hi te mo[ntalbane kam]
dar hi vinden [wande Reinolt]
met sinen bro<eders> [vil balde]
also seget on[s und dut die hystorie kunt]
7500.[regelnummer]
Ga naar margenoot+alse hire qu[am...]et
hi was ghev[aren jagen] <Reinout>
te bordeus <in't wout>
dar haddi g[elegen mit kra]chte
7504 fehlt.
7505.[regelnummer]
Ga naar margenoot+[und hat der tegen zu den stu]nde
[dry geise gefangen mit funffzehen hun]de
7507. 7508. 7509 fehlen.
7510.[regelnummer]
Ga naar margenoot+<buiten't foreest> sonder pine
[und als die he]re vernamen
<als sij buiten 't foree>ste quamen
<sagen sij een> tekin smal
<Reinout liet sijn hooft hangen>.. al
7515. 7516. 7517. 7518 fehlen.
7519.[regelnummer]
Ga naar margenoot+<Reinout dat u God...>. e pardo...
7520.[regelnummer]
<waerom sijdij> dus droeuel...
<segt mij Reinout br>oeder mijn
7522-7532 fehlen.
7533.[regelnummer]
Ga naar margenoot+die so❘nne heuet v thouet dorscenen
ic ho❘pe an ihesus van nazarenen
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7535.[regelnummer]
vardi in uwen casteel bi gode
ende gh❘i eten moest van ven brode
ende dri❘nken van den claren wine
ende g❘hi daer al sonder pine
uwe ❘ werlet moest driuen stiue
7540.[regelnummer]
Ga naar margenoot+met ❘ ven joncvrouwen met ven wiue
ic h❘ope an gode ghi soud al
var❘inghe(?) verwinden die mesual
wi ri❘den ock in desen reghen
spra❘c adelard die deghen
7545.[regelnummer]
die h❘alse van onsen perden sijn nat
so r❘ide wi be... hi.....
7547-7565 fehlen.
7566.[regelnummer]
Ga naar margenoot+een... sijn rider van binnen ge❘sien
die een ors met hasten be❘screet
ende vtward ieghen sinen ❘ here reet.
doe sprac die rider openb❘are
7570.[regelnummer]
R here hebt ghenen vare❘
hire is cortelike(?) vernomen❘
v. sueer is hi(?).. v... ga....❘.. gecomen
7573.[regelnummer]
Ga naar margenoot+doe sprac sijn broeder adelard❘
die coenre was dan 1 lieb❘ard
7575.[regelnummer]
te goeder tijd voeren wi❘
jaghen om dit venison se❘idi.
wi wilre mede ontfaen ven ❘ here
ende doen hen der mede groet ❘ ere
aldus voeren si, dat si vernamen
7580-7587 fehlen.
7588.[regelnummer]
Ga naar margenoot+[beyde heuwe, wicken und kore]n
[Reinolt ging, das] hi vernam
7590.[regelnummer]
[in den sal das er]...... quam
[da hat er in kurzen]. stonden
[Yven sinen sweher herren fo]nden.
[da sprach der tegen f]rome
[Got und mir] <weest wille> come
7595.[regelnummer]
[lieber sweher here mit uwern] barone
<Reinout, ik hebbe u seer wel van doen>e(?)
[das ist mir lieb, sprach Reinolt]
[der grave edel und st]out(?)
7599.[regelnummer]
Ga naar margenoot+had <gij mij ontboden>. wen houe
7600.[regelnummer]
met [eim knecht, ich we]re met loue
met [..... grosser z]ale dan
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met [funffzehundert mijner man]
sijn [sweher here] <antwoorde> [und log]
tro<uwen, Reinout, dat betrouwe ik> [gnug]
7605.[regelnummer]
mae<r daer en is geen bootschap> [so gut]
7606.[regelnummer]
Ga naar margenoot+alse <een man selver doet>
vw <er peisGa naar voetnoot1) hebbe ik gedaen>
ieg[en dem konig lobesan]
7609.[regelnummer]
Ga naar margenoot+dit ❘ heuet hi ghed❘...
7610.[regelnummer]
ende ❘ heuet v ghegev❘...
A❘lseGa naar voetnoot2) R dit verst[ont]
hem verhoghet <'t hert> [und mut]
7613-7617 fehlen. Die auf Fr. 5 v. stehenden Reste von 7618-7620 sind total unleserlich, ausser aus V. 7618 das Wort: [m]ochte.
Riga. leonid arbusow. |
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