Grammatika.
Die Grammatik soll auch besonders gelehrt werden. Und da ist also die Frage, wie das, was besonders gelehrt werden soll, in den Gesamtunterricht sich einschlieszen läszt, und wie das, was wir längst als falsch und schädlich erkannt haben, richtig und unschädlich, soweit als möglich gemacht werden kann. Grammatik darf natürlich nicht als Lehre vom richtigen Sprechen getrieben werden. Sie kann getrieben werden als Selbstbeobachtung. Vieles ist ja gleich in der Landschafts- und Altersmundart des Schülers und in der Schriftsprache Die Deklination, die Konjugation: das gibt es ja alles in beiden Sprachen. Also das läszt sich in beiden Sprachen, und am besten in der dem Schüler bekanntesten, beobachten. Und immer am lebendigen Sprechen. Das sich der Schüler bewuszt wird, wenn er etwa ‘du gehst’ sagt, was er da mit dem ‘du’, mit dem ‘geh’, mit dem ‘st’ ausdrückt. Welches Sinnes Ausdruck die Elemente der Sprache sind. Das ist das Wirkliche an der Grammatik. Aber das brauchte man nicht Grammatik zu nennen. Das kann auch nie eine Lehre sein. Das ist ein lebendiges Forschen.... Wichtig beim grammatischen Unterricht ist, dasz überall die flieszenden Grenzen bleiben. Dasz kein Wort auf irgend eine Wortklasse festgelegt wird. Dasz durch kein System das Leben der Sprache gehemmt wird: weder das Leben der Sprache selbst im Schüler, noch die Möglichkeit und Lust, das Leben der Sprache zu beobachten.
Rudolf Pannwitz: Der Volksschullehrer und die deutsche Sprache (1907), blz. 133.