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Die Germanen und die Renaissance in Italien
von Dr. Ludwig Wilser.
‘Unstreitig haben seit dem Untergang der römischen Weltherrschaft’, schrieb ich schon vor zwanzig Jahren in meiner Herkunft der Deutschen, ‘die Völker der germanischen Sippe, denen auch unser deutsches Volk angehört, die grösste Bedeutung unter den sogenannten Ariern erlangt. Sie sind es ja, die überall auf den Trümmern zerfallender Reiche neue Staaten gegründet, gealterten Völkern neue Kraft und frisches Blut eingeflösst haben, sie sind es, die heute die ganze Erde sich zu eigen zu machen streben’. Warum nehmen die Germanen eine so hervorragende Stellung ein, warum spielen gerade sie die Hauptrolle in der neueren Geschichte? Weil sie als letzte reinblütige Welle der höchstentwickelten und reichstbegabten Menschenrasse, deren Wanderungen auch früher schon Fortschritt und Gesittung verbreitet hatten, des langköpfigen, hellfarbigen, hochgewachsenen Homo europaeus, von ihrer nordischen Urheimat aus unsern Weltteil überflutet haben. In unauthörlichem, von der Gegenseite nicht immer mit ehrlichen Waffen geführtem Kampfe musste ich diese auf sicherer naturwissenschaftlicher Grundlage beruhende Weltanschauung und Geschichtsauffassung während eines Vierteljahrhunderts gegen Vorurteil und Missgunst verteidigen, endlich aber winkt der Siegendlich beginnt die unter so vielen Mühen und Schwierigkeiten ausgestreute Saat aufzuspriessen und Früchte zu tragen. Als solche darf das schöne, in diesen Blättern (VII 2) schon im Voraus angekündigte Werk (mit obiger Aufschrift, Thüringische Verlags, anstalt, Leipzig 1905) von Woltmann begrüsst werden, das, wenn es nichts enthielte als die 117 vom Verfasser auf wiederholten Forschungsreisen mit grosser Mühe und Sorgfalt gesammelten Bildnisse berühmter Italiener, von hoher kulturgeschichtlicher
und künstlerischer Bedeutung wäre. Aber es bietet unendlich viel mehr. An einem berühmten und schlagenden Beispiel wird mit
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deutscher Gründlichkeit in eingehender und einwandfreier Beweisführung festgestellt, dass nicht zufällige äussere Umstände, wie ein günstiger Himinel und geeigneter Boden, nicht Anregungen und Vorbilder allein hervorragende Leistungen auf wissenschaftlichem, künstlerischem, staatsmännischem Gebiet erzeugen, sondern in erster Reihe die ererbte, in langem Entwickelungsgang und im Kampf urns Dasein erworbene und in Fleisch und Blut übergegangene Tüchtigkeit der Rasse. Man versetze einige Buschmänner oder Feuerländer in die günstigsten Bedingungen, und sie werden im gleichen tierischen Stumpfsinn hinleben wie in ihrer Heimat.
Bei den verschiedensten Gelegenheiten, mit Wort und Feder, habe ich darauf hingewiesen, dass die Wiedergeburt Italiens, seine herrliche zweite Blüte, seine führende Stellung in Kunst und Wissenschaft, fast ausschliesslich das Werk eingewanderter germanischer Völker, insbesondere der Goten und Langobarden war. Während bis vor kurzem die gefeiertsten Geschichtschreiber und Kulturhistoriker, wie Capponi und Burckhardt, die italienische Renaissance als Sieg der Römerenkel über die Unterdrücker und ‘Barbaren’, als zwei auseinanderliegende Blütenzeiten ‘eines und desselben Volkes’ auffassten und erklärten, erbringt nun Woltmann den ‘wissenschaftlichen Beweis’, dass ‘gerade das Gegenteil solcher Behauptungen richtig ist’.
Italien bildet für derartige Untersuchungen einen besonders geeigneten Gegenstand. ‘Seine soziale und geistige Geschichte ist gründlich erforscht, und kein Volk Europas (mit Ausnahme des badischen und des schwedischen) ist in seiner anthropologischen Struktur so genau bekannt wie das italienische. Nirgends finden wir auch so zahlreiche und vortreffliche ikonographische Hilfsmittel, Bildnisse, Büsten, Statuen, Medaillen, und nirgends eine so umfangreiche und ausgezeichnete genealogische und biographische Literatur. Trotzdem fehlten für eine solche Untersuchung fast alle Vorarbeiten. Mehrere Fachwissenschaften, die man sonst ängstlich von einander fern hält (inbezug auf mich trifft dieser
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Ausspruch jedenfalls nicht zu), musste in engste Fühlung gebracht werden: Historie, Anthropologic, Philologie und Portraitkunde mussten zusammenwirken, um die Geschichte der Menschen, die Einrichtungen und Ideen dem Blicke des Forschens zu enthüllen. Auf dem Gebiet der italienischen Namenkunde betrat der Verfasser ‘ein von den Germanisten vollständig unbebautes und vernachlässigtes Feld der Sprachforschung’. Hier wäre auch - das ist das Einzige, was ich an dem ausgezeichneten Werke auszusetzen habe - eine etwas grössere sprachliche und geschichtliche Genauigkeit zu wünschen. ‘Die schwierigste Aufgabe aber war, das vielfach verborgene und zerstreute biographische und ikonographische Material aufzufinden und zugänglich zu machen, und man wird sich schwerlich eine Vorstellung davon machen, welche Mühe es nicht selten gekostet hat festzustellen, ob jemand blaue oder braune Augen, ob er schwarze oder blonde Haare gehabt hat.’
Über den Begriff ‘Rasse’ im allgemeinen und die europäischen Menschenrassen im besonderen herrschen leider immer noch sehr verwirrte und verkehrte Vorstellungen, doch darf man daraus den nicht durch eine naturwissenschaftliche Schule gegangenen Geschichtsforschern keinen allzu schweren Vorwurf machen, ‘wenn man an den wenig erfreulichen Zustand denkt, in welchem sich die Rassenanthropologie und namentlich die Lehre von der Rassengeschichte Europas bei den meisten Schulanthropologen befindet, denn diese sind mit wenigen Ausnahmen einseitig interessierte anatomische Anthropologen und hegen die grössten Vorurteile gegen die Anwendung der Biologie und Anthropologie auf Geschichtswissenschaft, Soziologie und Politik.’ Vor vierzig Jahren schon hatte der weitblickende Ecker, mein verehrter Lehrer, die Forderung gestellt, die Anthropologie müsse die vornehmste Hilfswissenschaft der Geschichte werden; nach seinem Tode aber bekam leider eine ganz andere Strömung Oberwasser die, ohne Verständnis für die grossen Aufgaben und hohen Ziele unsrer Wissenschaft, sich meist in mehr oder wenigen unfruchtbaren und bedeutungslosen Einzeluntersuchungen verlor. Der Erfolg war
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entsprechend; die Fortschritte der Anthropologie, insbesondere ihre Nutzanwendung auf die Geschichte, sind nur zum allergeringsten Teil das Verdienst ihrer amtlichen und zünftigen Vertreter. Die Universität Heidelberg darf sich eines Curiosum's berühmen, nämlich eines Dozenten für ‘Anthropologie’ oder Menschenkunde, der von Hause aus Chemiker ist und - lucus a non lucendo - den Anthropos, den Leibesbau und die Lebensgesetze des Menschen, gar nicht kennt.
Hinsichtlich der europäischen Rassen folgt Verfasser ganz der von mir seit Jahren vertretenen Einteilung. Trotz aller Mischung und Kreuzung herrscht doch im Norden unsres Weltteils immer noch der schon geschilderte Homo europaeus, im Süden der ebenfalls langköpfige, aber kleinere und schmächtigere, schwarzhaarige und braunäugige, geistig etwas weniger begabte H. mediterraneus vor, während sich in der Mitte von Osten her der rundköpfige, schwarzhaarige, untersetzte Homo brachycephalus, auf europäischem Boden auch alpinus genannt, wie ein Keil einschiebt. Die oft verwechselten Begriffe ‘Rasse’ und ‘Volk’ sind streng aus einander zu halten; der erste ist rein naturwissenschaftlicher, der zweite geschichtlich-sprachlicher Art. ‘Ein Volk kann aus zwei oder mehreren Rassen und ihren Mischlingen zusammengesetzt sein, die im Laufe der Jahrhunderte eine gemeinsame politische Geschichte und geistige Tradition hervorgebracht haben.’ Mit der Zeit kann sich aber die Zusammensetzung eines Volkes, von der selbstverständlich seine geschichtliche Bedeutung und Leistungsfähigkeit abhängt, gründlich ändern. Die staatengründende und gesittungbringende Rasse wird gerade durch die von ihr geleistete Kulturarbeit allmälig aufgebraucht und minderwertige Bestandteile erlangen das Übergewicht. Staatliche Einrichtung und Sprache bleiben oft als einzige Erinnerung an die Jugend und Blütezeit erhalten, doch gleicht ein solches Volk einem innen morsch und hohl gewordenen Baum, den jedes Wetter fällen kann. Dieser Vorgang hat sich in Italien mehrmals wiederholt. Sabelier, Latiner, Osker, Umbrer, Gallier, Etrusker, Veneter, alle waren aus dem unerschöpfllichen Born der nordeuropäischen Rasse her vorgegangen,
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und diesen Völkern verdankt das Land seine erste Blüte. In der Kaiserzeit aber waren die Nachkommen dieser nordischen Eroberer fast gänzlich ausgestorben; die verödeten Fluren mussten zuerst durch zwangsweise angesiedelte germanische Kriegsgefangene wieder bevölkert werden, und bald brach eine neue Völkerwanderung über die Alpen herein, Rugier, Goten, Langobarden, später Franken, Burgunden, Sachsen, Normannen und Schwaben. Die Bevölkerung änderte sich fast vollständig; die Gestalt wurde höher und kräftiger, anstelle der dunklen Haar- und Augenfarben trat das nordische Gold und Blau.
Viel wichtiger aber als diese leibliche Umgestaltung war für die Geschichte des schönen Landes der geistige Umschwung, der in Wahrheit seine Wiedergeburt, die hochgerühmte italienische Renaissance eingeleitet hat. In dem veränderten Leib wohnte auch eine neue Seele. Ritterlichkeit, Ehrgefühl, Tatkraft, aber auch Wissensdurst und warmherzige Bewunderung alles Grossen und Schönen, das waren die Eigenschaften, die Italien zum zweiten Male gross gemacht haben.
Es ist Woltmann's grosses, unbestreitbares und hoffentlich auch Anerkennung findendes Verdienst, im einzelnen aus den Namen, der Abstammung und der Leibesbeschaffenheit nachgewiesen zu haben, dass in den Adern fast aller vornehmen Geschlechter, aller hervorragenden Männer, aller grossen Künstler und Denker der italienischen Renaissance nordisches, germanisches Blut floss. Namen wie Ghiberti, Brunelleschi, Bardi, Bandinelli, Guidi, Lionardo, Bernardino, Guarini, Alighieri, Bruno sind ohne weiteres als germanisch zu erkennen, bei anderen erfordert dies besondere sprachwissenschaftliche Kenntnis, oder man muss auf die der Vorfahren zurückgehen. Ueberraschend aber ist in den allermeisten Fällen die äussere Erscheinung, und unwillkürlich muss man ausrufen: das ist Fleisch von unserm Fleisch und Blut von unserm Blut! Als Beispiel möchte ich Leonardo da Vinci anführen, einen der grössten Künstler und zugleich der tiefsinnigsten Denker und erfolgreichsten Forscher aller Zeiten. Ausser dem deutschen Namen, unserm Leonhard, zeigt sein Bildnis die Züge der nordischen Rasse
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in vollkommener Reinheit und vollenderer Schönheit; von ganz besonderem Reiz ist sein Jugendbildnis, genau wie ein deutscher Ritterknabe, aber durch sinnigen Ernst geadelt und vergeistigt.
Auch unter den Männern des neuen Italiens sind germanische Erscheinungen und Namen, ich erinnere an Alfieri, Leopardi, Garibaldi, nicht selten. Für die meisten Leser überraschend dürfte der Nachweis sein, dass auch das Papsttum, wenigstens als geistliche Weltmacht, eine ‘germanische Schöpfung’ ist. ‘Nur so ist der Kampf zwischen Papst und Kaiser, zwischen Guelfen und Ghibellinen zu verstehen. Nicht zwei verschiedene Rassen, sondern romanisierte Germanen und deutsche Germanen rangen um die Vorherrschaft.’ Die oft gehörte Behauptung, ‘dass die Rassenmischung als solche einen besonders günstigen organischen Boden für die Entstehung der Genies schaffe’, wird in wissenschaftlich sehr wertvoller Weise dadurch widerlegt, dass die überwiegende Mehrzahl der italienischen Geisteshelden der reinen nordeuropäischen Rasse angehören; die Mischlinge dagegen, bei denen gerade die Beimengung germanischen Blutes das Wirksame ist, nur eine kleine Minderheit bilden.
Sehr bemerkenswert sind die Endergebnisse: ‘Diese Leistung der Germanen ist nicht die Folge günstiger wirtschaftlicher Bedingungen oder eine zahlenmässige Überlegenheit, sondern der Ausfluss ihrer höheren natürlichen Begabung. Die Kulturentwicklung Italiens vollzieht sich auf Kosten der blonden Rasse, die von Jahrhundert zu Jahrhundert abnimmt. Das Schicksal Roms wiederholt sich.’
Es war auf diesen wenigen Seiten selbstverständlich nur möglich, eine annähernde Vorstellung von dem reichen Inhalt des gedankentiefen Buches zu geben, insbesondere fehlt die durch die Bildersammlung bewirkte Anschaulichkeit. Alle denkenden Freunde geschichtlicher und kulturgeschichtlicher Studien, insbesondere die begeisterten Verfechter des Germanentums, seien daher auf das bahnbrechende Werk selbst verwiesen, das wir den Lesern der Germania auf's wärmste empfehlen können.
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