schwang die Lanze, wobei mehrere Vasen und Gipsbüsten in Trümmer gingen; dabei stiess er gurgelnde Laute aus. Wir alle erschraken sehr. Dann verliess er das Zimmer. Nur der starke Wildgeruch blieb in der Luft. ‘Er schleicht sich ins Weimarer Holz’, warf Hauses ein, ‘suchend, wen er verschlinge. Der gesittete Kreis meines Hauses hat aber vermocht, dass er bei Tisch seiner Gier gezügelt hat. Schliesslich muss er ja auch etwas zu sich nehmen. Dass er 's nicht zu üppig treibe, dafür wird Hundeshagen jetzt die Flinte schultern. Solche Disproportionen der Mächte der Natur müssen wir überwinden. Ich glaube an die schwarze Seele.’
Da unsere Liebe allen eine Heimlichkeit war, pflegte Goethe mich bei Tafel zuweilen mit seinem herrlichen Fusse anzurühren. Ein solches Begegnen unter dem Tische geschah auch, als der schreckliche Fresser noch ansass, und ich schauderte beim Gedanken, es könne die schwarze Zehe des wilden Fürsten sein. Doch war's diesmal nur Goethes Pudel gewesen, der unterm Tische schnuppernd philosophierte und dann sein Bein am Bein des wüsten Fremdlings hob.
Sonnabend, den 3. August 1813
Mit Goethen in der neuen Kutsche vor die Stadt gefahren, wo er sich mit dem herzoglichen Ziegenhalter Knebel traf, dem Wiederentdecker der etruskischen Springschürze. Man unterhielt sich über das grosse Ziegensterben im Wallis, das die Kanzleien der europäischen Höfe noch stark beschäftigte. Goethe schenkte dem rätselhaften Geschenen seine volle Aufmerksamkeit, was unserer Liebe ein Weiniges abträglich war. Aus der Beiden Konversation entnahm mein schuchter Sinn, dass Goethe gute Gründe habe, die Frage nach der Heimat der Urpflanze zu klären.
Des Abends waren viele Gäste in den Zimmern, und bald drängte sich alles um Goethe, um an dessen redekünstlichen Aesserungen Anteil zu haben. Abermal war die Ziegenpest Gegenstand der Erörterungen. ‘Ich habe mich heute wieder’, hub Goethe an’, in die Stichte von Urs Graf dem Mittleren vertieft, wo vor allem das Blatt, die Ziege und der Tod' mir eine Angelegenheit tiefer Beschauung bleibt. Nie kann ich dieser Geiss ins Auge blicken, ohne dass mich Göttliches anwandelt. Und denken zu müssen, dass die schweizerständige Spezies nun den Tod in grossem Massstabe an sich erfährt, das legt Bitternis auf meine Zunge.’ Auf die Frage von Hofrat Voigt aus Jena, ob man der Seuche keinen Abbruch tun könne, in dem man die Ziegen zwänge, von ihrer vegetarischen Lebensweise abzustehn, weil sie wohl am Kräutergenusse eingingen, meinte Goethe: ‘Lassen wir sie noch