Germania. Jaargang 7
(1905)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Aus Deutsch-Österreich.Ga naar voetnoot(1)Die Deutschen Österreichs verdanken ihre ungünstige Stellung gegenüber den Slawen und anderen Feinden nicht zum wenigsten der eigenen Uneinigkeit. Ein Vorstoss der Gegner findet selten planmässigen Widerstand, viel Kraft und Geld wird verzettelt, wo der Einzelne oder kleinere Gruppen auf eigene Faust eigene Wege gehen. Es soll hier kein Klagelied gesungen, kein fruchtloser Mahnruf zur Einigkeit erhoben werden; Worte werden kaum helfen; nur eine grosse Tat kann uns in Parteien Zersplitterte zusammenschmieden, sei es nun eine Tat für oder gegen das Deutschtum. Alle deutschen Parteien werden freilich kaum jemals unter einen Hut gebracht werden, heute stehen wenigstens zweie dem Kampfe ums Deutschtum vollkommen Verständnis- und teilnahmslos gegenüber, wenn sie nicht gar eine offen deutschfeindliche, volksverräterische Haltung einnehmen; die Klerikalen und die Sozialdemokraten. Die römisch-katholische Geistlichkeit stellt sich an der Sprachgrenze gewöhnlich an die Spitze aller deutschfeindlichen Bestrebungen, auf rein deutschem Boden bemüht sie sich, jede völkische Regung zu unterdrücken. Es ist dabei ziemlich gleich, ob der Geistliche von Geburt Slawe, Wälscher oder Deutscher ist. Die Erziehung in den geistlichen Anstalten und der Einfluss der Bischöfe ist so, dass wirklich deutschfühlende Geistliche seltener sind als weisse Raben. Deutschvölkische Schutz- und Trutzvereine werden daher von den Klerikalen nicht nur nicht unterstützt, sondern sogar offen bekämpft. Regt sich einmal in den klerikalen Volksmassen, - das sind vornehmlich die Bauern und andere weniger gebildete Stände, sowie der höhere Adel - das deutsche Bewusstsein, durch irgend ein besonders empörendes Ereignis wachgerufen, so beeilt sich die klerikale Presse, vom | |
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Sturme abzublasen und die gläubigen Scharen wieder in unbesorgten Schlummer zu geigen. Diese Haltung der Klerikalen hat die Los- von Rom-Bewegung hervorgerufen, die trotz aller Hindernisse, trotz aller behördlichen Unterdrückungsversuche nicht zum Stillstande kommt und schwerlich jemals kommen wird. Ebenso undeutsch verhalten sich unsere Sozialdemokraten. Während die slawischen Sozialisten keinen Augenblick ihres Volkes vergessen und nie versäumen, ihrer Muttersprache Geltung zu verschaffen, betont der deutschgeborene Sozialdemokrat immer nur den internationalen Gedanken, das Klassenbewusstsein hat sein Volksbewusstsein getötet. Der slawische Sozialdemokrat zieht, mit dem blau-weiss-roten Bande geschmückt, zur Maifeier, aus dem Munde des klassenbewussten deutschen Arbeiters aber kann man selbst die Worte ‘Deutscher Hund!’ vernehmen. Ein schwarz-rot-goldenes Band in sozialistischen Reihen wirkte wie ein rotes Tuch auf den Stier. Bei solcher Gleichgültigkeit, ja Feindseligkeit gegen alles Deutsche ist es kein Wunder, dass der sozialdemokratischen Partei auf unserm kampfumtobten Boden keine Rosen blühen. Die Zahl der deutschgesinnten Arbeiter ist im Wachsen begriffen, bei den Reichsrats-Wahlen im Jahre 1901 verloren die Sozialdemokraten ihre sichersten Sitze; seitdem ist die völkische Bewegung allerdings lauer geworden. Wo die Sozialisten bei den Wahlen Erfolge erzielen, ist es aber weniger ihre Stärke, als die Uneinigkeit der bürgerlichen, der völkischen Parteien, die dazu verhilft. Der klerikalen Gruppe nahe verwandt, oft kaum von ihr zu unterscheiden, ist die christlich-soziale. In ihr ist zum grössten Teile die jüngere, niedere Geistlichkeit vereint, die hier eine grosse Rolle spielt, während die klerikale Partei ihre Weisungen von den Bischöfen empfängt. In Tirol liegen sich Klerikale und Christlich soziale in den Haaren, in Steiermark in den Armen. Beide sind überaus eifrige Verfechter des Papsttums und der römischen Kirche, beide daher dem Deutschtume gefährlich, wenn die christlich-sozialen Führer auch von Zeit zu Zeit, um das Volk | |
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zu gewinnen und zu fesseln, ihre Deutschheit und ihre Judengegnerschaft betonen. Indes nehmen getaufte Juden hervorragende Stellen in der Partei ein und die Betätigung der deutschen Gesinnung geht auch nie über eine Spiegelfechterei hinaus. Die sogenannten Freisinnigen (Deutsche Fortschrittspartei) halten an ihren alten, längst überlebten liberalen Anschauungen fest, dem Zeitgeiste sind sie nur insoferne gefolgt, als sie ebenfalls ihr Deutschtum betonen, öfter und kräftiger als die Christlich-sozialen. Die Judenfreundschaft mit allen ihren übeln Folgen ist das Verhängnis dieser Leute, sie wurzeln nicht im Volke, sondern gehören zu dem vielen, was in Österreich abstirbt. Es bleiben nun hauptsächlich zwei Parteien übrig, die deutsche Volkspartei und die Alldeutschen. Beide fussen auf dem sogenannten Linzer-Programme, das vor allem die Einführung der deutschen Sprache als Staatssprache, die Sonderstellung der slavischen Länder Galizien und Bukowina, die Trennung von Ungarn und die Beseitigung des jüdischen Einflusses fordert. Die deutsche Volkspartei, zur Zeit die stärkste deutsche Partei im österreichischen Reichsrate, ist aus recht verschiedenartigen Bestandteilen zusammengesetzt. Vom christlich-sozial angehauchten Handwerker bis zum altliberalen Verwaltungsrate und bis zum feurigen Draufgänger in alldeutschem Sinne findet man alle denkbaren Übergänge. Selbst die Führer vertreten in einer und derselben Frage oft sehr verschiedene, mitunter sogar entgegengesetzte Standpunkte. Das wirkt natürlich hemmend auf die Entschiedenheit des Vorgehens, und so stehen die Erfolge der Partei in keinem Verhältnisse zu ihrer Grösse. Zu einer selbstbewussten Haltung gegenüber der stets deutschfeindlichen Regierung ist es bisher selten gekommen. Die Alldeutschen waren auf dem besten Wege, die Führung des deutschen Volkes in Österreich an sich zu reissen, an Arbeitsfreude und Tatkraft waren sie, die keine Rücksichten auf die Regierung, das Kaiserhaus und dergleichen gelten Hessen, allen Gegnern überlegen. Da kam es zu der Trennung ihrer Führer Georg Schönerer und K.H. Wolf. In dem wilden Parteikampfe, | |
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der nun ausbrach, wurde die beste Kraft vergeudet, zahllose wandten sich enttäuscht und entmutigt vom politischen Leben ab: an der allgemeinen Erschlaffung, der dumpfen Niedergeschlagenheit, die sich der deutschen Ostmärker bemächtigt hat, trägt sicher zum grossen Teile dieser Bruderkampf Schuld. Obwohl nun der Streit, wenn auch nicht verstummt, so doch stiller geworden ist, hat sich die Kluft zwischen den Alldeutschen und den sogenannten Freialldeutschen - die sich von Schönerer losgesagt haben - nur noch vergrössert. Während die Schönerianer mit immer stärkerm Nachdrucke den Anschluss Deutsch-Österreichs an das deutsche Reich als Bundesstaat fordern und daher die Los- von Rom-Bewegung, die Schönerer ins Leben gerufen hat, besonders fördern, haben sich die Frei-Alldeutschen, wie es den Unbefangenen dünken muss, von ihrer ehemaligen Grundlage entfernt und der deutschen Volkspartei genähert. Als sogenannte ‘Jungösterreicher’ suchen sie scheinbar deutsche Gesinnung mit Österreichertum zu vereinbaren, heutzutage ein schwieriges Unternehmen! Seit den stürmischen Tagen der Badeni-Zeit, die das deutsche Ostmarkvolk der Einigung nahe sahen, ist mancher Traum verflogen, manche Hoffnung geschwunden, mancher stolze Name verblasst. Damals blitzende Augen und geballte Fäuste, wohin man sah, heute gleichgiltige Gesichter und betrübende Untätigkeit! Aber dennoch ist kein Grund zum Verzagen vorhanden! Wohl ist das Volk gleichgiltiger gegen seine Bedrängnis geworden, aber auch gleichgiltiger gegen manches andere, gegen den Begriff Österreich und was damit zusammenhängt. Die Los-von-Rom-Bewegung, wohl nur bei den Schönerianern ein Punkt des Partei-Grundgesetzes, hat selbst auf die Sozialdemokraten übergegriffen, und so bereitet sich langsam das vor, was sogar der östrerreichische Ministerpräsident nur ‘einen Traum auf lange Sicht’ nannte: die Entstehung eines grösseren Deutschlands. Der Zerfall Österreichs wird selbst von den Klerikalen, die sich heute zwar durchaus schwarz-gelb geberden, ziemlich gefasst ertragen werden. Trasamund. |
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