wenn die animalische Natur vor jeder heransausenden Granate den Kopf wegsteckt.
Die französische Artillerie streut wieder die Gegend ab. Hätten sie z.B. unsere Batterie zum Ziel, so könnten wir dem Feuer ausweichen. Nun aber sind wir überall gleich sicher und gefährdet; und gerade diese Unsicherheit und ständige ungewisse Erwartung den Schüssen gegenüber geht so sehr auf die Nerven. Man sieht sich hilflos in einer Gefahr wider die man nichts tun kann. Das ist die Verzerrung, die Ausartung des modernen Krieges, der oft persönliches Tun und Wirken und Gegenspiel nicht gelten lässt und dann an die Stelle des gelâuterten Kampfesmutes und Siegerstolzes Wut, hâmische Freude, die zur Schadenfreude sich auswächst, und Ekel setzt.
Diese Gedanken quälen mich in der Glut dieses Mittags, im wüsten Getöse und Schrecken des Granatfeuers. Wäre unser Feind nur Feldartillerie, so würden Schrecken des Granatfeuers. Wäre unser Feind nur Feldartillerie, so würden wir es leichter ertragen. Da ist ein kurzer Abschluss, und mit dem Sausen des Geschosses ist auch schon die Detonation des Einschlages da. Aber die schwere Artillerie schiesst aus der Flanke. Die Geschosse heulen Stundenlang, ehe sie ihr Ziel packen. Das ist das entsetzlichste dieses langgezogene Heulen der schweren Granaten, das ist wie eine qualvolle Marter vor dem Gnadenstoss.
Bis auf hundert Meter liegen die grossen Kaliber vor uns. Ungeheuer ist der Luftdruck, so stark, dass uns die Adern zu platzen drohen. Die Splitter zerschneiden pfeifend die Luft, zerfetzen Bäume und Sträucher, springen über die Erde, sich aufraffend und hintaumelnd, oder fahren in den Bodem, zischend wie glühendes Eisen ins Wasser.
Fast sinnlos machen diese starke Lufterschütterungen, dies Heulen und Zischen, dies Beben des Bodens; dumpf wird einem das Denken, seltsam wie vergiftet, das Fühlen. Ich schliesse die Augen und vergrabe den Kopf in meinen Armen.
Ich will nicht mehr denken, will leblos sein für diese Minuten, leben wie die Materie, die da zerrissen und verwirbelt wird.
Denn das Nachdenken über diese Dingen führt zu Resultaten die das Grauen noch vermehren, die uns das Leben zersetzen und die Werte unserer Seele nehmen. Vor dem Abgrund stehen, der das Nirvana ist, das grosse gleichflutende Nichts, die Ruhe, Ewigkeitsruhe, Ruhe - Ruhe - Ruhe - hinter sich das Menschenleben, so verworren, so zerrissen, oft so klein, so erbärmlich, so phantastisch ins grosse Bizarre gereckt.
Sollen wir mehr vor dem Abgrund schaudern, mehr vor dem, das davor ist uns bangen?! Eine Frage türmt sich drohend, gigantisch, hämisch auf - wo ist der Zweck? Zwecklos, ziellos höhnt es Menschensein.
Mit jedem Schuss wird jenes Reich zertrümmert, das aufgebaut war aus dem Erlesensten, das reiche Lebensfülle bot, und in dem zwei Altäre standen für die Schönheit und für die Freude. Nicht möglich ist's, das das Erleben dieser Mittagsstunde diese monumentalen und leichten Herrlichkeiten zerstückelt, denn die sind auf dem festen Grund von Wissen, Verstand und Wollen gerichtet. Aber die Gedanken unterwühlen den Grund, und was darauf steht, droht zu fallen und im Sturz in Stücke zu gehen.
Darum nicht mehr denken - Ruhe haben vor dem Stürmen und Tose in den Kammern des Gehirns - bis die Ruhe komt auch dieses Feuers, das für unser Leben das Ja oder Nein sprechen wird.
Während noch die letzten Granaten die Lüfte durchschneiden und Fontänen von Rauch, Staub und Erde über uns fortwehen - und der Tod nicht gekomen ist, kommt dessen Bruder, der Schlaf und tut mir wohl.
Im Traumgesicht blühen die Blüten, in die ich meinen Kopf gelegt habe. Sie duften und leuchten und wiegen sich leicht. Sie leben. Blüte und Blüte löst sich und schreit und fällt dumpf zur Erde. Dieses endlose Bild peinigt mich so sehr, dass ich erwache.
Mit wachen Augen sehe ich, wie ein stiller Zug holpernder Wagen an denen rotbekreutzte Fähnchen flattern, langsam aus der Feldartillerie-stellung neben uns zu Tal fährt.
Wij geven hier zonder eenige bijvoeging dit welsprekende uittreksel uit het Kriegstagebuch van Hans Wille, als bewijs van den geestestoestand, waarin men komt door de moderne verdediging van het vaderland.
P.J. DE BRUÏNE PLOOS VAN AMSTEL.