weilen erinnert an einzelne Wände gewisser römischer Villen, an denen der
Hintergrund einer rohen Cementmasse zahlreiche eingemauerte antike Bruckstücke der verschiedensten Zeiten, der verschiedensten Stilarten, des verschiedensten Werthes zu dem seltsamsten Quodlibet vereinigt.
Ist in dieser unorganischen Mischung der Einfluss theils der täglich vernommenen Umgangssprache, theils einer verwirrenden Mannichfaltigkeit der Studien leicht zu erkennen, so scheint doch der Hauptgrund für dieses allzu bunte Colorit der Sprache mit einer wesentlichen Eigenthümlichkeit der Rhetorik jener Zeit noch genauer zusammenzuhängen. Diese Rhetorik lässt in der That zuweilen errathen, dass sie ihren Ehrgeiz so weit trieb, nach einer Alleinherrschaft im Gebiete der redenden Künste zu streben. Sie hatte nicht übel Lust, sich selbst als die redende Kunst an sich auszurufen, und die Poesie, ihre ältere Schwester, gänzlich zu verdrängen. Die seit Hadrian wieder schüchtern aufgelebte griechische Dichtung führte daher ein sehr obscures Leben im Schatten der grossmächtigen Rhetorik, die ihr alles Licht der Ruhmessonne vorweg nahm. Wir hören, dass die Zeit der Dichtung in gebundener Rede überhaupt abhold war; wo die Rhetoren einmal auf Dichter zu reden kommen, geschieht es meist mit dem Ausdrucke offener Verachtung oder eines höhnischen Wohlwollens. Zwar waren manche Sophisten selber auch als Dichter thätig: aber diese poetischen Versuche mögen kaum etwas anderes als Vorstudien oder gelegentliche Beiwerke zur Rhetorik gewesen sein. So studirte man ja auch, zum Zwecke der Vorbereitung auf den Rhctorenberuf, die Meisterwerke alter Dichtung, vornehmlich die Tragödie, der man die Erhabenheit und den grossen Klang der Rede abzulernen suchte. Man hatte aber um so mehr Grund, die antiken Dichter mit genauerem Fleisse, als zur Entlehnung einiger poetischer Blumen erforderlich war, zu studiren, da ganz ernstlich die Absicht bestand, die Poesie in das Gebiet der Rhetorik hinüber zu ziehen. Man mnsste ja, um der Wirkung der Poesie gleichzukommen, sich zunächst ihrer Mittel
bemächtigen; und so machte man sich eine eigne ‘poetische Prosa’ zurecht; jenes wunderliche Wesen, welches wie der Vogel Stranss mit dem herrlichsten Gefieder doch nur laufen und stolpern und flattern kann, ohne die schwerfällige Gestalt je in freiem Fluge aufschwingend zu erheben. Man kennt die Misstände des Missbrauchs poëtischer Mittel in der Prosa: die Ueppigkeit des, in billigem, unächtem Flitter, mit geschminkten Wangen sich spreizenden ‘schönen Stils’, und Hand in Hand damit die gänzliche Abdorrung der gewöhnlichen Hausprosa; die aus der Gewohnheit des gesteigerten Ausdrucks nothwendig erfolgende Phrasenhaftigkeit der ganzen Litteratur; die erschrecklich schnelle Abnutzung des massenhaft verbrauchten poetischen Gutes, welches, nicht als Würze sondern als Speise verwendet, für ein zarteres Gefühl sehr bald, nach kurzem Reize, bis zum Ekel abstossend wirkt; das hierdurch wiederum veranlasste Wettbemühen der Schriftsteller um immer andere und frische Reizmittel, die endlich nur noch in dem ganz Verdrehten und Sinnlosen gefunden werden können; die völlige Abstump-