wies darauf hin, dass Schiller einer der genialsten und zugleich sympathischsten Dichter aller Völker sei und Belgien gern jede Gelegenheit benutze, dem Genie ohne Rücksicht auf nationale Zugehörigkeit zu huldigen; überdies habe diese Schiller-Feier auch deshalb eine Berechtigung, weil Belgien 50,000 deutsche Staatsbürger zähle, weil an der Lütticher Universität deutsche Philologie und Litteratur mit besonderer Sorgfalt und Liebe gepflegt werden; endlich sei es auch eine Pflicht der Gastfreundschaft gegenüber der sympathischen Kolonie Lüttichs, ihren grossen Dichter mitzufeiern. Hierauf verlas der Urenkel Schillers der geistvolle Essayist Baron Alexander v. Gleichen-Russwurm, einen in französischer Sprache abgefassten Vortrag über Schillers ästhetische Anschauungen, dem er einen kurzen Epilog in deutscher Sprache folgen liess. Beide Vorträge wurden mit stürmischem Beifall aufgenommen. Dann rezitierte Dr. Milan, Lektor an der Berliner Universität, einige Balladen und lyrische Gedichte des gefeierten Poeten, Herr Sigogne von der Lütticher Universität, einige Gedichte Schillers, von Eduard Wacken und Jules Abrassar ins Französische übersetzt. Diese Rezitationen sowie die sich daran schliessenden musikalischen Vorträge fanden begeisterten Beifall. Von besonderem Interesse für die Deutschen, die der Schillerfeier beiwohnten, war die Art und Weise, wie der weisshaarige alte Herr Sigogne die Gedichte ‘Le partage de la terre’ und ‘L'anneau de Polycrate’ mit Schwung und Feuer nicht nur sprach, sondern auch mit lebhaften Gesten.... spielte. Die Feier währte von 1/2 3 bis 1/2 6. Ein schöner Sonntagsnachmittag, der durch das Fenster der Aula hereinblickte und hinauslockte; aber vergebens, denn all
die Hunderte lauschten in gespannter Andacht den Vorträgen.
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Brüssel, eine germanische Gründung. Der Name Brüssel (Bruxelles) wird allgemein von dem vlamischen Wort ‘broeksel’, das so viel wie sumpfiger Ort bedeutet, abgeleitet. Neuerdings aber weist ein belgischer Gelehrter, P. Spinael, darauf hin, dass dieses Wort jünger ist, als die Gründung der Stadt Brüssel, die schon im 6. Jahrhundert bekannt war, dass ferner die Ortschaften meistens nach dem Volksstamm benannt worden sind, der bei der Gründung eine Rolle gespielt hat. Spinael und andere mit ihm sind daher der Meinung, dass Brüssel von dem germanischen Volksstamm der Brukterer gegründet worden ist. Diese bewohnten zur Römerzeit die heutige Provinz Brabant, ihre nördlichen Nachbarn, die Ambivariten, haben der Stadt Antwerpen den Namen gegeben. Nach ihrer Unterwerfung durch Germanicus sind sie später mit in den Strudel der Völkerwanderung hineingerissen worden und ganz verschwunden. Brüssel war ‘Bruktersele’ oder ‘Bruchensele’, d.h. der Hauptsitz der Brukterer, denn dies Nachwort ‘sele’, seele’ oder auch ‘sala’ deutet den Hauptsitz eines Volksstammes an. So erinnert der Ort ‘Swevesele’ in Flandern noch an die Sueven. In Deutschland selbst sind noch die Städtenamen ‘Brück’ und ‘Bruchsal’ auf die Brukterer zurückzuführen. Aus Bruktersele ist Bruktsele geworden und nach Weglassung des t Bruksele. Die Franzosen sprechen auch noch dieser Schreibung entsprechend, während die Belgier nur einen scharfen S-laut nach u sprechen. Nach dieser Ableitung rührt Brabant von ‘Brukterband’ oder ‘Bruchenbant’ oder ‘Brakband’ her. Das Wort ‘bant’ heisst nämlich benachbartes Land.