Naamkunde. Jaargang 16
(1984)– [tijdschrift] Naamkunde– Auteursrechtelijk beschermd
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Zum Namen des ‘oppidum Cugernorum’Im späten August 1979 wurden von den Xantener Ausgräbern des Rheinischen Landesmuseums Bonn im Gebiet der Colonia Ulpia Traiana zahlreiche Kalksteinbrocken gefunden, die sich nachher als Reste eines besonderen römischen Votivaltares mit Inschrift herausstellten. Dieses Denkmal, das im obenerwähnten Museum aufbewahrt wirdGa naar voetnoot(1), ist, nachdem die vielen Bruchstücke mit größter Mühe und Geschicklichkeit zusammengefügt waren (Abb. 1 und 2), schon bald von C.B. Rüger veröffentlicht wordenGa naar voetnoot(2). Dabei hat dieser u.a. dargelegt, daß der Altar in der Vorgängersiedlung der Colonia Ulpia Traiana während der Regierung des Nero (54-68 n. Chr.) geweiht wurde, jedenfalls nach 55/56, vermutlich erst zwischen dem 1. März und dem 9. Juni 68. Infolge der nach seinem Tode am 9. Juni 68 über ihn ausgesprochenen damnatio memoriae hat man den Namen des Kaisers in Zeile 3 und 4 der Inschrift getilgt. Gleichzeitig mit der Zerstörung der Siedlung während des Bataveraufstandes im August oder September 69Ga naar voetnoot(3) ist der Altar zugrunde gegangen. Nach dem Aufstand sind die Überreste des Denkmals aus dem Brandschutt weggeräumt und in einer Grube beigesetzt worden. Da diese nicht vollständig ausgegraben werden konnte, befinden sich jetzt zweifellos noch Teile des Altares im Boden. Dem so weit wie möglich zusammengesetzten Weihestein fehlt u.a. noch der untere Abschluß mit einigen der wichtigsten Buchstaben der - vorderhand - achtzeiligen Inschrift. Der Text lautet folgendermaßen: | |
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mar˙cicol/lvi˙sacrvm / pro[˙]salvte [[]] av[g]5/
Marti Cicol/lui sacrum / pro salute [[Ne/ronis Caes(aris)?]]
‘Dem Mars CicolluisGa naar voetnoot(4) geweiht. Für das Wohl des Nero (Claudius) Caesar Augustus, des Germanensiegers und Kaisers, Vater des Vaterlandes, (haben) die Lingonenbürger, die sich in Cib (Cip, Cir, Gib, Gip oder Gir)........ niedergelassen haben, ---.’
Im fehlenden Teil der 7. Zeile ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Name der Siedlung zu ergänzen, in der das Weihdenkmal einst gestanden hat und nachher zerstört und vergraben worden ist. Die Ortsnamen, die in Inschriften zusammen mit consistens, consistentes oder Ähnlichem erwähnt werden, sind fast immer identisch oder scheinen wenigstens übereinzustimmen mit dem Namen der römerzeitlichen Siedlung, aus der die Inschriften stammenGa naar voetnoot(5). Das bekannteste Beispiel aus den Niederlanden findet sich in der Inschrift auf einem 1868 in Vechten, Gem. Bunnik, entdeckten Altar, der von [civ]es Tungri [et] nautae [qu]i Fectione [c]onsistunt der Göttin Viradecdis geweiht istGa naar voetnoot(6); daraus wird mit Recht gefolgert, daß Vechten in römischer Zeit Fectio geheissen hat. Im Jahre 1977 wurde aus der Oosterschelde bei Colijnsplaat u.a. ein Altar geborgen, den ein gewisser Gimio Ganuent cons(istens) der Göttin Nehalen(n)ia geweiht hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach deutet Ganuent auf die Siedlung, wozu das Heiligtum der | |
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Nehalennia bei Colijnsplaat gehört hat; der vollständige Ortsname wird Ganuentum (oder vielleicht Ganuenta) gelautet habenGa naar voetnoot(7). Die neue Xantener Inschrift bietet also die Möglichkeit, wiederum einen Ortsnamen - sei es nur teilweise - kennenzulernen. In diesem Fall handelt es sich um die ersten drei von insgesamt zehn oder elf Buchstaben des Namens der Siedlung, die der Colonia Ulpia Traiana vorausgegangen ist und in der die dort ansässigen Lingonen einen Altar geweiht haben. Diesem Ort hat H. von Petrikovits den wissenschaftlichen Kunstnamen ‘Kernsiedlung’ der späteren Colonia Traiana gegeben. Es war ein Dorf, ein vicus der Cugerni, die, wie man annehmen darf, im 1. Jahrhundert n. Chr. als eine peregrine civitas konstituiert warenGa naar voetnoot(8). Es ist sogar sehr wahrscheinlich, daß dieser vicus die wichtigste Siedlung der Cugerni, der Vorort oder das caput ihrer civitas gewesen istGa naar voetnoot(9). Fr. Oelmann hat dafür die Bezeichnung Oppidum Cugernorum vorgeschlagenGa naar voetnoot(10).
Rüger ist der Meinung, daß in Zeile 7 der hier näher behandelten Inschrift hinter c/g i b/p/r noch sieben oder acht Buchstaben fehlen und daß der Ortsname ‘wohl aus drei oder vier Silben’ bestanden hatGa naar voetnoot(11). Wenn man jedoch von der Annahme ausgeht, daß diese Zeile zentriert auf der Inschriftfläche gestanden hat, dann scheint die Lücke eher acht als sieben Buchstaben groß gewesen zu sein (siehe Abb. 1-2); weiter ist es keineswegs unmöglich, daß der Name sich aus mehr als vier - kurzen - Silben zusammengesetzt hat. Das Volk der Cugerni war, wie sowohl aus literarischen als auch aus | |
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Abb. 1. Mars Cicolluis-Altar aus Xanten; 82 × 66 × 55 cm.
Foto: Rheinisches Landesmuseum, Bonn. | |
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Abb. 2. Umzeichnung der Inschrift des Mars Cicolluis-Altares aus Xanten.
Nach C.B. Rüger, Das Rheinische Landesmuseum Bonn 1/(19)83, 4. epigraphischen Quellen hervorgeht, auch unter dem Namen Cuberni bekanntGa naar voetnoot(12). Ein c und ein b können im Ortsnamen der Inschrift als erster bzw. dritter Buchstabe ergänzt werden: cib........ Es fragt sich dann, ob hier vielleicht als Anfang eines Vorortsnamens eine Variante des Volksnamens Cugerni/Cuberni vorliegt, die übrigens bisher nicht belegt ist. In diesem Zusammenhang könnte man u.a. auf den Namen der Sugambri hinweisen, in dessen erster Silbe häufig ein Wechsel u-y-i auftrittGa naar voetnoot(13). Die Cugerni waren vielleicht ein Teilstamm der Sugam- | |
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briGa naar voetnoot(14), ebenso wie die Sunuci (westlich der Ubii)Ga naar voetnoot(15), die auch als SinuciGa naar voetnoot(16) belegt sind und von denen das nomen gentilicium Sunicius abgeleitet istGa naar voetnoot(17). In der lateinischen Epigraphik gibt es weiter viele Vorbilder vom Wechsel u-i und i-uGa naar voetnoot(18). Cibern..... statt Cubern..... in der Xantener Inschrift könnte selbstverständlich auch ein - von einem Lingonen gemachter? - Schreibfehler sein. Wie dem auch sei, es ist klar, daß man in dieser Hinsicht nicht über Vermutungen hinauskommen kann. Wenn es jedoch annehmbar ist, daß es neben Cugerni und Cuberni eine Variante mit i statt u in der ersten, unbetonten Silbe gegeben hat, dann bietet sich eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Ortsnamen in Zeile 7 der Inschrift zu ergänzen: cib[ernodvri] (Lokativ; Nominativ: Cibernodurum); in diesem Falle wäre der Volksname mit einem bekannten keltischen Substantiv verbunden: -durum: Burg, Stadt. Cibernodurum ist anscheinend ein passender Name für den Vorort, das caput civitatis und das ‘oppidum’ der Cugerni, eines Volkes, das anssässig war zwischenGa naar voetnoot(19) den Ubii, die einst das oppidum UbiorumGa naar voetnoot(20) als Vorort hatten, und den Batavern, deren caput civitatis ehemals - vor und während des nach ihnen benannten Aufstandes - das oppidum BatavorumGa naar voetnoot(21) oder BatavodurumGa naar voetnoot(22) war.
Der Verfasser dieses Beitrags zu einer dem hochverdienten Sprachwissenschaftler M. Gysseling gewidmeten Festschrift ist sich durchaus bewußt, daß er hier - als Nichtsprachforscher - nicht viel mehr als eine | |
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waghalsige Hypothese beizusteuern vermag. Unter dem Leitspruch sic nisi aliter getraut er es sich darum, dem verehrten Jubilar (sowie sich selbst) schließlich zu wünschen, daß der Xantener Boden demnächst auch den noch fehlenden Teil der Inschrift und damit die endgultige Wahrheit über ein kleines, dennoch fesselndes Problem ans Tageslicht bringen wird.
Nijmegen, August 1983 J.E. Bogaers |
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