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Boekennieuws.
Rheinisches Mundartenwörterbuch. - Wir lesen in der Zeitschrift des deutschen Sprachvereins: Ein rheinisches Mundartenwörterbuch soll auf Veranlassung und mit Unterstützung der Königlich-Preussischen Akademie der Wissenschaften unter der Oberleitung von Prof. Johannes Franck zu Bonn bearbeitet werden. Es ist in Aussicht genommen, das ganze mittelfränkische Sprachgebiet und ausserdem die niederfränkischen Mundarten nördlich der Benrather und Uerdinger Lautverschiebungslinie, soweit sie der preussischen Rheinprovinz angehören, in den Plan einzubeziehen, sodass es sich, abgesehen von einem kleinen südöstlichen Streifen, um die Mundarten der ganzen Rheinprovinz und ausserdem die Luxemburgs, des westfälischen Siegerlandes und der nordwestlichen Ecke der Provinz Hessen-Nassau handeln würde. Die vorbereitenden Schritte sind so weit gediehen, dass Professor Franck in Verbindung mit Dr. Jos. Müller und Dr. Paul Trense eine Anleitung zur Sammlung des Stoffes herausgegeben hat. Sie bringt reichliche Beispiele aus den
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verschiedensten Gebieten des mundartlichen Sprachlebens, auf die bei der Sammlung zu achten wäre: der Mundart ganz eigentümliche Wörter, schriftsprachliche Wörter in abweichenden Formen oder besonderen Anwendungen, grammatische Formen, Redensarten, Sprichwörter, Zeugnisse für Aberglauben, Volkshumor u.s.w. Sie sucht Mittel und Wege an die Hand zu geben, um den sich der Beobachtung, selbst des Kundigen, leicht entziehenden überreichen Stoff besser zu fassen, und fügt auch Vorschläge einer massvollen lautgetreuen Schreibweise hinzu, für die, die sich lieber einer solchen als der schulmässigen, für Mundart nicht immer ganz zugänglichen Schreibung bedienen wollen. Enthält schon dies Schriftchen einige ausführlichere Proben, so sollen noch weitere folgen, zunächst eine über Ausdrücke für verschiedene Arten des Gehens und eine über Ausdrücke für Haustiere und mit ihnen im Zusammenhang stehende Begriffsgebiete. Eine gedrängte Bearbeitung des Buchstabens B hatte Dr. Trense schon vorher als Probe veröffentlicht.
In einem Begleitschreiben zu der Anleitung sagen die Verfasser: ‘All unser Bemühen würde dürftiges Stückwerk bleiben, wenn die erhoffte Unterstützung ausbliebe. Jeder aber, der zu dem grossen Werke beiträgt, hat Anspruch, seinen Namen darin genannt zu sehen. Nicht nur die sind uns willkommen, die regelmässige oder umfangreichere Beiträge liefern, sondern auch jeder, der nur gelegentlich beisteuert, bringe er auch nur einen einzigen brauchbaren Ausdruck.’ Von den rheinischen Mitgliedern des Allg. D. Sprachvereins, der über die Wichtigkeit der Mundartenforschung für seine Bestrebungen ja keinen Zweifel gelassen hat, dürfte noch besonders zu erwarten sein, dass sie der ausgesprochenen Bitte entgegenkommen. Das gleiche gilt übrigens auch für andere Gebiete, auf denen ebenfalls Mundartenwörterbücher in der Arbeit oder im Entstehen begriffen sind. In den Versammlungen der Ortsgruppen ist reichlich Gelegenheit, dies Gebiet der deutschen Sprache zu pflegen, die Mitglieder zu eigener Sammeltätigkeit zu ermuntern und anzuleiten und nicht nur dadurch, sondern auch durch den Nachweis schon bestehender Sammlungen, wie sie zweifellos vielfach vorhanden sind, den grösseren, eine abschliessende Vollständigkeit erstrebenden Unternehmungen in die Hände zu arbeiten. Die oben erwähnten anleitenden und beIehrenden Schriften können von den drei Genannten, Oberlehrer Dr. Josef Müller in Trier (Speestr. 16), Oberlehrer Dr. Paul Trense in Rheydt, Rgbz. Düsseldorf (Kronprinzenstr. 7) und Prof. Franck in Bonn (Endenicher Allee 14), kostenlos bezogen werden. Beiträge zum rheinischen Wörterbuch sind an Prof. Franck zu richten.
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Niedersachsen. - In unserer Zeit des Hastens und der Gewinnsucht, wo Heimat und Vaterhaus so manchem nur noch wie eine dunkle Erinnerung von etwas Schönem und Warmem vorschwebt, das er einmal besessen und im Kampf ums Dasein verloren, da scharen sich die, die den goldenen Wert Heimat in sich aufgenommen, zusammen und halten die Hände schützend über ihr Kleinod; sie wollen es retten und halten in der Zeit des steten Wechsels, in der Zeit, wo die weite Welt sich dem Kosmopoliten auftut und der Begriff Heimat verloren geht. Und da ist es in allererster Reihe die Halbmonatsschrift ‘Niedersachsen’ (Verlag Karl Schünemann, Bremen, vierteljähr- | |
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lich 1,50 Mk., jährlich 6 Mk.), die jetzt volle 10 Jahre hindurch im steten Kampfe mit der alles gleichmachenden Zeit das zu erhalten sucht, was die idealen Güter unserer Heimat ausmacht. Unermüdlich sammelt und sichtet sie, um aus dem vielen das zu ziehen, was an echter, volkstümlicher Kunst und eigenartiger Überlieferung ihr wert erscheint, dem Leser geboten zu werden, und mit fester Hand weist sie alles, was der kernigen niedersächsischen Art schaden könnte, zurück und hat dadurch etwas wirklich Urdeutsches geschaffen, das wohl wert ist, anerkannt und gefördert zu werden. Unermüdlich zieht sie neue Kräfte heran, lässt neben dem altbewährten Künstler und bekannten Namen auch die Jungen und Jüngsten zu Wort kommen, in der Dichtung wie in der Malkunst. Durchblättert man den letzten Jahrgang, so ist man erstaunt über den Reichtum, die Vielseitigkeit, die von Fleiss und treuer Liebe zum Werke reden. Vor allem fesseln die prächtigen Titelblätter in jeder Nummer, dann die reizvollen Randleisten, die stimmungsvoll die verschiedenen Dichtungen einfassen, die zierlichen Schlussbildchen, dann die kulturgeschichtlichen
Forschungen, die dem Leser durch gute Bilder noch näher gebracht werden, die Lebensbeschreibungen unsrer bedeutenden niedersächsischen Künstler, Schriftsteller und Maler, die, unterstützt durch Abbildungen, von deren Schaffen und Wirken erzählen, die Berichte vom geistigen Leben der Gegenwart in Niedersachsen und die Bücherbesprechungen. Kurz, jede Nummer, jede Seite atmet eine solche Fülle von Heimatliebe, Heimatkunst und Heimatschutz für Niedersachsen, dass man die Zeitschrift in ein jedes Haus einführen möchte; sie verdient den Platz auf dem Familientisch, um den Eltern und Kinder sich sammeln; sie ist eine Hilfe zur Herzensund Geistesbildung der Jugend und eine Freude der Erwachsenen.
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Das Deutsche Rathaus im Mittelalter. - O. Stiehl hat in einem gehaltvollen, mit guten Abbildungen durchsetzten Quartband ‘das Deutsche Rathaus im Mittelalter’ in seiner Entwickelung geschildert. (Verlag von E.A. Seemann, Leipzig.) So viele deutsche Städte wären ohne ein Denkmal ihrer Vergangenheit, wenn sie nicht in ihrem Rathaus ein Zeugnis besässen, das von der Geschichte ihres Gemeinwesens oft wunderbar zu erzählen weiss. Die meisten Bewohner freilich gehen achtlos vorbei, die Sprache der Steine ist ihnen unverständlich. Stiehl lösst diesen nun die Zunge, macht sie vernehmbar. Der Bürgersinn und die Baugedanken der Altvorderen sind in diesen Werken verewigt, die aus kleinen Anfängen heraus im Laufe der Zeit oft zu prächtigen Denkmälern der Baukunst erwachsen sind. Die deutschen Rathäuser, deren schönste Beispiele in manchem von Fremden selten besuchten Städtchen zu finden sind, bilden nicht nur redende Denkmäler vormals zwar kleiner, aber selbständiger, willenskräftiger Gemeinden, sondern auch Zeugnisse des geschichtlichen Fortschritts, der sich in der Formenwandlung der Architektur und in der Bereicherung des Grundrisses ausprägt. Von der ersten, romanisch gedachten Anlage eines engen, dunklen Stadthauses (Gelnhausen, Dortmund, Rufach) bis zu den reich durch Schnitzwerk verzierten Prachträumen der Renaissancebauten (Lübeck, Bremen, Rothenburg) ist die Änderung der architektonischen Formensprache gleichsam ein Sinnbild für die steigende und
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fallende Bedeutung zahlreicher Städte, die heute als dienende Glieder des Staates kaum noch ins Gewicht fallen (Lemgo, Villingen, Herne). Stiehls Buch behandelt 89 der alten Städtedenkmäler, aber nicht nach ihrer stilgeschichtlichen Stellung, sondern in Ansehung ihrer Grundrissentwicklung, bei der die örtlichen Bedürfnisse eine grosse Rolle spielen. Bald ist das Rathaus ein einfacher Saalbau, bald zugleich Kaufhaus und Speicher, bald gesellen sich Rats- und Schöffenstuben, Verwaltungsräume hinzu; bald zeigen sich mehrere Saalflügel, die zu einem Ganzen zusammengeschlossen sind. In Städten, die einem Grundherrn oder Landesfürsten untertan sind, werden sie zu Amtsund Verwaltungshäusern. Je nach den Bedürfnissen der Stadt ergeben sich so die verschiedenartigsten Zusammensetzungen, die merkwürdigsten Lösungen bautechnischer Aufgaben. Das Buch kann also als eine aus der Erfahrung geschöpfte wertvolle Beispielsammlung angesehen werden, die trefflich erläutert ist und daher nicht nur jedem Baumeister, der vor ähnlichen Aufgaben steht, von hohem Wert sein, sondern auch dem gebildeten Laien vieles bieten wird.
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Paul Samassa: Das neue Südafrika. Verlag von C.A. Schwetschke & Sohn. Berlin 1905. Preis 5,50 Mark; gebunden 6,50 Mark.
Die gespannte Aufmerksamkeit, mit der das deutsche Volk den Ereignissen des Burenkrieges gefolgt war, machte nach dem Friedensschluss einer begreiflichen Abspannung Platz. Aber so mancher mag sich wohl auch heute noch fragen, wie denn wohl die Dinge sich jetzt in Südafrika gestalten mögen. Auch der Aufstand in unserer eigenen Kolonie, der uns so grosse Opfer auferlegt, lenkt unsere Blicke neuerlich nach dem Süden des schwarzen Erdteils, bringt uns auch zumteil in wenig erfreulicher Weise die Nachbarschaft der englischen Kolonien ins Gedächtnis. Was bisher über die politische und wirtschaftliche Entwickelung seit dem Kriege aus Südafrika verlautete, stammte meist aus englischen Quellen und war wenig auf klärend. Da ist es sehr dankenswert, in dem vorliegenden Buche eine getreue Schilderung der jetzigen Verhältnisse zu finden, von der man anerkennen muss, dass sie sich grosser Objektivität befleissigt und bei Engländern und Buren Fehler und Vorzüge in die richtige Beleuchtung rückt; der Verfasser bringt, durch langjährige Beschäftigung mit der Eigenart nationaler Kämpfe, die er sich in Österreich erworben hat, einen sicheren Blick dafür mit, und ein gut ausgenützter längerer Aufenthalt in Südafrika selbst, bei dem er über gute Einführungen bei vielen massgebenden Persönlichkeiten des südafrikanischen Lebens verfügte, gaben die tatsächlichen Unterlagen für seine Schilderungen. Wenn auch das Buch durchaus nicht den Charakter einer Reisebeschreibung besitzt, so belebt die Wiedergabe eigener Erlebnisse doch die ganze Darstellung und gibt ihr besondere Anschaulichkeit. Die Kapitelüberschriften geben uns bereits eine Vorstellung von dem vielseitigen Inhalte des Buches, das alle Seiten des politischen und wirtschaftlichen Lebens Südafrikas in den Kreis der Betrachtung
zieht. Unter der Überschrift ‘Südafrikanische Probleme’ erörtert der Verfasser alle die Fragen, die sich an die Entwickelung Südafrikas und die durch den Krieg bedingten Umwälzungen daselbst knüpfen. In den Kapiteln: ‘Das Afrikandertum der Kapkolonie’ und ‘Burenrenaissance’ schildert er das
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Burenvolk in seiner in nationaler Beziehung häufig schwächlichen Haltung in der Kapkolonie, den Kampf für seine nationale Erhaltung in den ehemaligen Republiken, den neuen Geist, den der Krieg in ihnen erweckt hat. ‘Englands Herrschaft’ behandelt die Tätigkeit des Ministeriums Jameson in der Kapkolonie und Lord Milners in den ehemaligen Republiken, in den Kapitein: ‘Randmagnaten und Goldindustrie’ und ‘Wirtschaftliche Zukunftsaussichten’ beschäftigt sich der Verfasser hauptsächlich mit wirtschaftlichen Problemen; von besonderem Interesse ist es, dass er dabei zu dem Schlusse kommt, dass Südafrika, wenn man von seinen Mineralschätzen absieht, ein recht armes Land ist und die Entwickelungsmöglichkeit seiner Landwirtschaft sich in sehr engen Grenzen bewegt. Weitere Kapitel behandeln die Eingeborenenfrage, die mit Rücksicht auf den Aufstand in unsrer südafrikanischen Kolonie besondere Beachtung verdient, und werfen einen Blick auf die künftige politische Entwickelung der englischen Kolonien in Südafrika. Der Verfasser hält einen Aufstand der Buren, der von mancher Seite nach dem Friedensschluss vorausgesagt wurde, nicht für wahrscheinlich; aber er weist auf die rasche ‘Afrikanisierung’ vieler Engländer hin und die Unzufriedenheit, die auch bei ihnen über die ständige Bevormundung seitens des englischen Kolonialamtes herrscht. Wenn England in dieser Beziehung in Zukunft nicht eine Politik weiser Zurückhaltung befolge, so könne es sich sehr wohl ereignen, dass es einmal Engländer und Buren vereint gegen sich stehen haben werde. Im Schlusskapitel schildert der Verfasser die Beziehungen des deutschen Volkes zu Südafrika, gibt eine Übersicht über die mancherlei Pionierarbeit, die dort von Deutschen geleistet worden, und den jetzigen Stand
des südafrikanischen Deutschtums. Ohne die Schwierigkeiten, die seiner Erhaltung entgegenstehen, gering anzuschlagen, kommt er in dieser Beziehung doch zu einem optimistischem Schlusse. Was er über das Verhältnis unserer eigenen südafrikanischen Kolonie zum englischen Südafrika sagt, eröffnet vielfach neue Ausblicke.
Ein grosses Material von Tatsachen, zumteil auch statistisches, ist in diesem Buche verwertet, aber die Zahlen drängen sich nirgends vor, sie dienen nur zur Beleuchtung und Erklärung: in der Erkenntnis, dass nur runde Ziffern für den Leser Anschaulichkeit besitzen, hat der Verfasser fast ausnahmslos solche angeführt, und nur deutsche Mass- und Geidbezeichnungen verwandt. Auch sonst verdient betont zu werden, dass es sich zwar um ein ernstes und gründliches Buch handelt, dass aber doch nicht in Trockenheit verfällt und sich im Stil und Inhalt im Rahmen der politischen Essays bewegt.
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