Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jaargang 5
(1885)– [tijdschrift] Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Fraai.Der artikel über fraai in dieser zeitschrift 4,227 ff. hat mir durch des verfassers güte bereits vorgelegen, als ich den buchstaben F für mein etymologisches wörterbuch ausarbeitete. Was ich darin über fraai sage, zeigt dass Verdam mich nicht überzeugt hat; im gegenteil machte ich ihm brieflich eine reihe von bedenken gegen seine auffassung und gründe für die meine geltend. Ich widerhole dieselben hier in der hoffnung dass ich von anderer seite eher zustimmung als von Verdam finde, und fühle mich um so mehr dazu veranlasst, als meine einwände zum teil die ganze methode der Verdamschen etymologie betreffen. Ein so wichtiges wort ist schon wert dass von verschiedenen standpuncten aus über dasselbe gehandelt wird. Verdams beweisführung ist in kurzen zügen folgende. Früher hielt man fraai für identisch mit dem im Mnl. häufigen vrai, oft auch frai geschrieben [gesprochen mit âi], ‘waar, oprecht, betrouwbaar,’ welches dem franz. vrai entlehnt ist. Aber die richtige etymologie hat im anschluss an Kern (T.- en Letterbode 6,205) von altnd. frâ alts. frâh ‘froh’ auszugehen; â steht dialectisch für ô, das j in fraai dient zur vertretung des w des ursprünglichen stammes (frawo-) von froh; andere germ. sprachen bieten beispiele dass j und w wechseln (wie engl. cow: nl. koeien). Dass fraai wirklich = frôi ist beweist die mnl. nebenform froy, die an zwei stellen von Hildegaersberch für fray stehen soll. Was die bedeutung betrifft, so hat schon Grimm DWB 41,222 auf den möglichen zusammenhang von deutsch froh mit nl. fraai hingewiesen. Und in der tat: die erste bedeutung von fraai in Mnl. ist ‘het gevoel van iemand, die levendig, levenslustig, flink, opgewekt is ten gevolge van het besef van lichamelijke kracht;’ aus dieser, entwickeln sich die bedeutungen ‘uitgelaten, dartel,’ ferner ‘welbehagen hebbende, met zich zelven ingenomen, pedant, fatterig, pronkerig, zich opschikkende’, dann ‘schoon, prachtig, netjes.’ Unzweifelhaft hat das franz. vrai einfluss geübt auf die bedeutungen von fraai; | |
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auch gibt es noch ein drittes wort, welches einfluss gehabt haben kann, nämlich das franz. frais ‘frisch.’ Ein synonymon von fraai ist mooi, welches, vom stamme von mogen kommend, eigentlich bedeutet ‘hij die gevoelt dat hij mag, d.i. kracht bezit’, im Mnl. ‘vol zelfgevoel, dartel, pronkerig, fatterig.’ Auch die verba verfrayen und verfroyen kommen neben einander vor. Man sieht dass verfrayen ein wort aus dem spätern mittelalter ist; das älteste beispiel ist aus Hildegaersberch. Ich glaube kaum dass sich gegen die möglichkeit der hier vorgelegten bedeutungsentwickelung etwas einwenden lassen wird; unzweifelhaft kann man von dem begriff ‘froh, lustig, lebenslustig’ leicht zu den oben mitgeteilten kommen, um so leichter, wenn man die bedeutungen des altn., wie es scheint mit froh identischen, frár hinzuzicht. Um so mehr aber habe ich vom standpuncte der lautentwickelung und der sprachgeschichte einzuwenden. Das im Heliand vorkommende fraha (nomin. plur.) frâ in dem stück ‘Allerheiligen’ (Müllenhoff und Scherer, Denkmäler no 70), ist uns in seinem verhältnis zu froh keineswegs ganz klar; parallel hat aber der Heliand auch fraho ‘herr’ = got. frauja. Ob das a aus dem a des stammes frawo-, oder aus au entstanden ist, wissen wir nicht genau; das letztere ist nicht unmöglich, wenn wir die sonstigen nd. â statt ô (aus au) zb. in kâp ‘kauf,’ brâd ‘brod,’ âst ‘orientalis,’ beachten wie sie in der Freckenhorster Heberolle, im Niederd. Glauben (Müllenh. Scherer Denkm., Kern T.- en Letterbode 6,199 ff), in ‘Allerheiligen’ vorkommen; vgl. ferner Kern a.a.o., Heinzel Gesch. der Niederfränk. Geschâftssprache ss. 25.26. 110. 183. Tümpel, Beiträge von Paul und Braune 7,61. Ja unter dem einfluss des r wäre bei frâ selbst entstehung des â aus ô denkbar, wie im Mnd. hâren für horen begegnet.Ga naar voetnoot1) Jedesfalls ist der übergang von au (oder | |
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ô aus au) zu â ein ganz beschränkter, nur auf kleineren gebieten des Nd. zu hause, im Nl. selbst ist er unbekannt und könnte nur in vereinzelten wörtern, importiert sein. Damit wären wir aber noch lange nicht zu der form frâi gelangt, denn vrô mit der ganzen sippe hat im Nl. ein v kein ƒ, und kein i hinten. Im Fläm., Brab. und Holl. lauten die sehr häufigen wörter stets vro, vroude (aus frawida), vrouwen, vrôien (aus frawjan), und in germ. wörtern kann fr absolut nicht für vr, überhaupt ƒ nicht für v eintreten, es sei denn, dass sie - was bei fraai nicht denkbar ist - onomatopoietisch aufgefasst werden, d.h. dass das sprachgefühl einen bestimmten klang der laute als wesentlich für die bedeutung erachtet (wie etwa in frommelen; vgl. mein Etymol. woordenb. unter fakkel), oder aber es sei, dass sie entlehnt sind, wie frisch, dessen nl. form versch lautet. Was dann Verdam zur erklärung des j oder i beibringt genügt nicht im mindesten; ‘es dient zur wiedergabe des ursprünglichen schlussconsonanten des stammes’. Der st. ist frawo-, mit verlust des o frau, welches hd. zu frô nl. zu vrô wird; im genit. frawes (ahd.), was mnl. *vrouwes wäre, aber durch ausgleich beseitigt ist. Vrô enthält also in seinem ô schon das w. In engl. cow ist gar kein w enthalten; ow ist graphisches zeichen für den laut au, der aus ags û (kû ‘kuh’) entstanden ist; nl. koejen geht auf kôj- zurückGa naar voetnoot1). Ebensowenig wie cow ein w hat, hat nhd. früh ein h; das wort lautet frü̂ aus mhd. früeje mit schwund des j. Ein wirklicher übergang von w in h oder j wird | |
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sich schwerlich aus irgend einem gebiete des Germ. nachweisen lassen, sicher nicht aus dem Nl.-Nd. Um lautübergänge zu constatieren ist es nötig, viel schärfer zeiten, gegenden und vor allem schreibung und laut aus einander zu halten, als es hier bei dem versuche geschieht, frâj aus fraw zu rechtfertigen. Man muss eine klare vorstellung gewinnen von dem lautlichen vorgang an sich, von seiner geschichte und den grenzen seiner wirkung und darf nicht nach äusserlichen anzeichen, dem zusammentreffen von ein paar geschriebenen buchstaben, urteilen. In der tat hat nl. frâi mit nl. vrô lautlich nichts gemein als das r, alle übrigen elemente sind verschieden. Es liegt eine weite kluft zwischen beiden adjectiven; selbst wenn sie einmal identisch gewesen wären, dürften sie nicht als zweige betrachtet werden, die aus demselben stamme neben einander aufgewachsen sind, d.h. sie sind im Nl. jedesfalls ganz verschiedene wörter, die von ihrer verwantschaft - dieselbe einmal angenommen - kaum eine ahnung haben. Verdam behandelt sie ja auch der bedeut. wegen als ganz verschieden; er sagt ‘die erste bedeutung von fraai im Mnl. ist das gefühl von jemand der lebenslustig ist’; das wort ist ihm also nicht einfach das in der ganzen mnl zeit lebendige vrô ‘fröhlich’. Nun ist allerdings theoretisch nicht in abrede zu stellen dass vrô ein j entwickelen könne. Ein alter stamm fraw-jo- neben frawo- ist freilich nicht nachgewiesen; aber auf die für koeien angedeutete weise könnte vrô-e zu vrôje und daraus ein nomin. vrôi abgeleitet werden; ausserdem ist einfluss des verbums vrôjen ‘erfreuen’ denkbar, einer form die mnl. geläufig ist neben vrouwen in regelrechter lautentwickelung. Das mit -jan von fraw- abgeleitete vb. hat aber in der tat w und j: 1. p. frauju wird vrôje, die 3. etwa frauidh wird vrouwet, das gibt infin, vrôjen und vrouwen, wie mnl. dôjen und douwen (Mnl. gr. § 327). Ob mnl. vrôi wirklich vorkommt, weiss ich nicht; die schreibung vroi, vroy an sich beweist das nicht, da, oi, oy ganz geläufige zeichen für den laut ô sind. In den beiden stellen aus Hildeg., die Verdam bespricht, und wo die aussprache frôi | |
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(d.h. mit ô + i) durch den reim auf moy, welches unseres wissens nie *mô gesprochen wurde, gesichert ist, könnte man, was die bedeutung betrifft, allenfalls wol an die gewöhnliche von vrô anknüpfen, wahrscheinlicher jedoch hat man sich an die von fraei zu schliessen. Man kommt nicht so leicht von der doch jedesfalls als die gangbare bezeugten form frâi auf frôi. Es liesse sich an volksetymologischen einfluss von vrô denken; das wäre ei. der sehr wenigen spuren von der berührung beider wörter im sprachbewustsein. Oder ist an lautlichen übergang von â in ô vermittelt durch die dialectische aussprache des â als âo zu erinnern? Zu beachten ist jedesfalls dass ein reim bei einem mann wie Hildeg. noch nicht viel für volkstümliche aussprache beweist. Es ist mir ausserdem nur ein beleg bekannt aus dem citat bei Oudemans, nämlich Huygens Korenbl. I, 582 Ick beefden, ick bekent, moôr nou ben ik weer froy, in einem text der durchaus ô für â hat. Weiter kommen im späteren Mnl. verfrâien und verfrôien als synonyma vor; man sehe die beispiele bei Verdam. Wenn frôi für fraei bestand, so ist natürlich auch verfrôien für verfraien möglich. Ausserdem berühren sich aber vervrójen ‘erfreuen’, (von vrô) welches natürlich in späteren zeiten unter deutschem einfluss, also auch bei Hildeg., mit ƒ geschrieben werden konnte, und verfraien ‘erquicken, ergötzen’ (darüber sogleich) so wie so; Hildeg. 62, 75 steht in der 'tat vervrout als variante von verfrayt. Grade aus dieser berührung der beiden verba würde sich auch frôi für frâi sehr wol begreifen. Also den eintritt von j in vrô müssen wir als müglich gelten lassen. Theoretisch ist dann weiter nicht in abrede zu stellen dass aus Westfalen, oder vom Niederrhein, d.h. irgendwoher, wo man â für ô aus au sprach, in den späteren zeiten des mittelalters ein wort ins Nl. eindringen konnte. Dann müste es sich zuerst in der östlichen sprache zeigen. Ausserdem könnte von Friesland, wo â für au gilt, eine form mit â sich an der küste entlang verbreitet haben; dann dürfte das lehnwort sich wohl auch zunächst auf anderen nl. gebieten, als grade den | |
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nördlichen und östlichen zeigen. Fries. frâ ‘froh’ ist allerdings nicht belegt. Unter diesen starken einschränkungen wäre identität von fraai mit vrô denkbar. Es fragt sich nun erstens, ob die sprachgeschichte die gemachten voraussetzungen bestätigt, zweitens ob wir überhaupt genötigt sind sie gelten zu lassen, ob wir uns zwingen lassen auf ein ausserniederländisches wort als etymon zu recurrieren, welches tatsächlich nirgends belegt ist; fraai ist ganz specifisch nl., kein schriftdenkmal, kein lebender dialect weist es ausserhalb auf. Wir sehen ab von mnl. vraei, fraei soweit es sicher auf franz. vrai zurückgeht; ausser den bedeutungen ‘wahr, wahrhaft, aufrichtig, wie es sich gehört’ können wir noch die nüaneen ‘angemessen, gefällig’ hierhin rechnen. Die ältesten belege für das adj. in bedeutungen, die sich nicht wol hieraus begreifen, stammen aus flâm. und brab. gedichten. Der erste ist Lorr. II 582 elc sperc..... scoet gelijct in enen woude vray ende groene hadde gestaen, also in der bedeutung ‘frisch’ und in einer schreibung, die den einfluss von vray = franz. vrai verrät; daran schliessen sich die bedeutungen ‘levenslustig, opgewekt’ und weiter ‘pronkerig, zich opschikkende, zelfbehagen hebbende’. Verdam gibt die möglichkeit eines einflusses von franz. frais zu. Dieses muste, wenn das s nicht mehr gesprochen wurde, nl. frâi werden, wie vrai zu vrâi, frâi geworden war. Aber warum denn nur so zweifelnd einen einfluss zugeben, warum denn nicht direct sagen dass fläm., brab., holl. frâi ‘frisch, opgewekt, levenslustig’ in der tat fra. frais ‘frisch’ ist? Was steht dem entgegen? Die verbindung frâi ende gezond (fr. ende ongekwetst, fr. ende ghenesen) ist altfläm. lebendig (s. De Bo s.v.) und noch von Kilian bezeugt, wie hd. frisch und gesund; im fläm. ist fraai auffordernde partikel. Die bis jetzt von mir zur geltung gebrachten bedeutungen schliessen sich aufs engste an diesen grundbegriff; die zahlreichen weiteren erklären sich - das wird jeder zugeben - aus ihnen mindestens ebenso gut, als aus ‘froh, fröhlich’, selbst wenn wir auf grund von altnord. | |
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frár noch ‘schnell, flink’ hinzunehmen dürften. Verdam hat die bedeutungen von fraai und der dialect. nebenform frei zusammengestellt; man füge hinzu die nwestfläm., die deutlich zum teil an die von vraei = frnz. vrai anschliessen ‘deugdzaam, zachtmoedig, zoetaardig, gehoorzaam; neerstig, geweldig’. De Bo sagt dass der sinn von mooi, bevallig für fraai in Westflandern nicht gekannt ist; er scheint sich also wesentlich auf brab., oder holl. boden eingestellt zu haben. Wir können unsere etymologie aber noch directer stützen durch die entwickelung des aus dem Deutschen entlehnten frisch selbst. De Bo gibt für fritsch die bedeutung ‘jeugdig en gezond’, Oudemans belegt fresschelijc ‘krachtig, vlug, vaardig’, frisch ‘moedig, dapper, lustig, jeugdig, jong, krachtig, vlug, vaardig, lustig, vroolijk (lustelick ende vrisch te moede M. Loop 1,832), schoon (si hadden enen frisschen jonghen zoon M. Loop 3,844; syn gadelike paerde.... syn fressche harnassche v. Vloten Proza s. 154), frisschelijc ‘net, schoon’ (ende men pareertse ende kleetse seer frisschelijc Mandeville cap. 10); der Teuthonista verweist bei vrisch auf abel und hier finden wir als synonyma abel, hupsch, moy, schoen, suverlick, weydelyck, vrisch, ghedelijc (gedelijc und vrisch neben einander, wie in der oben angeführten stelle aus v.Vl. Proza), Kilian übersetzt vrisch u.a. mit vividus, vegetus, alacer, ornatus, pulcher und Woeste Westfäl. Wörterb. gibt für frisk, friss die bedeutungen 1. ‘frisch’ 2. ‘schòn’. Also fraai und frisch sind vollständige synonyma; allenfalls die bedeut. ‘pronkerig, fatterig’ ist bei frisch zu vermissen, die aber selbstverständlich nicht im mindesten für die abkunft des wortes fraai von vrô sprechen kann. Und wenn Verdam seine hypothese durch die enge beziehung von fraai zu mooi stützen will, so kann man entgegen halten dass auch frisch mit mooi aufs engste verbunden wird; Penon Bijdragen 3, 11 citiert aus einem Rhetorikerwerk veel cronycken ook maectmer mooy en fris me. Haben wir für fraai den richtigen ausgangspunct gefunden, so muss die bedeutung des verbums verfraeien zunächst ‘erfrischen, erquicken’ sein. Und wirklich ist ‘erquicken’ die rich- | |
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tigste übersetzung an den allermeisten stellen, an denen das wort vorkommt; der wein, die minne, gottes huld, der sommer nach dem langweiligen winter sind vornehmlich die dinge, die verfraeien. Mit einer leisen nüance wendet sich die bedeutung nach ‘aufheitern’ hinüber und hier lag eben der berührungspunct mit verurôjen; Kilian übersetzt ausser mit ‘venustare, ornare’ mit ‘recreare, exhilarare, ɛύφραlνɛiν, laetificare, delectare’. In folge der berührung bekam dann auch verfroyen die bedeutungsnüance von ‘erquicken’, wie bei Hildeg. No. 62. als die winter hene vaert
entie somer comt an lant
so slyter menich sorghen bant,
opten velde ende inde wont
so verfroyt hijt over al.
Recht schön stellt sich dazu die eine stelle beim selben dichter, welche das adj. froy enthält (98, 70 ff.) Dan (in der jugend) sietmen den mensche baren
fresschelijc in sinen doen.
wel gelijct hij der maent groen,
in hem selven so wert hi soe froy
dat hem nyemant en dunct so moy
van gherechter behaghelheden.
Meiner etymologie gemäss ist es also kein zufall dass sich fresch und froy an dieser stelle so nahe berühren. Sprachgeschichtlich ganz interessant ist, dass frais im Franz. selbst auch nicht annähernd eine ähnliche entwiekelunrgsfähigkeit verraten hat; ob sie vielleicht in den dem Nl. benachbarten dialecten etwas mehr zu tage getreten ist, als in der schriftsprache, weiss ich nicht zu sagen. Wir dürften uns wol nicht ohne berechtigung darauf berufen dass die berührung von vrâi= vrai und frâi = frais so fruchtbringend gewirkt habe; das zusammentreffen von bedeutungen wie ‘wahr, ächt‘ und ‘frisch’ nebst den zunächst daraus entwickelten konnte eine, menge von nüancen erzeugen. Nötig haben wir aber die berufung nicht, | |
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da wir das synonyme lehnwort frisch fast genan dieselben wege gehen sehen, auch ohne dass das Deutsche selbst gleichen schritt hält. Also die bedingungen unter denen wir erklärten fraai allenfalls für eine aus Deutschland oder Friesland eingedrungene nebenform von vrô halten zu können, sind nicht erfüllt. Es ist keineswegs eine wanderung des wortes von osten her zu verspüren: der Teuthonista hat es nicht verzeichnet, die ältesten spuren treffen wir im westen. Mit der annahme dass es etwa ein die küsten entlang gewanderter fries. eindringling sein könnte, stimmen die bedeutungen schlecht, denn ‘frisch’ ist entschieden die, von der die entwickelung ausgeht, nicht ‘froh’, welche bedeutung für das fries. wort zu erwarten wäre. Anderseits haben wir die voraussetzungsvolle hypothese nicht nötig, indem wir mit meiner erklärung aufs beste allen bekannten tatsachen gerecht werden. Mir scheint hiermit die ganze geschichte des nl. wortes fraai genügend aufgeklärt, mir scheint selbst das zugeständnis überflüssig, es könnte neben den anderen momenten ein mit vrô im ursprung identisches, aus dem osten oder norden eingedrungenes frâ oder frâi von einfluss gewesen sein. Jedesfalls dürfte man erst einen einigermassen sichereren nachweis für die existenz dieses wortes, sei es in der ursprünglichen heimat, sei es bereits auf nl. boden erwarten, als er bis jetzt gegeben ist, und ich halte mich nach wie vor berechtigt zu den worten mit denen ich im Etymolog. woordenb. den artikel fraai beschlossen habe, ‘dass wir weder von seiten der form, noch der bedeutung anlass finden das nl. adj. fraai mit on. frár oder mit os. frâ ohd. fró mnl. vró in verbindung zu bringen.’
Bonn, August 1885. johannes franck. |
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