Wenn an dieser Zweiteilung der Arbeit festgehalten wird, kann allein die Volkskunde sich zur Wissenschaft entwickeln, und auf dem Wege zu dieser Entwickelung befindet sie sich zur Zeit. Freilich liegt jetzt noch die Hauptaufgabe im gewissenhaften Sammeln, denn vieles von dem, was man früher aufgezeichnet hat, ist nicht zuverlässig und bedarf vielfach der Ergänzung. Durch die Menge der Mitglieder mehrt sich der Stoff, duch die lokale Begrenzung des Gebietes aber ist eine strengere Kontrolle viel leichter möglich. Es muss ferner auch nach anderer Richtung hin viel mehr gesammelt werden, als bisher geschehen ist. Das Volksleben ist wie alles andere Leben ein historisches Produkt: fast in jedem Jahrhundert hat sich die Volksseele verändert. Die wissenschaftliche Volkskunde hat deshalb eine historische Betrachtung der Volksseele zu verlangen. Zu dieser ist aber das Studium älterer Äufzeichnungen über Aufserungen des Volkes unbedingt nötig; wir müssen diese Zeugnisse sammeln von den ältesten Nachrichten der Römer bis in unsere Zeit. Die Vielseitigkeit der Quellen erschwert freilich die Arbeit, aber sie muss gethan werden, so wenig auch in dieser Richtung bisher geschehen ist. Erst wenn diese Arbeit vollendet ist, wird sich ein wahres Bild von dem Charakter unseres Volkes geben lassen, erst dann wird es sich zeigen, was des Deutse seit uralter Zeit besessen, was er von aussen aufgenommen, wie er dies verarbeitet hat, ferner was im Laufe der Zeit neu entstanden ist und welche wirtschaftlichen oder sozialen Zustände dies bedingt haben.
Es ist in jüngster Zeit wiederholt die Forderung gestellt und der Versuch gemacht worden, die Volkskunde in den Dienst der Schule zu stellen. Sie eröffnet, richtig angefasst, dem Schüler Auge und Ohr für alles, was um ihn her vorgeht, mehr als jeder andere Zweig historisch-philologischer Arbeit. Sie rüttelt ihn auf, dass er nicht gedankenlos durch die Heimat wandert, und lehrt ihn, wie aus dem Leben und Worten seiner Umgebung ein Stück Kulturgeschichte, aus den Spielen und Liedern der eigenen Jugend eine Seite des Gemütslebens unseres Volkes spricht. Erreicht sie auch nur dieses, so kann sich schon die Volkskunde eines praktischen Erfolges rühmen, und mancher wird dankbaren Herzens ausrufen wie jener Freiburger Student: ‘Uns sind jetzt erst die Augen geöffnet über unsere Heimat, über unser Volk und unser eigenes Leben!’
Die Beschäftigung mit dem Leben und Treiben, mit dem Dichten und Denken, mit dem Glauben und Hoffen unseres Volkes im Wandel der Zeiten ist wahrlich des Schweifses der Edelsten der Nation wert.
Citaten uit Eugen Mogk,
Neue Jahrbücher für das Klassische Altertum Geschichte und Deutsche Litteratur und für Pädagogik.
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Blz. 264, noot, r. 3: worden opgenomen; lees: vooral worden nagespoord.