De koopmansgilderol van Deventer 1249-1387
(1978)–Anoniem Koopmansgilderol van Deventer, De– Auteursrechtelijk beschermd
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ZusammenfassungGa naar voetnoot1)Im Stadtarchiv zu Deventer befindet sich eine Rolle, von der nicht feststeht, seit wann sie neben den Archivalien der Stadt aufbewahrt wird. Diese Rolle enthält die aus dem Jahre 1249 stammenden Satzungen einer Organisation, die in Deventer unter dem Namen ‘Koopmansgilde’ (Kaufmannszunft) existiert hat, und diesen Satzungen ist eine Liste der neuen Mitglieder dieses Vereins aus den Jahren 1249 bis 1387 angehängt: insgesamt 1455 Personen. Das Archivstück muss als Kaufmannszunftrolle bezeichnet werden. Eine vollständige Ausgabe des Stückes gibt es bisher nicht. Die Rolle enthält 15 aneinandergenähte Bögen. Wahrscheinlich ist die Rolle vollständig; damit wird gemeint, dass kein Bogen verloren gegangen ist. Die Hände, die nacheinander die Namen der neuen Zunftmitglieder auf diese Bögen eingetragen haben, stimmen zeitlich mit der Aufnahme dieser Mitglieder überein. Was die Zeit vor dem vierzehnten Jahrhundert betrifft sind kaum einigermassen übereinstimmende Stücke aus anderen Städten bekannt. Im Hinblick auf diese Seltenheit und auf den wenig ausgeprägten Unterschied zwischen einerseits den Hansen und andererseits den Tuchhändlerzünften (‘wantsnijdersgilden’), wozu sich die Kaufmannszünfte entwickeln, sind wir berechtigt übereinstimmende Stücke, die von Hansen oder Tuchhändlerzünften stammen, in unsere vergleichende Betrachtung einzubeziehen. Diese Untersuchung stützt auf zwei Kategorien von Akten: erstens Satzungsbestimmungen von Kaufmannsvereinen aus der Zeit bis 1300 und zweitens Mitgliederlisten solcher Organisationen, insofern sie vor dem Jahr 1301 anfangen. Die drei genannten Arten von Kaufmannsorganisationen - und zwar Kaufmannszünfte, Tuchhändlerzünfte und Hansen - kennen alle die Erscheinung, dass Kinder von Mitgliedern eine niedrigere Eintrittsgebühr zahlen als ‘Homines novi’. Die drei Vereinsgattungen erteilen alle ihren Mitgliedern den Auftrag einander bei Schwierigkeiten auf Reisen in der Fremde Hilfe zu leisten. Vor allem in der Kaufmannszunftrolle fallen die Bestimmungen auf, die die gegenseitigen Konkurrenzmöglichkeiten einschränken. Tuch war nicht nur in den sogenannten Tuchhändlerzünften der wichtigste Handelsartikel, sondern auch in der Kaufmannszunft zu Deventer und in den Kaufmannszünften oder Hansen in Groningen und Middelburg. | |
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Die Kaufmannsorganisationen wurden entweder von einer Person oder von einem Kollegium verwaltet, oder man hatte die Zwischenform des ‘Direktors’, unter dem ein Kollegium von Mitverwaltern stand. Diese drei Verwaltungsformen trifft man in jeder der drei Gattungen von Kaufmannsorganisationen an, die Hansen ausgenommen, wo eine rein kollegiale Verwaltung nicht angetroffen wird. Man bekommt den Eindruck, dass die kaufmännischen Organisationen sich allmählich zur einheitlichen Verwaltung entwickelten. Die Satzungen der Kaufmannsvereine sind nur dann von der Behörde verschafft oder bestätigt worden, wenn den Mitgliedern Monopolrechte gestattet wurden. Vor 1301 hat die Behörde nicht in die Organisation der Kaufleute eingegriffen. Der Händler bestimmte selber die Einrichtung seines Vereins und die Verwaltungsform, in Person setzte er fest, wen er in den Verein aufnehmen wollte, und zu welcher Eintrittsgebühr. Auch bestimmte der Kaufmann selbständig die Verhaltensregeln beim Trinkgelage, und ohne jede Beeinflussung von auswärts führte er Bestimmungen ein gegen die Konkurrenz untereinander und solche über die Förderung der gegenseitigen Hilfe im Notfall. Die Kaufmannszunft von Deventer nahm im Durchschnitt alle 3,3 Jahre eine Anzahl neue Mitglieder auf. Das geschah um den ersten Februar herum, während der Jahresversammlung. In der Hanse von Sankt Omaars fand die Aufnahme der neuen Mitglieder jährlich statt. Es war in Deventer nicht ungebräuchlich, dass ein Zunftgenosse bei seinem Eintritt in die Organisation einen Bürgen stellte, der für die Zahlung der Eintrittsgebühr haftete. Dieser Sachverhalt lässt sich namentlich in den Jahren 1334 bis 1347 nachweisen. Vielleicht war es um 1100 herum auch in der Kaufmannszunft von Sankt Omaars üblich, beim Eintritt einen Bürgen zu stellen. Im Gegensatz zu einigen Kaufmannsvereinen anderswo war die Kaufmannszunft in Deventer eine Organisation, die nur aus Männern bestand. Eine Untersuchung der Berufe der Zunftmitglieder in Deventer - insofern diese bekannt sind - erweckt den Eindruck, dass bei weitem nicht alle tatsächlich Kaufmann waren. Wohl deuten diese Berufe oft auf Wohlstand und/oder gesellschaftliches Ansehen, wie zum Beispiel bei den Kategorien der Geistlichen und Beamten. Auch anderswo sehen wir, dass sich die Mitgliedschaft der Hansen und Kaufmannszünfte bestimmt nicht auf Kaufleute allein beschränkte. | |
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Der Eindruck, dass die Zunftgenossen in Deventer in der Gesellschaft eine hohe Stellung einnahmen, wird noch stärker, wenn wir nachspüren, was - neben dem Beruf - weiter noch über die einzelnen Zunftgenossen bekannt ist. Auch sonstwo trifft man in Tuchhändlerzünften und Hansen sehr viel angesehene Leute an. Man soll dabei besonders an die vielen Ritter denken, die man sowohl in Deventer als unter den Tuchhändlern von Köln im vierzehnten Jahrhundert findet. In Deventer fällt ausserdem die Anwesenheit einer grossen Anzahl von Geistlichen auf. Bestimmungen aus Sankt Omaars zeigen, dass da um das Jahr 1100 herum Geistliche und Ritter beim Zunftgelage anwesend waren. Eine kleine Anzahl von Geistlichen finden wir auch im dreizehnten Jahrhundert unter den Mitgliedern aus Brügge von der flämischen Hanse in London. Auch in der Kaufmannszunft von Derby werden sie angetroffen. Wahrscheinlich erfüllten die Kaufmannsorganisationen, neben ihrer eigentlichen Aufgabe, auch die Funktion eines Unterhaltungsvereins für diejenigen, die der gesellschaftlichen Oberschicht angehörten; dies wäre vergleichbar mit der Rolle eines heutigen Herren-Klubs. Man bekommt stark den Eindruck, dass eine vornehme Stellung genügend Grund war als Mitglied zugelassen zu werden. Auch reichen Handwerksleuten - diese waren, warscheinlich um den gegenseitigen Wettbewerb zu beschränken, meistens vom Handel ausgeschlossen - stand die Mitgliedschaft offen, obwohl sie damit nicht das Recht erwarben tatsächlich Handel zu treiben. Anderswo tritt diese Erscheinung vor allem deutlich hervor unter den aus Brügge stammenden Mitgliedern der flämischen Hanse in London. Die Zunftgenossen in Deventer strebten sehr deutlich ein gesell-schaftliches Ansehen an; das Arbeiten mit einer Sichel oder das Beladen von Mistkarren - ebenso wie ein unfreier Status - vertrug sich nicht mit der Mitgliedschaft der Zunft. Die Mitgliedschaft war besonders attraktiv wegen des periodischen Festakts des Zunftgelages. Sowohl in Sankt Omaars um 1100 herum als in Deventer zeigt sich, dass Aussenstehende sich bei dieser Gelegenheit gerne für Zunftgenossen ausgaben. Beim Gelage der Kaufmannszünfte, Tuchhändlerzünfte und Hansen legte man Wert auf die Anwesenheit angesehener Leute. Hier und da durften solche Personen umsonst den Veranstaltungen beiwohnen. Der fremde Kaufmann auf Geschäftsreise konnte in diese Veranstaltungen eingeführt werden. | |
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Die oben erwähnte Haltung hatte allgemein zur Folge, dass ein grosser Teil der Prominenz einer Stadt der örtlichen Kaufmanns-organisation - Zunft oder Hanse - angehörte, oder wenigstens ihren Versammlungen beiwohnte. Die Erforschung der Herkunfts-Nachnamen der Zunftgenossen in Deventer beweist, dass - jedenfalls bis 1387 - das Bürgertum von Deventer von Einwanderern abstammte, die aus Gegenden, weniger als 100 km von der Stadt entfernt, eingezogen sind. Die meisten kamen sogar aus dem Gebiet, das nicht mehr als eine Tagesreise (40 km) von der Stadt entfernt lag. In der letzten Gruppe überwiegen wieder die Personen, die aus der unmittelbaren Umgebung stammen. Auch anderswo finden wir diesen Sachverhalt, aber da - in Köln im zwölften und in Brügge, Lübeck und Sankt Omaars im dreizehnten Jahrhundert nämlich - gibt es einen kleinen Prozentsatz von Leuten, die von sehr weit gekommen waren. Um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts ist in Deventer, Köln und Sankt Omaars, im Gegensatz zu Lübeck zum Beispiel, der alte Brauch, Personen nur mit ihren Taufnamen anzudeuten, so gut wie überwunden. |
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