Westdeutschland - Niederländischlehrer gesucht!
Sprachbedarf und Interesse bilden ein komplexes Gebiet, über das eine kleine Umfrage der Vereinigung deutscher Schul - Niederlandisten (Sitz, Bad Godesberg, F. Ebertstr. 63) jedoch aufschlußreiche Auskunft gibt. Diese Vereinigung schrieb eine Reihe Realschulen an, von denen etwa 35 reagierten. Im folgenden nun die Anschriften der Schulen, an denen sich Interesse resp. Interessenten für die niederländische Sprache und Kultur befinden, die auch Unterrichtsmaterial (Bücher, Platten, Dias usw.) über Benelux begrüssen würden:
Realschule Moers, Herr Neckelmann; Realschule Bottrop, Herr Kausträter; Heuss-Realschule, 4133 Neukirchen-Vluyn; St. Benedikt-Realschule, Kornelimünster, die Lehrkräfte Reuter, Feja, Bousack; Realschule Kerpen, Dir. Quodbach; Realschule Dorsten/W., Frau Baumeister, Frau Dalhoff; Realschule Coesfeld; Realschule Geldern; Kollwitz-Realschule, Emsdetten; Realschule Bockum-Hövel, Dir. Müller, Herr Mund, Herr Kiese; Realschule Kleve; Realschule Kaldenkirchen; Realschulen f. Jungen und Mädchen, Oberhausen, Dir. Tittmann, Goebenstraße; W. Lehmbruck-Realschule, Duisburg; Realschule Rees, Dir. Tasch; Realschule Süchteln; Realschule Jülich, Dir. Sparla; Realschule, Dir. Latzel; Realschule Billerbeck/W., Dir. Westphal; Realschule Wegberg 5144; Realschule Neuß, Dir. Mertens, Herren Bergner und Grosser; Realschule Linnich, Dir. Mohnen; Realschule Köln-Ehrenfeld, Dir. Meis; Realschule Gangelt/Selfkant, Frau Bettray; Realschule Viersen; Fürstenbergschule Rheine/W.
Einige Schulen (Klee, Kaldenkirchen, Süchteln u.a.) geben seit Jahren bereits Niederländisch, andere warten noch immer auf eine Fachlehrkraft dafür. Interessierte ausländische Lehrkräfte, die vom Kultusministerium in Düsseldorf gesucht werden, sollten zumindest in 1-2 weiteren Fächern einsetzbar sein, da ein Einsatz in Niederländisch allein z.Zt. noch schwierig ist. Die Schulen in Oberhausen, Duisburg und Rees suchen seit langem, eine Lehrkraft, und auch anderswo ist Bedarf. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es neben den rund 500 Realschulen weitere 600 Gymnasien, - ohne die Hauptschulen, die ebenfalls eine Pflichtfremdsprache bieten und dabei laut Auskunft der Kultusministerkonferenz auch die (niederländische) Nachbarsprache berücksichtigen können. Schulen und Schulträger, Eltern und Schülerschaft wären freilich über das Niederländisch noch eingehender zu informieren. Auch der überraschende Erfolg des Radiokurses Nederlands (2. Auflage vergriffen!) beweist das deutsche Interesse.
Im Grenzraum zwischen Aachen und Emden, dessen Grenzen großzügig zu ziehen wären angesichts der enormen niederländischen Vorleistung, soltte sich jede Bedarfserhebung erübrigen, ebenso in den Touristen- oder Partnerschaftsorten. Folgende konkreten Möglichkeiten könnten den Niederländischunterricht und damit die Beziehungen zwischen Niederländern, Flamen und Deutschen entscheidend verbessern:
1. Kluxen-Plan: Binationale Grenzraumschulen (analog deutsch-franz. Gymnasien) vom Kindergarten bis zum Abitur bzw. Lehrerbildung.-Lehrkräften u.a. Grenzraumbeamten Auslandswohnsitz gestatten. Sprachenzulagen. Grenzgemeinden sollten Nachbarsprachenkenntnisse verlangen und honorieren (Stellenausschreibungen!). -
2. Grenznahe weiterführende Schulen auf grenznahe Auslandshochschulen verweisen (Nijmegen, Enschede, Groningen u.a.), ferner auf andere Kulturinstitutionen zur ‘Entgrenzung’ der Grenzen. Voraussetzung: gegenseitige Anerkennung der Ausbildungsdiplome.
3. In allen Städten Einrichtung und offizielle Forderung von Lehrerarbeitsgemeinschaften für Niederländisch an den verschiedenen Schulformen. Schnellausbildung durch Schul-Niederlandisten, VHS-Dozenten, das Belgische Haus (Köln), die Botschaften, Hochschulen, ggf. mit Abschluß-Lehrdiplom.
Ex-Auslandeslehrer wären aufzuspüren und zu aktivieren. Die niederländische Grenzraumminderheit (NRW: über 100000), Partner- und Grenzstädte als Sprachbetreuer sowie alliierte Garnisons-schulen helfen aus. Lehrer unterrichten Lehrer im Multiplikatoreffekt. Neue Niederlandisten wären so bald verfügbar.
4. EURO-Ausbildungs (halb) jahr für Junglehrer Studenten und Schüler. Austauch auf breiter Basis, keine Schule ohne ausländische Lehrkräfte. Die wenigen Schul-Niederlandisten bedienen mehrere Schul(form)en en zugleich, unter Anrechnung der Mehrstunden.
Lehrerfortbildung auch mit ‘Niederländisch für Anfänger’ sowie Kursen zu Teilaspekten der niederländischen Kultur. An allen Schulen die Werbung intensivieren. EWG-Sprachen haben Vorrang!
5. Die Unterrichtsrichtlinien könnten in mehreren Fächern stärker Beziehungen zum Niederländischen aufnehmen, die Deutschlehrbücher sollten entsprechend die Stellung des Niederländischen zwischen dem Englischen und Deutschen korrekt darstellen. Lehrbuchfehler (z.B. Flämisch = Niederdeutsch oder eigene Sprache) sind zu korrigieren.
6. Die Universitäten, die überkommenen wie die neugeplanten, sollten dies berücksichtigen bei der Lehrerausbildung und zugleich den gesamten Reichtum einer wissenschaftlichen Niederlandistik bieten einschliesslich des Friesischen und Afrikaans. Eine germanische Zweitsprache sollte von jedem Germanisten erwartet werden; diese dürfte nicht Englisch allein sein.
7. Das Kultusministerium könnte angesichts des katastrophalen Fachlehrermangels in Niederländisch einen Anreiz bieten: Niederländisch als Aufstiegmöglichkeit für Realschullehrkräfte, etwa bei Gleichsetzung von 2 Realschulhauptfächern = 1 Gymnasialfach, wobei dann als Gymnasialzweitfach noch das Staatsexamen Niederländisch (Hauptfach) nachzuholen wäre. Eine analoge Regelung wäre den Hauptschullehrkräften hinsichtlich der Realschule zu bieten. Dies alles erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule, Hochschule und Schulbehorde in Dusseldorf, Hannover, Brüssel und Den Haag, zur Weckung und Deckung des Bedarfs. ‘Fremdeinsatz’ von Lehrkräften mit Niederländischkenntnissen wäre freilich zu meiden.
Bei entspr. Zusammenarbeit wäre selbst eine zukünftige ‘Spellingreform’ zur Erleichterung der Spracherlernung in beiden Sprachräumen keine blosse Utopie mehr. Auch Schüler (kurz) stipendien erschlössen neue Schichten. Was das (deutsche) Hänschen nicht lernt, lernt nämlich Hans nimmermehr über seine Nachbarn. Und dagegen lässt sich was unternehmen. Eben.
Josef Kempen