Germania. Jaargang 7
(1905)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdEkkehard
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Mit Leim sie berückend und gespaltener Rute,
Und wenn auf der Flucht zu einem Flusse
Ihr Weg sie führte, so warf er die Angel
Und zog sie heraus mit reicher Beute,
Nach den Mühen des Tages den Hunger zu mindern,
Und der Held begehrt' auf der ganzen Reise
Nimmer der Maid in Minne zu nahen.
Schon vierzigmal sank im Westen die Sonne,
Seit aus Hunnenlande sie heimlich entwichen,
Da näherten sie beim Einbruch der Nacht sich
Dem Rhein, wo gen Worms er die rauschenden Wogen
Zur Königspfalz wälzt. Da gab Walther dem Fergen
Die zuletzt gefangenen Fische zum Fährgeld,
Liess sich überführen und eilte vorwärts.
Als die Sonne verscheucht die Schatten der Dämmrung,
Ging der Ferge zur Burg und bot die Fische,
Die ihm Walther gegeben, dem Koche Gunthers.
Mit Gewürzen bereitet, richtete dieser
Sie dem Herrscher an. Der rief vom Hochsitz:
‘Noch niemals sah ich solche Fische
Aus unserem Rheine; die kommen von auswärts!
Gieb hurtig Antwort, wo hast du sie her?’
‘Mir gab sie der Ferge.’ Da befahl der König
Nach dem Manne zu schicken; der erschien im Festsaal
Und meldete die Märe, wie alles sich ereignet:
‘Gestern Abend sass ich am Ufer des Rheines;
Da kam ein Wandrer des Weges gezogen
Eilenden Schrittes, von oben bis unten
Mit Erz umhüllt die Heldenglieder.
Er trug Lanze und Schild, doch, so schwer die Last war,
Schritt munter er fürbass. Ihm folgt' auf dem Fusse
Die lieblichste Maid. Sie lenkt' am Zügel
Ein riesiges Ross. Das trug auf dem Rücken
Von mittlerem Masse zwei Schreine. Mutig
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Warf es den Nacken und stampfte wiehernd;
Da gab es ein Rauschen, als rieben sich innen
Gold und Gesteine. Die Wandrer gaben
Als Fergenlohn mir diese Fische.’
Das hörte Hagen, und in heller Freude
Rief er frei aus dem Herzen: ‘Freuet euch mit mir,
Dass ich solches höre! Mein alter Geselle,
Walther wandert von Hunnenland heim!’
Doch kaum vernahm der König die Rede,
Als er trotzig rief unter rauschendem Beifall:
‘Nein, freut euch mit mir, dass diese Meldung
Ich erleben darf. Was vor langen Jahren
Mein Vater gezinst dem Fürsten im Osten,
Wollen gütige Götter uns heute vergönnen!’
So sprach er und stiess aufspringend die Tafel
Mit dem Fuss um, rief, sein Ross ihm zu rüsten,
Und erlas aus dem Heervolk sich zwölf der Helden,
Von erprobtem Mute und mächtiger Stärke,
Darunter Hagen. Der suchte den Herrscher,
Des Freundes gedenk und der früheren Treue,
Zurückzuhalten; doch heftig rief Günther:
‘Hüllt geschwinde die Heldenleiber
In eherne Rüstung; den Rücken decke
Der Schuppenpanzer! Mit solchem Schatze
Sollt' uns der Fremdling aus Franken entkommen?!’
So zogen gewappnet nach Gunthers Worte
Sie aus Worms und spähten, ob Walther zu sehen;
Denn sie wähnten, das Gold dem wehrlosen Wandrer
Zu entreissen. Hagen sucht es zu hindern
Auf alle Weise; doch das Wort des Warners
Blieb vergebens bei Gunthers Verblendung.
Jenseit des Rheines war rüstig wandernd
Zum Wasgenwalde Walther gekommen,
In dessen dichtem, verschlungenem Dickicht
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Hundegekläff und der Klang des Hifthorns
Laut widerhallen beim Hetzen des Wildes.
Vom Wege abseits nicht weit von einander
Erheben sich dort zwei hohe Berge,
Die schliessen zwischen sich eine Schlucht ein,
Zwar eng und schmal, doch wohl geeignet
Der Ruhe zu pflegen - ein richtiges Raubnest,
Von Gras umwuchert und grünem Kraute,
Die sahe Walther und sagte: ‘Hier wollen
Ein Lager wir gönnen dem müden Leibe;’
Denn seit sie verlassen das Land der Hunnen,
Ruht' er gelehnt auf das Rund des Schildes;
Wann der Schlummer ihm einmal die Augen geschlossen.
Dann legt' er weg die Last der Waffen,
Lehnte das Haupt auf Hildegunds Kniee
Und sagte: ‘Nun sieh mit sorgendem Geiste
In die Runde, und wann eine dunkle Wolke
Du von weitem wahrnimmst, so wecke mich sänftlich
Und ob auch erscheinen Scharen auf Scharen,
So scheuche mich ja nicht jach aus dem Schlummer -
Dein scharfes Auge schaut in die Weite
Und kann erkennen die ganze Gegend.’
So sprach er und schloss zum Schlummer die Augen,
Zur lange ersehnten, süssen Ruhe...
Da Günther die Spur sah, gab er die Sporen
Dem Ross und rief im Siegesrausche:
‘Vorwärts ihr Mannen! jetzt müsst ihr ihn fahen!
Er entrinnt euch nimmer; ihr nehmt ihm den Raub!’
Mit warnendem Wort erwiderte Hagen:
‘Nur eines lass dir zum letzten gesagt sein,
Hättest du Walthern in Wut auf der Walstatt
So oft gesehen, als ich ihn sahe,
Du wähntest nicht, ihn so leicht zu entwaffnen.
Zog das hunnische Heer zum heissen Kampfe
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Nach Nord oder Süd, so sah man Walthern
In strahlender Pracht, von den Seinen gepriesen,
Den feindlichen Scharen ein furchtbar Gespenst;
Und wer ihm nahte, sah nimmer den Tag.
O glaube mir, Gunther, glaubt mir, Freunde,
Wie gewaltig Walther die Lanze wirbelt,
Wie hoch sich der Held nach dem Schilde hebt.’
Doch Gunther blieb verblendeten Geistes
Und liess sich nicht raten; so ritten sie näher.
Vom Hange des Hügels schaute Hildgund
Hinunter ins Feld; da sah sie die Feinde
Vom Staube umwallt und weckte Walthern
Mit leiser Hand. Erhobenen Hauptes
Fragt' er die Jungfrau, ob jemand käme.
Und als er vernommen, es nahe ein Haufe,
Da rieb er sich rasch den Rest des Schlafes
Aus den Augen und warf sich die Waffenrüstung
Um den Leib, griff flugs nach Schild und Lanze,
Schwang das Schwert durch die leere Luft
Und bereitete rasch sich zum ernsten Ringen.
Näher kam und immer näher
Wetterleuchtend das Blitzen der Lanzen;
Erschreckt rief Hildgund: ‘Da haben wir die Hunnen!’
Und weinend warf sie sich Walthern zu Füssen:
‘Jetzt beschwör ich dich, Herr, mit dem Schwert mich zu töten,
Auf dass, da ich dein nicht werden durfte,
Kein anderer Mann in Minne mir nahe!’
Doch Walther sagte: ‘die Wehr zu besudeln
Mit schuldlosem Blute, müsst' ich mich schämen.
Wie wollt' ich den Feinden mit gutem Gewissen
Entgegentreten, wenn Hildegunds Treue
So übel ich lohnte? Lass deine Angst!
Der gesund mich geführt durch so viele Gefahren,
Kann die Schar der Feinde zu Schanden machen.’
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Dann hub er die Augen: ‘Das sind keine Hunnen;
Die sind aus Franken und gute Freunde,
Sind Nibelungen, Leute des Landes.’
Und das Abzeichen Hagens auf einem der Helme
Erkennend, lacht' er: ‘Da kommt ja der Hagen,
Mein alter Geselle, mit ihnen zusammen.’
Dann trat der Held zum Eingang der Höhle
Und vermass sich im Schwur, zu der Maid gewendet:
‘Und wenn es auch stolz klingt, so wahr ich hier stehe,
Kein Franke soll sich zu Hause erfrechen
Und sagen, er habe vom Hunnenhorte
Das geringste Stück mit Gewalt mir entrissen.’
Doch ehe die Lippe das Wort noch entlassen,
Warf er sich zu Boden und betete reuig,
Dass ihm Gottes Güte die Rede vergäbe.
Dann stand er auf und mit forschendem Auge
Mustert' er die Helden: ‘Ausser mit Hagen
Scheu ich den Kampf mit keinem von allen.
Der kennt gar wohl meine Weise zu kämpfen
Und lauschte mir ab manch listige Wendung;
Bezwing ich nur Hagen mit des Herren Hilfe,
Dann bleibt dein Verlobter dir sicher am Leben.’
Als Hagen sah, in wie sicherer Stellung
Walther dastand, da riet er bedächtig
Dem stolzen König: ‘Lasst ab, zum Kampfe
Diesen Mann zu reizen. Ermittelt durch Boten
Zuvor seine Herkunft, Namen und Heimat,
Ob um Frieden vielleicht er aus freien Stücken
Euch bittet und gerne das Gold herausgibt.
Und sollte wirklich dort Walther verweilen,
Wer weiss, ob er nicht dem Könige willig
Die Ehre gibt, als ein Mann von Einsicht.
Da entsandte den Gamelo König Gunther.
Der hatte in Metz die Mark zu verwalten
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Als Vogt, und war eben mit vollen Händen
Erschienen in Worms, als von Walthers Nahen
Der Frankenkönig Kunde bekam.
Er flog wie der Wind übers weite Blachfeld
Mit verhängtem Zügel, und hastig wandte
Er sich zu Walthern: ‘Woher des Weges?
Wohin? Wie heissest Du?’ Ruhig-heiter
Erwiderte Walther: ‘Vor allem wünscht' ich
Zu wissen, ob du aus eigenem Antrieb
Oder im Auftrag anderer herkommst.’
Mit kecker Rede gab jener zurück:
‘Des Frankenlandes erlauchter Herrscher,
Gunther geheissen, hat mich als Herold
Abgesandt, um dich auszufragen.’
Drauf Walther: ‘Den Fremdling auszufragen
Ist sonst nicht Sitte. Doch sag' ich dir's kühnlich:
Ich heisse Walther und meine Heimat
Ist das Land der Goten. Mich gab als Geisel
Mein Vater vor Jahren dem Hunnenfürsten.
Ich erwuchs in der Fremde und will nun heimwärts
Zu meinen Lieben ins Land der Väter.’
Der Bote entgegnete: ‘Günther gebeut dir,
Das Ross mit dem Goldschatz herauszugeben,
Dazu die Jungfrau. Wenn ohne zu zögern
Du Folge leistest, lässt er dir dein Leben.’
Voll Selbstbewusstsein entgegnete Walther:
‘Noch niemals hört' ich grösseren Narren.
Ein König, sagst du, - den ich zu kennen
Nicht die Ehre habe, verheisse mir huldvoll
- Was ihm heut nicht gehört und hoffentlich niemals.
Ist er ein Gott, dass an seiner Gunst
Mein Leben hängt? Oder hält seine Hand mich?
Lieg' ich in Ketten? Kann ich, die Hände
Auf dem Rücken gefesselt, mich nicht mehr rühren?
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Doch höre: will er mich überheben
Des Kampfes (ich weiss ja, er kommt gewappnet),
So geb' ich ihm hundert goldene Spangen,
In dem Unbekannten den König zu ehren.’
Mit solcher Antwort enteilte der andre,
Dem König und Hagen Kunde zu bringen.
Da redete der mit bedächtigem Rate
Gunthern zu: ‘Nimm an seine Gabe;
Dann magst du als Fürst deine Mannen belohnen,
Und es bleibt dir erspart ein blutiger Kampf.
Mein König, du kennst nicht Walthers Kühnheit -
Ich schaute heut Nacht ein schauerlich Traumbild
Und ahne Unheil, kommt es zum Kampfe.
Mit einem riesigen Bären rangst du,
Der endlich das Bein mit einem Bisse
Samt dem Knie dir wegriss. Ich wollte dir beistehn;
Da fiel er mich an: mehrere Zähne
Schlug er mir aus und das eine Auge.’
Da höhnte ihn Gunther in heillosem Hochmut:
‘Ich merke, du folgst dem Vorbild des Vaters;
Der hatt' in der Brust ein Hasenherze:
Mit geschwätzigem Wortschwall wusst er sich weislich,
Wenn die Stunde drängte, vom Kampfe zu drücken!’
Heftiger Zorn erfasste den Helden,
Mit vollem Fug - sofern es erlaubt ist,
Überhaupt zu zürnen dem Herrn und Gebieter.
‘Wohlan, versucht es! Da seht ihr den Gegner,
Nehmt's mit ihm auf! Nahe genug
Steht ihr, und keiner kennt die Furcht,
Ich will es erwarten und will von der Beute
Nichts erhalten.’ Zum nahen Hügel
Ritt er rasch, stieg herunter vom Rosse
Setzte sich nieder und sah ihnen zu....
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